Trail 4/2019

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OSTSEE: LAUFEN AUF HIDDENSEE

INTERVIEW: COURTNEY DAUWALTER

TRAIL MAGAZIN

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DAS LAUFMAGAZIN NR.1 FÜR TRAILRUNNER

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198203

04 2019 Juli/ August

PRAXISTEST

604906 DEUTSCHLAND ¤ 4,90 ÖSTERREICH ¤ 5,60 SCHWEIZ SFR 8,80 LUXEMBURG ¤ 5,80 ITALIEN ¤ 6,60 SPANIEN ¤ 6,60 FRANKREICH ¤ 6,60

WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE

REPORT

TRANSVULCANIA OSTSEE

18 LAUFRUCKSÄCKE & 22 WETTERSCHUTZJACKEN 16 T R AU M T R A I L S Z U M N AC H L AU F E N IN JEDEM BUNDESLAND

ISRAEL NATIONAL TRAIL

MICHAEL WARDIANS ABSOLUTER REKORDLAUF

100 MEILEN ZU FUSS EINE DOPPELTE GRENZERFAHRUNG

PERIODISIERUNG FÜR TRAILRUNNER

TRAINING:

WANN IST WICHTIGER ALS WAS!

TRAILTRIP JAPAN: ZUM MOUNT FUJI UND MOUNT AWA



EDITORIAL Liebe Leser*innen, in dieser Ausgabe findet ihr etwas, was man eigentlich gar nicht druDENIS WISCHNIEWSKI

cken kann. Bewegung. Dieses Heft heißt TRAIL. Es geht dabei um Laufsport, um eine Bewegungskultur, die ziemlich populär ist. Trailrunner sind sozusagen die Anarchisten, Puristen, Rocker, Popmusiker und Streetart-Künstler des Laufsports. Alles ein wenig anders machen als man es bislang kannte.

4 Menschen dieser Ausgabe

Normal: Man läuft Runden in einem Stadtpark. Anders: Man rennt einen Berg hoch, bis die Lunge blutet. Und direkt wieder runter, bis die Oberschenkel glühen. Normal: Man läuft wie jedes Jahr im April den Halbmarathon mit Wendekreis bei Halbzeit. Anders: Man fiebert seinem ersten Ultratrail in den Alpen entgegen und trainiert für ein 60 km langes Rennen mit 5.000 Hm in einem Nationalpark in Südtirol. Im Laufsport gibt es kein Richtig oder Falsch. Kein Besser oder Schlech-

JANOSCH KOWALCZYK

DIE ENTWICKLUNG VON EINEM SEHR GUTEN STRASSENMARATHONLÄUFER ZU EINEM DER VIELLEICHT BESTEN ULTRATRAILLÄUFER DEUTSCHLANDS WAR RASANT. JANOSCH LÄUFT HEUTE FÜR EINEN NAMHAFTEN SPONSOR, IM NATIONALTRIKOT UND IN JAPAN. ALLES DARÜBER AUF SEITE 26.

ter. Aber wir möchten auch diesmal mit viel Begeisterung, starker Bildsprache und feinen Geschichten darauf hinweisen, dass dieses „auf Trails laufen“ eben noch eine weitere Dimension mit sich bringt. Werbung in eigener Sache.

TILL KÜRSCHNER

Ihr findet also einen Typen, der den kompletten Israel Natinal Trail in Rekordzeit läuft und im Ziel mit einer starken Geste auffällt (Seite 92). Unser neuer Mann in der Redaktion, Spitzentrailrunner Benni Bublak, hat sich die letzten Wochen intensiv mit Regen- und Windjacken und

DER JURIST AUS MÜNCHEN MIT SCHWÄBISCHER PRÄGUNG IST SCHON LANGE IM AUSDAUERSPORT DABEI UND WAR EINMAL EIN IRONMAN-TRIATHLET. HEUTE REIZEN IHN LANGE ANSTIEGE VIEL MEHR ALS HEKTIK IN DER WECHSELZONE. WIR WAREN MIT IHM BEI DER TRANSVULCANIA UNTERWEGS.

neuen Laufrucksäcken beschäftigt. Lest ab Seite 62, wie ein Profi diese Produkte bewertet. Ach ja, und alle reden von den Kanaren, wenn es ums Trail-Laufen geht. Deshalb war ich mal wieder auf La Palma bei der legendären Transvulcania, und aus selbigem Grund war Redakteur Clemens Niedenthal - genau nicht dort, sondern auf einer Ostsee-Insel. Er wollte beweisen, dass das mit dem Laufen dort genauso gut klappt

COURTNEY DAUWALTER

SAGT, DASS JEDER ULTRALAUF VOR ALLEM EINE KOPFSACHE IST. SIE MUSS ES WISSEN, DIE US-AMERIKANERIN IST DERZEIT DIE BESTE ULTRA-ATHLETIN DER WELT.

wie auf Vulkangestein. Als wir mit TRAIL 2008 starteten, dachten wir, irgendwann gehen uns die Themen aus. Auch wir dürfen uns mal täuschen. Eure Redaktion

SANDRA MASTROPIETRO

HERAUSGEBER DENIS WISCHNIEWSKI FREUT SICH ÜBER JEDEN NEUEN TAG UND JEDEN NEUEN LAUF. ER WILL DEMNÄCHST DIE LAUFSPORTGRUPPE „POSI-RUNNERS“ GRÜNDEN – ALLESAMT MENSCHEN, DIE LAUFEN ALS GESCHENK SEHEN UND NICHT ALS KALORIENFRESSENDES AUSDAUERSPORT-MONSTER. SOLLTEN SIE WISCHNIEWSKI EINMAL TREFFEN, GEBEN SIE IHM EIN AUTOGRAMM, FALLS SIE BRUCE SPRINGSTEEN, KILIAN JORNET ODER CHARLIZE THERON SEIN SOLLTEN.

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HAT AUS EINEM HOBBY EINE PASSION GEMACHT UND ES GESCHAFFT, DASS IHR DABEI VIELE LEUTE FOLGEN. DOCH DIE MUTTER, BUCHAUTORIN UND LÄUFERIN IST MEHR ALS FÜR IHRE FANS AUF INSTAGRAM UNTERWEGS – SIE FINISHTE ERSTMALS EINEN 100-MEILER UND HAT NOCH MEHR VOR.


INHALT 6

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Der junge Franzose hat einfach die Augen dafür: erst seit einigen Jahren hinter der Linse und schon so unverkennbar im Resultat.

Von zwei Typen, die gerne laufen und wie es dazu kam, wie es jetzt ist und wie es in Zukunft mit ihnen weiterläuft.

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Diesen Monat: Denis‘ Kolumne, Dinge die immer Saison haben, Wings For Life World Run, Infinite Trails Community Run, Umfragen und neue Produkte

Courtney Dauwalter ist die Härte selbst, wenn es um lange Strecken geht. Wir sprachen mit der WS100-Siegerin.

MICKAËL MUSSARD

JOURNAL/NEWS

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TRAILTRIP JAPAN

LEBENSLÄUFE

INTERVIEW

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LAUFEN ALS KULTUR

Janosch und Christoph gehören zu den besten Trailrunnern Deutschlands und wagten sich erstmals nach Japan.

Laufen ist cooler denn je! Ist das wirklich so? Ist es Subkultur oder wird da einfach nur geklaut und kopiert? Eine Suche.

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Die einen fliegen auf die Kanaren, die anderen auf eine Ostseeinsel. Wo macht laufen mehr Spaß?

Wir haben ausführlich zwei Produktkategorien getestet, die für diesen Trailsommer mehr als nur Ausrüstung sind.

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Unser Experte Micha Arend berichtet von der Qualität des Trainings und wie „Periodisierung“ für einen echten Sprung nach vorne sorgen kann.

Im ersten von zwei Teilen stellen wir euch 8 von 16 Trailtouren quer durch Deutschland vor. Für jedes Bundesland eine Empfehlung.

REISE: HIDDENSEE

TRAINING

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REPORT: 100 MEILEN

Autorin Sandra Mastropietro wagte sich an die 100-Meilen-Distanz und durchlebte einen Tag lang alles, was man als Läufer*in erleben kann.

JACKEN & RUCKSÄCKE

TRAILTOUREN BRD

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EVENT: IATF

Im Jahr 5 angekommen ist der Innsbruck Alpine Trail vom regionalen Laufevent zum internationalen Megatrail gewachsen. Es soll noch größer werden! Unser Autor war als Läufer im Feld dabei.

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TRANSVULCANIA

Eine inoffizielle WM der Ultratrailer auf La Palma oder einfach das Treffen vieler guter Trailrunner*innen: Das Spektakel auf der Kanareninsel bringt unseren Autor langsam zum Verzweifeln.

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ISRAEL NATIONAL TRAIL

Der charismatische US-Amerikaner Michael Wardian stellte eine ganz besondere Fastest Known Time auf: Er war 1.000 km auf dem National Israel Trail unterwegs.

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PRAXISTEST

Ein Trikot, ein sehr flüssiges Gel und etwas Zubehör für dein iPhone. Wir haben lange und intensiv getestet.


10 Jahre Trail 2008 - 2018

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SA, 21.09.19 Das Trailrunning Event in den Kitzbüheler Südbergen

MEGAEVENT UND TRAIL ÜBER DIE VULKANINSEL: DIE TRANSVULCANIA AUF LA PALMA

4 Trailrunning Distanzen

5 K - 22 K - 35 K - 46 K

STANDARDS EDITORIAL JOURNAL/NEWS IMPRESSUM PRAXISTEST SUPERFOOD

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Jetzt anmelden: www.gamstrail.at

Fotos: Max Draeger

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9: 1 20 rsch EU Ma N + 5 km 2


FOTOSTORY MICKAËL MUSSARD

Mickaël Mussard gelingt es die Landschaften, durch die wir so rennen, gefühlvoller und gleichsam naturgetreuer abzubilden als die meisten anderen seines Metiers. Dabei ist der Franzose erst seit wenigen Jahren überhaupt professioneller Fotograf. Eine Nahaufnahme.

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FRAGE DES GEFÜHLS


FOTOSTORY MICKAËL MUSSARD

M I C K A Ë L M U S S A R D S AU F N A H M E N K E N N E N I M M E R Z W E I H AU P T DA R S T E L L E R : AT H L E T * I N N E N U N D D I E N AT U R . N O C H E N T S C H E I D E N D E R A B E R I S T D I E I N T E R A K T I O N Z W I S C H E N B E I D E M : „W E N N D I E S E E M OT I O N A L I TÄT I M B I L D N I C H T S P Ü R B A R I S T, B L E I BT E S N U R E I N E T E C H N I S C H V I E L L E I C H T P E R F E K T E AU F N A H M E , M E H R N I C H T.“

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FOTOSTORY DAVID MICKAËL GONTHIER MUSSARD

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Hallo Mickaël, als wir dein Portfolio zum ersten Mal gesehen haben, ist uns ein eigener Stil aufgefallen. Wir haben einen Fotografen gesehen, der offensichtlich schon tief in seinem Thema - und in der Natur - ist. Erzähl uns kurz von deinem Werdegang. Danke erst mal. Und: gut beobachtet. Ich habe fünf Jahre lang als Herausgeber und Art Director für verschiedene Sportmagazine gearbeitet und dort ein gutes Gespür dafür entwickelt, wie ein Foto auch im Kontext eines guten Layouts und einer guten Geschichte funktioniert. In dieser Zeit habe ich auch mit Fotografen wie Alexis Berg oder David Gonthier zusammengearbeitet. Und so toll es immer war ihre Bilder zu layouten, umso mehr wollte ich doch irgendwann selbst diese Bilder machen. Gerade David hat mir auch viel geholfen. Der Rest war einfach ausprobieren. Ich bin zu den Rennen gefahren, habe Bilder gemacht, erst nur so für mich … und war ziemlich oft ziemlich enttäuscht. Aber auch das ist ein wichtiger Prozess: zu begreifen, dass auch die besten Fotografen Hunderte von verhauenen Bilder machen.

Inzwischen bist du weltweit bei Rennen unterwegs. Welche Trails haben dich am meisten beeindruckt? Schwierige Frage … ich bin da einfach nicht neutral. Ich wurde auf La Réunion geboren. Die Diagonale des Fous, oder „Le Grand Raid“, wie es heute heißt, ist einfach ein Teil meiner Biografie. Ich liebe dieses Rennen und seine Landschaft, das ist meine Insel. Aber im vergangenen Jahr war ich mit David Gonthier in Island, nicht für ein Rennen, sondern ganz allgemein für eine Outdoor-Geschichte. Das Wechselspiel aus Gletschern,

dieser Lavawüste und dann im Hintergrund das Meer, das war beeindruckend schön. Vermutlich bin ich aber einfach auch einer, der Inseln sehr, sehr mag.

Wo wir schon bei deiner Herkunft sind, was bist du eigentlich für ein Typ? Ach, ein ziemlich gewöhnlicher … was ich früh gemerkt habe ist, dass mir die Zeit mit meiner Familie, meinen Freunden und mit den Dingen, die ich mag, extrem wichtig ist. Zu Rennen zu reisen, damit wird man vielleicht nicht reich, aber es ist eine tolle Möglichkeit, eine gute Zeit zu haben.

Würdest du dich überhaupt explizit als Trailrunning-Fotografen bezeichnen? Oder ganz allgemein als Landschaftsfotografen? Tatsächlich laufe ich selbst ziemlich viel. Wie gesagt, auf La Réunion ist Trailrunning einfach der Sport schlechthin. Darüber hinaus habe ich in der letzten Zeit aber auch viele andere Sportarten abgelichtet, Radfahren etwa und sogar Schwimmen. Ich glaube, dass es wichtig ist seinen Blick so zu weiten, sonst landet man zu schnell in den Klischees der eigenen Sportart.

Apropos Klischees, wen triffst du als Trail-Fotograf lieber, Athlet*innen, die mit totalem Spaß bei der Sache sind oder jene, die so richtig leiden? Da bin ich Sadist. Klar will ich die Gesichter sehen, aus denen der Schmerz und die Anstrengung spricht. Grundsätzlich sind Emotionen, ehrliche Emotionen, immer gut für einen

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FOTOSTORY MICKAËL MUSSARD Fotografen. Aber Schmerz berührt noch einmal mehr, deutlich mehr. Ich merke das ja auch daran, welche meiner Bilder besonders nachgefragt und abgedruckt werden. Eines hat sogar mal einen Preis gewonnen, es zeigte einen Vater mit seinem Sohn, und beide haben einfach nur noch geflennt, vor Schmerz, vor Erleichterung, vor Erschöpfung.

Trail-Fotografie, Sportfotografie im Generellen, hat sich zuletzt deutlich entwickelt, sie ist emotionaler geworden und hat den Blick auf vermeintliche Nebensächlichkeiten geweitet. Wie werden sich die Bilder zukünftig entwickeln? Puh, schwer zu sagen. Gerade hinsichtlich der sozialen Netzwerke, die ja nicht nur dazu führen, dass alle Bilder machen, sondern dass alle auch das Gefühl haben, ständig fotografiert zu werden. Was die technologischen Entwicklungen angeht, so wird eine wirklich professionelle Qualität immer leichter zu haben sein. Und zwar buchstäblich.

Du redest jetzt aber nicht von der Smartphone-Fotografie? Nein, ich meine eher die Entwicklung hin zu leichteren, auch intuitiveren Systemkameras. Tatsächlich ist die Handy-Fotografie nichts, dem ich sonderlich viel Aufmerksamkeit schenke. Aber das ist andererseits natürlich auch die Betriebsblindheit eines Fotografen, für den zum Fotografieren eben auch die Haptik einer richtigen Kamera gehört. Tatsächlich hatte ich schon diese Momente, in denen ich über einen schönen Bergrücken gerannt bin - unter mir die Wolken - und dachte: Mist, gerade jetzt hast du keine Kamera dabei. Dabei hatte ich das iPhone in meiner Tasche.

Welche Projekte, welche Perspektiven möchtest du in den kommenden Jahren verwirklichen? Das ist eine große Frage, ich bin ja immer noch ein ziemlicher Youngster in der Welt der Fotografie. Der ultimative Wunsch wäre, mit jedem Foto, das man macht, glücklich zu sein. Aber vermutlich wird man mit der Erfahrung eher noch kritischer mit sich selbst. Worauf ich inzwischen definitiv mehr achte, ist immer auch die Emotionalität einer Situation einzufangen. Ansonsten bleibt ja auch die spektakulärste Aufnahme nicht viel mehr als eine technisch überzeugende Fotografie. Rein beruflich betrachtet wären die Olympischen Spiele in Paris vielleicht noch ein Ziel, auch wenn es da, zugegeben, keine spektakulären Landschaften gibt.

S C H M E R Z B E R Ü H RT N O C H E I N M A L MEHR, DEUTLICH MEHR. ICH MERKE DA S JA AU C H DA R A N , W E LC H E M E I N E R

Mickaël Mussard

B I L D E R B E S O N D E R S N AC H G E F R AGT U N D

Mickaël Mussard studierte Vulkanismus und Klima, danach Journalismus, um letztlich bei der Fotografie zu landen. Er ist ein Abenteure, sucht ständig nach neuen Herausforderungen, um Landschaften und Kulturen zu entdecken.

ABGEDRUCKT WERDEN.

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FOTOTIPP von Trail-Fotograf Harald Wisthaler Nachts – mit Stirnlampe oder mit Blitz Nachts kann man sowohl die Verschlusszeit als kreatives Mittel einsetzen und den Läufer mit einem Blitz „einfrieren“. Aber man kann auch das Stirnlampenlicht als Lichtquelle einsetzen und es eventuell noch mit einer eigenen Stirnlampe unterstützen. Generell sollte man aufpassen, dass man nicht verschiedene Lichtquellen mit unterschiedlichen Farbtemperaturen einsetzt. Blitz Man kann den Läufer besser einfrieren, aber es ist auch schwieriger, das Foto so zu machen, dass man nicht die gesamte Stimmung kaputt macht. Hier eignen sich mehrere Blitze besser und vor allem müssen sie gut regelbar sein. Auch ein paar kleine Lichtformer sind sehr hilfreich. Hier kann man auch die Lichtspurfotos machen. Dazu rate ich euch ein Stativ zu nehmen, zumindest ein Einbein, oder ihr sucht eine gute Position, an die man die Kamera hinstellen kann, etwa auf einen Stein. Stirnlampe Man sieht die Lichteinwirkung „live“, also schon vor und während des Fotografierens. Der Nachteil ist aber, dass die Stirnlampe in einer gewissen Frequenz leuchtet. Das ist für das freie Auge nicht sichtbar, aber es kann durchaus sein, dass dann bei einem Bild die Beleuchtung der Lampe da ist, beim nächsten nicht o. ä. Das kann umgangen werden, indem man sich an eine möglichst „langsame“ Verschlusszeit rantastet, dann minimiert man das „Flackern“ – also versucht mal den Bereich 1/640 bis 1/250. ich persönlich nutze Ledlenser-Lampen. Diese haben eine etwas höhere Frequenz und man kann die Zeit somit etwas schneller wählen. Es minimiert so das Risiko von Bewegungsunschärfe des Läufers. Auch sind diese Lampen sehr gut dimmbar und haben ein guten Zoombereich. Hier ist es ebenfalls besser, zwei bis drei Lichtquellen zu nehmen, um nicht ein „flaches“ Licht zu erzeugen.

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Achtung: Nie den Läufer direkt anblitzen – durch das kurze helle Licht vom Blitz mitten in der Nacht wird er geblendet und sieht kurzzeitig nichts. Also immer z. B. von der Seite. Der Läufer sollte mit seiner eigenen Stirnlampe nicht direkt in die Kamera leuchten, sonst wird die Kamera „geblendet“ und das Foto wird zu hell – vor allem bei Langzeitbelichtungen mit den Lichtspuren.


NEWS nun auch der Laufsport in eine Phase gekommen ist, in der das richtige Equipment nicht mehr nur cool oder meinetwegen auch ein Statussymbol ist, sondern notwendiges Zubehör für den Sieg und die vorderen Platzierungen?

AUF DIE SCHNELLE Der neue Nike Vaporfly next% ist ein so herausragender Schuh, dass er scheinbar zwei Übereinkünfte des Laufsports ausgehebelt hat: seine Vergleichbarkeit und seine Einfachheit. Plötzlich kann scheinbar nicht mehr jeder gewinnen, zumindest nicht bei einem Straßenmarathon. Hat unser Sport jetzt eine Technologiedebatte? Und was sagen die Trails dazu? Von Clemens Niedenthal

Laufen sei so einfach. Shirt, Shorts, Schuhe. Gut, vielleicht noch ein paar Stöcke, einen Rucksack, eine Membranjacke und eine Uhr, die die nötigsten Dinge kann und vielleicht auch ein paar mehr. Und vielleicht wird sich der Wirbel um den Nike Vaporfly schon in ein, zwei Jahren gelegt haben, wenn andere Firmen – Hoka etwa bastelt gerade heftig an einer eigenen Carbon-Formel – mit ähnlichen Konzepten nachgelegt haben. Ja vielleicht ist es bis auf Weiteres auch gar nicht möglich, den einen so eindeutig überlegenen Trailschuh zu konzipieren. Jeden schnellen Marathon laufen alle schnellen Marathonläufer*innen gleich, jeder Ultratrail und seine Athlet*innen sind aber anders. Die Debatte aber, sie führt mitten zum Kern eines Sports, der immer auch von dem Mythos gelebt hat, eben keine Materialschlacht zu sein.

Brett Holds, Produktmanager von Nike Running in Europa, steht da also in einer hippen Berliner Event-Location und sagt im für seine Vereinfachungen bekannten amerikanischen Englisch noch einmal diesen schönen bekannten Satz: Das Tolle am Laufen sei doch gerade seine Einfachheit, Shirt, Shorts, Schuhe und los geht’s. Während er das sagt, hält Brett Holds jenen Schuh in den Händen, der all diese Worte Lügen straft: Der Nike Vaporfly next% ist das Update jenes Vaporfly 4%, mit dem im vergangenen Jahr rund 70 Prozent aller Podiumsplatzierungen bei internationalen Marathonrennen erreicht worden sind. Eliud Kipchoge hatte mit ihm den Berlin Marathon in 2:01:39 Stunden gewonnen. Weltrekord. Und was für ein Weltrekord. Und spätestens, als der bei Adidas unter Vertrag stehende Äthiopier Herpassa Negasa einen Nike Vaporfly bis zur Unkenntlichkeit angepinselt und damit beim Dubai Marathon eine neue persönliche Bestzeit gelaufen war, war klar: Dieser Schuh ist nicht nur ein Wettbewerbsvorteil, er ist „ein Problem“, wie die Süddeutsche Zeitung titeln sollte. Die New York Times hatte derweil sogar im Labor nachgerechnet und dem Schuh mit der Carbon-Einlage und dem reponsiven ZoomX-Schaum tatsächlich einen Leistungsvorteil von vier Prozent attestiert. Zum Vergleich: Aktuelle Wettkampfschuhe von Adidas oder Asics kamen nur auf Werte zwischen 1,25 und 1,5 Prozent. Nun wäre der Vaporfly next% auf den Trails ziemlich verloren. Neben seinen beiden horizontalen Elementen, der Carbon-Sohle und dem darunter knautschenden Schaum, braucht er ganz unbedingt noch ein drittes: den ebenen, glatt gebügelten Asphalt. Schon in engen Kurven läuft sich das bereits merklich stabilere Update nämlich schwammig und abstrakt. Und doch, der Gedanke an den Triathlonsport kommt auf. Carbon statt Kondition. Was, wenn

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Lederhosen & Bratwurst

Die Amis kopieren mal wieder etwas, was es bei uns in Wirklichkeit nicht gibt. Beim DIRTY GERMAN ENDURANCE FEST am 11. Mai in Pennsylvania trafen sich 800 Läufer*innen, um sich im Ziel von einem in bayerischer Tracht auftretenden Akkordeonspieler empfangen zu lassen. Zielverpflegung: Bratwurst, Kraut und Helles. Das Rennen selbst war ganz normal: Distanzen zwischen 25 km und 50 Meilen auf solide gepflegten Trails, wie man es von den USA eben gewohnt ist. http://www.uberendurancesports.com/Dirtygerman.html

Alles anders und doch wie immer: Der UTMB® und seine neue Punkteregelung War ja zu erwarten. Also das die International Trail-Running Association (ITRA) auch in diesem Jahr eine Neuerung ihres Punktesystems umsetzen wird. Und das die Empörung danach groß ist. Zu Recht? Vielleicht. Zumindest muss mal wieder die Frage gestellt werden, warum es für so viele Trailläufer*innen unbedingt der Ultra-Trail du Mont-Blanc sein muss. Beantworten wollen wir das nicht. Richtig aber ist: Eigentlich reden alle über den UTMB, wenn sie über die ITRA-Punkte reden. Und künftig wird es noch einmal schwieriger sein, einen der begehrten Startplätze zu ergattern. Warum? Einerseits, weil man nach zwei gescheiterten Losverfahren künftig im dritten Jahr icht mehr automatisch einen Startplatz für Chamonix erhält. Vor allem aber fürt die International Trail-Running Association ab diesem Jahr eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ein: Teilnehmer*innen der drei vom UTMB selbst veranstalteten weltweiten Rennen - etwa dem atemberaubenden, technisch anspruchsvollen „Oman by UTMB“ oder dem „Ushuaia by UTMB“ auf Feuerland - werden mit der dreifachen Punktzahl honoriert. Parallelen zur Marke Ironman® und ihrer Monopolstellung im Triathlon werden immer offensichtlicher. Zudem sollen die neuen aufwendig inszenierten Rennen augenscheinlich eine indirekte Anschubfinanzierung durch den UTMB erhalten. Läuft man halt im Oman, damit man dann etwas wahrscheinlicher auch in Chamonix laufen darf. Fraglich nur, wie viele Europäer Tausende für eine solche Rennreise ausgeben. Gar nicht fraglich, dass so ein inflationärer Trail-Tourismus nicht mehr zeitgemäß ist. Übrigens: Wer tatsächlich zu viele dieser Running Stones genannten „Turbo-Punkte“ gesammelt hat, kann sie auch eintauschen – etwa gegen zusätzliche Lose für eine der kürzeren Distanzen, also den TDS oder den CCC. Auch dadurch dürfte der „normale“ Weg nach Chamonix noch einmal komplizierter werden.

SORRY, UNS FEHLT NOCH EIN GENAUER ORT UND EIN GENAUER TERMIN, ABER WIR WOLLEN EUCH SCHON JETZT DARAUF HINWEISEN, DASS WIR ENDE NOVEMBER 2019 ERSTMALS DIE TRAILSAISON MIT EINER ECHTEN PARTY AUSKLINGEN LASSEN WOLLEN. BEIM HOLY TRAIL EHREN WIR DIE BESTE/N TRAIL-LÄUFER*INNEN DEUTSCHLANDS UND LASSEN DAS JAHR MIT EINEM TOLLEN BÜHNEPROGRAMM ENDEN. DAS GANZE WIRD IM ZENTRUM VON MÜNCHEN STATTFINDEN. ANMELDUNG UND INFOS IN KÜRZE. WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE

FINDE DEINEN TRAUM-TRAILSCHUH! Den richtigen Trailrunningschuh zu finden ist nicht einfach. Unser großer Schuhtest in Ausgabe 3 hilft jedes Jahr dabei und ab jetzt auch ein Onlinetool auf unserer Homepage. Der erste Trailschuhfinder! Salomon, Hoka One One, La Sportiva oder doch mal so einen neuen von Adidas Terrex ausprobieren? Die Auswahl an Trailrunningschuhen war noch nie so groß wie heute. Jeder Hersteller hat mehrere Modelle und kategorisiert sie nach Einsatz. Oft sind die Beschreibungen der Hersteller jedoch unverständlich, wenig einheitlich und manchmal nach unserem Verständnis falsch. Seit Jahren versuchen wir nun in unseren Magazintests die Schuhe so zu beschreiben, dass die Leser*innen genau wissen, ob sich ein Kauf für sie lohnt. Der neue TRAILSCHUHFINDER hat uns viele Woche Arbeit bereitet, aber es hat sich gelohnt. Durchs Anklicken der persönlichen Vorlieben werden euch am Ende ein oder gar mehrere Modelle empfohlen. Als zusätzlichen Service leiten wir euch zu Shops weiter, die eben jene Modelle auch verkaufen. Ab jetzt lauft ihr garantiert mit dem idealen Trailschuh durch die Gegend. Probiert es doch bitte mal aus! Nur so können wir dieses Tool weiter ausbauen. www.trail-magazin.de/trailschuhfinder

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ZUM A N G E B OT -30%


NEWS DER REIZDARM

Beispiele Früchte mit hohem FODMAP-Gehalt: Äpfel, Pflaumen, Obstkonserven, Fruchtsäfte, getrocknete Früchte Früchte mit niedrigem FODMAP-Gehalt: Ananas, Bananen, Erdbeeren, Orangen, Weintrauben Gemüse mit hohem FODMAP-Gehalt: Blumenkohl, Erbsen, Linsen, Zuckermais, Zwiebeln Gemüse mit niedrigem FODMAP-Gehalt: Brokkoli, Karotten, Kartoffeln, Gurken, Tomaten Getreideprodukte mit hohem FODMAP-Gehalt: Gerste, Roggen, Weizen und deren Produkte (Brot, Gebäck, Grieß, Nudeln) Getreideprodukte mit niedrigem FODMAP-Gehalt: Buchweizen, Dinkel, Polenta, Reis, glutenfreie Getreideprodukte Milchprodukte mit hohem FODMAP-Gehalt: Buttermilch, Sahne, Milch, Jogurt, Hüttenkäse Milchprodukte mit niedrigem FODMAP-Gehalt: Laktosefreie Produkte, Brie, Feta, Mozzarella, Butter

Rund jeder zehnte Mensch leidet unter dem Reizdarmsyndrom (identisch mit dem Begriffen Colon irritable, Reizkolon). Die Diagnose des Reizdarmsyndroms sollte aber erst dann gestellt werden, wenn andere Ursachen ausgeschlossen sind (Tumore, Entzündungen, Unverträglichkeiten und Allergien). Der Reizdarm kann sowohl mit Durchfall wie auch mit Verstopfung einhergehen. Von Dr. Torsten Niecke Früher oder später quälen jeden Trailrunner, besonders auf längeren Strecken, Magen-Darm-Beschwerden. Unser Verdauungstrackt kann uns ein DNF bescheren. Dies ist nicht verwunderlich, bedeuten doch die Anstrengungen eines langen Laufs einen erheblichen Reiz auf den Verdauungstrakt. Vielleicht haben wir schlichtweg einen belastungsinduzierten Reizdarm.

Sonstige Lebensmittel mit hohem FODMAP-Gehalt: Honig, Bier, Cashewkerne, Fencheltee, Kräutertee (lange gezogen) Sonstige Lebensmittel mit niedrigem FODMAP-Gehalt: Olivenöl, Tofu, Walnüsse, Pfefferminztee, Kräutertee (kurz gezogen) weitere Informationen unter www.fodmap-info.de

Wie abgestimmt! Auch die italienischen Trailrunning-Spezialisten von LA SPORTIVA achten darauf, dass ihre Schuhe ganz besonders gut zu der eigenen Bekleidungslinie passen. Der neue KAPTIVA (Testsieger) und das Trail-Oberteil „Limitless“ verstehen sich in Form und Farbe bestens.

Für die Behandlung des Reizdarmsyndroms hat sich die Low-FODMAP-Diät etabliert. FODMAP = fermentierte Oligo-, Di- und Monosaccharide und Pylyole. Dazu zählen Fruktane, Galaktane, Frukto-Oligosaccharide, Galakto-Oliogosaccharide, Laktose, Fruktose, Sorbitol, Mannitol und Xylitol. Nahrungsmittel mit hohem FODMAP-Gehalt sollten gemieden werden. Diese wissenschaftlich gesicherten Daten können somit auch für die Ernährung von Trailrunnern berücksichtigt werden und belastende Bauchbeschwerden vermieden oder zumindest gemindert werden.

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FILMTIPP: Wetter Stein Grat Eine Grenzerfahrung zwischen Rückgrat und Reserven. Wer käme schon auf die Idee, den wenig bis gar nicht begangenen Wetter Stein Grat am Stück und ohne Pause beschreiten zu wollen. In Zahlen umfasst dieses Vorhaben: 70 km und 7.000 Hm. Das Gelände ist hauptsächlich charakterisiert durch brüchiges und feinsplittriges Gestein (Schrofen) sowie zahlreichen äußerst ausgesetzten Stellen. Hier erstreckt sich der Grat über eine Reihe imposanter Gipfel wie Alpspitz, Zugspitze, Dreihornspitze und Schlüsselkar. (Text: Nina Lang) Michi Wohlleben, deutscher Profialpinist, Bergführer und Adidas TERREX Athlet, hat sich seit einigen Jahren die fixe Idee in den Kopf gesetzt, diese Gipfel in einer Tour zu verbinden und alles an einem Stück zu begehen - natürlich nicht irgendwie, sondern so schnell wie möglich. Das eigens gesetzte Ziel für diese Beschreitung beträgt 35 Stunden. Im Vorfeld hat Michi sehr umfangreich trainiert und sich äußerst intensiv auf dieses ‚Projekt‘, wie er es nennt vorbereitet. Monatelang. „Du trainierst so hart, um tot noch zu laufen.“ Durch seine Bergtouren kannte er das Gebiet bereits gut und ist einzelne Passagen im Vorfeld abgegangen. Da das Gelände wenig begangen und teils sehr ausgesetzt ist, galt es die Route und ihre Schlupflöcher im Vorfeld zu identifizieren, um ein schnelles und sicheres Vorankommen zu gewährleisten. Das ganze Vorhaben wird durch eine Filmcrew von Whiteroom

6 AUSGABEN FÜR NUR 26 EURO INKLUSIVE EINER FEINEN PRODUKTPRÄMIE ALLE 2 MONATE NEU

Fotos: Alexia Berg, Jonas Berg

www.trailmagazin.de

Productions begleitet. Unglaublich schöne und atemberaubende Bilder dieser schroffen, kalten, spitzen, imposanten und wahnsinnig schönen Giganten entstehen - mit einem teils winzigen tänzelnden farbigen Punkt inmitten - Michi, der sich Schritt für Schritt vorarbeitet. Ein unbeschreiblich schönes Bergpanorama ist zu sehen. Gänsehaut pur. Schlaftrunken schlängelt sich Michi die letzten Kilometer entlang, bis er gemeinsam mit Alex im Tal nach ca. 41 Stunden ankommt. Michis Fazit: superzufrieden mit dem Ergebnis. Zieht man die 7 Stunden unfreiwillige Pause ab, hätte es hingehauen. Michi ist überzeugt, man könne diese Route auch unter 24 Stunden schaffen - ob er das sein wird oder jemand anderes wird sich zeigen.

Abonniere TRAIL und spar dir den Weg zum Kiosk. In dieser Zeit kannst du beispielsweise laufen, regenerieren oder das Heft lesen.

10 JAHRE T R A I L

2008-2018


NEWS STEIL GEHEN Auch am Berg kann man sich einfangen lassen. Der erste WINGSFORLIFEWORLDRUN „VERTICAL“ in Bad Reichenhall machte es dem Charity Run in München zwar nach, aber irgendwie auch ganz anders und vor allem ... auf Trails. Den Wingsforliferun kennt man. Nicht? Also dieses weltweite Event, das immer im frühen Mai auf dem gesamten Globus als App oder realer Veranstaltung einem Catcher Car davonrennt und sich möglichst lange nicht einfangen lassen möchte. Viele Tausende Menschen trainieren das ganze Jahr, um hier fit zu sein. Oft Leute, die nicht unbedingt ‚echte‘ Läufer*innen sind, aber für 5, 10 oder 15 km die Zähne zusammenbeißen. Ganz vorne laufen dann meist gute Straßenmarathonläufer*innen, Leute wie der charismatische Flo Neuschwander, der über dieses Event eine unfassbare Berühmtheit erlangte und ein eigenes Team um sich bildete. So ist der WFLWR ein Charit Run, bei dem alle Gelder in die Rückenmarksforschung fließen. Das Motto „Wir laufen für die, die es nicht können“ mit viel Hoffnung, irgendwann soweit zu kommen, dass man diese Menschen wieder auf die Beine bringt. Eine zweifellos schöne Idee, die es lohnt mit Engagement zu verfolgen. Nun ist das mit dem Straßenlauf - trotz dem findigen Witz mit dem Auto, das konstant mit 15 km/h den Teilnehmern naherückt - eine Sache, die Trailrunner nur bedingt vom Hocker reißt. Das fiel Salomon, ihres Zeichens Partner der Veranstalter, natürlich auf und sie entwickelten die Idee, das Ganze doch parallel auch in den Bergen, auf Trails zu veranstalten. Am 5. Mai war es dann erstmals soweit. Just in dem Moment, in dem in München mehr als 12.000 Menschen aus dem Olympiapark starteten, knallte auch in Bad Reichenhall beim WFLWR Vertical der Startschuss. Zwar waren es weniger Teilnehmer, aber dennoch war diese Premiere am berüchtigten Hausberg „Dötzenkopf“ eine gelungene Aktion. Ein Auto folgte den 70 Teilnehmern an diesem eiskalten Maitag zwar nicht, aber virtuell schnappte sich die App letztlich doch irgendwann jede/n einzelne/n Läufer*in. Die Community darf sich auf eine Fortsetzung 2020 freuen. Vielleicht finden ja einige Straßen-Charity-Runner den Weg auf den Trail. Im Geiste ist es ja dieselbe Sache.

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NUN IST DAS MIT DEM STRASSENLAUF - TROTZ DEM FINDIGEN WITZ MIT DEM AUTO, DAS KONSTANT MIT 15 KM/H DEN TEILNEHMERN NAHERÜCKT EINE SACHE, DIE TRAILRUNNER NUR BEDINGT VOM HOCKER REISST.

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nichts für

auS-DErSpur-FahrEr.

EyEsight bereits in den Einstiegsmodellen serienmäßig1

EyeSight1, der Testsieger2 der Fahrerassistenzsysteme, erkennt potenzielle Gefahren und hilft dem Fahrer, sicher in der Spur zu bleiben. Das ist nur einer der Gründe, warum eine Fahrt in einem Subaru mit Sicherheit ein großes Vergnügen ist. abbildung enthält Sonderausstattung. *5 Jahre Vollgarantie bis 160.000 km. Optionale 3 Jahre anschlussgarantie bis 200.000 km bei teilnehmenden Subaru partnern erhältlich. Die gesetzlichen rechte des Käufers bleiben daneben uneingeschränkt bestehen. 1Die Funktionsfähigkeit des Systems hängt von vielen Faktoren ab. Details entnehmen Sie bitte unseren entsprechenden Informationsunterlagen. 2 Getestet wurden Notbremssysteme. Quelle: auto motor und sport 09/2015 und www.adac.de

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NEWS

Dauerläufer

Es gab eine Zeit, da war der Dauerlauf ein Synonym fürs Joggen. Aber auch das sagt ja heute niemand mehr. Wir kümmern uns auf dieser Seite um Sachen, die schon lange da sind. Oder lange haltbar. Vor allem aber: lange gut. Schweiß drüber: Dieses Frottee-Utensil erinnert uns an eine Kindheit in den Achtzigern. www.lacoste.com

Wiedergänger: Der Pegasus geht in diesen Tagen bereits in seine 36. Saison. Die besonders gute Nachricht ist aber: Nach langer Pause präsentieren Nike wieder eine eigenständige Trail-Variante. www.nike.com

In die Dose gegangen: Die Konserve hat die Haltbarmachung von Lebensmitteln revolutioniert. Mit Ölsardinen gefüllt wird sie zur Delikatesse. Über www. maitrephilippe.de

Hält, was es verspricht: Gaffa-Tape verlängert etwa das Leben von Luftmatratzen, Reisekoffern oder Außenspiegeln. Nominiert für die beste Nebenrolle und eine Ikone der Do-it-Yourself-Kultur.

Zu den Unterlagen: Die mit AlpakaWolle gefüllte Gymnastikdecke wird ganz handwerklich im Allgäu gefertigt. Taugt auch als Gästebett. Über www. manufactum.de Schlicht überzeugend: Asket heißt ein junges Modelabel aus Stockholm, das auf den permanenten Wechsel der Kollektionen verzichtet und stattdessen auf hochwertige, zeitlose Basics setzt. www.asket.com

Schneidet gut ab: 1911 hat Joseph Opinel sein simpel aber langlebig konstruiertes Klappmesser auf der Weltausstellung in Turin präsentiert – und einen Klassiker geschaffen. www.opinel.com

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Einwecken, Fermentieren, Haltbarmachen: René Redzepi, Küchenchef des Noma in Kopenhagen, hat das bis dato schickste (und auch beste) Buch über diese langlebigen Küchentechniken geschrieben. www.kunstmann.de


Mit Adidas zu den Infinite Trails WCH

Abholen, wo sie sind! 12 Städte. 12 Runs. 12-mal Menschen, die einfach gerne zusammen laufen. Die Idee war ohnehin gut. Menschen, die eh schon furchtbar gerne zusammen laufen dazu zu bewegen, dass sie dies künftig doch gefälligst mal in den Bergen, auf Trails tun sollen. Naheliegend. Somit war die INFINITE TRAILS COMMUNITY TOUR doch sehr viel mehr als eine reine Promo-Kiste für die INFINITE TRAILS WCH in Bad Gastein, mehr weil man zwar das Event immer wieder ins Spiel brachte, es doch darum ging, die Leute, die in Städten ihre Runden drehen, einfach mal für den losen Untergrund zu begeistern. Das ist gelungen. Tourstopp in Berlin. Ein 24,5-°C-Apriltag. Perfekt für einen Ausflug in die Müggelberge in den Osten der Hauptstadt. Ein Doppeldeckerbus chauffiert 45 Teilnehmer*innen durch die Megacity an den Fuß der Trails, die uns die kommenden 1,5 Stunden bestens unterhalten. Ein kurzweiliger Run, in zwei Gruppen aufgeteilt. Vorbei an den ersten Freikörper-Fetischisten, hinauf zum höchsten Punkt der Stadt und auf staubtrockenen Wegen wieder runter. Top-Trailläufer Jojo Klein kam extra aus dem Allgäu und erklärt dann auch anschaulich die richtige „Downhill-Technik“. Ein echter Allgäuer in Berlin – alleine das ist ‘ne Story wert. Ja, wenn so eine Marke, wie das Adidas nun mal ist, so einen Sport entdeckt und damit arbeitet, dann ist das sehr seriös aufgestellt. Zurück im Runbase, einer Location mitten in Berlin, der „Adidasrunners“, gibt es ein Büfett, Getränke, Obst und verdammt leckere Süßigkeiten. Wer viel läuft kann hier viel „gechillt“ rumhängen und sich währenddessen noch immer als Läufer fühlen. Dass Laufsport durch diese „Runbases“ in fast jeder großen Stadt ein solche stylisches zu Hause hat, kann nur gut sein. Hier treffen sich Menschen, hier wird geplaudert, Laufziele besprochen. Ein Wochenende später bin ich in Wien. Wieder eine sogenannte Runbase. Das Zuhause der drei laufenden Streifen ist hier ein Hausboot im Donaukanal. Anders als Berlin. Ganz anders. Anders gut. Totales Un-

LESERCAMPS 2019 Juni

Juli derstatement. In der Stadt mit dem Schmäh ist auch Laufen eine lässige und unaufgeregte Angelegenheit. Wir lassen uns auch hier vom Zentrum hinaus in die „Vorstadt“ shutteln. Ein Bus voller Hashtags und Profile. Ich stelle fest, dass Laufsport im Jahr 2019 in so einer Metropole einfach auch Social Media ist. Ein Channel. Ein Post. Eine 15-Sekunden-Story. Ich bin 46. Ich kenne Laufsport noch ohne Strom und Touchscreen. Aber ich gewöhne mich daran. Der Lauf in den Hausbergen vor Wien wird jedenfalls zu einem frühsommerlichen Spaß. Pure Freude. 11 km rasen wir kreuz und quer durch dieses Wiener Naherholungsgebiet. Eine Wochenende später bin ich in Frankfurt. Der Feldberg in Schnee, die Leute dort voller Sonne. Hey, ihr müsst alle Trailrunner werden!

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Infinite Trails Bad Gastein Camp mit Benni & Adrian

Women Only Camp Kleinwalsertal „Mädels unter sich!“

Oktober

Hütte-zu-Hütte-Camp Südtirol „Auf dem Meraner Höhenweg“

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DENIS’ KOLUMNE

Hauptsache nix mit Sport! In guten Zeiten, also so wie jetzt gerade, denke ich praktisch nie darüber nach wie es sein könnte oder wie es einmal gewesen ist. Also damals, als ich nicht laufen konnte. Nun ja. Es ist eher so: Wenn man nicht laufen möchte, dann ist es eigentlich ganz okay nicht laufen zu können. In jedem Fall ist es irgendwie schon verrückt. Verrückt, dass der Gedanke ans Laufen so stark sein kann. Wer leidenschaftlich gerne läuft hat diesen sehr pragmatischen ON-/OFF-Schalter nicht. Sich einfach damit zufriedengeben, dass man in den Tagen oder Wochen einer Krankheit, einer Verletzung oder durch andere Umstände, die oft sehr, sehr vielschichtig sind, nicht laufen kann, das geht nicht so leicht. Ein Freund von mir, ich nenne ihn hier Manfred, obwohl er Stefan heißt, war lange verletzt. Na ja, er war schon auch selbst daran schuld. Er hatte keine Verletzung, die einfach so über ihn hereinbrach, oder eine Krankheit, die plötzlich in ihm steckte. Nein, nein. Er hatte seine Verletzung quasi herbeiprovoziert, sie so lange gekitzelt, gereizt, bis sie zuschlug. Wie bei diesen Hunden, die an sich brav sind und erst dann zubeißen, wenn man ihnen zum siebten Mal den Knochen wegnimmt oder sie so richtig fest am Schwanz zieht. Manfred hatte also kein Pech. Es war eine logische Konsequenz seiner Unvernunft,

seines Egos, Übertrainings, Überehrgeizes und ein stumpfes Ignorieren vom Ziehen und Stechen im Knie. Noch ein Lauf, noch ein Wettkampf. Sein Gejammere war ohnehin unerträglich. Irgendwann war ich sehr froh, dass er nicht mehr laufen konnte, denn das brachte mit sich, dass das Gejammere ein Ende hatte.

Ernsthaft. Ich meine das todernst. Laufen kann bei einem selbst so manch querliegenden Gedanken wieder in die Spur bringen und als gemeinsames Hobby ganz divers lebende und denkende Menschen zusammenbringen. Das ist gut. Sehr gut sogar. Die Menschen brauchen solche Gemeinsamkeiten.

Ich erklärte ihm, dass er Raubbau an seinem Körper betreibe und wurde wütend. Wütend aus eigentlich nur einem Grund. Einem guten Grund. Es ging mir nicht darum, ob Manfred, ob Stefan, mehr als ich läuft, ob er besser läuft, es ging mir nur darum, dass dieser 32 Jahre junge Typ doch wissen müsste, dass er starke 40 Laufjahre vor sich hat. Vier Jahrzehnte! Ein halbes Leben auf Trails, das er im Begriff war wegzuwerfen.

Ich finde Trailrunning-Events, Wettkämpfe, Community Runs und natürlich das TRAIL Magazin sollten von der EU subventioniert werden und von der Steuer befreit sein. Nur mal so eine Idee. Zurück zu den Zeiten, in denen man aufgrund einer Verletzung nicht laufen kann. Was könnte man als Läufer*in eigentlich tun, wenn man nicht laufen kann?

Laufsport ist nicht irgendetwas, was man mal macht und dann einfach nicht mehr. Es ist auch kein Ding, das endlos robust ist. Wer wirklich lange Spaß daran haben möchte, muss neben der Sache mit dem Einen-Fuß-vor-den-anderen-setzen vor allem eines können: hören. Zuhören. Dem eigenen Körper viel Aufmerksamkeit schenken. Im Jahr 1801 machte sich ein Mann, den sie Captain Barclay nannten, keine Gedanken darüber, ob seine Freunde verletzt oder unverletzt liefen. Außer ihm lief ja eigentlich niemand. Somit war dieser Mr Barclay aus Schottland - ein Ururenkel des Gründers der Barclays Bank - irgendwie der erste Trailrunner der Geschichte, wenn man die Jägerei der Urzeitmenschen einmal außen vor lässt. Er war betucht und Teil einer sehr privilegierten Familie, die allesamt für sportliche Kuriositäten bekannt waren. Captain Barclay selbst, so wird ihm nachgesagt, lief 100 Meilen in nur 17 Stunden und in einem Park gar 1.000 Meilen unter den bewundernden Blicken zahlreicher Zuschauer. Er soll - neben seinen Leistungen der Ausdauer - auch einen 115-kg-Mann mit nur einem Arm vom Boden auf einen Tisch gehoben haben. Welcher aktuelle Trailrunner kann das? Kilian, François, Timothy Olson oder doch Jim Walmsley? Habe es mir erst neulich so gedacht – unsere Gesellschaft bricht auseinander. Die Meinungen, wie unser Zusammenleben in Deutschland, der EU und auf der Welt so sein sollte, gehen radikal auseinander. Es gibt vermutlich auch zu viele unterschiedliche Wahrheiten, die jeder so für sich vehement beansprucht. Laufen ist natürlich nicht die Lösung für alle Probleme, aber es könnte zumindest ein Anfang sein.

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Was tut ein Sänger, wenn er nicht singen kann? Er könnte währenddessen zumindest Texte verfassen. Ein Läufer könnte Läufe planen, Strecken planen oder YouTube-Clips von Ultratrails und Skyraces anschauen. Das könnte ihn natürlich in schwere Depressionen treiben. Also keine gute Idee. Es hilft also das zweite Hobby. Ich rufe hiermit nun ganz offiziell dazu auf, dass jeder ambitionierte Trailrunner unbedingt eine weitere Passion braucht. Mir egal was - Hauptsache nichts mit Sport. Ich will diesen Spruch übrigens nicht überstrapazieren. „Hey, ich laufe vor nichts davon!“ Kennt man ja. Leute die nicht laufen fragen sich völlig nachvollziehbar, wieso wir soviel rennen? Wohin? Warum? Dabei kommen sie fast logisch auf die Antwort, dass wir vor etwas davon rennen und wir, also uns, fällt nichts besseres ein als unter Protestfahnen zu kontern „Hey, ich laufe vor nichts davon!“ Wollen wir uns das künftig bitte einfach sparen. Wir wissen dich zu gut, dass wir immer ein Ziel haben. Selbst wenn ich vor etwas davon rennen würde, würde es mich einholen, denn meist laufe ich ja in Runden, mit dem selben Start und Ziel. Ich würde also immer wieder meinem feind in die Arme laufen. Nur einmal. Nur ein einziges mal bin ich wirklich vor etwas davongerannt. Es war 1979. Ich rauchte meine erste Zigarette in der Scheune meines Onkels. Irgendwann stand sie in Flammen, samt Heu, samt Geräteschuppen. Ich rannte. Und wie ich rannte.


NEWS DER TRAIL-KNIGGE

Tag am see

Braucht der Trail eigentlich Alterklassen-Wertungen? So jung kommen wir nicht mehr zusammen. Denkt sich die Mittvierzigerin, die sich da im Downhill am neuen Trailrunning-Talent misst. Und, ja, es ist ein Geschenk, einen Sport zu betreiben, den immer alle gemeinsam machen. Aber andererseits: Vorige Woche beim Stadtlauf stand man sogar mal auf dem Treppchen, als Dritter seiner Altersklasse. War schon auch ein cooles Gefühl. Kurz gefragt: Wäre es nicht doch schön, wenn auch auf den Trails die Altersklassenwertungen des DLV gelten würden? Oder geht es euch am Ende eh nur um die eigene Zeit? Oder nicht einmal um die? Altersklassen würden aus meiner Sicht schon Sinn machen, allerdings müsste es eine Mindestteilnehmerzahl geben. Wenn diese nicht erreicht wird, geht’s in die nächst jüngere Wertung. Marc Eisermann Für mich eine schwierige Frage, die stark mit der Einstellung zum Sport korreliert.Trailrunning sehe ich eher als Erlebnis, weniger als Wettkampf. Deshalb habe ich da mit Altersklassen, Verbänden, selbsternannten Weltmeisterschaften, etc. Bauchschmerzen. Peter Lemtis

Frauen unter sich: In Zell am See etabliert sich eine Trail-Veranstaltung, die auf Frauenpower setzt und ganz ohne Männer auskommt. Beim Women´s Trail wurde jedoch mehr als nur gerannt.

Ich kann die Einstellung meines Vorredners nachvollziehen. Dennoch empfinde ich es ein bisschen diskriminierend, dass man in diesem Sport alles, was älter als 50 Jahre ist, in einen Topf wirft. Otto Jantsch

Zum vierten Mal hieß es am Wochenende am idyllischen Zeller See im Pinzgau im Salzburger Land: „Women Only“. Auch bei der vierten Auflage des Women‘s Trail in Zell am See-Kaprun vom 17. bis 19. Mai 2019 gab‘s Frauenpower in freundschaftlicher und familiärer Atmosphäre kombiniert mit einem spannenden Rahmenprogramm auf faszinierenden Trails rund um den Zeller See. Sportlich ging das Event am Sonntag mit dem Gesamtsieg der erfahrenen Triathletin Silvia Felt (Salomon Time to Play) als TrailQueen zu Ende. Zweitschnellste Frau des Wochenendes war die erfolgreiche WM-Trailrunnerin Sandra Koblmüller (Salomon Running Team Austria), gefolgt von ihrer Landsfrau Anna Glack (Union Neuhofen an der Krems). Bilanz nach drei Tagen Trailrunning von Frauen für Frauen: Es war ein langes Wochenende unter Freundinnen - selten gab‘s bei einer Trailrunning-Veranstaltung so viele freudige und lachende Gesichter beim Zieleinlauf zu sehen. Zu den Wettbewerben auf den Trails gab es Workshops, Yoga und lässiges Zusammensein. Ein echtes Festival sozusagen.

Wie wäre es mit Gewichtsklassen?�Mit meinen 95 kg könnte ich dann auch mal um Ehrenplätze kämpfen. Bernd Michels Meine Mutter freut sich immer, wenn ich als Altersklassenzweite in der Zeitung stehe. Dabei hat der Volkslauf in meiner alten Heimat gerade mal 100 Telnehmer - lass drei oder vier davon in meiner Altersklasse sein. Anne Sendermann Gerade auf den Trails gefällt es mir, mich nicht auf die Zehntelsekunde vergleichen zu müssen. Trailrunning ist doch für einen Großteil von uns einfach nur ein schönes Erlebnis. Carsten Thomas Es gibt die, die 100 km in acht Stunden rennen und die, die einen Tag brauchen. Daran wird auch eine Altersklassenwertung nichts ändern. Dennoch finde ich es schade, dass sich in Deutschland alle gegen solche Strukturen, etwa auch gegen einen Trailrunning-Verband sträuben. Verbandsstrukturen bedeuten immer auch Förderung der Jugend. Man muss sich nicht wundern, das deutsche Trailrunner*innen kaum in der Weltspitze ankommen … Mario Helm

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EVENT JAPAN

reise, reise

Skyrunning vs. Ultra Trail World Tour! 25 km vs. 167 km! Laktattoleranz vs. Robustheit! Zwei Freunde sind nach Japan geflogen, um an zwei völlig unterschiedlichen TrailrunningVeranstaltungen teilzunehmen und sich gegenseitig dabei zu unterstützen. Sie merkten: Da geht was auf dem Trail im Land der aufgehenden Sonne. Zwei international hochkarätige Rennen innerhalb einer Woche. Wo findet man das schon? Das Mt. Awa Skyrace® und der Ultra-Trail Mt. Fuji waren die Höhepunkte einer dreiwöchigen Japan-Reise für die beiden Spitzenathleten Christoph Lauterbach und Janosch Kowalczyk. Die Adidas-Athleten berichten uns nicht nur von nächtlichen Vorbereitungsläufen und renntaktischen Überlegungen, sondern auch von einem Land, in dem nicht nur Freundlichkeit, sondern und vor allem auch das Laufen großgeschrieben werden.

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Hallo Janosch und Christoph, wo genau erwische ich euch gerade? Christoph: Wir sitzen hier in der Hotellobby in Tokio. Es ist etwas voll. In Japan ist im Moment die Golden Week. Das ist eine Woche im Jahr, in der fast jeder Japaner frei hat - eine von sehr wenigen freien Wochen, die ein Japaner im Jahr hat. Vor allem merkt man das in den U-Bahnen. Dort sind so gut wie keine Anzugträger unterwegs. Was schon was Besonderes ist, weil eigentlich alle Japaner bei der Arbeit Anzug tragen.

Interview: BENNI BUBLAK Fotos: PRIVAT, VERANSTALTER

Ihr habt Japan besucht für zwei komplett unterschiedliche Trail-Wettkämpfe. Christoph ist bei einem sehr kurzen Skyrunning-Rennen gestartet und Janosch bei einem zur UT®WT gehörenden 100-Meiler. Welche Motivation steckt für jeden von euch hinter dieser Race-Auswahl? Christoph: Nachdem ich ein paar Jahre eher längere Rennen gelaufen bin habe ich letztes Jahr gemerkt, dass mir diese intensiven kurzen Rennen genauso taugen. Auf den kurzen Distanzen schneller werden lautet daher für dieses Jahr das Ziel. Die Ultras habe ich nicht aus den Augen verloren. Aber dafür bleibt mir in ein paar Jahren immer noch Zeit. Ein anderer Aspekt ist, dass das Training nicht so zeitintensiv und daher besser mit meinem Job vereinbar ist. Janosch: Zum einen glaube ich, dass mir die langen Dinger mehr liegen. Zum anderen stellt der 100-Meiler für mich schon so was wie den Endgegner in diesem Sport dar. Es ist einfach die Königsdistanz, die man gemacht haben muss und die mich gereizt hat. 100 km bin ich vorher schon gelaufen. Und jetzt habe ich gemerkt, dass 100 Meilen nochmal eine ganz andere Nummer sind. Das sind nicht einfach nur 60 km mehr. Diese Erfahrung habe ich jetzt gemacht.

Ihr wart im Frühjahr beide zusammen mit Adidas in Fuerteventura im Trainingslager. Eure Vorbereitungsläufe sahen wahrscheinlich komplett unterschiedlich aus oder ging sich auch mal eine gemeinsame Einheit aus? Christoph: Ja klar, das ging schon sehr weit auseinander. Ich habe natürlich viel Tempo trainiert, während Janosch den Fokus voll auf Umfang gelegt hat. Eine klassische Einheit von mir waren zum Beispiel 5x8-Minuten-Bergintervalle.

Nachdem Janosch Ende letzten Jahres den Ultra-trail Cape Town gewinnen konnte, will er es dieses Jahr wissen. Die 100 Meilen sollen fallen. Beim UTMF muss er zwar aufgrund von totaler Erschöpfung aussteigen. Am Ende aber war dies nicht nur der erste Versuch diese Distanz zu bezwingen, sondern auch ein erster Gradmesser für das Saisonhighlight: den UTMB®. Janosch: Der Typ ist so schnell geworden. Unglaublich. Christoph: Ja, insgesamt habe ich schon zwei- bis dreimal die Woche Intervalltraining gemacht.

Und bei dir, Janosch? Umfang, Umfang, Umfang? Ja schon. In der einen Woche auf Fuerteventura bin ich 230 km mit über 8.000 Hm gelaufen. Bei einer Tempoeinheit bin ich mit Christoph mitgegangen, habe aber schnell gemerkt, dass mir das total den Stecker zieht und mich dann wieder auf meine langen Läufe konzentriert. Am Ende der Woche bin ich einmal um 3 Uhr nachts losgelaufen. Ich wollte unbedingt mal einen richtigen rest day haben. Also hab ich gedacht, ich laufe einfach nachts. Haha. Das war mega. Das war der erste Tag, an dem ich im Pool war, und beim Frühstücksbüfett konnte ich mir richtig den Bauch vollschlagen.

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Christoph, das Mt. Awa Skyrace fand in der Region Niigata statt. Wie würdest du das Gelände dort und allgemein die Strecke umschreiben? Japan ist ja wirklich durchsetzt mit Bergen. Die Berge in Niigata sind nicht besonders hoch. Die untere Hälfte der Strecke war schneefrei und die Trails wurzelig und waldig. Oben war der Schnee schon rutschig, aber laufbar. Die Anstiege und auch die Downhills waren allesamt sehr steil und knackig.

Glückwunsch zu deinem starken 8. Platz in diesem internationalen Starterfeld. Wie verlief dein Rennen? Was waren die besonderen Herausforderungen? Christoph: Es war das erste Rennen der Saison und ich hatte wirklich sehr gut trainiert. Aber man kann ja nie wissen, ob sich das im Rennen so widerspiegelt. Am Ende hat es aber sogar bes-


EVENT JAPAN

ser geklappt als ich mir das vorgestellt hatte. Eine Herausforderung war da natürlich: wie so ein kurzes Rennen angehen? Ich habe mich dann wirklich getraut, die ersten fünf flachen Kilometer ganz vorne mitzulaufen neben Jonathan Albon, Oriol Cardona Coll usw. Die Pace lag so bei 3:19 min. Aber das hatte ich ja trainiert. Auch in den steilen Anstiegen danach habe ich mich besser gefühlt als jemals zuvor.

Super. Und nach dem Rennen? Wie habt ihr die Trail Community in Japan erlebt? Janosch: Die Japaner sind gefühlt die Spanier von Asien. Die sind hier alle super Trailrunning-verrückt. Fast jedes Wochenende gibt es mindestens ein Rennen. Christoph: Im Ziel beim Rennen war eine ganze Schulklasse, die alle Finisher frenetisch empfangen hat. Jeder hat einen Fächer geschenkt bekommen. Man merkt einfach, dass die Japaner da richtig mit Herz bei der Sache sind und sich richtig viel Mühe gegeben haben dieses Rennen zu veranstalten. Die haben das auch voll gefeiert, dass da so viele internationale Starter waren.

Verdammt starke Läufer sind sie auch, die Japaner, oder? Janosch: Auf jeden Fall. Im Straßenultralauf sind sie ja schon seit Jahren

führend. Insgesamt hat der Laufsport hier auch einfach tiefe Wurzeln. Ich denke, da wird noch einiges passieren in den nächsten Jahren, wenn die ganzen Raketen den Trail entdecken.

Nach Christophs Rennen ging es dann für euch in die Mt.-Fuji-Region. Wie habt ihr das Reisen innerhalb Japans erlebt? Janosch: Der Hammer. Da gibt es den Shinkansen-Zug. Der fährt 300 km/h. Die Züge sind ungelogen immer auf die Sekunde pünktlich. Und die Japaner sind so organisiert. Die stehen schon bevor der Zug kommt in zwei Schlangen bereit. Christoph: Genau, und dann muss man sich natürlich vorher eine Bento Box kaufen, die man im Zug genüsslich snackt. Mit dem Zug kommt man doppelt so schnell an wie mit dem Auto. Also Reisen in Japan ist echt sehr angenehm.

Janosch, der Mt. Fuji ist ein imposanter Berg. Wie würdest du den Kurs rund um diesen Berg beschreiben? Die Strecke ist echt ein ständiges Auf und Ab. Alles sehr unrhythmisch. Auch wenn das Höhenprofil flach aussieht, sind dort immer so kleine 20-Hm-Zacken versteckt. Und die sind dann oft brutal steil. Bestimmt 50-mal war ein Seil angebracht, oft war ich auf allen vieren unterwegs. Selbst bergab musste ich

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Christoph siegte schon beim Transalpine Run und beim Eiger Ultra Trail. Dieses Jahr hat er sich den kürzeren Rennen der Skyrunning World Series verschrieben. Beim Auftaktrennen in Japan wurde er sehr starker Achter. Nur wenige Minuten hinter Trailrunning-Größen wie Marco De Gasperi und Jonathan Albon.


teilweise gehen, weil es sehr rutschig und steil war. Das war sehr zermürbend.

Dein Rennen hat aber ganz gut begonnen, oder? Du hast dich die ersten 50 km stetig nach vorn gearbeitet bis in die Top Ten. Meine Taktik ist eigentlich immer, die Rennen langsam anzugehen und am Anfang nur auf mich zu schauen. Der Plan war, dass ich mich bei 50 km noch sehr frisch fühlen wollte. Das hat leider diesmal nicht so richtig geklappt. Ich habe von Anfang an gemerkt, dass die Tagesform nicht ganz so gut war. Außerdem war es sehr nass, die Luftfeuchtigkeit extrem hoch. Dementsprechend war ich nach 50 km schon relativ bedient. Danach lief es eigentlich nochmal erstaunlich gut, so bis Kilometer 90. Dann ging es schon deutlich bergab. Ich war zwar noch auf dem 6. Platz. Aber ich hab irgendwie versäumt mich besser anzuziehen. Ich habe dann über einen längeren Zeitraum leicht gefroren und wenig gegessen. Irgendwann war die Energie dann einfach komplett weg. Ich hatte Schüttelfrost und habe teilweise 30 Minuten für einen Kilometer gebraucht. Da habe ich mich entschieden auszusteigen.

Eine lange Pause machen, versuchen die Batterien wieder aufzuladen, war für dich keine Option? Immerhin hattest du schon 130 km geschafft. Nein. Für mich war eigentlich schon immer klar, dass ich Rennen laufen will, um des Wettkampfs willen. Dieser Zweikampf Mann gegen Mann und nicht Mann gegen Strecke ist schon das, was mich antreibt. Ich kann mir zum Beispiel auch vorstellen irgendwann mal den Tor des Géants zu laufen. Aber dann auch kompetitiv und nicht des Abenteuers willen.

das ist schon auch ziemlich anstrengend. Dafür, dass es für uns beide das erste Mal war, lief es auch echt gut. Aber man merkt schon, dass es noch Details gibt, an die man vorher gar nicht gedacht hat.

Janosch, wie stark hat es dir geholfen, einen richtigen Support zu haben? Das war echt mega. Teilweise war ich echt fertig vor dem Checkpoint. Aber als ich wieder rauslief dachte ich mir: Ach, geht ja wieder. Diese Crew dreht dir einfach den Kopf nochmal um. Das ist wie eine Gehirnwäsche. Neben dem Mentalen ist da natürlich auch der praktische Aspekt. Du sparst eine Unmenge an Energie und Zeit, wenn du dich in der Verpflegung um nichts kümmern musst. Christoph: Wir haben auch dazugelernt. Ich konnte ja beobachten, wie das beim Vollprofi Thévenard funktioniert. Das ist dann echt wie ein Boxenstopp. Der streckt dann nur seine Arme aus und wird an und ausgezogen und die nächste Hand steckt ihm was zu essen in den Mund. Und trotzdem lief das Ganze voll ruhig ab. So richtig routiniert.

Janosch, dein Höhepunkt ist der UTMB dieses Jahr. Welche Erfahrung nimmst du aus Japan für dieses Rennen mit? Würdest du etwas anders machen? Es war glaube ich einfach schon sehr wichtig, dass ich hier beim 100-Meiler gestartet bin und nicht beispielsweise beim Madeira Island Ultra Trail. Allein dieses Gefühl nach 50 km. Es sind jetzt noch fast 120 weitere Kilometer. Das ist schon eine spezielle mentale Herausforderung, die man eben nur beim 100-Meiler hat. Und dann sind es viele Kleinigkeiten. Beim 100-Meiler ist Planung superwichtig. Ich werde einfach viel mehr De-

Christoph, du hast den Support für Janosch übernommen. Wie oft hast du ihn gesehen und wie war das für dich, ein Rennen mal aus dieser Perspektive zu erleben? Ich habe ihn viermal getroffen auf der Strecke. Es war das erste Mal, dass ich so einen langen Wettkampf supportet habe. Es hat auch sehr viel Spaß gemacht. Aber der Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Zum Glück hatten wir ein Auto von jemandem von Adidas Japan. So konnte ich mir auf der Fahrt nochmal die Streckendaten anschauen und Janosch dann jedes Mal durchgeben, was ihn jetzt auf dem nächsten Abschnitt erwartet. Im Endeffekt war es auch ein richtiger Support-Ultra mit einer Nacht durchmachen -

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tails vorher schon durchplanen. Wo holst du deine Stirnlampe raus, wann wechselst du deine Klamotten. Das gibt dir dann einfach ein sicheres Gefühl.

Ihr habt jetzt innerhalb einer Woche ein Rennen mitgemacht, das zur Skyrunning Series gehört und eines, das zur Ultra Trail World Tour gehört. Zwei Big Player im Rennzirkus. Habt ihr da substanzielle Unterschiede miterlebt? Christoph: Die Organisation war bei beiden Rennen sehr gut und hoch professionell. Das Mediale war beim UTMF schon deutlich ausgeprägter. Mit einer großen Pressekonferenz und Kameras an jedem Checkpoint. Von der Leistungsdichte nehmen sie sich nicht viel. Die ist sogar leicht höher beim Skyrunning - was aber natürlich auch klar ist, wenn die Rennen so kurz sind. Der UTMF ist mit seinen 1.500 Startern natürlich insgesamt ein viel größeres Rennen als das Mt. Awa Skyrace. Das ist eine ganz andere Dimension.

Christoph, welche Skyrunning-Rennen stehen bei dir noch an? Ganz genau weiß ich das nicht. Ich will insgesamt vier Rennen der Serie laufen, um mich gegebenenfalls über das Gesamtranking für das SkyMasters-Finale in Limone zu qualifizieren.

Janosch, wie ist deine Planung bis zum UTMB? Es gibt ja viele lange Wochenenden bis dahin. Die werde ich natürlich nutzen, um ordentlich Umfang zu machen. Logisch. Wettkampfmäßig bin ich noch bei den adidas Infinite Trails und bei der Walser Trail Challenge am Start.


PRODUKTE SOMMER-OUTFITS 2019

Ein kurzes Vergnügen Nein, nein. Es sind eben nicht „nur“ ‘ne kurze Laufhose und ein Hemdchen. Unsere Suche nach wirklich guten Oberteilen und Trailshorts für warme Tage war nicht einfach. Diese fünf Kombination sind aber richtig heiße Tipps!

Salomon

Scott

S/Lab Short 9 M 70,00 Euro S/Lab NSO Tee 100,00 Euro www.salomon.com

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Montane Fang Shorts 59,95 Euro Fang Zip-T-Shirt 59,95 Euro www.montane.eu

Eigentlich wäre es doch so einfach. Ist es aber nicht. Wir machen uns unheimlich viele Gedanken um die richtige Regenjacke, um die richtigen Stöcke und den perfekten Laufrucksack. Was ist mit der kurzen Laufhose? Was mit dem Laufshirt? Die sind in den meisten Planungen irgendwie nicht so richtig präsent. Ein Fehler. Absolut. Wer einmal mit einer kneifenden Tight unterwegs war und einem Trikot das 5

Adidas Terrex

Dynafit

Terrex Tivid Tee women 39,90 Euro Terrex Agravic 2in1 Skort 59,90 Euro www.adidas.de

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cm zu kurz abschliesst, weiss um die Wichtigkeit des kurzen Sommeroutfits. Kurze Laufhose ist eben nicht gleich kurze Laufhose und selbiges gilt für das kurze Oberteil. Diese fünf Kombinationen haben uns besonders gut gefallen. Sie sind allesamt sehr leicht, athletisch und nicht zu eng geschnitten und trocknen auffallend schnell. Ob man nun eine Shorts mit oder ohne Innenhose bevorzugt bleibt eine persönliche Sache. Wer ohnehin auf eine spe-

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zielle Sportunterhose setzt, wird mit einer Laufhose gänzlich ohne Einsatz gut beraten sein. Ansonsten gehören heute mehrere Taschen oder elegant integrierte Fächer an den Bund solch einer guten Trailhose und die Bewegungsfreiheit darf natürlich nie eingeschränkt sein. Bei den Trikots sind die Kunstfasern ein ganzes Stück weiter als noch vor Jahren. Das fast irrsinnige „Muffeln und stinken“ nach nur einmal tragen ist heute vorbei. Wer will schon zu jedem Lauf eine Einheit Wachen anhängen?


PERFEKTES WOCHENENDE HIDDENSEE

Leuchtturmprojekt Hide-away auf Hiddensee: Die Ostseeinsel bietet die perfekte Kulisse für einen Tag auf den Trails. Das daraus auch ein traumhaftes Wochenende wurde lag an Robinson Crusoe, an Kutterfischern und einem Landwirt, der auch Gastwirt ist. Text & Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL

Ein Frühlingswochenende im Mai. Ein Drittel der Redaktion ist gerade auf einer Insel. La Palma, die Kanaren, Transvulcania. Ein mythisches Rennen, dessen Glanz doch auch daher rührt, dass es so ganz und gar logisch eimal im Dreiviertelkreis über diese Insel geht. Und dass es in und mit einer Landschaft spielt, die in allen Himmelsrichtungen begrenzt ist. Vom Meer. Ein anderes Drittel der Redaktion sitzt derweil an Bord eines offenen Außenbordmotorboots und ist ebenfalls zu einem Eiland unterwegs. Mit an Bord: zwei Kisten voller Rindswürste, mit allerlei Regionalem belegte Brote für eine Theaterpremiere und ein Landwirt, der auch der Kapitän ist. Hiddensee hat etwas, das die anderen größeren Ostseeinseln nicht haben. Keine Autos. Und so wird auch der Lieferverkehr zumeist mit Boot und Handwagen erledigt. Und wo Matthias Schilling schon dabei ist, liefert er die Inselgäste gleich mit. Ums Laufen soll es gehen, auf dieser rund 16 km langen, sehr schmalen Insel, deren Südspitze freilich der Flora und Fauna vorbehalten bleibt. Macht aber nichts, der Norden hat die Trails, die Hügel - auf einem von ihnen

steht der vielleicht schönste Leuchturm des Landes - und abwechslungsreiche Landschaften, die an den Südwesten Englands erinnern oder an das sowieso sehr nahe Bornholm. Die Idee: alle Trails, Wander- und Strandwege Hiddensees zu einem knappen Marathon zusammenzubasteln. Aber darum wird es erst morgen gehen. An diesem frühen Abend schnütteln wir uns nur ein wenig die Beine aus und sitzen dann im Haferkater im Hafen von Vitte bei Hechtklopsen, Matjes und Bücklingen aus der Dose. Das Lokal, das mit seiner in Steckbuchstaben über die Theke gepinnten Speisekarte schon auch nach Hamburg passen könnte, oder nach Berlin, ist eines der Projekte unseres Fährmanns Matthias Schilling. Arbeitstitel: Alles muss man selber machen. Weil Matthias Schilling, der Biobauer von der Insel Öhe, die nur ein kreisstraßenbreiter Sund von Rügen trennt, nämlich immer mehr Mühe hatte, die Produkte seines Hofes - Rind- und Lammfleisch von den Salzwiesenweiden vor allem an Großhändler und Handelsketten zu verkaufen, wurde er kurzerhand sein eigener Kunde. Und übernahm vis-à-vis seiner Insel zunächst einen Gasthof in

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Schaprode. Dort, wo die Fähren nach Hiddensee auslaufen. Und initiierte später noch zwei Lokale auf Hiddensee, den Hafenkater und Schillings Hafenamt, Läden mit nonchalanter Selbstbedienung, aber mit einer frischen Küche aus Produkten, von denen Schilling die Erzeuger kennt. Die Hiddenseer Kutterfischer etwa. Matthias Schilling ist ein Gastronom, so wie wir eben Trailläufer*innen sind. Irgendwie ist es noch die selbe Sache, dort das Wirtshaus, hier das Laufen, aber es ist doch eine andere geworden. Mit mehr Aufmerksamkeit, einer intensiveren Beschäftigung, mehr Spaß an den Details. Die Theaterpremiere am Abend ist dann noch ein kleines, kurzweiliges Spektakel. Es geht in die Seebühne, einem „maritimen Kammertheater“, das eigentlich mal eine Handwerkerremise war. Gespielt wird Robinson Crusoe, das passt: noch so eine Erzählung von einer einsamen Insel. Und uns wird glaubhaft versichert, dass dieses Hiddensee selbst in der Hauptsaison, sobald die letzte Fähre abgelegt hat, eine weltentrücktes Plätzchen bleibt. Ist schon erstaunlich, wie es einen Ort prägt, wenn man mit keinem SUV hinkommen kann.


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PERFEKTES WOCHENENDE HIDDENSEE

Wir kommen am nächsten Morgen mit einer frühen Fähre wieder. Das Wetter meint es gut, blauer Himmel und vielleicht 15 °C. Wir haben eine Wanderkarte, aber eigentlich reicht auch unsere Nase. Immer der Nase nach. Von Vitte nach Kloster und vom gepflasterten Deichweg auf sandige Pfade, mal geht es durch mannshohe Johannisbeerhecken, dann durch dichtes Schilf. Männer in tarngrünen Overalls liegen auf der Lauer. Vor ihnen beeindruckende Teleobjektive und davor Tausende Graugänse auf ihrer Reise durch den Frühling und die Welt. Hinter der schmalen Inselzunge Altbes-

sin beginnen die Berge. Na gut, die hügeligen Trails. Immer wieder geht es hinab bis ans Wasser und hinauf bis auf knapp 80 m Höhe. Die Steilküste, wie man sie von nebenan aus Rügen kennt, ist auf Hiddensee zwar nicht so kreidebleich, aber nicht minder spektakulär. Der Leuchtturm auf dem Dornbusch ist eine Einladung zum Treppenlauf. Der Biergarten Zum Klausner ein inzwischen literarisch verewigter (in Lutz Seilers Kruso) aber derart verstaubter Ort, dass wird die 2 km zurück nach Kloster auch noch schaffen. Halbzeit und Fischsuppe in Schillings Hafenamt. Des Weiteren: Heidewiesen, Strandsprints und

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Info

knorrige, vom Wind zerzauste Wälder. Noch ein Leuchtturm und noch ein Fischerdorf und über allem dieser weite Himmel. Der Schlussspurt zur Fähre war so gewollt. Als kleiner, alberner Kick. Und obendrein gab es einen doppelten Boden: Die Taxiboote nach Hiddensee sind, wenn man denn weiß, wo man anrufen muss, kaum teurer als die Fähre selbst. Am nächsten Morgen noch ein Landschaftslauf durch das westliche Rügen. Ins Ackerbürgerörtchen Gingst mit ei-

Die Anreise Hiddensee ist autofrei. Was wir tatsächlich als unglaublich beruhigend und, ja, entschleunigend erfahren haben. Fähren fahren ab Stralsund (bei Anreise mit dem Zug) und Schaprode auf Rügen. Es macht durchaus Sinn, Schaprode auch als Quartier zu wählen. Zwar verkehren die Fähren auch im Sommer nicht mehr nach 19 Uhr, aber das Wassertaxi ist kaum teurer. www.seebad-hiddensee.de Der Gastgeber Wir sind am Hafen von Schaprode im reetgedeckten Gästehaus (oben) von Matthias Schilling (rechts)untergekommen. Der ist nicht nur Biobauer, sondern auch Gastwirt in Schaprode und auf Hiddensee. Und tischt auf, was sein Hof oder die lokalen Fischer so bieten. Kürzer könnten die Wege nicht sein. www.schillings-gasthof.de

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nem Buchladen, der schon mehrfach ausgezeichnet worden ist (dort ein Buch über die Kulturgeschichte des Herings gekauft) und weiter nach Ummanz, wo es tatsächlich ein Art Surferkolonie gibt. Aber leider hatten die den Pizzaofen so früh im Jahr noch nicht angefeuert. Wir nehmen das als gutes Omen, später im Jahr nochmal wiederzukommen.


TRAINING PERIODISIERUNG Text: MICHAEL AREND

Nicht NUR irgendwie „Weil man das eben so macht!“. Das reicht heute leider nicht mehr. Wer in Zukunft schneller und besser laufen möchte muss sich um die Qualität seines Trainings Gedanken machen. Periodisierung macht also Sinn - aus mehreren Gründen.

Auf ein hartes Training sollte ein Ruhetag folgen, nach spätestens drei harten Wochen eine Ruhewoche und nach einer harten Saison mal vier Wochen Pause gemacht werden. Die Standardregeln der Periodisierung sind fest eingemeißelt in das Trainingsbewusstsein des Läufers. Wie Dogmen wiederholen sie sich in der einschlägigen Populärliteratur, und eine Verletzung dieser Grundsätze wird wie ein Sakrileg mit Verachtung bestraft. „Man macht keine zwei harten Einheiten nacheinander!“, „Du musst dir auch mal eine Ruhewoche gönnen, sonst kommst du ins Übertraining!“ Wirklich? Training muss in erster Linie physiologisch begründet sein und ein „weil man das halt so macht“ ist ebene keine ausreichende Begründung in diesem Sinne. Viel zu selten werden nämlich die Grundsätze hinterfragt. Es ist höchste Zeit, mit einigen Mythen der Periodisierung aufzuräumen. Periodisierung macht natürlich Sinn,

speziell aus zwei Gründen. Es gibt erstens keine Einheit, die alle Schlüsselfähigkeiten im Laufsport trainieren kann. Darunter fallen zum Beispiel die VO2max, die Ermüdungsresistenz und das Tempo an der Laktatschwelle. Ein Wechsel verschiedener Einheiten, und sei es nur innerhalb einer Woche, macht also Sinn. Zweitens braucht es einen überschwelligen Reiz, um Anpassungen zu provozieren. Das bedeutet, dass ein Trainingsreiz mindestens in einem Bereich das Gleichgewicht, nach dem der Körper strebt, stören muss. Das klingt sehr theoretisch, ist aber auch nur so allgemein gehalten richtig, da es viele sehr verschiedene Störungen geben kann. Da die Anpassungen an diese neue Herausforderung nur in einem Zustand des Gleichgewichts erfolgen kann, muss früher oder später eine Erholungsphase kommen. Als Lehrmodell entwickelte sich aus dieser Annahme die Superkompensa-

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tion. Sie sagt aus, dass das Leistungsniveau nach einer Belastung aufgrund der Ermüdung absinkt, bevor es in der Erholung über das Ausgangsniveau ansteigt. Dann sollte der nächste Reiz erfolgen, damit sich dieser Ablauf, ausgehend von einem höheren Ausgangsniveau, wiederholt. Zu mehr als zu einem Lehrmodell taugt die Superkompensation jedoch leider nicht. Entwickelt wurde sie ursprünglich in einer Studie zur Steigerung der Kohlenhydratspeicher bei Mäusen. Das allein zeigt die begrenzte Übertragbarkeit. Sehnen, Nerven, Speicher, Hormonlevel, Muskelschäden usw. erholen sich von unterschiedlichen Reizen auch unterschiedlich schnell. Den einen richtigen Zeitpunkt für die nächste Belastung gibt es also nicht. Stattdessen gibt es zahlreiche richtige Zeitpunkte für unterschiedliche Reize und daraus folgend noch mehr Möglichkeiten, das Training zu strukturieren - je nachdem, was genau erreicht werden soll. Auf


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TRAINING PERIODISIERUNG Spezielle Periodisierungen für spezielle Anforderungen In der üblichen Periodisierung verhalten sich Umfang und Intensität gegenteilig wellenförmig. Der Umfang nimmt z. B. in der Ultravorbereitung langsam zu, die Intensität langsam ab. Es gibt aber Voraussetzungen, die andere Vorgehen erfordern.

1. Blockperiodisierung

Während der Übergang der Phasen oft fließend ist, ist er in der Blockperiodisierung sehr abrupt. Innerhalb eines 4- bis 12-wöchigen Blocks werden immer die gleichen Qualitätseinheiten trainiert. Beispielsweise 2x in der Woche 6x 800-m-Intervalle für 8 Wochen. Mit Ende dieses Blocks endet auch die spezielle Einheit und es wird auf eine andere Einheit umgeschaltet. Die einzelnen Blöcke orientieren sich dabei an der üblichen Periodisierung, wie in den Tabellen beispielhaft beschrieben. Die strikte Trennung und klare Fokussierung hat den Vorteil, im speziellen Bereich mit Sicherheit überschwellige Signale zu senden. Die Anpassungen in den Bereichen sind oft überdurchschnittlich. Das liegt auch daran, dass die Einheiten wiederholt immer besser eingeschätzt und durchgeführt werden können. Der Nachteil ist nicht, dass andere Bereiche vernachlässigt werden, dieser Effekt ist in der Realität nicht wirklich groß. Durch den abrupten Wechsel ist das Risiko der Überlastung jedoch deutlich höher. Zu empfehlen ist die Blockperiodisierung vor allem für erfahrene Sportler, die nur wenige Wochen oder Monate Zeit für die Vorbereitung haben und so in kürzeren Phasen klare Reize setzen wollen.

2. Blocktraining

Der Norweger Bent Rønnestad hat den Grundstein für eine Art der Periodisierung gelegt, die u. A. von den sehr erfolgreichen norwegischen Triathleten um Kristian Blummenfelt angewandt wird. Er testete mit seinen Kollegen, wie eine Schwerpunktwoche mit 5 Intervalltrainings bis an die Belastungsgrenze auf die VO2max wirkten. Dazu wiederholten die Sportler einen Zyklus aus je 5 Intervalleinheiten gefolgt von 3 Wochen mit nur einer Intervalleinheit insgesamt dreimal. Die Intervalleinheiten waren dabei entweder 5x 6 Minuten oder 6x 5 Minuten „all-out“. Während die Vergleichsgruppe mit der klassischen Methode aus 2 Intervalleinheiten pro Woche eine VO2max-Steigerung von 4% erzielte, erreichte die Versuchsgruppe eine Steigerung von 9%. Zwar spricht nicht jeder gleich auf diese Art der Überlastung an, aber die durchschnittlichen Ergebnisse sind sehr interessant. Der Vorteil der Methode ist, dass in den übrigen Wochen der Umfang hochgehalten bzw. entwickelt werden kann. Außerdem ist die Belastungswoche mit Sicherheit reizwirksam. Nachteilig ist sicher die enorme Belastung in der einen Woche. Für einen Berufstätigen ist hier schnell die Grenze zur Überforderung erreicht. Empfohlen werden kann die Methode dann, wenn die Vorteile des Intervalltrainings genutzt werden sollen, aber gleichzeitig der Umfang nicht zu tief werden darf oder soll. Die Voraussetzungen sind jedoch hoch. Gerade aber für Schichtarbeiter, die nur alle 4 Wochen sehr hart belasten können, kann diese Art der Schwerpunktwochen sehr vielversprechend sein.

Gleiches gilt übrigens auch für ein Blocktraining aus sehr hohem Umfang statt Intensität. Nicht umsonst werden häufig noch sehr gute Leistungen zwischen 4 bis 6 Wochen nach dem Transalpine Run erzielt.

eine oder mehrere Belastungen folgt aber natürlich sinnvollerweise auch eine Erholungsphase. Das gilt streng genommen schon innerhalb einer Einheit, nämlich im Intervalltraining. Den Wechsel von Be- und Entlastung innerhalb von 5 bis 10 Tagen nennt man Mikroperiodisierung. Diese wiederholt sich gerade für Berufstätige meist in einem Rhythmus von 7 Tagen. Mehrere Mikrozyklen ergeben dann Belastungswochen, und Entlastungswoche(n) und werden Mesozyklen genannt. Die Vorbereitung auf einen Hauptwettkampf kann 4 bis 12 Monate bzw. Mesozyklen dauern und wird als Makrozyklus bezeichnet. Im Hochleistungssport gibt es zusätzlich mehrere Jahre andauernde Pläne, die sich entweder nach Entwicklungsstadien von Jugendlichen oder z. B. nach dem olympischen Rhythmus richten. Und hier sind wir auch schon beim eigentlichen Problem der allgemein bekannten und auch anerkannten Systeme der Periodisierung. Sie sind in Studien mit Hochleistungssportlern entwickelt worden und genau auf diese zielt auch die Lehre ab. Als einziger Stressor wird der Sport angesehen und Trainingsumfang, -intensität und -frequenz werden nur durch die Erholungsfähigkeit begrenzt. Die Realität des berufstätigen Hobbysportlers, egal welcher Leistungsklasse, sieht aber anders aus. Aus einer Belastungswoche wird aufgrund beruflicher Verpflichtungen schnell mal eine sportliche Erholungswoche, und die Ruhewoche wird aufgrund von zusätzlicher Zeit mal schnell zur Belastungswoche. Im Urlaub kann wahlweise gar nicht oder täglich zweimal trainiert werden. Und, obwohl physiologisch sinnvoll, ist das Intervalltraining einfach nicht machbar, weil z. B. das Kind die ganze Nacht durchgeschrien hat. Jede noch so gut geplante Periodisierung scheitert also oft an der Realität. Gerade aus diesen Gründen sollte die Periodisierung nicht wie ein Dogma behandelt werden. Werden die Prinzipien und Hintergründe verstanden, dann kann flexibel reagiert werden und aus jeder Situation das Beste gemacht werden. Bevor wir aber auf einzelne konkrete Möglichkeiten eingehen, sollten wir

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uns klarmachen, was Periodisierung überhaupt erreichen soll und kann. Sie soll ein überschwelliges, also reizwirksames Training ermöglichen. Das kann bedeuten, dass einzelne Einheiten in Intensität oder Umfang so hart sind, dass sie Anpassungen provozieren. Das kann aber auch bedeuten,

dass die Kombination der Einheiten oder der Gesamtumfang dazu in der Lage sind, diese Verbesserungen hervorzurufen. Sie soll die für den Hauptwettkampf notwendigen Fähigkeiten am Wettkampftag maximieren. Welche das genau sind, hängt ganz wesentlich

vom Wettkampf ab. Bei einem 10-kmLauf kann es das Tempo an der Laktatschwelle sein. Bei einem Ultratrail kann es u. a. die Ermüdungsresistenz im maximalen Gehtempo sein. Sie soll so aufgebaut sein, dass grundlegende Fähigkeiten vor speziellen Fähigkeiten trainiert werden. Im Ein-

E V E RY R U N H A S I T S R H Y T H M L I S T E N C LOS E LY A N D F I N D YO U R OW N

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TRAINING PERIODISIERUNG zelfall kann es bedeuten, dass die maximale Sauerstoffaufnahme zuerst trainiert wird, bevor die Ermüdungsresistenz im Wettkampftempo trainiert wird. Oder dass zunächst die allgemeine Kraftausdauer vor der Widerstandsfähigkeit der Oberschenkelmuskulatur im steilen Gelände im Fokus steht. Das bedeutet auch, dass erst mal Voraussetzungen für die nächste Stufe erreicht werden müssen. So muss zunächst die notwendige Downhilltechnik beherrscht werden, bevor man im Gelände die Muskeln im Downhill abhärtet (exzentrische Muskelbelastung) Zu guter Letzt darf das Training nicht

überfordern oder übermüden. Das klingt zunächst mal logisch und einfach, aber noch weit weg von einer konkreten Umsetzung. Deutlicher und einfacher verständlich wird es, wenn man diese Prinzipien in seiner ganzen Unterschiedlichkeit in der Makroperiodisierung von Trail-Läufern zwischen Halbmarathondistanz und Ultramarathon betrachtet. Bei der Aufgliederung eines Makrozyklus in mehrere Mesozyklen werden diese unterschiedlich benannt. Ob diese Phasen aber wie im Triathlon in „Base, Build und Peak Phasen“ oder wie in der Leichtathletik in „Grundlagentraining, allgemeine

und spezielle Vorbereitung und unmittelbare Wettkampfvorbereitung“ unterschieden werden, ist zweitrangig. Ich persönlich bevorzuge eine Dreiteilung, die sich am russischen Begründer der Blockperiodisierung Vladimir Issurin orientiert und unterscheide in: Grundlagenphase, Überführungsphase und Realisierungsphase. In der Grundlagenphase werden allgemeine Fähigkeiten trainiert, die zunächst einen insgesamt besseren Läufer entwickeln. Hier wird auf allgemeine Schwächen eingegangen. Der Läufer steht im Mittelpunkt, nicht der Wettkampf. Das kann im Einzelfall z. B. eine höhere VO2max, eine höhere Umfangsresistenz, bessere Rumpfkraft oder Technik sein. Diese Grundfertigkeiten werden dann in der Überführungsphase in die Anforderungen des Wettkampfes übertragen. Diese Überführungsphase ist dabei selten ganz starr aufgebaut. Ihre Länge und Ausprägung hängt vom Wettkampf und der Unterschiedlichkeit von Grundlagenphase und Wettkampfanforderungen ab. In der Realisierungsphase wird höchst spezifisch trainiert, bevor es in das Tapering vor dem Wettkampf geht.

I N D E R G R U N D L AG E N P H A S E W E R D E N A L LG E M E I N E FÄ H I G K E I T E N T R A I N I E RT, D I E Z U N ÄC H S T E I N E N I NSGESAMT BESSE RE N L ÄU F E R E N T W I C K E L N .

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6 Monate Halbmarathon-Vorbereitung Name der Phase

Ziel der Phase

Beispielhafte Kerneinheiten

Grundlagenphase

Grundlagenausdauer

Grundlagenausdauer

Verbesserung der VO2max

Verbesserung der VO2max

Überführungsphase Dauer ca. 8 Wochen

Realisierungsphase Dauer ca. 4 Wochen

Umfangswiderstand steigern

Umfangswiderstand steigern

Tempo an der Laktatschwelle steigern

40min Bergtempolauf

Maximal aerobes Tempo steigern

6x 8min unterhalb der Schwelle

Kraftausdauer steigern

10x 400m Wiederholungsläufe mit passiver Pause

Ermüdungsresistent an der Laktatschwelle

Testwettkampf

Peaking

Testwettkampf 5-10 km

- © Semaphore - Hansueli Spitznagel .

Dauer ca. 12 Wochen

EXTREME PERFORMANCE

Fahrspiele und Crescendoläufe Taperingphase

6 Monate Ultratrail-Vorbereitung Name der Phase

Ziel der Phase

Beispielhafte Kerneinheiten

Grundlagenphase

Verbesserung der Laufeffizienz

6x 600m mit 300m Trabpause

Dauer ca. 8 Wochen

Entwicklung der VO2max

10x 20sek Sprints

Kapillarisierung

Überführungsphase

Aufbau der SlowTwitch-Muskelatur

Dauer ca. 12 Wochen

Vergrößerung der Glykogenspeicher Verbesserung des Fettstoffwechsels Ermüdungsresistenz

4x8min im 10km Renntempo

90min Wechselläufe 1 km Marathontempo, 1 km langsam 3x500 Hm im Wettkampftempo 60min Treppensteigen möglichst nah an der Laktatschwelle Testwettkampf

Realisierungsphase Dauer ca. 4 Wochen

Abhärtung und Peaking

FULL VENTING

Testwettkampf 5h Lauf-Hike im Wechsel

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An den beiden Tabellen sieht man, wie unterschiedlich zwei Saisonaufbauten sein können. Zwar ist im Bewusstsein vieler Athleten immer noch der Winter als die Phase der hohen und langsamen Umfänge verankert, diese Annahme ist jedoch veraltet. Diese Einteilung kommt aus der Bahnleichtathletik, bei der es durchaus Sinn macht im Winter die Umfänge zu erhöhen. Wer aber als Ultratrail-Lufer im Sommer sowieso Umfänge ohne Ende machen kann und muss, der sollte sich im Winter seinen wirklichen Schwächen widmen. In allen Fällen gilt aber der Grundsatz „Vom Allgemeinen zum Wettkampfspezifischen“.

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PRODUKTE PERIODISIERUNG TRAINING DIE WIR 2019 HABEN WOLLEN Planung von Wettkämpfen In der Planung von Wettkämpfen besteht, zumindest in unserem Trainerbüro, der größte Unterschied zwischen Athletenwillen und Rat der Trainer. Optimalerweise ergänzen die Wettkämpfe das Training und stören dieses nicht. Bei einem Ultraläufer sind die Winterlaufserien mit 5 bis 21 km Läufen ideal, um das trainierte Tempo auf längere Dauereinheiten zu überführen. In der Realisierungsphase können Trailhalbmarathons bis kurze Ultratrails helfen die Ermüdungsresistenz zu steigern, Wettkampferfahrung zu sammeln und Ernährung und Ausrüstung zu testen. Die Realität sieht leider oft anders aus, und die Ultrasaison zieht sich von Januar bis Dezember. Zeit für die Entwicklung von Unterdistanzen und das Verbessern von Schwächen bleibt dann kaum. Die Folge sind - positiv ausgedrückt - sehr flache Entwicklungskurven. Natürlich darf und soll die Ultrasaison ausgekostet werden. Die einmal erreichte Topform kann dann durch viele Wettkämpfe in Folge auch ein paar Monate hochgehalten werden. Eine Entwicklung findet in dieser Wettkampfphase jedoch nicht mehr statt. Das gilt für Bahnläufer wie Ultramarathonläufer und für Einsteiger bis Profis. Ist die Hauptdistanz ein Berglauf, Vertical K oder ein Trail-Halbmarathon, dann kann die Wettkampfsaison sehr lange gezogen werden. Entweder wird das Jahr in zwei Saisons aufgeteilt: Skitourensaison und Berglaufsaison, wie es viele Profis vormachen. Oder es wird schon im späten Winter mit Unterdistanzen begonnen, die zum Hauptwettkampf oder zur Wettkampfsaison gesteigert werden.

Schauen wir uns nun ausgehend von der Einteilung der Makroperiodisierung die einzelnen Mesozyklen und ihre Gliederung an. Ein Mesozyklus kann dabei von 3 bis 5 Wochen dauern. Bei der Marathonvorbereitung von Eliud Kipchoge sind die letzten 12 Wochen sogar ein einziger Mesozyklus. Normalsterbliche sollten aber nach 2 bis 4 Belastungswochen eine Ruhewoche einplanen, in der der Umfang und die Intensität etwa um 30% gekürzt werden. Dies beugt Überlastungen vor und ermöglicht mit Sicherheit die notwendige Ruhe für die Anpassungen an das Training. Je ungewohnter und intensiver die Belastung und je schlechter der Fitnessstand, desto kürzer sollten die Mesozyklen sein. Bei Vorbereitungen auf Ultras, wenn die Intensität sehr gering ist und der Umfang auch über Wochen maximiert werden soll, ist eher eine lange Periodisierung aus vier Belastungswochen und einer Ruhewoche sinnvoll. Strittig

ist unter Trainern und Wissenschaftlern, ob die Belastung innerhalb eines Mesozyklus zu- oder abnehmen soll. Ich empfehle Folgendes: In sehr intensiven Mesozyklen sollte die Woche nach der Ruhewoche am härtesten sein, da dann die Intervalleinheiten noch erholt ausgeführt werden können. Bei umfangorientierten Mesozyklen sollte jeweils die erste und letzte Woche am härtesten sein. In der ersten Woche kann auch hier noch bei hohem Umfang sauber gelaufen werden, und eventuelle Überlastungen in der letzten Woche werden durch die folgende Erholungswoche gepuffert und können sich perfekt auswirken. Auch innerhalb einer Woche, also in einem Mikrozyklus, sind unterschiedliche Konstellationen möglich. Während klassischerweise die Belastungen dienstags, donnerstags und samstags oder je einen Tag später erfolgen kann, bewusst davon abgewichen werden, wenn man weiß, was man tut. So kann

eine wettkampfspezifische Einheit am Dienstag (z. B. 3x 500 Hm im Wettkampftempo) trainiert werden und am Wochenende eine Doppelbelastung aus zwei langen Einheiten geplant werden. Eine Kombination, die wir auch in unseren Wettkampfplänen für den ZUT und EUT nutzen, ist die Kombination aus intensiver Einheit am Samstag und einer langen, teilweise nüchtern gelaufenen Einheit am Sonntag. Für den ZUT könnte das z. B. 4x 10 Minuten bergauf an der Laktatschwelle mit anschließend zwei Stunden auslaufen bedeuten. Danach werden die Kohlenhydratspeicher bewusst entleert gelassen und es erfolgt die Sonntagseinheit weitgehend nüchtern im Fettstoffwechsel. Dies ist zudem ein Beispiel, wie eine periodisierte Ernährung, die sich an die Anforderungen und Ziele des Trainings anpasst, das Training sinnvoll unterstützen kann.

B E I U M FA N G O R I E N T I E RT E N M E S O Z Y K L E N S O L LT E J E W E I L S D I E E R S T E U N D L E T Z T E WO C H E A M H Ä RT E S T E N S E I N .

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Die häufigsten Fehler 1. Viel zu frühe Spezialisierung Ob 800-m-Lauf oder 100-km-Lauf, beide Läufe werden über 90% aerob, also durch Energiegewinnung mit Sauerstoff bestritten. Die Steigerung der allgemeinen Ausdauer, die sich aus VO2max und Laufeffizienz zusammensetzt, ist die entscheidende Größe für beide Läufe. Weil aber rein intuitiv der Zusammenhang zwischen 600-m-Intervallen und Leistung beim Ultramarathon schwerfällt, ist das übliche Fazit nach jedem verkorksten Wettkampf: Es waren zu wenig lange Läufe. Diesem Streben sollte man möglichst widerstehen und die Periodisierung knallhart durchziehen. 12 bis 16 Wochen reichen an spezifischer Vorbereitung für jeden Ultramarathon der Welt aus.

2. Zu ähnliches Training Nicht nur werden die Ruhewochen zu hart gemacht und die Belastungswochen zu weich, auch folgt die Intensitätsverteilung häufig diesem Muster. Dabei ist es absolut notwendig eindeutige Reize zu setzen, und diese können bei guten Läufern nur über eine klare Periodisierung erreicht werden. Wer während hochintensiver Perioden immer wieder lange oder mittelschnelle Läufe einplant, der schafft die Intervalle nicht in der optimalen und ausreichenden Intensität. Wer im Umfangblock Sorge hat sein Tempo zu verlieren, der schafft den notwendigen Umfang für einen 100-Meiler nicht. Extreme Läufe erfordern auch eine extreme Periodisierung. Das gilt besonders bei Läufern, die nicht 17 Stunden und mehr pro Woche trainieren können, also fast allen.

3. Fehlende Trainingsaufzeichnung Realität und Selbsteinschätzung liegen nirgendwo so weit auseinander wie in der Verteilung der Intensitäten. Während der Umfang noch einfach und meist gut überwacht werden kann, herrscht häufig bei den Intensitäten reines Bauchgefühl. Hier ist es notwendig zum einen zu wissen, wie die eigenen Trainingsbereiche sind und welche Einheit in welcher Intensität gemacht werden muss. Zum anderen ist es notwendig dies objektiv aufzuzeichnen um sicherzugehen, dass das Vorgenommene auch durchgeführt wurde. Ansonsten ist das Training reine Glücksache.

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SERVICE REPORT MEINE SERIE: ERSTE 100 MEILEN HILFE Text: CHRISTIAN SANDRA MASTROPIETRO Text: FREUND

Doppelte Grenzerfahrung Was jetzt folgt, ist ein subjektiver Erlebnisbericht über 38 intensive Stunden meines (Läuferinnen-)Lebens, gefüllt mit seltsamen Gedanken, unerklärlichen Gefühlen und diversen Ängsten. Und auch wenn dieser Artikel in keinster Weise wertet, so stellt sich ganz am Ende doch die Frage nach dem 100-Meilen-Hype. Aber von Anfang an … Eigentlich lässt sich alles auf die 102 km beim Zugspitz Ultratrail im Sommer 2018 zurückführen. Als ich dort nach gut 20 Stunden das Ziel erreichte, befand ich mich in einem Zustand unsagbarer Glückseligkeit. Am liebsten

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wäre ich weitergerannt. Keine Spur von Müdigkeit oder Erschöpfung. Ich befand mich im Nirwana, schwebte auf Endorphin-Wolken und spürte so etwas wie vollkommene Zufriedenheit meiner Selbst. Noch Tage danach sprudelte es aus mir heraus, bis plötzlich jemand die Frage in den Raum warf, was denn als Nächstes kommen würde. Schweigen. Eine andere Person antwortete: „Jetzt fehlen nur noch die 100 Meilen.“ Ich tat es lachend ab, doch es arbeitete in mir. 100 Meilen. Mehr als 160 km. Ein Gedanke, mit dem ich mich bislang noch nicht befasst hatte. Wo sind meine Grenzen, was kann der Körper leisten? Wie weit kann der


Was noch vor Kurzem ausschließlich wenigen Verrückten vorbehalten schien, gehört heute fast zum guten Ton der Ultralauf-Szene. Die 100-MeilenDistanz boomt: Sandra Mastropietro hat sich für uns auf den Corsa della Bora bei Triest gemacht. Kopf die Beine tatsächlich antreiben? 100 Meilen – ja, ich war angefixt. Freitag 4. Januar 2019 Ein wenig verzweifelt finde ich mich auf dem Boden unseres Hotelzimmers in der italienischen Hafenstadt Triest wieder, um mich herum unglaublich viele Laufaccessoires, Outfit-Optionen, Riegel und Gels. Was nimmt man mit auf 100 Meilen, was steckt man ins Dropbag, das schon bei Kilometer 85 auf einen warten wird? Fragen über Fragen, zu viele Antwortoptionen. Ich entscheide mich gegen diverse Tipps meines 100 Meilen erfahrenen Umfeldes und verlasse mich auf mein

Bauchgefühl. Keine Ersatzschuhe, keine Wechselsocken, dafür eine weitere, isolierende Kleidungsschicht und zusätzlich zur zweiten Stirnlampe auch noch eine Taschenlampe – den Gedanken an die Dunkelheit finde ich schlimmer als die vorausgesagte Kälte. Der Wetterbricht prognostiziert nachts bis zu -7 °C. Samstag 5. Januar 2019, 5 Uhr Der Startschuss löst eine Art Erleichterung in mir aus, endlich geht es los. Jegliche Nervosität fällt ab, die Zweifel weichen der Freude. Ja, ich freue mich tatsächlich auf die vielen vor mir liegenden Kilometer, auf die Ruhe der

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Strecke, die kommenden Erlebnisse und neuen Erfahrungen. Während wir das schlafende Italien in Richtung Slowenien verlassen, die ersten Berge erklimmen und der aufgehenden Sonne entgegenlaufen, verspüre ich großes Glück. Die Kilometer ziehen an mir vorbei, langsam aber stetig. Ich habe keine Eile, will genießen, solange es geht, kämpfen, wenn es darauf ankommt und leiden, wenn es sein muss. An der zweiten Verpflegungsstation (Kilometer 39) wartet mein Partner Sebastian Hallmann auf mich, er reicht mir eine Paprika und fragt, wie es mir ginge. „Super“, antworte ich und meine es auch so. Ein paar Apfelspal-


REPORT MEINE 100 MEILEN ten und Cola-Becher später laufe ich weiter. Die Strecke führt uns entlang der italienisch-slowenischen Grenze, auf schmalen Pfaden, durch verlassene Bergdörfer, die einen fast schon mittelalterlichen Charme versprühen. Das Wetter ist besser als vorausgesagt, tagsüber haben wir angenehm wolkige 10 °C. Ich achte trotz oder gerade wegen der Wetterbedingungen akribisch darauf, circa alle 30 Minuten einen kleinen Schluck zu trinken und ab und an etwas zu essen. Noch befinde ich mich dermaßen im Flow, dass essen und trinken nebensächlich erscheinen. An der dritten Verpflegungsstation, bei Kilometer 63, gibt es erstmals eine warme Mahlzeit. Ärzte sind anwesend und beäugen die Teilnehmer. Die nächste Station werden wir erst in der Dunkelheit erreichen. Ich zwinge mich zu einem kleinen Tel-

ler Reis, trinke ein paar Becher Cola und fülle meine Trinkflaschen auf. Sebastian, der mich auch an der dritten Verpflegungsstation mit einem großen Lächeln empfängt, weist mich darauf hin, dass es mit Einbruch der Dunkelheit sehr schnell sehr kalt werden würde und ich beim ersten Kältegefühl schnell agieren solle. Ein sehr wertvoller Tipp, wie sich später herausstellen sollte. Die Dunkelheit kommt schneller als erwartet, schon um 16 Uhr 30 schalte ich die Stirnlampe ein. Um 17 Uhr 30 bin ich von kompletter Dunkelheit umhüllt. Es ist kalt. Immer wieder muss ich meine Finger, die die Griffe der Trail-Stöcke fest umklammern, lösen und bewegen. Sie fühlen sich so kalt an, dass mir der Gedanke kommt, sie könnten einfach abbrechen. Eisiger Wind umspielt

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mein Gesicht, lässt Wangen und Lunge brennen. Bergauf, bergab – einen Schritt vor den anderen, immer weiter. Ungeschickt krame ich irgendwann ein zweites Stirnband aus meinem Rucksack, ziehe es über das erste. In der Ferne sehe ich kleine Lichtkegel wie Glühwürmchen tanzen, sie scheinen endlos weit weg. Wanderwegbeschilderungen verraten, dass ich mich in Slowenien befinde. Allein, im Dunkeln. Gibt es Slowenien noch Wölfe? Oder gar Bären? Ich halte an, sehe mich um. Kein Licht hinter mir, kein Licht mehr vor mir. Bin ich richtig? Wann habe ich die letzte Markierung gesehen? Ich nehme die Kopfhörer aus den Ohren, versuche zu lauschen. Nichts. Dann: ein lautes Rascheln aus dem Gebüsch neben mir. Ich renne, renne einfach drauflos. Renne, bis mich der Trail am Rand einer


E S I S T S O U N S AG B A R K A LT, DA S S I C H M I R DIE EINGSCHWEISSTE RETTUNGSDECKE AU S D E R P F L I C H TAU S R Ü S T U N G I N D E N S P O RT- B H STECKE . EINE DER VIELEN AKTIONEN WÄ H R E N D D I E S E S RENNENS, DIE ICH M I R I M N AC H H I N E I N NICHT MEHR RICHTIG ERKLÄREN KANN.

kleinen Ortschaft ausspuckt. Mit dem warmen Licht der Straßenlaternen schwinden die Zweifel und Bedenken, ich nehme Wegmarkierungen und tanzende Lichtkegel hinter mir war. Weiter geht’s, Schritt um Schritt. Erneut tauche ich in die slowenischen Wälder ein, kämpfe mich über Stock und Stein zur nächsten Verpflegungsstation bei K83, die laut Uhr jeden Augenblick auftauchen sollte. Der endlos scheinende Weg schlängelt sich durch eine Art Sandsteingebirge, alles schaut im Dunkel der Nacht gleich aus. Rechts, links, bergauf, bergab, wieder rechts links. Laufe ich im Kreis? Nein, das kann nicht sein. Weiter geht’s – bloß keine negativen Gedanken zulassen. Ich werde das schaffen. Die Hälfte ist rum, die Nacht noch jung. Dann endlich ein Licht, Stimmen, Wärme. Wieder ein Team von Ärzten, das mich inspizieren will. „Yes, yes, I’m fine“, stammle ich und gehe in die belebte Berghütte. Orga-Team, Bergrettung, Helfer und Betreuer haben es sich sichtlich gemütlich gemacht, Weinflaschen stehen auf dem Tisch, die Stimmung ist so ausgelassen, dass es mich fast schon überfordert. Jemand reicht mir einen Teller Nudeln, Sebastian ist mit meinem Dropbag zur Stelle und holt all die warmen Sachen heraus. Ich zittere am ganzen Körper und verstehe nicht, was in dieser Hütte vor sich geht. Sebastian füllt meine Trinkflaschen mit warmem Tee auf,

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Ein Winter kann auch ein Herbst sein, zumindest in Norditalien. Bitterkalt war es in der Nacht aber trotzdem.

während ich nahezu apathisch alle vorhandenen Kleidungsschichten inklusive der Pflichtausrüstung anziehe, um mich anschließend erneut auf den Weg zu machen. Rechts, links, bergauf, steil bergauf, steil bergab. Viel nasses Laub im steilen Downhill. Ich setze mich auf den Hintern und versuche zu rutschen. Es klappt. Wieder bergauf. Ich versuche zu trinken, schmecke aber nichts, kann nicht mal die Konsistenz meines Getränks bestimmen. Können Geschmacksnerven einfrieren? Weiter, immer weiter. Immer steiler. Die Nacht ist lang. Die Verpflegungsstation bei Kilometer 100 erreiche ich nach etwa 20 Stunden. Hier habe ich weder Hunger noch Durst. Sebastian zwingt mich etwas zu essen und warmen Tee zu trinken. Erneut schmecke ich - nichts. Es ist so unsagbar kalt, dass ich mir die eingeschweißte Rettungsdecke aus der Pflichtausrüstung in den SportBH stecke. Eine von vielen Aktionen, die ich mir im Nachhinein nicht mehr erklären kann. Sowieso fehlt mir inzwischen jeder Bezug zu Zeit und Raum, zur zurückgelegten Distanz. Ich befinde mich in einem tranceartigen Zustand, alle Bewegungen laufen automatisiert. Meine Lunge brennt, ich


REPORT MEINE 100 MEILEN muss husten, hebe im Reflex die Hand. Im Schein der Stirnlampe beäuge ich interessiert meinen Auswurf, der im Handschuh klebt, während sich die Gedanken fragend durch mein angefrorenes Hirn ziehen. Wann hatte ich denn bitte Erbsen gegessen? Warum kleben die so und überhaupt: Können Erbsen nach Bronchie riechen? Weiter, weiter, weiter. Durch die Kälte, durch die Nacht. Meine Uhr verrät, dass es 5 Uhr morgens ist. Ich bin seit 24 Stunden unterwegs. Warum auch immer, aber dieser Gedanke beschwingt mich ungemein, versetzt mich in ein Hoch! Meine Beine laufen wieder, sie rennen, alles fällt mir plötzlich leicht. Durch das zügige Traben wird mir wieder warm. Freude kommt auf. Und Angst habe ich auch keine mehr, schließlich hat mich auch in zehn Stunden Dunkelheit kein Bär gefressen. Bald wird die Sonne aufgehen, bald werden wir auf die Strecke der 57-km-Starter auflaufen. Da werden Menschen sein. Nur noch einmal hoch und einmal runter, nur noch einmal durch den Wald, dann bin ich schon bei Kilometer 120. Der Wald entpuppt sich als Dreiländereck. Die Strecke führt unmittelbar neben stachligem Panzerfang-Draht an der Grenze zu Kroatien entlang. Jeder Schritt fordert auf dem unebenen Weg höchste Konzentration. Vor meinem geistigen Auge stolpere ich, verheddere mich im Grenzzaun und werde von Aasgeiern und Wölfen gefressen. Man denkt komische Dinge, wenn man über 24 Stunden auf der Strecke ist. Kurz vor Sonnenaufgang erreiche ich die Verpflegungsstation K124. Mein Magen streikt, ich möchte nichts essen, nur trinken und „schnell“ weiter. Bergauf. Dann über ein Geröllfeld bergab. Nach 125 km ist das ja so ein Ding mit der Koordination. Ungeschickt stapfe ich das bewegte Kiesfeld hinunter, ignoriere den Stein im Schuh – bloß nicht hinsetzen, die Gefahr, nie wieder aufstehen zu wollen ist zu groß. Erst bei Kilometer 130 setze ich mich

3 8 S T U N D E N L A N G H AT T E I C H K E I N E N W E T T K A M P F G E DA N K E N U N D F E U E RT E J E D E N , D E R M I C H Ü B E R H O LT H AT, A N . 4 0 0 M VO R D E M Z I E L V E R S E T Z T M I C H N U N E I N E F R AU E N S T I M M E D E R M A S S E N I N PA N I K , DA S S I C H I N DA S S TA D I O N E I N L AU F E A L S WÄ R E E I N E H O R D E E L E FA N T E N H I N T E R M I R H E R .

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und fische den Übeltäter heraus. Zu spät, wie zwei fette Blutblasen am rechten Fuß verraten. Mist! Egal, noch sind die Füße so kalt, dass ich nicht viel merke. Ich laufe weiter. Sehr, sehr langsam. Irgendwann erreichen wir die Steilküste mit Blick auf das Meer. Die Sonne scheint. Ich schwimme in einem Wechselbad der Gefühle. Meine Uhr zeigt 135 km. Wie lange ich schon unterwegs bin, das kann ich nicht ausrechnen und finde auch den Knopf an meiner Uhr nicht, der die Gesamtzeit anzeigt. So setze ich mich auf einen großen Stein, als wäre das alles das Normalste der Welt bei Kilometer 135. Ich esse einen Schokoriegel, dann noch einen. Schuhe und Socken ziehe ich aus, betrachte ungläubig die Blutblasen, überlege, meinen Fuß in die Rettungsdecke aus dem Sport-BH einzuwickeln. Oder eine Jacke aus dem Rucksack zu nehmen, diese um meine Knie zu binden und eine Weile auf allen vieren zu krabbeln. Wie lange ich da sitze? Ich weiß es nicht. Aber irgendwann stehe ich auf und gehe weiter. Ich wandere, winke Tagestouristen zu, die mich entgeistert ansehen. Einige fragen, wie weit ich denn laufen würde und ich deute auf die Zahl auf meiner Startnummer. Darauf folgen italienische Ausrufe, die ich nicht verstehe, und meist Applaus, der mich im Wechsel total unberührt lässt und mir Gänsehaut beschert. Wie viele Emotionen kann man in einer Tagesspanne durchleben, wie viele Gedanken kann man denken? Irgendwann wird es wieder dunkel. Die „...KM TO GO“-Schilder zeigen Zahlen im unteren, einstelligen Bereich an. Jeder Schritt tut weh, die Strecke wird grausam uneben. Kleine sowie große Felsen, über die man klettern muss, Wurzeln, über die man unmöglich steigen kann. Oder doch? Emotionslos passiere ich die letzte Verpflegungsstation, stakse die letzte Steilküste herunter, wanke in gefühlter Zeitlupe am Kiesstrand entlang. Mein Partner Sebastian kommt mir entgegen. Er re-

det und ich höre zu, ohne etwas zu verstehen. Jeder Schritt verlangt volle Konzentration. Ganz langsam, einen Fuß vor den anderen. Rechts, links, rechts – in meinem Takt, in meinem Zen. Plötzlich: Eine Frauenstimme und Schritte reißen mich aus meiner Trance – sie sind direkt hinter mir.

nem Nachtschrank, beäuge sie aufs Genauste. Sie ist sowohl der Beleg dafür, dass die eigenen Grenzen im Kopf gemacht werden wie auch dafür, dass wir Menschen evolutionsbedingte Läufer sind. Nicht nur sprichwörtlich ist uns offenbar tatsächlich kein Weg zu weit ...

„Sebastian – wie weit ist es noch bis ins Ziel?“, frage ich panisch und schnappe nach Luft.

Ob man sich und anderen das allerdings über so eine lange Distanz beweisen muss, wage ich infrage zu stellen. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich Ultra-Distanzen in den Bergen laufe, weil ich es liebe. Dafür brauche ich keine magische 100-km- oder 100-Meilen-Marke (mehr).

„Vielleicht so 400 Meter“, entgegnet er und schaut mich fragend an. Ich renne los, renne, als ginge es um mein Leben, sprinte, insofern man das, was man nach 164 km und knapp 7.000 Hm macht, als Sprint bezeichnen kann. 38 Stunden lang hatte ich keinen Wettkampfgedanken, feuerte jeden, der mich überholte, an, ließ willig passieren. Und dann, 400 m vor dem Ziel, versetzt mich eine Frauenstimme dermaßen in Panik, dass ich in das Stadion einlaufe, als sei eine Horde Elefanten hinter mir her. Und dann ist es vorbei, einfach so. Geschafft. Da baumelt plötzlich eine schwere Medaille um meinen Hals, Menschen in dicken Jacken beglückwünschen mich auf Italienisch. Sebastian kommt zu mir und umarmt mich. Jemand reicht mir ein Bier, ich trinke es in einem Zug aus. Ein anderer verweist mich aufs Büfett, ich solle etwas essen – dankend schlage ich aus. Mein Kopf versteht nicht, was meine Beine geleistet haben und warum sie auf einmal stehen bleiben. Ein unglaubliches Zittern setzt ein, das weder Daunendecken noch eine heiße Dusche zu mindern vermögen. An Schlaf ist nicht zu denken, auch wenn seit dem Weckerklingeln vor anderthalb Tagen bereits 42 Stunden vergangen sind. Kein Hunger, kein Durst, kein Nirwana. Leere und Gedankenüberdruss, surreale Erinnerungsbruchteile von der Strecke füllen meinen Kopf und lassen den Körper nur schwer zur Ruhe kommen. Am nächsten Morgen taste ich zuerst ungläubig nach der Medaille auf mei-

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Corsa della Bora

Als wir vor zwei Jahren zum ersten Mal von diesem Ultra hörten, fanden wir die Idee ziemlich verwegen und unglaublich cool: ein Ultra im landschaftlich so eindrücklichen italienisch-slowenischen Grenzgebiet. Und das im Januar, wenn eigentlich erst so langsam das intensivere Training beginnt. Und wenn auch in den Bergen über Triest mal meterhoch der Schnee liegen kann. Aber keine Sorge, es gibt auch kürzere Distanzen als den Hundertmeiler und zwar über 57 oder sogar „nur“ 21 km. Aus dem Stand einer der schönsten Läufe nicht nur südlich der Alpen. Im kommenden Jahr vom 4. bis zum 6. Januar. www.s1trail.com/de


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Text & Foto: DENIS WISCHNIEWSKI

Ein bewegter Mann

Till Kürschner (50) aus München hatte einmal große Sorge um eines seiner Beine. Heute läuft er auf beiden weiter als je zuvor und ist dankbar, dass er das darf.

Till Kürschner ließ es sich zu seinem 50. Geburtstag richtig gut gehen. Eine Reise nach Südafrika. Ans Kap der Guten Hoffnung. Man könnte auch sagen, dass er sich zum Fünfzigsten einen Hunderter schenkte. Also stand er beim Capetown Ultratrail am Start und löste damit in sich selbst etwas aus – eine Leidenschaft, die vermutlich perfekt zu ihm und seinem Leben passt. Till, der Ultratrail-Läufer. Till, der gertenschlanke Jurist aus München, der – sind wir mal ehrlich - nicht wie 50 wirkt, sondern so ein typischer 40er ist. Ausdauersport macht der Anwalt für Luftverkehrsrecht schon lange. Er hat da schon einiges durch. Triathlon. Ironman®. 2006 war das. In unter elf Stunden die Langdistanz in Roth mit der doch raschen Erkenntnis, dass er nach den bekannten ersten beiden Disziplinen dem Laufen immer ganz besonders entgegenfieberte. Also war der gebürtige Schwabe konsequent wie so oft und beschloss fortan „nur“ noch zu laufen. Mit ähnlichem Fleiß wie im Einteiler rannte er in Splitshorts und Tights Stadtmarathons. Klar, unter drei Stunden. Ganze drei Mal. Und danach wieder eine Erkenntnis. Das kann doch nicht alles gewesen sein! „Ich wusste, das führt zu nichts. Mehr trainieren? Um unter 2:50 zu laufen oder unter 2:45. Das war nicht meins.“ Die ganze Sache mit der exzessiven Bewegung, mit dem Rennen und Radeln war in Tills Leben einmal mehr als nur auf der Kippe. 2001 diagnostizierten Ärzte im Bereich seiner linken Kniekehle ein Neurofibrom - ein Tumor. Die Frage, ob bösartig oder gutartig konnte nur eine Operation beantworten und so verabschiedete sich Till Kürschner in die Vollnarkose ohne zu wissen, ob danach sein Bein noch ein Teil seines Körpers sein würde. „Ich ging damals sehr souverän und cool mit der Situation um. Man macht sich viele Gedanken, wie das Leben weitergeht, was sich ändern würde.“

Till hatte Glück. Der Tumor war gutartig. Es folgte eine lange und intensive Therapie und Anschlussbehandlung und ein neues Leben mit Sport. Ohnehin hat man den Eindruck, dass er die Dinge stets möglichst positiv sieht. Er liebt seinen Beruf, der meist 50 bis 60 Stunden in der Woche von ihm fordert, ohne dass ihn das irgendwie stören würde. „Ich mag meinen Beruf, mein Team, die Reisen und die Verantwortung.“ Das mit den Bergen, den Trails und den langen Strecken ging 2014 los. Runter von der Straße, rauf auf den Trail und direkt an den Start des Zugspitz Supertrail. Wieder ein lässiges Finish und trotz viel Spaß danach eine Pause, denn der Job verlangte damals so viel von ihm, dass an strukturiertes Training kaum mehr zu denken war. Das vergangene Jahr sollte für Till vermutlich so etwas wie der wahre Beginn einer neuen Passion sein. Mit eben jenem Ultratrail in Südafrika setzte sich in ihm etwas in Bewegung. Eine neue Lust am Laufen, eine neue Motivation. „Ich genieße die Zeit in der Natur und es ist derzeit einfach der beste Ausgleich zum Beruf. Ich bin total im Flow.“ Sein letzter großer Flow war die Transvulcania. Da lief so ziemlich alles rund für den Münchner mit Stuttgarter Wurzeln. In 13 Stunden wollte er das Biest auf La Palma bezwingen und die 74 km über heißen Vulkanfels finishen. Mit sympathischer Nervosität im Vorfeld lief er dann selbstbewusst am Leuchtturm bei Fuencaliente los. Der Mann weiß natürlich längst was er drauf hat. Nach 10 Stunden 49 Minuten erreicht er tiefenentspannt das Ziel Los Llanos und merkt an „Hey, es lief richtig gut. Ich hatte den perfekten Lauf!“ Wir hatten es jedenfalls von Anfang an gespürt – Tills Trail-Karriere geht weiter. Diese Story ist noch lange nicht zu Ende erzählt.

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Text & Foto: CLEMENS NIEDENTHAL

Die Gedankenschnelle

Gerade hat die Berlinerin Anna Rentsch ihren Job in einer Digitalagentur gekündigt. Eine Entscheidung, die ihr auch beim Laufen gekommen ist.

Wenn man nun damit anfangen würde, dass Anna Rentsch „schon gerne mal auf dem Treppchen steht“, dann hätten wir glatt eine falsche Fährte gelegt. So wie damals auf dem Malerweg in der sächsischen Schweiz, als Anna auf der längsten, gut 70 km zählenden Tagesetappe plötzlich wieder an der selben Weggabelung angekommen war. Falsch abgebogen. Einmal im Kreis gelaufen. Nochmal vier oder fünf zusätzliche Kilometer, der Tag hatte längst das Licht ausgemacht. Wenn man nun aber damit weitermacht, dass Anna sagt, dass „man in so einer Situation im Kopf umschalten und sich neu justieren muss“, dann ist man schon wieder auf der richtigen Fährte. Nicht nur, weil die 34-jährige Berlinerin in Pirna am Rande der Sächsischen Schweiz aufgewachsen ist. Und der Malerweg deshalb wenn schon nicht auf der Hand, so doch geografisch nahe liegt. Ums Umschalten nämlich geht es Anna Rentsch ganz generell beim Laufen. Um das Reinigende und Klärende dieser „natürlichsten Fortbewegungsform der Welt“. Und um die Gedanken, die man sich dabei so macht. Vor allem aber um all die schlechten Gedanken, die während des Laufens verschwinden: „Es sortiert mich, ich habe immer so schrecklich viele Dinge im Kopf.“ Von Resilienz spricht Anna Rentsch dann. Von der Fähigkeit, sich immer neuen Situationen anzupassen und mit ihnen zu wachsen. Aber klar, Resilienz ist schon auch so ein Modewort einer neuen neoliberalen Arbeitswelt, vor der die Projektmanagerin in einer Digitalagentur gerade erst davongelaufen ist. Sie hat den Job gekündigt, der immer nur Vollgas kannte. Und sie hat zu dieser Entscheidung auch und vor allem auf langen, klärenden Läufen gefunden: „Ultralaufen ist ja vor allem eine Sache im Kopf und das hat mir im Alltag schon ganz viel gebracht.“ Da gab es etwa diese eine 40-km-Runde durch das

fast noch schlafende Berlin, während der sie einfach mal fünf Minuten lang staunend auf dem noch menschenleeren Tempelhofer Feld gesessen ist. Um dann noch einmal besser zu wissen, dass sich das mit der Work-Life-Balance ändern muss. Um Annas Einstellung zum Laufen zu verstehen, sollte man einmal den Lauftreff besuchen, den sie vor vier Jahren initiiert hat. Immer dienstags um 19 Uhr ab Bahnhof Berlin-Ostkreuz. „Fast Forward“ heißt diese lose mit der Berliner LG Mauerweg assoziierte Tempoeinheit. Es ist ein Tempotraining ohne Tempovorgabe. Ein Gruppenlauf, bei dem doch jede*r machen kann, so schnell er oder sie will. Warum keine Ansagen, keine vorgegebenen Tempi, keinen Trainingsplan? „Weil ich es so offen wie möglich halten wollte. Ich bin mal zufällig bei Facebook über einen Läufer gestolpert und dann in seinem Sog auf dem Tempelhofer Feld eine neue 5K-Bestzeit gerannt. Da dachte ich, huch, scheinbar brauche ich für diese Tempoeinheiten jemanden, hinter dem ich herlaufen kann, das ist gemeinsam so viel einfacher.“ Jede*r ist eingeladen, nicht nur mitzumachen, sondern auch mitzugestalten. Wichtig sind ihr dabei auch die - gerne grundsätzlichen - Gespräche: „Bei einem 4:30er-Schnitt kannst du dich nicht verstellen, da bist du schonungslos ehrlich.“ Belogen wird sie hin und wieder von ihren eigenen Endorphinen. Da rennt sie beim Sachsentrail beispielsweise wie besessen los – „da kommt dann so ein spielerischer Leichtsinn in mir hoch“ –, um sich nach 10 oder 15 km erst einmal neu sortieren zu müssen: „Irgendwann stelle ich halt fest, das geht so nicht, aber ist dann auch okay, ich lasse es dann laufen und genieße einfach.“ Leistungsdruck - das hat Anna eben erst gemerkt, macht man sich selbst und machen die sogenannten Umstände ja ohnehin schon genug.

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INTERVIEW COURTNEY DAUWALTER

Ihr Hundertmeilenstein: 2018 siegte Courtney Dauwalter beim Western States Endurance Run.

Die Dauerläuferin „Vieles, was während eines Ultras passiert, kann ziemlich lustig sein.“ Courtney Dauwalter reißt gerne Gummibärchentüten auf und Witze. Vor allem aber ist sie, spätestens wenn es um die ganz langen Distanzen geht, die momentan beste Läuferin der Welt. Ein Gespräch über die Freude und den Schmerz.

Interview: CLEMENS NIEDENTHAL

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Courtney, wann bist du das letzte Mal gelaufen? Und vor allem: wie lange?

Ohnehin kann man ja nicht immer nochmal 50 Meilen pro Trainingswoche draufpacken.

Gerade eben erst. Rund drei Stunden hier über die Trails hier bei mir in Colorado. Mein letztes Rennen, der Madeira Island Trail, ist jetzt rund drei Wochen her und so langsam steige ich wieder in eine intensivere Trainingsphase ein. Ich habe ja noch ein bisschen was vor in diesem Sommer.

Deshalb nutze ich Rennen über 50 km oder 50 Meilen inzwischen als meine Trainingsultras. Tatsächlich habe ich mein Training auch nicht umgestellt, als die Wettkämpfe plötzlich nicht mehr über 100, sondern mehr als 200 Meilen gingen. Entscheidend ist doch, frisch und fokussiert in ein Rennen zu gehen, da wäre eine allzu auslaugende Trainingsroutine kontraproduktiv. Nur, dass wir uns jetzt nicht falsch verstehen, ich gammel hier nun aber auch nicht auf dem Sofa rum.

Du hast Madeira angesprochen. Glückwunsch nochmal zu deinem Sieg. Hast du das auch in dieser Souveränität erwartet? Klar reist man schon um die halbe Welt, weil man weiß, dass da was gehen könnte. Aber Dominanz ist nicht wirklich eine Kategorie für mich. Ich konzentriere mich auf mein Rennen, finde es aber manchmal sogar unterhaltsamer, wenn man erst mal ein paar Stunden in der Gruppe unterwegs ist.

Du bist gegenwärtig die Athletin für die langen und ganz langen Distanzen. Wird dadurch auch dein Trainingspensum automatisch immer umfangreicher? Nicht zwangsläufig, da ich ja nach keinem strukturierten Trainingsplan arbeite und mein tägliches Pensum ziemlich adhoc entscheide. Ich wache auf, höre in mich hinein und schaue, was mein Kopf und mein Körper wollen. Klar sind Konsequenz und Konsistenz im Training auch bei mir wichtig, spezifische und starr festgezurrte Einheiten oder Vorgaben gibt es aber nicht.

Spätestens nach deinem zweiten Platz bei brutalen Ausscheidungsrennen Big Dog Backyard Ultra – es geht kurz gesagt darum, so lange zu laufen, bis kein anderer mehr läuft – sprechen viele von dir als der Frau, die den männlichen Athleten die Stirn bietet. Ist das überhaupt eine Kategorie für dich? Nicht wirklich. Es geht darum, dass ich besser werde,schneller laufe. Ich will aus jedem Rennen mit der Gewissheit rausgehen, dass ich das gut gelöst habe. Wohin mich das am Ende im Vergleich zu den anderen Frauen und Männern im Feld spült, ist zumindest während des Rennens jenseits meiner Wahrnehmung. Ich habe da ja genug mit mir selbst genug zu tun.

Dennoch wurden dein zweiter Platz und deine 279 Meilen beim letztjährigen Big Dog Backyard Ultra, auch in

Eigener Stil: Über die baggy BasketballShorts wird viel geredet. Courtney Dauwalter findet sie halt bequem.

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INTERVIEW COURTNEY DAUWALTER unserem Magazin, durchaus auch als emanzipatorischer Akt gefeiert. Und das ist auch total okay, wenn gerade Frauen das so empfinden. Ich habe daran aber ehrlich gesagt keinen einzigen Gedanken verschwendet. Das Ganze sollte kein Statement sein,

Liegt das vielleicht auch daran, dass sich der Leistungsunterschied zwischen Männern und Frauen auf den wirklich langen Läufen nivelliert? Ich denke auch, dass er deutlich geringer wird, umso länger ein Rennen ist. Mentale Stärke und Durchhaltevermögen stehen im Gegensatz zur Muskelmasse oder zur physischen Stärke nicht in Beziehung zum Geschlecht. Und ich hoffe deshalb, dass künftig noch mehr Frauen in der Ultra-Szene vorne mit herumrennen.

Du selbst hast deine Karriere einmal als „Schneeballeffekt“ beschrieben. Ist das so einfach, man startet über 50 km und irgendwann werden 280 Meilen draus? So einfach war es, genau. Denn immer, wenn ich ein Rennen beendet hatte, sind zwei Sachen passiert: Ich war überrascht über die Distanz, die meine Füße ganz offensichtlich aushalten konnten. Und ich habe mich gefragt, was noch so alles möglich ist. Überhaupt ist es ganz grundsätzlich meine Überzeugung, dass wir viel mehr zu leisten imstande sind, als wir so glauben. Nicht nur, wenn es ums Laufen geht.

Kannst du uns Normalsterbliche ein wenig in diese wahnsinnige Welt des Big Dog Backyard Ultra mitnehmen? Was bringt einen dazu, aufzustehen und weiterzumachen, wenn man schon 250 Meilen unter den zunehmend geschwollenen Füßen hat? Der Big Dog Backyard Ultra ist zunächst einmal ein cooles Format und eine tolle Herausforderung. Man läuft los und denkt sich, wie einfach das doch ist, diese Runde in einer Stunde zu schaffen. So geht das dann Runde um Runde weiter. Und ich glaube, dass es mein Vorteil war, relativ früh damit aufzuhören, die einzelnen Runden zu zählen. Ich habe mich einfach auf den Moment konzentriert, auf die nächsten Schritte. Ich denke sogar, dass dort mehr als 300 Meilen möglich sind und werde es in ein oder zwei Jahren sicher auch versuchen.

Kannst du den Schmerz besser aushalten als andere? Zumindest war das vielleicht die wichtigste Lektion in den acht Jahren, in denen ich jetzt diesen Sport mache: Egal wie gut du bist, der Schmerz wird irgendwann kommen. Bei meinem ersten Hundertmeiler hat mir diese Erfahrung gefehlt, da kamen mit den ersten Wehwehchen sofort die Zweifel. Kann man das überhaupt schaffen? Kann ich das schaffen? Ich bin dann nach 60 Meilen ausgestiegen. Inzwischen habe ich meine Techniken und mein Grundvertrauen, mit solchen Situationen umzugehen.

Der Schmerz ist aber immer noch da? Oh ja, da können sich die Leute da draußen sicher sein. Für mich ist die mentale Disposition letztlich der zentrale Moment jedes Ultralaufs und jedes Ultraläufers. Was unser Gehirn da zu leisten in der Lage ist, ist unglaublich. Das ist übrigens auch im Training der Punkt, der mich am meisten interessiert.

Wie hast du überhaupt für dich selbst gemerkt, dass du die langen und ganz langen Distanzen am liebsten magst? Vor allem aber: Was genau magst du daran so sehr?

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Ich liebe die Ultras, oh ja. Und wenn ich das sage, meine ich Distanzen jenseits der 100 Meilen, weil diese Rennen zu einer ganz eigenen Erzählung mit immer neuen Herausforderungen und Stimmungen werden. Da spreche ich jetzt nicht nur aus der Perspektive einer Topathletin, alleine in der Tatsache, dass wir solche Wegstrecken aus eigener Kraft zurücklegen können, liegt schon ein großes Glück.

Es kursieren ja bereits einige Legenden über deinen, nun ja, Ernährungsstil ... Haha! Ernährungsstil ist gut. Der ist nämlich ziemlich simpel. Ich esse, was mir in die Finger kommt. Vor allem aber esse ich es mit einem unglaublichen Vergnügen. Ich lüge nicht wenn ich jetzt sage, dass mir die Situation vollkommen fremd ist, mir die Frage zu stellen, welche Art der Ernährung oder auch nur was für eine Mahlzeit jetzt für meinen Sport angebracht oder gar leistungsfördernd wäre. Das Leben zu genießen heißt letztlich doch auch, sich möglichst wenig Gedanken machen zu müssen. Ums Essen mache ich mir definitiv keine Gedanken.

Dein Lieblingsessen? Süßigkeiten, vor allem Jelly Beans und Gummibärchen. Und danach das für eine Amerikanerin Übliche, also Nachos, Pizza, Cheeseburger. Du merkst, sonderlich wählerisch bin ich nicht.

Und deine Verpflegung während eines Rennens? Waffeln mit Honig, Kaugummis und später Kartoffelbrei. Was die typische Race Nutrition angeht, komme ich mit den Sachen von Tailwind richtig gut zurecht.

Dich sieht man auf Bildern eigentlich immer lachen – wenn du, wie auf Instagram zu sehen, nicht gerade mit einer Einhornmaske durch die Berge rennst. Wie wichtig ist Humor für dich? Ich denke zunächst ist es einmal wichtig, das Leben zu genießen und die Dinge nicht zu ernst zu nehmen. Ich mag es auch unheimlich, lausige Witze zu reißen und bin jemand, der die Dinge leicht nimmt und Humor in den banalsten Alltagsbegebenheiten findet. Ziemlich viel, was während eines Ultras passiert, kann zum Beispiel total lustig sein.

‚Einfach‘ beschreibt auch deinen Stil ziemlich gut - erzähl uns die Geschichte hinter deinen baggy Basketball-Shorts? Da gibt es keine Geschichte. Ich bin einfach mit diesem Look aufgewachsen. Ich war immer den ganzen Sommer über in Socceroder Basketball-Shorts unterwegs. Während eines Hundertmeilers ist es einer der Schlüssel zum Erfolg, sich immer wohlzufühlen in seiner Haut und seinen Klamotten. Leute sollten also anziehen, worin sie sich wohlfühlen.

Nun, Salomon hat auch einige ambitionierte Laufröcke entwickelt. Klar, da gibt es tolle Produkte für die Leute, die diese tollen Produkte dann vielleicht mögen.

Du hast deinen Job als Lehrerin vor ein paar Jahren aufgegeben, um dich ganz dem Laufen zu widmen. Gehst Du irgendwann wieder in die Schule? Irgendwann … vielleicht. Aber das ist das, was ich vorhin damit gemeint habe, die Dinge einfach zu nehmen: Momentan begeistere ich mich ganz für das Hier und Jetzt. Wohin mich das Leben da-

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Courtney Dauwalter hat, so verrät es ihr Instagram-Account während der vergangenen Trailsaison unter anderem 2405 Jelly Beans gegessen. Und, während des Big Dog Black Yard Ultra, ein Eisschloss haluziniert. Vor allem aber hat die 34-Jährige aus Denver/Colorado mit Siegen beim Western States Endurance Run oder beim Taho 200 Miles Endurance Run ihre Aussnahmestellung auf den ganz langen Distanzen bewiesen. In diesem Jahr hat sich mindestens eines geändert: Dauwalter läuft nicht mehr vorwiegend in den USA, sondern zunhemend durch die Welt. Nach ihrem Sieg auf Madeira im April wird man sie im Spätsommer auch in Chamonix sehen, noch nicht für den Ultra-Trail du Mont-Blanc, aber den in diesem Rahmen ausgetragenen TDS. Wir können ihr versichern, auch in Europa gibt es brauchbare Gummibärchen.

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GIBRALTAR NAVY / SILVER

nach führen wird, werde ich früh genug sehen. Ich denke aber auch, dass mir der Sport da neue Perspektiven öffnen wird und nach dem ganz ambitionierten Laufen eine neue Geschichte startet. AQUA SEA / SILVER

Was steht in dieser Saison noch an? Sehen wir Courtney Dauwalter in Europa? Der Hardrock 100 kommt als nächstes, das ist ja fast bei mir vor der Haustür. Im Spätsommer geht es dann nach Chamonix für den TDS, und ich bin ehrlich schon supergespannt auf die ganze Atmospähre rund um den UTMB®. Tatsächlich wird das ja meine Premiere in den Alpen sein. Ich gehe aber schwer davon aus, dass ich danach dann unbedingt mal zum Utra-Trail du Mont-Blanc will.

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HINTERGRUND LAUFKULTUR

Text: CLEMENS NIEDENTHAL

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Bewegungsanalyse Unser Sport schmückt sich neuerdings mit den Gesten aus Pop- und Subkultur. Gleichzeitig wird vielerorts ein vermeintlicher Verlust jener Kultur beweint, die das Laufen einmal ausgemacht hätte. Was ist da los? Damals in den Neunzigerjahren hatte die Hamburger Band Tocotronic davon gesungen, Teil einer Jugendbewegung sein zu wollen. Und damit ganz unbedingt nicht den Sport gemeint. Gut, es gab schon immer auch Sportarten, die sich vor allem über ihren Style, ihren Habitus und ihre Rolle in oder besser gesagt am Rand der Gesellschaft definiert haben. Skaten und Surfen etwa, all diese Bewegungsformen, zu denen es immer auch ein eigenes Musikgenre gab. Eigentlich aber ging es beim Sport um den Sieg und um die Ertüchtigung. Und darum, dass der Turnschuh irgendwann die Jeans als das ikonografischste Kleidungsstück der Gegenwart ablösen sollte, auch das ist nicht unbedingt auf dem Sportplatz oder in der Turnhalle passiert. Eher schon in der Disco und in der Bronx. „We make a good team my Adidas and me“, so haben es Run DMC damals gerappt. Apropos: Spätestens auf Instagram begegnen einem dieser Tage Selbstbildnisse von Läufer*innen (und zwar gerne im Verein, der neuerdings natürlich Crew heißt), die beim flüchtigen Betrachten eher an ein Bandfoto erinnern. Überall nur noch coole Codes. Die Gesten der Sub- und Popkultur, sie sind längst im Laufsport angekommen. Dort kehrt Kurt Cobains Karohemd als funktionsmaterielles Laufshirt zurück. Da lässt die französische Boutique-Running-Marke Satisfy offensichtlich ein paar Motten über ihre Singlets laufen, was dann der Belüftung dienlich sein soll und mehr noch einer punkigen Attitüde. Und spätestens, wenn dann bei Patagonia ein Shirt mit der Aufschrift „Live Simple“ in den Regalen liegt, ist klar, dass das alles so einfach doch nicht ist. Aber klar, der Weg von der (subversiven) Geste zur (merkantilen) Marke war auch schon kurz, als es fürs Laufen tatsächlich noch nicht mehr als Shirt, Shorts und Schuhe gebraucht hat. Und zwar irgendein Shirt und nicht das eine, das es gerade nur in diesem einen Online-Shop in Japan gibt. Und wenn sich die Szene vor drei, vier Jahren wieder an einen tatsächlich coo-

len Typen wie den Mittelstreckler Steve Prefontaine (für längere Sachen war sein Leben leider viel zu kurz) erinnert, dann liegt das zum einen an jenen jungen Läufer*innen, die die Geschichte ihres Sports plötzlich so ernst nehmen, wie man es vormals vor allem aus den popmusikalischen Gegenkulturen kannte. Es liegt aber genauso an der Präsenz einer Marke wie Nike, die dann eben ein Steve-Prefontaine-Shirt raushaut. Laufen, um das kurz auf den Punkt zu bringen, ist längst eine Mode. Genauso richtig ist aber auch: Noch niemand ist schneller gelaufen, nur weil er sich völlig egal angezogen hat. Denn auch das ist ja gegenwärtig zu beobachten: Immer wenn sich irgendwo die Startgebühr um ein paar Euro erhöht, wenn ein charismatisches Event mit den Jahren immer größer und dadurch auch zwangsläufig unpersönlicher wird oder wenn eine große Marke ihre Sau durchs Dorf, die Großstadt oder über einen voralpinen Bergrücken treibt, ist wieder vom Ausverkauf des Sports die Rede. Vom Verlust jener Seele und Kultur, die unseren Sport ausmachen würden. Um wieder eine Analogie zur Musik zu finden: Es gibt immer welche, die wissen, dass die erste Platte die beste war und ab der dritten sowieso alles nur noch Mist. Was also ist das bitte schön: diese Laufkultur? Worum es mir geht? Die Dinge im Ganzen zu betrachten. Dann taugt Laufen tatsächlich als herrlich emanzipatorischer, devianter Spaß. Und, ja, es ist ganz unbedingt wichtig, sich mit der Geschichte zu beschäftigen. Mit der des Laufens und überhaupt. Dass das ein T-Shirt mit Konterfei eines schnauzbärtigen 5.000-m-Läufers aus Oregon nicht ersetzen kann, ist eine tröstliche Gewissheit. Also, ihr Jungen da draußen, hört euch beim nächsten Rennen doch mal die Geschichten der Alten an. Und ihr Älteren: Nicht alles, was einen Hashtag hat oder von einem Smartphone gefi lmt wird, ist automatisch Schmarrn.

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EVENTS WETTKÄMPFE PRAXISTEST LAUFJACKEN 2019 Text: BENNI BUBLAK Fotos: ORIOL BATISTA

VON WEGEN JA Eine gute Wetterschutzjacke ist definitiv das Kleidungsstück, in das Trailrunner*innen am meisten investieren sollten. Wir helfen bei der Produktrecherche – und haben die wichtigsten Modelle der Saison auf Herz und Nieren getestet. Irgendwie hat sich das Feld um „Laufjacken“ gelichtet. Für uns gibt es jedenfalls heute mehr denn je zuvor „nur“ noch zwei Kategorien an Jacken, die man als Trailrunner braucht. Zum einen eine möglichst leichte, klein packbare und windabweisende Jacke, die man praktisch immer dabei hat, und zum anderen eine amtliche, wasserdichte und gut isolierende Wetterschutzjacke mit Kapuze. Dabei sprechen wir von genau den Wetterschutzjacken, die ein Veranstalter heute auch als Teil der Pflichtausrüstung von seinen Teilnehmern verlangt. Praktisch sind beide Kategorien ohnehin. Diese leichten Windjacken wiegen heute meist nicht mehr als 100 Gramm, sind hauchdünn und wahre Wunder neuer Textilien. Wer im Sommer in kurze Klamotten unterwegs ist und am Gipfel, bei kurzen Pausen oder in schattigen Passagen etwas friert, findet in so einer Jacke einen idealen Schutz. Allzu robust sind sie natürlich nicht – können sie auch nicht sein. In dichtem Gelände, an Sträuchern und Bäumen ist etwas Vorsicht geboten, wenn man lange Freude an den „Featherweights“ haben will.

Absolute Ganzjahresprodukte sind die in der zweiten Kategorie getesteten „Wetterschutzjacken“. Sie sind zu 100% wasserdicht, glänzen durch clevere Lagenkonstruktionen, die man heute als „Lagen“ längst nicht mehr wahrnimmt. Meist ist die Membran auf ein Außenmaterial geklebt, bei den aktuellen „Shakedry-Modellen“ funktionieren die Jacken gar in nur einer Lage. Apropos funktionieren – das sind Funktionsjacken mit vielen Einsatzgebieten. Sie sind klassische Regenjacken, aber auch die letzte Lage bei Kälte innerhalb eines Zwiebelprinzips. Die klassische „Winterlaufjacke“ kann durch so eine atmungsaktive Regen- oder Wetterschutzjacke gar abgelöst werden, denn wenn man sie mit einem guten Baselayer und einem warmen Midlayer kombiniert, kann man damit bis in zweistellige Minustemperaturen laufen. Und wie war nun unser Praxistest? Ach ja, so richtig schlecht war diesmal keine Jacke. Es gab sehr, sehr viele Produkte, die uns sehr gefallen haben und nur wenige, die wir eher durchschnittlich fanden. So ein glas-

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klarer Testsieger ist beispielsweise die Shakedry-Jacke vom Klassenprimus Arc´teryx. Eine superleichte Wetterschutzjacke, minimalistisch, stilsicher und ohne unnötige Features. Der Preis? Entsprechend. Bei den leichten Windjacken hat es uns das Modell der Österreicher von Skinfit angetan. Ein weiches, lautloses, hauchdünnes Außenmaterial, perfekter Fit und eine schöne, bequem anliegende Kapuze. Diesen Testsiegern folgen ganz dicht etliche andere Modelle, die sich meist nur in Schnitt, Farbe und Markenname unterscheiden.

2 Lagen, 2,5 Lagen oder wie?

Bei 3-lagigen Jacken sind Oberstoff, Membran und Futter zu einer Schicht laminiert. Die Membran ist dadurch von oben und unten komplett vor Reibung geschützt. Das macht die Jacke enorm widerstandsfähig. Oft liest man von 2,5-Lagen-Jacken. Hier ist die Membran mit einer Lage verklebt, sodass die Jacke seh dünn wirkt. Die neueste Technologie der Shakedry-Jacken kommt gar nur mit der reinen Membran als einziger Lage aus.


CKE WIE HOSE!

GLEN COE SKYLINE

22.09.2019 52 km 4750 hm Mitten in den schottischen Highlands gibt es dieses eine Rennen. Genau genommen sind es vier an einem Wochenende. Das Herzstück bildet aber ohne Frage das Glen Coe Skyline Skyrace, welches seit 4 Jahren ausgerichtet wird. Aonach Eagach Ridge und Bidean nam Bian sind nicht nur echte Zungenbrecher, sondern auch die Namen der luftigen Grate und Gipfel, die es zu passieren gilt. Schwindelfreiheit und Klettererfahrung im dritten Schwierigkeitsgrad solltet ihr in jedem Fall mitbringen.

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EVENTS WETTKÄMPFE PRAXISTEST LAUFJACKEN 2019

Wetterschutzjacken/Pflichtausrüstungsjacken Compressport

Hurricane10/10 110 Gramm 190 Euro www.compressport.com

salomon

arcteryx

S/lab MF360

Norvan SL Hoody

196 Gramm 299 Euro www.salomon.com

136 Gramm 300 Euro www.arcteryx.com

Gute 100 Gramm. Für eine wasserfeste Jacke mit 10.000 m Wassersäule. Das klingt revolutionär. Wir sind diese Jacke gelaufen. Und tatsächlich: Sie ist wasserdicht. Man mag es nicht glauben. Das Material ist sehr dünn und scheint nur aus Membran zu bestehen. Ob sie auch einem ausgewachsenen Alpensturm standhält, wagen wir nicht zu beurteilen. Für eine Regenjacke ist der Fit sehr eng, wie von Compressport gewohnt. Der schräge Reißverschluss ist ein Eyecatcher. Compressport machen mit dieser Wetterschutzjacke alle „Weight Watcher“ unter den Trailrunnern glücklich. Denn eine leichtere Pflichtausrüstungsjacke hat es nie gegeben. Auf Langlebigkeit und Rucksacktauglichkeit ist diese Jacke dementsprechend natürlich nicht ausgelegt.

Es steckt einiges an Hirnschmalz in der S/ Lab-Jacke von Salomon. Bei nur 196 Gramm ist sie komplett wasserdicht, winddicht und klein packbar. Sie funktioniert als Pflichtjacke und ist weit genug geschnitten, um auch über Race Vests und kleinen Rucksäcken getragen zu werden. Die Kapuze schließt eng am Kopf ab. Das neue Pertex® Shield-Material macht aus ihr eine wirklich minimalistische Wetterschutzjacke, die man sogar mit einem aufrollbaren Hüftbundsystem ausgestattet um die Hüfte verstauen kann, ohne dabei anzuhalten. Mit einer Wassersäule von 20.000 ist sie auch bei langen und widrigen Läufen eine wahre Versicherung. Fazit: kein Schnäppchen, aber eine sehr gute Regenjacke für höchste Ansprüche.

Unser Testsieger trägt den Archaeopteryx auf der Brust. Das GoreTex ShakeDry-Material wird inzwischen von mehreren Herstellern erfolgreich verwendet. Arc‘teryx schaffen es allerdings am besten, diese Technik zu einem rundum gelungenen Produkt zu vollenden. Eleganz und radikale Leichtigkeit werden hier verbunden. Die Passform ist unübertroffen und das Finish an Ärmeln und Kapuze clever gestaltet. Weiterhin trägt sich die Jacke sehr angenehm auf der blanken Haut. Das überzeugt und überrascht, weil wir es von einer einlagigen Lösung so nicht erwartet hätten. Unsere erste Wahl für die Pflichtausrüstung.

adidas terrex

montane

gore wear

Agravic 3L 265 Gramm 279,95 Euro www.adidas.com

Drei Lagen hat diese Jacke von Terrex. Das Gewicht ist dementsprechend hoch. Für lange regnerische Tage bei kalten Temperaturen ist diese Jacke dennoch oder eben deshalb ideal. Wir trugen sie über 24 Stunden am Stück auf der Paddy Buckley Round, wo sie uns nie im Stich ließ. Wer aber eine leichte Pflichtausrüstungsjacke für den warmen Sommerregen sucht, wird all das überdimensioniert finden. Die zwei sehr großen Taschen sind bei einer Laufjacke nicht zwingend notwendig und erhöhen das Packmaß erheblich. Kurz: Die Terrex-Jacke ist robust, zu verlässig und im Alltag universell einsetztbar, aber nichts für Rennausrüstungs-Minimalist*innen.

Minimus Stretch Ultra 208 Gramm 199 Euro www.montane.co.uk

R7 GoreTex ShakeDry 147 Gramm 299,95 Euro www.gorewear.com

Die Engländer haben ihren Platz gefunden und präsentieren mit der Minimus Stretch Ultra eine „fairpreisige“ Regenjacke mit hohem Tragekomfort. Alle Details der Jacke überzeugen: Die Kapuze ist anpassbar und glänzt durch einen integrierten Schild, der Bund lässt sich mittels eines Kordelzugs ebenfalls enger schnüren. Vermissen tun wir eindeutig eine Reißverschlusstasche auf Brusthöhe – für diese würden wir eine der beiden Seitentaschen gerne opfern. Tragekomfort, Bewegungsfreiheit und Style gefallen uns sehr. Die flexiblen 2,5-Lagen bestehen widrigste Bedingungen und passen gepackt auf ein Minimaß in jeden Rucksack. Der Preistipp für eine gute Pflichtausrüstungsjacke.

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Eine GoreTex ShakeDry von Gore Wear. Das gehört zusammen. Wir verheimlichen nicht, dass wir große Fans des ShakeDry-Materials sind. Nahezu geräuschlos, wasserdicht und atmungsaktiv kommt es außerdem mit absolut minimalistischem Packmaß und Gewicht daher. Die lederne Haptik und Optik sorgen neben dem zugegeben erhöhten finanziellen Aufwand dafür, dass ihr diese Jacke auch abseits des Laufens nutzen wollt. Ein toller Stoffsaum in der Kapuze und ein stretchiges Material am Handgelenk sorgen für ein angenehmes Tragegefühl. Eine Jacke für alle Fälle.


asics

Accelerate 133 Gramm 299 Euro www.asics.com

Wie eine typische Regenjacke fühlt sich die Asics nicht an. Die Accelerate fällt mit einer weichen Oberfläche auf. Die 2,5-Lagen-Jacke ist winddicht und wasserabweisend. Der lässige Schnitt macht sie beim Laufen zu einem komfortablen Partner und auch als klassische Jacke für Herbst und Winter zu einem Tipp. Für die Pflichtausrüstung kommt sie nicht infrage. Ihr Packmaß ist zu groß und Regen kommt nach einer gewissen Zeit durch die Nähte nach innen. Fazit: Angenehmer zu tragen als eine klassische Regenjacke mit „Plastikhaut“, aber leider für schwere Unternehmungen nicht robust genug.

The north face

Flight Trinity Jkt 219 Gramm 220 Euro www.thenorthface.com

2,5 Lagen hat diese Regenjacke von The North Face. Das DryVent Material ist sehr robust, aber auch ein lauter Begleiter beim Laufen, raschelt es doch sehr. Die Jacke hat drei Taschen. Etwas viel für eine Laufjacke, wie wir finden. Hier hätte Gewicht eingespart werden können. Die Passform würden wir als normal – oder eben nordamerikanisch – einkategorieren. Ein Lüftungsschlitz am Rücken und reflektierende Elemente sind Besonderheiten dieser The North Face. Ein solider und treuer Begleiter für Regenläufe in der City und auf Trails.

DYNAFIT

Alpine Jacket 194 Gramm 200 Euro www.dynafit.com

Dynafit hatte sich früh die Wundermembran Shakedry von Gore-Tex gesichert. Nun, wer nicht rund 300 Euro investieren möchte, sollte sich dennoch die konventionell in zweieinhalb Lagen gearbeitete Alpine angucken. Uns gefiel der athletische, nicht zu enge Schnitt, der auch den Zwiebellook komfortabel meistert und die sympathisch weiche (und raschelarme) Textur. Unverständlich blieb, warum die Jacke keine einzige Tasche hat. Dafür kann der Rücken via Reißverschluss erweitert werden, um den Rucksack trocken zu halten. Bei kühlen bis moderaten Temperaturen angemessen atmungsaktiv.

la sportiva

columbia

Run Jkt

OutDry Ex Featherweight Shell

220 Gramm 149 Euro www.lasportiva.com

216 Gramm 199 Euro www.columbia-sportswear.com

Das Run JKT der Italiener fällt mal wieder auf. Sie schaffen es eben fast immer mit ihren Farbkombinationen aus dem Feld zu stechen. Und so ist diese Laufjacke eine solide und recht günstige Alternative zu den Produkten die weit teurer sind. Fans der Marke aus dem Val di Fiemme werden ohnehin blind zugreifen. Uns gefällt mal wieder der „Fit“ und die die Details, denn die 2,5-Lagenjacke ist athletisch geschnitten, hat eine perfekt anpassbare Kapuze und ist durch Ventilationszonen und atmungsaktivem Gewebe erstaunlich atmungsaktiv für eine wasserdichte Jacke mit 10.000er Wassersäule. Fazit: eine günstige Pflichtausrüstungsjacke, die alles mitmacht und hält was sie verspricht.

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Zugegeben: Diese Jacke sieht noch schwerer aus als sie wirklich ist. Das verbaute RipStop-Material ist sehr dick und robust und hält euch mit Sicherheit trocken. Es erinnert allerdings etwas an eine LKW-Plane. Die von außen verschweißten Nähte und die kastenförmige Passform verstärken diesen Look zusätzlich. Die Atmungsaktivität leidet natürlich. Wer eine superrobuste, aber trotzdem relativ leichte Wetterschutzjacke für lange, aber nicht allzu schweißtreibende Berg- und Hikingaktivitäten sucht, greift zu der Columbia.


EVENTS WETTKÄMPFE PRAXISTEST LAUFJACKEN 2019

Windjacken / Lightweight-Jacken la sportiva

Blizzard Windbreaker 116 Gramm 99 Euro www.lasportiva.de

adidas terrex

scott

Windweave

Kinabalu Run WB

147 Gramm 129,95 Euro www.adidas.de

125 Gramm 139,95 Euro www.scottsports.com

Schwarz, Rot, Gold. Nein, nicht Deutschland. Italien. La Sportiva, um genau zu sein. Im klassischen Design kommt der sehr leichte Windbreaker der Bergsport-affinen Firma aus dem Val di Fiemme daher und überzeugt sofort. Am Rücken ein netzartiger, sehr atmungsaktiver Stoff, eine Kapuze die dank gut platziertem Gummi nicht rutscht, und überall wo erforderlich windabweisendes Material (wenn auch mit leichter Plastiktüten-Haptik). Sehr gut gefällt uns die netzartige Verstautasche. Hier ist ein Gummiband eingearbeitet, welches es ermöglicht die Jacke, wenn gerade nicht benötigt, um die Hüfte zu tragen.

Das Auffälligste an dieser Jacke ist das griffige RipStop-Material, welches durch die Engmaschigkeit der Fäden ein fließend übergehendes Bodymapping von sehr luftdurchlässig und dünn bis schützend und dicht erzeugt. Die Platzierung der luftigen und dichten Schichten überzeugt und macht Sinn. Insgesamt macht die Jacke einen relativ robusten und schützenden Eindruck. Dies geht ein wenig auf Kosten des Gewichts und des Packmaßes, die für eine Windjacke vergleichsweise hoch sind. Wer aber eine stabile Windjacke mit lässigem Schnitt, Brusttasche und verstellbarer Kapuze sucht, macht mit der Adidas Windweave alles richtig.

Eine klassische Windjacke mit Kapuze aber ohne Tasche bekommt man mit der Kinabalu von Scott. Diese Jacke ist solide und macht vieles richtig. Elastische, atmungsaktive Seitenpanele sorgen für einen guten Feuchtigkeitstransport. Das verarbeitete Material tut ohne Zweifel seinen Dienst. Dennoch finden wir, dass die Konkurrenzprodukte mit hochwertigeren Membranen mehr überzeugen. Auch die Platzierung der atmungsaktiven Bereiche am Rücken statt seitlich sorgt unserer Meinung nach nicht unbedingt für eine gesteigerte Atmungsaktivität. Der Preis dieser Jacke erscheint uns in der Summe ihrer Eigenschaften etwas hoch.

asics

arc‘teryx

jack wolfskin

Metarun Jacket 147 Gramm 180 Euro www.asics.com

Asics umwerben diese Jacke als windund wasserdicht. Eine echte Regenjacke mit hoher Wassersäule ist sie aber definitiv nicht, weshalb wir sie hier in die Windjackenrubrik stecken. Dafür wirkt das Material allerdings sehr plastikfolienartig. Auch der eher weite, nicht sehr sportliche Schnitt über dem eng anliegenden breiten Bund überzeugt uns nicht. Die Lüftungslöcher am Rücken wirken aus der Zeit gefallen und können bezüglich Atmungsaktivität nicht mithalten mit den Konkurrenzprodukten, die eher auf Bodymapping, also die Kombination verschieden dicker und dichter Materialien setzen.

Incendo SL Jacket 85 Gramm 110 Euro www.arcteryx.com

Terra Trail Jkt 192 Gramm 89.95 Euro www.jackwolfskin.de

Diese Jacke ist nicht nur ultra-leicht, sondern begeistert auch sonst durch ihr schlichtes aber konsequentes Auftreten. Das simple Bodymapping (vorne winddicht, hinten luftdurchlässig) und ein sehr angenehmer Bundabschluss an den Ärmeln überzeugen uns. Viel mehr ist an dieser Jacke nicht dran. Muss aber auch nicht. Zusammengepackt in der eingebauten Tasche passt sie in wirklich jede Laufhose. Bei eurem Feierabendründchen auf den Hausberg merkt ihr gar nicht, dass ihr sie dabeihabt. Und doch freut ihr euch, wenn ihr sie beim ersten kühlen Lüftchen aus der Hosentasche zaubern könnt.

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Zwei große Taschen aber keine Kapuze hat die Terra Trail. Das verwendete Stormlock-Material ist leicht stretchig und macht einen hochwertigen und vor allem stabilen, langlebigen Eindruck. Auf den Einbau von atmungsaktiveren Materialien im Rückenoder Achselbereich wird hier verzichtet. Die Jacke bietet daher einen vollumfänglichen Schutz, ist deshalb für besonders schweißtreibende Aktivitäten weniger geeignet. Auch wegen des vergleichsweise hohen Gewichts und des nicht besonders sportlichen Schnitts stecken wir sie eher in den Hike- als in den Trail-Bereich. Die Tasche zum Verstauen ist zu groß und komprimiert nicht.


salomon

columbia

S/Lab Light JKT

F.K.T. Wind Jacket

96 Gramm 150 Euro www.salomon.com

skinfit

Vento Ranna 63 Gramm 139 Euro www.skinfit.com

Die im Triathlon beheimatete Marke Skinfit aus Vorarlberg hat sich inzwischen ganz dem Ausdauersport jeglicher Couleur verschrieben. Wir nehmen diesen Multisport Windbreaker mit auf den Trail. Und das sehr gerne. Das transparente leichte Material schützt zuverlässig vor Wind und leichter Nässe. Ein sehr stretchiges Netz sorgt nicht nur am Rücken für Ventilation, sondern ist auch im Ärmelabschluss verbaut. Hier sorgt es für ein angenehm engen aber flexiblen Abschluss des Bündchens. Eine intelligent angebrachte Netztasche zum Verstauen ist ebenfalls vorhanden. Einzig die Kapuze kommt uns etwas eng geschnitten vor.

66 Gramm 75 Euro www.columbia-sportswear.com

Im Pertex Quantum Air-Gewand und elegant weißen Design kommt diese S-Lab-Jacke daher. Keine 100 Gramm bringt dieser Windbreaker auf die Waage. Eine sturmfeste und robuste Jacke für die Ewigkeit bekommt man für die hier investierten 150 Euro zwar nicht. Eine äußerst atmungsaktive und sehr leichte Alternative, die in jede Hosentasche passt, ist diese minimalistische Jacke allemal. Auffällig der hohe Kragen mit magnetischem Verschluss. Eine Kapuze vermissen wir bei allem Minimalismus allerdings schon.

Keine Taschen, keine Kapuze, keine verstellbaren Bündchen. Diese Windjacke von Columbia setzt auf Purismus und verzichtet auf all dies. Das macht sich im Gewicht bemerkbar. Mit 66 Gramm ist sie mit die leichteste aller von uns getesteten Windjacken. Die Simplizität setzt sich fort. Komplett aus dem windabweisenden OmniShield-Material gefertigt, wird hier auf die Verwendung winddurchlässigerer Materialien im Achseloder Rückenbereich verzichtet, was die Atmungsaktivität dann doch merklich limitiert. Ein puristisch solider Windbreaker für den in der kleinsten Hosentasche Platz ist.

gore wear

DYNAFIT

R7 Partial Infinium 163 Gramm 189 Euro www.gorewear.de

Wind 72 72 Gramm 120 Euro www.dynafit.com

Mehr als ein simpler Windbreaker ist diese Jacke von Gore. Neben einer sehr hochwertigen Verarbeitung überzeugen vor allem die kleinen gut durchdachten Details. Die Kapuze hat einen extra Saum auf Stirnhöhe, der ein Verrutschen verhindert. Ein sehr stretchiges, atmungsaktives Material ist an den richtigen Stellen (Rücken, Achseln, Handgelenk) eingebaut. Das GoreTex Infinium-Material trägt sich nicht nur sehr angenehm auf der Haut, sondern ist auch wasserabweisender als die Stoffe anderer Windjacken. Für den zugegeben hohen Preis bekommt man eine Jacke mit einem herausragenden Fit, die euch echten Schutz von starkem Wind bis leichtem Regen bietet.

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Wie von Dynafit gewohnt kommt diese Jacke mit einigen raffinierten technischen Finessen daher. Das Dynashell-Material ist ultraleicht und angenehm soft und leicht stretchig in der Haptik. Ein „Netzfenster“ am Rücken sorgt für sehr hohe Atmungsaktivität, während Daumenlöcher und eine enge Kapuze den sportlichen, engen Sitz der Jacke abrunden. Einzig das Verstauen in der sehr engen Tasche verläuft etwas schwergängig. Ist sie allerdings einmal verstaut, hat man mit dieser Dynafit eine kompromisslos minimale Windjacke mit sehr geringem Packmaß.


SPECIAL ALPINES PRAXISTEST LAUFRUCKSÄCKE TRAILRUNNING

ES MUSS EIN RUCK GREAT HIMALAYAN TRAIL

Dass Speed-Rekorde auch gemeinsam als befreundetes Team möglich sind, bewiesen Ryno Griesel und Ryan Sandes. 25 Tage 4 Stunden und 24 Minuten brauchten die beiden Südafrikaner für denGreat Himalayan Trail. Eine 1504 Kilometer und 70.000 Höhenmeter lange Strecke die Nepal komplett von West nach Ost durchquert. Ein starke Ausdauerleistung in großer Höhe, auch wenn es schwierig ist von einem echten FKT-Rekord zu sprechen. Dafür gibt es einfach zu viele Routenvariationen des Great Himalayan Trail.

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... die Gesellschaft gehen. Also durch die der Trailrunner*innen. Denn wer ernsthaft und länger im Gelände umherrennt, kommt um einen „gscheiden“ Laufrucksack nicht herum. Das fängt bei minimalistischen Race Vests an und endet bei raumfüllenden Modellen für den Etappenlauf oder selbstorganisierte Mikroabenteuer. Die auch nicht jünger werdende Redaktion des Trail Magazins kann sich noch gut daran erinnen, wie das einmal angefangen hatte mit dem zentralen Gepäckstück unseres Sports. Mit komplizierten Hüftgurtkonstruktionen und mit den ersten brauch- ja sogar rennbaren Rucksäcken von Marken, die heute kaum noch jemand kennt. Ein*e König*in war, wer damals vor gut zehn Jahren eines dieser Mountain-Hardware-Teile finden konnte, die es in homöopathischen Dosen über den Atlantik geschafft hatten. Heute ist alles viel einfacher. Und doch nicht minder kompliziert. Das hängt zum einen mit der Varianz jenes Themas zusammen, das eben noch einfach nur Trailrunning-Rucksack hieß. Längst gibt es Modelle mit zwei oder 25 Litern Fassungsvermögen. Solche, die an jedem Gramm sparen, und dabei vielleicht auch am alltagstauglichen Komfort. Und jene, die auf den ersten Blick viel zu dick auftragen, gerade deshalb aber so robust sind, bequem und stabil. Marktführer Salomon ist da ein gutes Beispiel: Wer nicht um jedes Gramm kämpft, findet in der unterhalb den S-Lab-Modellen positionierten Advanced-Serie vielleicht die subjektiv passendere und komfortablere Lösung.

Was die Sache mit den Rucksäcken zudem so kompliziert macht: Noch immer machen sich gerade die hierzulande kleinen der großartigen Marken (Ultraspire oder Ultimate Direction) im Handel rar. Ein Rucksack aber sollte unbedingt probegepackt und probegetragen werden. Denn was die einen als intuitiv empfinden, bringt den anderen zur Weißglut. Und während manche ihren Rucksack selbst unter Wettkampfbedingungen sorgsamst packen, suchen andere eine Lösung, in die einfach alles hineingepfeffert werden kann. Klar muss zudem auch sein: je weniger Gewicht, desto weniger Material, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass das wenigere Material schneller in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Verarbeitung aber, das ist die gute Nachricht, hat uns abseits weniger Ausfälle in diesem Test absolut überzeugt. Man sollte nur wissen, für was man seinen Trailrucksack braucht. Und notfalls in ein zweites Modell investieren: Die leichte Race Vest für den Hochsommer und die drei, vier Rennwochenenden im Jahr, und ein 10- oder sogar 20-Liter-Modell fürs Turnschuhpendeln und die Hüttentour. Günstiger, als sich ein Sportcoupé und ein SUV vor die Tür zu stellen, bleibt es allemal.

K (SACK) DURCH ...

Einer der in der Lage ist die Rekorde von Kilian zu brechen ist der Ecuadorianer Karl Egloff. Dies hat er mehrfach unter Beweis gestellt. Der Ex-Profi-Mountainbiker und Bergführer leistet Unglaubliches und hätte ohne Frage eine höhere Aufmerksamkeit verdient. Jeweils inklusive Auf- und Abstieg bezwang er den Aconcagua in 11 Stunden und 52 Minuten sowie den Elbrus in 4 Sunden 20 Minuten.

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MODE WINTERKLAMOTTEN PRAXISTEST LAUFRUCKSÄCKE

Racevests 0-15 Liter salomon

Sense Ultra 8 Set 148 Gramm 170 Euro www.salomon.com

DYNAFIT

hoka one one

Ultra pro 15

X Nathan Race Vest

189 Gramm 130 Euro www.dynafit.com

198 Gramm 215 Euro www.hokaoneone.com

In Sachen Race-Westen sind Salomon Pioniere. Noch immer sind ihre Westen die bei Trailveranstaltungen am häufigsten getragenen Rucksäcke. Gut, Salomon hat schlagkräftige Konkurrenz bekommen. Aber in Sachen Minimalismus macht ihnen noch immer keiner was vor. Die Weste ist ultraleicht und passt in eine Faust. Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen ist der Stauraum noch einmal erweitert worden. Aber gerade dies wird hier zum Verhängnis. Nutzt man nicht den kompletten Platz aus, ist das Material zu wenig stabil und führend, um einen festen Sitz zu garantieren. Ein Verpacken der Ausrüstung in extra Tüten ist unumgänglich, ist das Mesh doch sehr feuchtigkeitsdurchlässig. Zwei Details, die andere besser lösen.

Erinnerten die ersten Trailrucksäcke von Dynafit noch an ihre Verwandten aus dem Skitourenbereich, hat die Marke mit dem Schneeleoparden inzwischen einige Rucksäcke mit echter Trailrunning-DNA auf dem Markt. Der UltraPro überzeugt mit einer robusten Verarbeitung und einem sinnigen Verstaukonzept. Sehr gut funktionieren tut die Weitenregulierung an Schulter und Hüfte, welche den Rucksack bei verschiedenen Füllungsgraden passgenau an den Oberkörper bringt. Etwas überrascht sind wir von seiner Größe (und dem damit einhergehenden Gewicht). Ein guter Rucksack für sehr lange Wettkämpfe oder Touren, bei denen Leichtigkeit und Speed eine untergeordnete Rolle spielen.

asics

camelbak

Running Backpack 278 Gramm 45 Euro www.asics.com

Die mit Abstand preiswerteste Weste in unserem Test kommt von Asics. Leider kann die Performance das Preisniveau hier nicht toppen. Die Weste kann in puncto Verarbeitung, Materialien und Passform nicht mit den anderen Testkandidaten mithalten. Das verwendete Material ist sehr schwer und unflexibel, der Verschlussmechanismus an der Front ist nicht höhenverstellbar und sehr fummelig und die Verstaumöglichkeiten im Brustbereich halten sich arg in Grenzen. Fazit: eine einfache und günstige Weste zum Transportieren von Gebrauchsgegenständen bei kurzen Trainingsläufen. Keine Weste für Trail-Wettkämpfe und lange Bergabenteuer.

215 Euro für einen Laufrucksack sind schon eine Ansage. Allerdings bekommt man bei Hoka dafür eine sehr hochwertig verarbeitete Race-Weste inklusive thermoisolierter Softflasks. Der stretchige und atmungsaktive Stoff ist sehr leicht. Die im Bereich der Trinkflaschen angebrachte Verstärkung verleiht dem Rucksack allerdings eine hohe Stabilität, auch wenn der Masseschwerpunkt mal im Brustbereich liegt. Sehr gut gefällt uns die Positionierungslogik und Vielfalt der Taschen. Sogar zwei wasserdichte Reißverschlusstaschen sind verbaut. Diese Weste wurde speziell für die Anforderungen des UTMB entwickelt und erfüllt diese Aufgabe (aber auch viele weitere) mit viel Eleganz und Know How-h

scott

Nano Vest

Trail RC TR‘4

164 Gramm 70 Euro www.camelbak.com

197 Gramm 99 Euro www.scott-sports.com

Mit diesem Modell lief der Franzose Xavier Thévenard zu seinen Siegen beim UTMB und erst kürzlich beim Ultra Trail am Mount Fuji in Japan. Zwei Dinge gefallen uns besonders gut am Nano, der Racevest von Camelbak: seine einfache Bauweise, das Minimale in Verbindung mit Robustheit. Wer also einen Laufrucksack für seine Trainingsläufe sucht oder bei Ultratrails mit wenig Ausrüstung klarkommt, ist beim Nano goldrichtig. Die mitgelieferten Softflasks sind einfach zu bedienen, absolut dicht und stabil. Durch viel Mesh-Material ist die Trocknungseigenschaft sehr hoch. Der Tragekomfort hat uns begeistert – alles liegt dem Oberkörper dicht an ohne zu stören oder gar zu reiben. Ein Kauftipp.

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Mit einem echt starken Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt diese Race Vest von Scott. Der Rucksack ist insgesamt sehr leicht und dennoch ist das Hauptfach und eine Seitentasche mit wasserdichtem Material ausgestattet, sodass der Inhalt vor Schweiß geschützt wird. Verstellmöglichkeiten zum Justieren der Passform gibt es nicht. Dafür wird der Rucksack in vier verschiedenen Größen angeboten. Positiv: Das Herausnehmen und Hineinstecken der Softflasks ist durch ein intelligentes Befestigungssystem schnell und einfach möglich. Der frontale Zugriff per Reißverschluss auf das Hauptfach ist ebenfalls nach unserem Geschmack. Ein starker Racer von Scott, auf den sich nicht nur Ruth Croft verlassen kann.


ultimate direction UltraVest 4.0

230 Gramm 129 Euro www.ultimatedirection.com

Adidas terrex

Agravic Speed Weste 186 Gramm 139,90 Euro www.adidas.de

Die Amerikaner von Ultimate Direction sind Spezialisten im Rucksackbereich. Unsere Erwartungen sind dementsprechend hoch, werden mit der UltraVest 4.0 aber voll erfüllt. Die Passform ist perfekt und kann über ein intelligentes System im Rückenbereich mit einem Handgriff während des Laufens angepasst werden. Außerordentlich gelungen finden wir die von Ultimate Direction bekannte Stockhalterung im Frontbereich, erlaubt sie doch einfaches Justieren und Dejustieren der Stöcke während des Laufens. Viele weitere kleine gut durchdachte Details, z. B. ein wasserabweisendes Material am Hauptfach, machen diesen Rucksack zu eurem zuverlässigen Partner für Trails und Ultratrails jeglicher Länge.

Die Terrex-Weste hat alles, was eine moderne Race Vest ausmacht. Viele leicht zugängliche Verstaumöglichkeiten, zwei stabile Taschen für die mitgelieferten HydraPak Soft Flasks und einen leichten flexiblen aber dennoch strapazierfähigen Stoff. Und dennoch gibt es ein paar Kleinigkeiten, die uns stören. Die Verarbeitung und die verwendeten Materialien können gefühlt mit dem stolzen Preis von knapp 140 Euro nicht mithalten. Das Hauptfach lässt etwas an Volumen vermissen und wir sind uns nicht ganz sicher, ob alles verlustsicher verstaut werden kann. Die Weste kommt in elegantem Schwarz daher, sitzt sehr gut, nichts wackelt oder drückt.

ultraspire

patagonia

Zygos 4.0

356 Gramm 160 Euro www.ultraspire.com

Ultraspire wurde 2012 von Bryce Thatcher gegründet, der 1985 bereits Ultimate Direction gegründet hatte. Mehr als 30 Jahre geballtes Know-how steckt also in den Produkten von Ultraspire. Das spürt man. Klar. Der Zygos 4.0 ist nichts für Leichtgewichtsfanatiker. Denn es ist sehr viel an ihm dran. Sehr viel Gutes. Das Hauptfach ist großvolumig aber sehr gut komprimierbar und vor Schweiß geschützt. Die Front ist im Flaschenbereich sehr breit und leicht verstärkt, was für einen außerordentlich festen Sitz bei jeglicher Befüllung sorgt. Sehr leichtgängig und gut gelöst: der Verschluss. Der Rucksack kommt inklusive Trinkblase. Hochwertiger, bis ins letzte Detail durchdachter Hybrid aus Race Vest und Rucksack.

salomon

Slope Runner Vest

Adv Skin 12 Set

170 Gramm 140 Euro www.patagonia.com

255 Gramm 140 Euro www.salomon.com

Patagonia können den lässigen, simplen Look wie kaum eine andere Marke. Nun, technisches Equipment können sie einmal mehr nicht so gut. Diese Weste jedenfalls bringt das Kunststück fertig, gleichzeitig zu eng und zu weit zu sein. Der obere Brustriemen sitzt empfindlich nah am Hals, dafür ist unter den Achseln zu viel Luft. Die eng und dünn gearbeiteten Verschlussösen gehörten zu den pfriemeligsten im Test, spätestens während eines Rennes mag man den Slope Runner garantiert nicht mehr öffnen. Konventionelle, aber immerhin ordentlich handhabbare Anordnung der einzelnen Fächer und Taschen. Diese größere der beiden Slope Runner-Westen wird mit Trinkblase, aber ohne Flasks geliefert.

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Im Schatten der S-Lab-Westen hat sich die günstigere Advanced-Serie mit der komplett überarbeiteten Neuauflage endgültig als alltags- und renntaugliche Alternative etabliert. Waren wir im vergangenen Heft schon von der 5-Liter-Variante begeistert, überzeugt die große Schwester mit einem Stauvermögen, das mindestens für ausgedehnte Tagestouren reicht. Annähernd perfekte Passform, wobei sich die Brustbänder jetzt effektiv mit einem Handgriff justieren lassen. Tadellose Verarbeitung, solide Aufteilung der Fächer und auch die Größenangabe kann endlich beim Wort genommen werden. Mehr Trailrucksack braucht kein Mensch. Weniger, also eine noch minimalistischere Lösung, eigentlich auch nicht.


WISSEN Laufrucksäcke

Touren-Laufrucksäcke 18-30 Liter ultimate direction

hoka one one

316 Gramm 170 Euro www.ultimatedirection.com

514 Gramm 180 Euro www.hokaoneone.com

Adventure Vest 4.0

scott

TOR 30 L PACK

Trail Kinabulu TR‘20 289 Gramm 79,90 Euro www.scott-sports.com

Ich staple hoch: Das ist irgendwie der beste Rucksack im Test. Er schafft es dabei sogar, die Kategorien durcheinanderzuwirbeln, denn er kann alles. Die Adventure Vest von Ultimate Direction besticht durch diverse Materialien, die am Ende zu einem nahezu perfekten Produkt führen. Das Hauptfach wasserdicht, alles was beweglich sein muss ist aus flexiblem Monomesh oder 4-WayWoven-Stretch. Viele Gedanken stecken hier mitdrin. Die beiden 400-ml-Softflasks finden im Brustbereich Platz, wo es auch sonst diverse Möglichkeiten zum Verstauen von Ausrüstung gibt. Mit diesem Laufrucksack ist also alles möglich – vom Tagestrail zum Ultratrail bis hin zu Etappenläufen und langen Likes.

TOR. Der Name ist hier Programm. Angelehnt an den Tor des Géants bietet Hoka diesen großvolumigen Laufrucksack an. Extra Rückenpolster und breite Träger sorgen für einen sehr angenehmen Sitz. Einzig verstellbare Schultergurte vermissen wir etwas. Die zwei kleinen wasserdichten Taschen vorne und das (halb-)wasserdichte Hauptfach kommen in robustem Material daher. Das Hauptfach bietet viele kleine Verstaumöglichkeiten und ist von oben und vorne über einen wasserfesten Reißverschluss erreichbar. Beim Material der seitlichen Netztaschen wurde leider gespart. Für mehrtägige Non-Stop-Läufe wie den TOR, aber auch Mehrtagestouren geeignet.

salomon

Montane

Out Peak 20 606 Gramm 200 Euro www.salomon.com

Einiges an Entwicklung und Know-how ist in dieses Raumwunder von Salomon geflossen. Denn auch bei diesem Volumen (die angegebenen 20 Liter sind noch untertrieben) kommt dieser Rucksack eher als Weste daher. Er überzeugt mit tollen Details, Einstellmöglichkeiten und Feinheiten, deren Funktionen man erst nach längerem Begutachten vollständig umfasst. Alles ist stimmig und rund. Klar, die verwendeten Materialien sind, wie von Salomon gewohnt, auf Leichtbau ausgelegt. Das wasserdichte durch einen Frontzipper erreichbare Hauptfach ist so geräumig, dass wir uns sogar vorstellen können ein kleines Zelt darin zu transportieren. Für Speed-Hiking-Touren mit Selbstverpflegung also bestens geeignet.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis dieses Laufrucksacks ist phänomenal. Für nur 80 Euro bekommt ihr einen einwandfreien 20-Liter-Rucksack mit wasserdichtem Hauptfach. Der sehr hohe Sitz erlaubt viel Bewegungsfreiheit beim Laufen. Der Rucksack lässt sich anhand kleiner Gurte sehr gut an den Oberkörper justieren. Er kann sowohl mit Softflasks als auch mit Trinkblase verwendet werden. Sogar klassische Trinkflaschen (oder wahlweise Trailrunningstöcke) können in den seitlichen Netztaschen verstaut werden. Der in schlichtem Schwarz designte Rucksack ist der perfekte Begleiter für Hüttentouren in den Alpen aber auch den täglichen Arbeitsweg.

ultraspire

VIA Dragon 20

MODELL Epic XT

383 Gramm 159 Euro www.montane.eu

970 Gramm 139,90 Euro www.ultraspire.com

Der Drache mit 20-Liter-Packvolumen ist so etwas wie das beste Gewissen für Ultra- und Etappenläufer, denn dieser Rucksack ist stabil, wasserdicht und auch bei voller Ladung erstaunlich komfortabel zu tragen. Auffällig dabei: das große Hauptfach mit der großen Öffnung, die man zu- und aufrollt und per Klick verschließt. Die breiten Schulterriemen liegen bequem auf und reiben nicht. Im Frontbereich hat eine Flask oder Flasche Platz. Eine zweite findet verschließbar Platz auf Höhe der Rippen. Vielfältige Einstellmöglichkeiten passen den Dragon 20 perfekt und individuell dem Oberkörper an. Wie immer sehr schön bei Montane-Rucksäcken gelöst sind die Verschlüsse. Nicht filigran, nicht verspielt, sondern praktisch und auch anwendbar.

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Zum Laufen würden wir diesen Ultraspire dann doch nicht mitnehmen. Dafür ist er zu lang geschnitten und, ja, auch zu schwer. Wer aber einen hochwertigen Wander- und Tourenrucksack mit Laufwesten-DNA sucht, sollte hier unbedingt weiterlesen. Der Epic XT ist im Frontbereich aufgebaut wie eine Race Vest mit vielen gut zugänglichen Verstaumöglichkeiten. Den Hüftgurt wird man brauchen, wenn man die 25 Liter des Hauptfachs voll ausnutzen will. Ein starker Begleiter für alle sportlichen Wanderer und Speed Hiker, die bei ihren Touren auch mal ruckartige Oberkörperbewegungen (leichtes Bergablaufen, Klettern) gekonnt meistern müssen. In der 20-Liter-Klasse gibt es aber rennbarere Alternativen.


camelbak

Octane 16X 133 Gramm 299 Euro www.camelbak.com

Hydration Packs und Camelbak. Schon seit langer Zeit besteht diese erfolgreiche Symbiose. Klassisch im Aufbau ist auch der Octane 16X. Die inkludierte 3-Liter-Trinkblase und der Hüftgurt sind Elemente, die bei neuen Laufrucksackmodellen eine immer geringere Rolle spielen. Zu Recht, wie wir finden. Für traditionsbewusste Läufer die sich daran nicht stören und einen Rucksack für Mehrtagestouren oder Hike&Run-Abenteuer suchen, ist dieses preislich erschwingliche Modell dennoch ein Kauftipp. Viele intelligente Verstaumöglichkeiten runden das Gesamtpaket ab. Etwas vermissen wir Kompressionsmöglichkeiten für das Hauptfach und anpassbare Schultergurte.

dynafit

Transalper 18 220 Gramm 299 Euro www.dynafit.com

Eigene Wege gehen Dynafit mit ihrer „großen Race vest“ dem Transalper 18. Dieser Rucksack ist ein Produkt, das man bei schnellen Skibergsteigern und Trailrunnern sieht. Sein Fokus liegt ganz klar auf Geschwindigkeit, Leichtigkeit und weniger auf Komfort. Zunächst imposant ist das reine Gewicht, denn mit nur 220 Gramm ist dieser Dynafit wohl einer der leichtesten Rucksäcke dieser Volumenklasse. Eigenwillig erscheint das Verschlusssystem, das mit einem Gummiband an drei Punkten fixiert wird. Was zunächst verwirrend wirkt stellt sich schnell als genial und sehr effektiv dar. Das riesige Hauptfach fasst große Bekleidungsstücke und Notfallequipment, eine angesetzte Mesh-Außentasche ist ideal für nasse Wechselwäsche oder schnell verfügbare Dinge.

Eine Frage der Haltung: Geschlechtsspezifische Rucksack-Designs Sattes Petrol trifft auf tiefes Navy, dazu der konsequente Verzicht auf dekoratives Ornament: Die schönste Race Vest dieses Tests ist das Salomon Adv Skin 8 Set – und bleibt exklusiv den Trail-Läuferinnen vorbehalten. Es ist also ein Modell speziell für Frauen. Und dabei geht es ausnahmsweise einmal nicht um die Farbe, das Illustrative, den Look. Es geht um die anatomischen Unterschiede. Die sind ja offensichtlich. Um darauf aber mit speziell angepassten Produkten zu reagieren, so heißt es aus der Branche, war der Markt bisher einfach zu klein. Nun, der Markt wächst. Vor allem aber wächst endlich auch die Sensibilität. Das eine Produkt, entwickelt für den weißen 1,80-Meter-Mann, kann sich langsam keine Marke mehr erlauben. Salomon jedenfalls hat die Front des Skin 8 Set und auch die nun eher breiten, flachen Flasks komplett neu konzeptioniert und verspricht einen minimierten Druck auf den Brustbereich. Und Mitbewerber Camelbak hat gleich ein ganzes Portfolio aus vier speziell für den weiblichen Körper designten Modellen aufgelegt – konsequenterweise entwickelt von einem reinen Frauenteam.Pionier der geschlechtsspezifischen Rucksäcke sind die Briten von Montane. Dort kam man zu guten Produkten. Und zur Erkenntnis, dass doch auch jeder Körper anders ist. Und dass es durchaus Frauen gibt, die mit den „Männermodellen“ weiterhin am besten rennen.

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16 Bundesländer hat dieses Land. Sogar alte und neue sind dabei. Spielt für uns aber keine Rolle. Für den jungen Sport Trailrunning sowieso nicht. Denn ob alt oder jung, laufen im Wald und auf dem Trail wollen wir alle. Und das am besten vor der eigenen Haustür. Aus diesem Grund wollen wir in diesem und dem kommenden Heft 16 Trailtouren vorstellen. Eine für jedes Bundesland. Dank der Mithilfe von euch Leser*innen und Locals dürfen wir euch in diesem Heft die ersten acht Touren präsentieren. Die GPS Tracks zum Nachlaufen findet ihr unter folgendem Link: https://www.gpsies.com/mapFolder.do?id=128480 (oder gebt einfach TrailMagazin bei GPSies in das Feld ‚Benutzer‘ ein). 70

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RHEINLAND-PFALZ

• Boppard Skyrace • 24 km, 970 Hm • von Paul Ruick

Ausgangspunkt des Bopparder Skyrace ist der Haltepunkt der Hunsrückbahn in Boppard-Buchholz. Von hier aus geht es gut 350 Hm hinunter. Dem Bopparder Mittelrhein-Klettersteig folgen wir wahlweise über die Klettersteig- oder Wandervariante, bis wir kurz vor der Hohen Ripp zur Bergstation abbiegen. Von hier aus geht es

über den Kyffhäuserpfad ab ins Mühlental, ein weniger bekannter, aber umso schönerer Downhill. Nach einem kurzen Asphaltabschnitt biegen wir ins Schlangental ab und laufen Richtung Hedwigseiche. Oben angekommen geht es Richtung Wolfskopf hinunter und schließlich über anspruchsvolle Trails zurück ins Mühlental. Über den herrlichen

Kronprinzenpfad gelangen wir im Folgenden zur Himmelsleiter. Diese letzte Schleife kann man in beide Richtungen mitnehmen, je nach Gusto. Schließlich kommen wir zum wiederholten Mal auf die Traumschleife Elfenlay und genießen die tollen Ausblicke Richtung Hunsrückbahn.

HESSEN

• Rhön Trails • 33 km, 1.400 Hm • von Roman Aha Ausgangspunkt dieser Tour ist das hessische Örtchen Grabenhöfchen. Zwei Loops, die wahlweise hintereinander oder einzeln gelaufen werden können, starten von hier aus. Der südliche und etwas längere Loop (19 km) führt zuerst über den Weiherberg nach Abtsroda. Von dort aus werden auf einer Runde die höchsten Gipfel der Rhön mitgenommen. Darunter Wasserkuppe, Eube, Pferdskopf und Lerchenkopf. Alle zwischen 800 und 950 m hoch. Der nördliche Loop (14 km) macht eine Runde über die markante Milseburg („Perle der Rhön“), das als Maler- und Künstlerdorf bekannte Kleinsassen und den Stellberg. Auf diesem 33-km-Longrun werden die höchsten hessischen Berge über zahlreiche schmale Trails, aber auch mal breitere Forst- und Waldwege miteinander verbunden, sodass am Ende gut 1.400 Hm zusammenkommen.

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HAMBURG

Kurz und knackig in der Elbmetropole. Unser Leser Thomas Mann nimmt jeden vertikalen Meter und jeden Trail mit, sodass rund 300 Hm auf gut 10 km zusammenkommen. Das geht in Hamburg nur in den berühmt-berüchtigten Harburger

Bergen. Start- und Zielort dieser Runde ist die Kärntner Hütte, wo man sich mit einem guten Kaiserschmarrn belohnen darf. In ständigem Auf und Ab führt diese Runde über Reiherberg und Kaiserstuhl – nie mehr als 60 Hm am

Stück, aber zu über 80 Prozent auf Singletrails. Tempotraining macht der Hamburger hier, wurde uns gesagt. Wer sich messen möchte, findet ein entsprechendes Segment bei Strava. Die Bestzeit liegt bei 48:33 min.

SCHLESWIG HOLSTEIN

Philipp aus Kiel schickt uns diese Trail-Runde aus seiner Heimatstadt. Fast zentral in Kiel startet man Richtung Süden. Entlang der Eider geht es auf dem Eidertal Wanderweg bis nach Flintbek. Historische Windmühlen

säumen die Strecke. Wer noch nicht genug hat, folgt dem Wanderweg immer am Fluß entlang bis nach Bordesholm. Philipps Route aber hat in Flintbek ihren Wendepunkt. Auf dem Rückweg geht es in das Viehburger Gehölz, um im

spielerischen Auf und Ab noch ein paar letzte norddeutsche Höhenmeter einzusammeln. So kommen auf dieser Runde auch im flachsten und nördlichsten aller Bundesläner immerhin etwas mehr als 300 Hm zusammen.

• Harburger Berge • 11 km, 300 Hm • von Thomas Mann

• Eiderwanderweg • 32 km, 300 Hm • von Philipp Rittscher

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BAYERN

• Ammergauer Alpen • 37 km, 2.000 Hm • von Denis Wischniewski Die Ammergauer Alpen haben es mir neuerdings besonders angetan. Alle reden vom Wetterstein-Gebirge, von Garmisch, vom Allgäu, und kaum einer denkt darüber nach, was dazwischensteckt. Das Ammergebirge ist nämlich eine beeindruckende Landschaftsform aus Dolomiten- und Plattenkalk, grün, schroff und noch öfter geprägt von milden Hügeln. Ein Gebirge wie aus dem Bilderbuch. Meine Tour führt mich über 37 km und knapp 2.000 Hm von Unterammergau zunächst hinauf auf das Hintere Hörnle. Auf einem Höhenweg geht es nun wellig und stetig bergab nach Oberammergau. Ich durchlaufe das Zentrum der schönen Ortschaft, die alle paar Jahre die weltberühmten Passionsfestspiele veranstaltet und laufe in den zweiten langen Anstieg hinein. Es geht hinauf auf den Pürschling. Da liegt im frühen Mai noch erstaunlich viel Schnee. Im Pürschling Haus leiste ich mir ein Spezi und komme mit den Wirtsleuten ins Gespräch. Der anschließende Downhill zurück nach Unterammergau ist einer der schönsten Downhills seit Ewigkeiten. Die fast 40 km sind eine ideale Vorbereitung auf die Ultratrails im Hochsommer.

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BERLIN

• Grunewald Trails • 25 km, 360 Hm • von Marius Prigge

Fahrrad abschließen am Mommsen-Stadion und los geht‘s. Mit Ups and Downs und tollen Blicken auf Hundekehlesee, Grunewaldsee, Nikolassee und Schlachtensee vergehen die ersten 12 km wie im Flug. Danach überqueren wir die Avus an der „Spinnerbrücke“, wo sich die Berliner Bikerszene

trifft. Über Forstwege geht es auf den Havelhöhenweg zu. Drei aufeinander zulaufende Dreiecke (blau, grün und rot) und in der Mitte ein roter Punkt zeigen, dass wir richtig sind. Mit seinen Stufen und Kehren und wunderbaren Blicken über die Havel begleitet uns der Havelhöhenweg die nächs-

ten 7 km. Am Forsthaus (Brunnen mit Trinkwasser) füllen wir unsere Flasks auf und laufen über den selbsternannten „Schweinepfad“ Richtung Teufelsberg. Mit 75 Hm ist der Skihang der König der Berliner Anstiege. Über den Drachenfliegerberg geht es schließlich zurück zum Mommsenstadion.

BRANDENBURG

• Potsdamer Ravensberge • 16 km, 235 Hm • von Marcel Kosubeck Einen guten Kilometer vom Potsdamer Hauptbahnhof gelegen befinden sich die Potsdamer Ravensberge, ein Naturschutzgebiet, aber auch Trainingsgebiet des Babelsberger Trail Racing Teams. Die Strecke beginnt am Kletterpark, zieht sich entlang der Schießanlage und führt über die Bundesstraße Richtung Havel. Oberhalb der Havel verläuft ein Trail zu einem alten Kies-/Sandtagebau. Von dort aus geht es erneut über einen Trail zu den Mordsfeldschen Löchern und weiter zum Moosfenn (Hochmoor). Den Großen Ravensberg bezwingt man schließlich über einen Mountainbike-Trail. Ein Downhill führt zum Teufelssee. Von dort aus orientiert man sich zum Springbruch, einer Wiesenlandschaft, bevor man wieder in der Wald einbiegt und zum Ausgangspunkt zurückkehrt. In diesen Rundkurs lassen sich nach Belieben weitere Highlights der Ravensberge einbauen, sodass man in einem „innerstädtischen“ Bereich tolle Möglichkeiten hat, Natur hautnah zu erleben.

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BADEN-WÜRTTEMBERG

• Heidelberger Felsenmeertrail • 20 km, 900 Hm • von Marc Soh Wir starten am Parkplatz Molkekurweg 1. Von dort geht es recht schnell auf einen Singletrail, dem wir bis fast auf den Königsstuhl folgen. Jedoch lassen wir den Gipfel aus und genießen lieber die Trails des Felsenmeers abseits des Tourismus. Das Felsenmeer spuckt uns an der Straße aus. Von dort gelangen wir auf den Valerieweg. Auch dieser bietet wieder einen tollen Blick auf den Neckar und die Altebrücke. Im Tal angekommen queren wir den Neckar und steigen kurzerhand wieder auf die Trails ein. Den Russenstein passierend und über das Mausbachtal erklimmen wir den Stickelsplatz und den Zollstock und landen schließlich bei der Thingstätte. Von hier geht es bergab Richtung Heidelberger Altstadt. Ein letzter Anstieg (nochmals gut 100 Hm) führt über das Heidelberger Schloss zum Ausgangspunkt zurück. Genau, dem geneigten Leser ist aufgefallen: Da fehlen noch acht Bundesländer und acht Touren. Du kommst aus Niedersachsen, Bremen,

Thüringen,

Sachsen,

Sachsen-Anhalt,

Mecklenburg-Vorpommern,

Nordrhein-Westfalen oder dem Saarland und möchtest uns deine Lieblings-Trailrunde vorstellen? Dann schick bitte eine kurze Streckenbeschreibung, den GPX Track und ein Streckenbild an benni@trail-magazin. de. Deine Strecke kommt ins Heft und du bekommst ein paar THY-Socken und eine TRAIL_Radler-Cap.


FOTO MOMENT DER AUSGABE Text & Foto: BENNI BUBLAK

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Eine große Sache

INNSBRUCK ALPINE TRAILRUN FESTIVAL: AUS EINER IDEE MIT 30 TEILNEHMERN WIRD EIN MEGAEVENT UND EIN GRADMESSER FÜR DIE ENTWICKLUNG EINER SPORTART.

2015. Mit gut 30 Gleichgesinnten stand ich an der Startlinie des ersten Innsbruck Alpine Trailrun Festival. Ein wenig skeptisch war ich schon. Denn von Festival war auf der Tartanbahn des Stadions wenig zu spüren. Und ob der Lauf so richtig „alpine“ werden würde, bezweifelte ich auch. War es doch Ende April und meine Lieblingstrails alle noch mit Schnee bedeckt. Ein geführter Abenteuerlauf wurde schon seit vielen Jahren angeboten und bildete die Basis für die Strecke. Nach 20 km suchten wir zu dritt die erste Verpflegungsstation. Ein paar Leute verluden Tische und Kisten aus einem Transporter: „Seid ihr schon die Läufer vom Abenteuerlauf?“ Wir guckten uns an. So früh hatte hier wohl keiner mit uns gerechnet. Nach 60 km war ich im Ziel. Meine Ortskenntnis war dabei sehr hilfreich, war die Markierung doch eher dürftig. Viel los war nicht. Zwei Mitarbeiter und ein Fotograf empfingen mich. Da es schnell langweilig wurde, lief ich dem Zweitplatzierten, einem gewissen Florian Felch, entgegen, um ihm auf den letzten Kilometern den Weg zu weisen. Nicht ganz unbedeutend. Denn das Ende der Strecke überschnitt sich mit dem Anfang. Passte man nicht auf und folgte treu den Markierungen, wurde man das zweite Mal auf die 60 km lange Runde geschickt. So war es. Das erste IATF. Eine große Zukunft hätte ich diesem Event damals nicht zugesprochen. Weit gefehlt. 2019. Ich stehe wieder am Start. Aber diesmal mitten im Zentrum. Auf dem Rennweg. Vor ein paar Monaten ist Alejandro Valverde genau hier Straßenrad-Weltmeister geworden. Soviel zum Potenzial von Innsbruck als Sportdestination. 4 Uhr morgens. Wir stehen unter dem riesigen Zielbogen, rechts neben uns die große Halle, wo die Siegerehrung stattfinden wird. Rechts ein kleines Trailrunning-Dorf bestehend aus Foodtrucks und Ständen der Sponsoren und Ausrüster. Alles zentral vereint. Der Moderator zählt den Countdown bis zum Start herunter. Nach einer kurzen Runde durch die Innenstadt, vorbei am Goldenen Dachl, geht es in den Anstieg hinauf zur Nordkette. Das Wetter ist besser als erwartet. Genauso wie die Trails. Die Nordkette ist ein Eldorado für schmale, gut laufbare, jedoch auch steile Singletrails. Bei der 85er-Strecke wird jeder davon

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mitgenommen. Hinüber zur Rauschbrunnen Alm ist der Trail so schmal, dass gerade noch ein Fuß Platz hat. Klar insgesamt muss auf der Strecke zweimal das Inntal gequert werden. Da lassen sich einige Forstweg- und Asphaltpassagen nicht vermeiden. Aber insgesamt muss man hier ein großes Lob an die Streckenplaner aussprechen. Gefühlt jeder Trail um Innsbruck, der um diese Zeit schneefrei ist, wird mitgenommen. Okay, ein kurzer Abschnitt ist noch weiß. Die Mitnahme von Spikes, wie in der Pflichtausrüstung vorgeschrieben, rechtfertigt diese Passage aber keinesfalls. Gute acht Stunden später bin ich fast im Ziel. Und begeistert. Eine Strecke, die nicht ‚alpine‘ ist, aber alles rausholt, was in den Nordalpen Anfang Mai drin ist, liegt hinter mir und ein stimmungsvoller, mit Zuschauern gesäumter Zieleinlauf vor mir. Bis zum Abend treffen die Läufer der verschiedenen Distanzen im Ziel ein. Teilweise kann man live auf der großen Videoleinwand verfolgen, wie sie im letzten Downhill um die Platzierungen kämpfen. Stark. So vergeht die Zeit schnell bis zur Abschlussveranstaltung am Abend. Die Halle ist riesig. Alle haben Platz. Das Motto der nächsten drei Stunden hätte auch von Motörhead stammen können: „Everything Louder Than Everyone Else“. Den Lauf mit den vielen Gleichgesinnten beim Tiroler Knödeltris gemeinsam Revue passieren zu lassen, ist leider kaum möglich. Ein kleiner Wermutstropfen am Ende eines großartigen Tages. Fast 3000 Läufer waren auf den insgesamt fünf Distanzen zwischen 15 und 85 km unterwegs. Der Veranstalter, Alexander Pittl, spach gar vom „Wien Marathon für Trail-Läufer“. Weit hergeholt ist dieser Vergleich nicht. Denn am Ende ihrer Kapazitäten sind sie noch lange nicht. Dort in Innsbruck. Der Hauptstadt der Alpen, die so viel zu bieten hat. Im nächsten Jahr plant der Veranstalter eine 100-km-Distanz. Dies ist eine Voraussetzung, um in die Ultra Trail World Tour aufgenommen zu werden. Ein internationaler Ultratrail rund um Innsbruck. Vor vier Jahren hätte ich leise gelächelt. Jetzt sage ich: unbedingt. Diese Geschichte muss ja weitergehen. Gestern: Abenteuerlauf. Heute: Österreichs größtes Trailrun Event. Morgen: World Tour Event.


REPORT TRANSVULCANIA

Text: DENIS WISCHNIEWSKI Fotos: RAPHAEL WEBER

Text: CLEMENS NIEDENTHAL

Herzenssache

DIE TRANSVULCANIA AUF DER KANARENINSEL IST EIN ULTRATRAIL DER BESONDEREN ART. SEIT ZEHN JAHREN TREFFEN SICH HIER IMMER IM MAI ZUNEHMEND DIE WELTBESTEN DES SPORTS, UM BIS INS MARK ZU ERLEBEN, WIE NAH FREUD UND LEID BEIEINANDERLIEGEN KÖNNEN. UNSER AUTOR WAR ZUM DRITTEN MAL DABEI UND PFELGT EINE HEISSE BEZIEHUNG ZU DIESEM EVENT ...

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Die Geschichte mit der Transvulcania und mir ist eine längere. Sie ist nicht ganz unkompliziert. An einem Happy End arbeite ich übrigens noch.

INFO Transvulcania Seit 2009 heißt es auf der Kanareninsel La Palma „Trailrunners welcome“, und die Veranstalter laden mit diesem Spruch seit einem Jahrzehnt die ganze Welt zu sich ein, um in möglichst epischer Länge die ganze Insel zu zeigen, denn die Strecke führt über 74 km und 6.500 Hm fast diagonal über den Hauptkamm. Kurz charakterisiert lautet das so: Zu Beginn 2.100 Hm am Stück nach oben, dann 7 km flach, um sich zu wieder einzufangen, danach ein endloser Grat unter sengender Sonne und der vermutlich längste Downhill einer offiziellen Laufveranstaltung. In diesem Jahr stand auf allen Plakaten des Events „Pure Nature Runners“. Es ist alles gesagt. www.transvulcania.es (Vertikal Race, Halbmarathon, Marathon und Ultratrail)

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Es fing 2011 an. Ich wurde über eine wunderlich martialisch wirkende Anzeige auf den Lauf aufmerksam und fand mich wenige Wochen später mit einigen anderen Deutschen im Flugzeug nach La Palma wieder. Relativ unvorbereitet und irgendwie ohne jede Idee, was da auf mich zukommen könnte. Die Distanz, die Höhenmeter – alles kein Problem. Das kannte ich schon und das kannten auch meine Beine. Nun ja. Am Leuchtturm bei Fuencaliente standen damals 380 Leute. Ich darunter, mit einer herrlich ahnungslosen, naiven Einstellung ausgestattet die es mir erlaubte, den kommenden Stunden faszinierend gleichgültig und unaufgeregt entgegenzublicken. Ich rannte einfach den anderen hinterher. Irgendwann wunderte ich mich, wie lang 2.100 Hm bergauf sein können, und weitere 6 Stunden später erfuhr ich wie es ist, wenn man 2.400 Hm am Stück bergabrennt, wie es ist, wenn die Sonne so heiß und so trocken brennt, dass es sich anfühlt, als ob ein riesiger Föhn auf höchster Stufe auf einen einbläst. Dieses Wunder des „Erstmals“ brachte mich in 11:42 Stunden ins Ziel nach Los Llanos de Aridane. Ein großartiger Zieleinlauf. Einige andere Deutsche feierten an diesem Tag nicht nur ihre Finishs, sondern vordere Plätze, und der Lauf sollte in den folgenden Jahren zu einem der wichtigsten Wettkämpfe für Trailrunner*innen weltweit werden. Ähnlich wie beim UTMB® ist eben jener Vulkaninsellauf heute so etwas wie eine inoffizielle Weltmeisterschaft. 60 Nationen sind am Start und die Besten der Besten lassen sich hier blicken. Der Sieger im Jahr 2011 hieß Miguel Heras und er brauchte 7 Stunden 32 Minuten für den Lauf über den Grat. Die Siegerin damals war Mónica Aguilera, und sie war 10 Stunden 03 Minuten unterwegs. Mit dieser Zeit wäre sie heute auf Rang 14. Luis Alberto Hernando, Dakota Jones und Kilian Jornet schafften allesamt die Strecke in unter 7 Stunden.


REPORT TRANSVULCANIA Die Transvulcania hat über die Jahre ihre Stars gesehen und sie auch hervorgebracht. Die US-Jungs. Sage Canaday, Blake Hose, Timothy Olson oder Cameron Clayton. Die Deutschen Flo Reichert, Stephan Hugenschmidt oder Philipp Reiter. Bei den Damen die charismatische Anna Frost, Emelie Forsberg oder die Streckenrekordhalterin Ida Nilsson. Die Veranstalter pflegen ihre Eliteläufer. Sie bekommen Einladungen, gute Hotels und dürfen sich in der Intimität der kleinen Insel als echte VIPs fühlen. Es vergingen vier Jahre, bis ich wieder auf der Kanareninsel landete. 2015. Aus den 380 Teilnehmern wurden 1.400, und ich sah mich in einem völlig anderen Rennen wieder. Die selben Strecken, die selbe Insel, die gleiche Hitze, aber ein anderes Klima. Mehr Trubel, mehr von allem. Der zweifellos atemberaubend schöne Start am Leuchtturm direkt am Ozean verlor sein Meeresrauschen unter den wummernden Bässen der Startmusik und des Sprechers. 13 Tage vor dem Start war ich bereits hier. Saß mit Dakota Jones in der Beachbar und sah, wie die Insel von Tag zu Tag mehr zur Transvulcania wurde, wie sie sich verwandelte und verzauberte, wie Einheimische, nur weil ich mich als Teilnehmer outete, zu einem Bier oder Kaffee einluden. All das passiert auf einer Insel. Ich fühlte mich perfekt vorbereitet. Kannte jeden Meter der 73,3 km. War das, was man wohl „akklimatisiert“ nennt, und scheiterte fast tragisch an meiner Aufgabe, die nach meinen Vorstellungen nur 10 Stunden hätte dauern sollen. Am ersten Anstieg war ich in den Büschen, erholte mich fast heroisch von Magenkrämpfen, um letztlich bei Kilometer 66 mit einem amtlichen Hitzschlag aus dem Rennen zu scheiden. Nun gut. Ein Finish. Ein DNF. Die Party im Ziel, ein wahres Volksfest im Zentrum der kleinen Stadt Los Llanos fand ohne mich statt. Ich lag in der Ferienwohnung eingewickelt in nasse Tücher, umsorgt von einer liebenden Frau. Das Jahr 2019. Die Tage in Demut. Himmelherrgott. Was hab ich mir in

U M 3 U H R 1 5 K L I N G E LT M E I N W E C K E R . E S I S T E I N S C H R E C K L I C H E R TO N . E I N TO N , U M D E N I C H M I C H V E R M U T L I C H N I E S O K Ü M M E RT E W I E U M D E N K L I N G E LTO N .

diesem Frühjahr diese langen Trainingsläufe aus den Rippen geschnitzt. Nur und vor allem für diese Transvulcania. Das dritte Mal. Ich muss ja verrückt sein, nach dem letzten Mal. Diesmal ein anderer Plan. Wie beim ersten Mal sehr kurzfristig hinfliegen. Ankommen. Auspacken. Anziehen und losrennen. So ähnlich. Keine Wunschzeit im Kopf haben. Langsam loslaufen und diese ersten 2.100 Hm, die sich auf nur 24 km verteilen, möglichst mit wenig Schaden überstehen. Danach – ankommen.

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Das Hotel. Viel zu gucken. Für all die Gäste, die in diesem Hotel zu eben jener Zeit ihren Urlaub verbringen und mit der Transvulcania nichts zu tun haben, muss es schon seltsam verstörend wirken, dass da Leute in seltsamer Sportbekleidung, muskulös und teils dünn-austrainiert in so konzentrierter Ansammlung mit der selbst mitgebrachten Müslimischung im Restaurantsaal sitzen. Für mich ist es weniger seltsam und weit mehr spannend, denn ich erkenne unter ihnen echte Stars, die ich


Marathon, will sich das Spektakel aber nicht entgehen lassen. Dieses Presseund Athletenhotel ist im Prinzip für einen interessierten Beobachter schon Grund genug, hier zu sein. Ich fühle mich eigentlich gut. Gute Beine. Lust. Viel Lust. Bock zu laufen. Das soll bei Ultras ja unheimlich hilfreich sein. Mein Kollege Gerald und ich unternehmen zwei Tage vor dem Start noch eine schöne Wanderung im Osten der Insel. Dort wo es so grün ist, dass man glaubt, man wäre auf Madeira. 700 Hm wandern wir einen Wasserweg nach oben, um nach 10 km am Auto anzukommen. Meine Nase kitzelt. Ich niese. Sie läuft und ich vermute eine Allergie, die in der Nacht zu einem Schnupfen wird. Der wird Stunden später zur Erkältung. Einen Tag vor dem Rennen liege ich matt im Hotelbett. Ich richte meine Ausrüstung für den kommenden Morgen und bin dabei unentwegt am überlegen, ob ich in diesem Zustand laufen soll. Ich habe kein Fieber und will es versuchen.

Zum Halbmarathon (Platz 6) verdammt: Seriensieger Luis Alberto durfte den Ultra nicht laufen –eine Regel des spanischen Verbandes im Hinblick auf die bevorstehenden Weltmeisterschaften im Ultratrail.

zum Teil bewundere. Ludovic Pommeret schleicht hier drei Tage vor dem Rennen in aller Ruhe vom Kaffeevollautomat zu seinem Tisch. Er ist eine lebende Legende des Sports. Er ist ein UTMB®-Sieger. So einer läuft nicht alle Tage in Badeschlappen und mit Haferbrei an einem vorbei. Ach ja, den kenne ich auch. Zumindest aus YouTube-Clips und Salomon-Werbungen. Max King. Wird auch nicht jünger. Lange im Geschäft, aber noch immer gut für ganz gute Platzierungen und Siege. Megan Kimmel. Die fällt so-

fort auf. Die Beine. Irre. Ausdefiniert. Sie kommt direkt aus China, vom Yading Skyrun, hierher zur Transvulcania. Sie sagt, sie hätte die Höhenmeter zwar drauf, aber die Distanz ... So früh im Jahr. Und sonst? Diego Pazos ist hier, stilsicher mit seiner Fliege, seinem ureigenen Markenzeichen. Ich erkenne Yngvild Kaspersen, die Zegama-Siegerin, und nicht zuletzt das doch auffällige russische Ehepaar Ekaterina und Dmitry Mityaev. Und da, der mit dem ikonischen Vollbart. Rob Krar. Der startet nach einer Knie-OP „nur“ beim

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Renntag. Race day. Um 3 Uhr 15 klingelt mein Wecker. Es ist ein schrecklicher Ton. Ein Ton, um den ich mich vermutlich nie so kümmerte wie um den Klingelton. Ich bin wach und fühle mich elend. Da ich der Meinung bin, dass ich auch ohne Erkältung um 3 Uhr 15 in einem elenden Zustand wäre, quäle ich mich in die Laufklamotten und richte alles zusammen. Eine Kampfausrüstung für 73,3 km komprimiert für einen 5-LiterS-Lab-Rucksack. Zwei Gels, zwei Riegel, Traubenzucker, Salztabletten und eine minimale Pflichtausrüstung. Alles weitere müssen die Verpflegungsstellen richten. Es wird surreal. Der Shuttlebus entlässt uns nur wenige Meter vom Leuchtturm entfernt. Die Türen öffnen sich und ich bin meinem Schicksal überlassen. Der Bus schließt die Türen und just in diesem Moment weiß ich ganz genau, dass ich heute hier am falschen Ort bin. Ich kann all das, was hier gerade passiert, nämlich nicht genießen und ich merke, dass ich heute


REPORT TRANSVULCANIA auch kein Teil dieser Gesellschaft bin und es doch so gerne wäre. Es sind noch 23 Minuten bis zum Start. Ich stehe dichtgedrängt relativ weit vorne und beobachte, wie die Eliteläufer*innen mit viel Coolness und Routine in den kleinen, etwas vorgestellten Startblock schreiten. Luis Alberto Hernando taucht dort auf. In ziviler Klamotte. Er will als Rekordsieger hier nur mal angemessen Hallo sagen, um später selbst beim Halbmarathon zu starten. Der Mann kommt ins Alter und hat in diesem Sommer noch was vor. Ich erkenne eine Ikone des Geländelaufsports, die noch einmal richtig aufdreht und diese internationalen Ultratrails für sich entdeckt hat – Jasmin Nunige versucht sich am Rennen. Vielleicht der härteste Kurs ihrer langen Karriere. Kristin Berglund und Flo Reichert dürfen ganz vorne stehen, und auch der junge Petter Engdahl checkt ein wie ein alter Profi. Ebenfalls dabei: Der vielfache Berglaufweltmeister Marco de Gasperi will es auch noch mal wissen. Er hatte im Vorjahr hier einen starken Eindruck hinterlassen und scheint lange Distanzen mehr und mehr zu mögen. Es ist die perfekt inszeniert Startszene. So wie die ganze Veranstaltung. Es ist eine perfekte Show. Zwei Sprecher heizen ein, Musik dröhnt aus den Boxen und fast 2.000 Leute warten unter Anspannung auf den Startschuss. Mit dem Kommando des Sprechers schalten alle ihre Stirnlampen an und zählen von 10 runter. Der Tross setzt sich in Bewegung und ich mit ihm. Dabei vergesse ich für einen Moment meinen Schädel, der pocht und die Nase, die dicht ist. Vor mir rund 300 Leute, die sich nach oben in den Berg winden und als kleine Lichter in der noch dunklen Nacht zu sehen sind. Unter mir mehr als 1.000 Lichter und in der Morgendämmerung der Atlantik. Es gibt wohl keinen Laufwettbewerb auf der Welt, der sich ein solch irres Bild zeichnet. Bei Kilometer 7 durchlaufen wir den Ort Los Canarios, und das ganze Dorf ist auf den Beinen. Kinder klatschen die Läufer*innen ab und wir werden bejubelt wie die Astronauten nach der ersten Mondlandung. Ich fülle die

ICH HABE KRAFT U N D E N E RGI E, DI E MICH VIELLEICHT M IT VI E L GLÜCK B IS Z U R KO M M E N D E N VERPFLEGUNG BRINGEN, ABER NIE UND NIMMER BIS INS ZIEL.

Flaschen auf und renne weiter. Bei Kilometer 12 wird mir klar, dass ich auf einem Weg bin, der für mich in ein absolutes Nichts führt. Ich habe Kraft und Energie, die mich vielleicht mit viel Glück bis zur kommenden Verpflegung bringen, aber nie und nimmer bis ins Ziel. Wie ferngesteuert drehe ich um und wandere emotionslos in die Richtung, aus der ich kam. Ich pinne mir die Nummer vom Trikot ab und tu mir das an, was mir das Herz bricht – mehr als 1.000 Leute kommen mir nun in den folgenden 30 Minuten entgegen. Einige bemerken mich nicht, andere fragen, ob alles okay sei, andere blicken mich mit einem absolut echten Ausdruck voller Mitgefühl an. Es sind wohl die miesesten 30 Minuten, seit ich dieses Trailrunning als mein Hobby verstehe. In genau dem Moment, in dem ich, unten im Dorf wieder angekommen, in ein Taxi steige, um mich ins Hotel fahren zu lassen, erreichen die besten Läufer bereits die große Station in El Pilar. Dort starten die Marathonläufer und dort kommen später auch die Halbmarathonis ins Ziel, deren Spitze mir bei meiner Wanderung auch entgegenkommt. Das ist beeindruckend, denn da toben richtig junge Läufer vor Altstars wie Luis Alberto herum, und Ludovic Pommeret zeigt als ausgesprochener Ultraläufer, dass er mit

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Mitte vierzig bei so einem Sprint noch gut für die Top 5 ist. Yngvild Kaspersen aus Norwegen taucht unter den ersten 10 auf und wird später diese 24-km-Strecke fast lässig mit neuem Streckenrekord gewinnen. Um 9 Uhr liege ich im Hotelbett. Dort, wo ich um 3 Uhr 15 hätte liegen bleiben sollen, denn die 12 km bergauf haben mir mehr zugesetzt als gedacht. Ich habe Fieber und kann meiner journalistischen Pflicht nur noch über den sagenhaft guten iRunFar-Twitter nachkommen. Es ist zum Heulen. Als Läufer sollte ich doch hier laufen. Als Journalist zumindest an der Strecke herumwuseln und wichtig sein - und nun lieg ich mit dem Airbook auf der Brust im Bett. Das hätte ich auch von München-Solln aus erledigen können. Mein fragiler Zustand hat natürlich auch was Positives: Meine Bewunderung für all die, die da nun über den heißen Vulkangrat rennen, steigt ins Unermessliche. Mein Interesse richtet sich auf die deutschen Teilnehmer. Lukas Nägele sorgt auch bei den Kollegen zunächst für Staunen. Er ist trotz seiner Erfolge im Berglauf ein noch eher unbekannter Typ im internationalen Ultratrail-Business und jetzt, da er auf Position 4 liegt, bin auch ich völlig aus dem Häuschen. Mein Fieber steigt. Drei deutsche Männer unter den Top 10. Alle drei in der Mitte des Rennens angekommen. Neben Nägele bestätigen Flo Reichert und Hannes Namberger ihre Rollen, hier weit vorne landen zu können. Bei den Damen greift Eva Sperger mit zunehmender Länge unter die Top 10, die in Österreich lebende Schwedin Kirstin Berglund läuft konstant auf Platz 5. Ganz vorne. Die Transvulcania ist wohl ein Rennen, das man in genau


drei Events teilen darf. Da sind eben jene, die hier mitmachen um das Ding zu finishen, um die Medaille abzuholen und einen Zieleinlauf zu erleben, den es nur hier gibt. Keine dieser anonymen Ankünfte unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sondern ein Applaus und Jubel von Massen, für jeden einzelnen, der hier ankommt. Auch noch spät in der Nacht. Und dann die Ambitionierten. Die nach bestimmten Zeiten schielen. Schon einmal hier waren und sich verbessern möchten. Letztlich noch die Elite, die eingeladen wird, die von Sponsoren ausgerüstet für Teams laufen und Werbeträger sind. Lukas Nägele verläuft sich. Er fällt etwas zurück. Liegt nun auf Platz 11. Flo Reichert rennt nun konstant auf Rang 9 dem Ziel entgegen, und Hannes Namberger, am Ende von Krämpfen geplagt, wird seine zweite Top10-Platzierung in Folge feiern dürfen. Das Eliterennen der Herren. Da ist also der Franzose Thibaut Gar-

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REPORT TRANSVULCANIA rivier, der nach einem dritten Platz im Vorjahr hier antritt, um nur eines zu tun - es besser zu machen. Aus Fehlern lernen und siegen. Ein bisschen mit Ansage und Taktik, denn Garrivier rennt dem Russen Dmitry Mityaev, der seit November kontinuierlich auf dieses Rennen trainiert, im letzten Rennviertel in den Rücken. Ärgert ihn, um schließlich mit einem soliden Vorsprung in den letzten schwierigen Schlussanstieg zu gehen. Seine Siegerzeit mit 7 Stunden uns 11 Minuten ist beachtlich. Der Russe wird seinen Sieg um ein weiteres Jahr verschieben müssen und landet mit 3 Minuten Rückstand auf Platz 2. Das mutigste, herzlichste Rennen lief aber ohne Zweifel der junge Schwede Petter Engdahl, der vom Start weg zusammen mit Routinier Marco de Gasperi ganz vorne lief. Den Refugio El Pilar bei Kilometer 24 erreichten beide gemeinsam, gefolgt von starken Männern wie Mud Racer Jonathan Albon oder Max King und natürlich dem späteren Gewinner Thibaut Garrivier. Am Torre del Time, einem späteren wichtigen Streckenpunkt, kam es zum Aufschluss, und Mityaev und Garrivier überholten Engdahl, der große Moral bewies und unbeirrt weiterlief. Im Ziel lag schließlich Frankreich vor Russland und Schweden und alle hatten die Gewissheit, dass genau diese Jungs auch in den kommenden Jahren hier noch viele Aktien im Spiel um den Sieg haben werden. Selbst wenn ein Kilian Jornet hier noch einmal nach dem Sieg greifen will, wird er an jungen Läufern wie eben Engdahl vorbei müssen.

stark ist der Lauf von Kristin Berglund, die inmitten des internationalen Frauenfelds auf Platz 5 landet. Eva Sperger läuft an diesem Tag ein nahezu perfektes Rennen, kommt mit der Hitze klar und wird für ihre konsequente Vorbereitung belohnt – im Ziel in Los Llanos auf Platz 9 nach fast

74 km. Der UTMB Ende August kann kommen und man darf sehr gespannt sein, was Eva Sperger auf einer weit längeren Strecke in der Lage ist zu laufen. Lukas Nägele gehören alle Sympathien. Der 30-Jährige aus Freiburg lässt sich trotz der zwischenzeitlichen Verirrung

T H I B AU T GA R R I V I E R I S T D E R S I E G E R D E R T R A N S V U LC A N I A 2 01 9. N AC H P L AT Z 3 I M VO R JA H R W U S S T E E R G E N AU, W I E D E R H A S E L ÄU F T U N D L I E F E I N S E H R K A L K U L I E RT E S R E N N E N Ü B E R 74 K M .

Ragna tanzt über die Insel. An der Weltmeisterin kommt keine andere vorbei. Sie startet das Rennen zwar zunächst verhalten und kontrolliert, baut mit der Länge der Distanz ihren Vorsprung schließlich aus und siegt in sehr guten 8 Stunden und 9 Minuten. Ida Nilssons Rekord ist lediglich 4 Minuten schneller. Ragna Debats gewinnt also ein weiteres wichtiges Rennen ihrer beeindruckenden Karriere und lässt dabei starke Konkurrenz wie Anna Lise Rousset und die US-Amerikanerin Megan Kimmel auf Platz 2 und 3 hinter sich. Ganz

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nicht drausbringen, sieht das Ziel auf Rang 15 und rundet damit ein beeindruckendes Resultat deutscher Starter ab. Ich ... ich muss wieder mit dieser Transvulcania leben. Wir haben jetzt wohl so etwas wie eine echte Beziehung. Einmal angekommen. Zweimal nicht.

Die Berichterstattung vom Bett aus hat zwar irgendwie am Ende „funktioniert“, aber gut anfühlen tut sich das nicht. Vielleicht starte ich hier ja mal wieder, wenn 380 Leute am Start stehen – das wird jedoch nie mehr passieren. Da sind ich und andere echte Experten uns relativ sicher.

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REKORDLAUF MICHAEL WARDIAN Text & Fotos: IAN CORLESS Gelobtes Land: Egal welcher der Weltreligionen (oder gar keiner) man angehört, der Israel National Trail bleibt unbedingt beeindruckend.

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Michael Wardian ist einer der Großen und der Robustesten dieses Sports. Das hat er bei seinem jüngsten FKT-Projekt einmal mehr bewiesen: In 10 Tagen, 16 Stunden und 36 Minuten hat er die gut 1.000 km des Israel National Trail bewältigt. Und sich dabei auch am Rande der Erschöpfung seine ansteckende gute Laune bewahrt.

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TRAIL WEEKENDMICHAEL REKORDLAUF UCKERMARK WARDIAN Text & Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL

Bihari von Canaan Running Adventures für die umgekehrte Richtung. Apropos technisches Terrain: Bereits der erste Tag hatte viel davon. Zum fortwährenden Klettern kam mit den Mittagsstunden eine sengende Hitze. Immerhin: Mike Wardian ist Routinier, er weiß, dass bei einem Ultra am Ende abgerechnet wird. Und dennoch: Viele dieser Verlaufer sollte er sich nicht mehr gönnen. Mike verpasste am Ende eines langen Tages den Abzweig zum Biwak. Nach einigen weiteren Kilometern und einigen WhatsApp-Chats legte er sich kurzerhand an Ort und Stelle schlafen.

Tag 1: Endlich los Ein ganzes Jahr der Vorbereitung lag hinter Michael, als sich der US-amerikanische Ultraläufer am 12. März dieses Jahres, Ortszeit 5 Uhr 46, endlich auf den Weg machen sollte. Von Eilat Richtung Norden und dann 631 Meilen weit, gut 1.000 km. So lang ist der Israel National Trail (INT). Nun, Michael Wardian ist ein verdammt guter, fast schon legendärer Läufer. Vor Kurzem erst hatte er die

World Marathon Majors mit sieben Läufen auf sieben Kontinenten gewonnen. Und flugs noch drei zusätzliche Marathons hinzugefügt, sodass er einen Weltrekord für die schnellste Durchschnittszeit von zehn Marathonrennen in zehn Tagen aufstellen konnte. Nun also der Israel National Trail. Und wieder sollte es ein Rekord werden, eine Fastest Known Time. Und dafür hat Michael Wardian den INT erst einmal auf den Kopf gestellt. Normalerweise wird dieser Trail nämlich von Norden nach Süden begangen. Allerdings sind die südlichen Passagen der meisten Etappen, gerade wenn sie im Dunklen begangen werden, technischer. Und so entscheiden sich Mike Wardian und sein lokaler Partner Zoli

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Tag 2: Kriegsgebiete Der nächste Tag aber sollte mit dem nächsten Problem aufwarten: in Form eines Militärgeländes, das diese Tagesetappe nach einer guten Stunde durchqueren muss. Nun, diese Passage sei von 7 Uhr 30 bis 9 Uhr gesperrt. Keine Chance für einen frühen Start, um die am Vortag verlorene Zeit wieder aufzuholen. So ging es erst um 7 Uhr 20 los. Das Tempo war höher als am Tag zuvor, vor allem aber war es die Konstanz wie ein fein abgestimmtes Metronom. Gut, im Gegensatz zum Vortag rollten die ersten 42 km relativ flach dahin. An jedem Checkpoint entspannte sich Mike Wardian für fünf oder zehn Minuten, trank Kokosnusswasser, aß Avocado, hart gekochtes Eiweiß, einige Pringles, ein wenig Brot, Hummus, Gemüse. Dann füllte er mit routinierten Gesten seine Flaschen.


Vardit und Barak Canyon, das sind Naturwunder, die wirklich spektakulär sind, nein, umwerfend. Hier wurde Mike von dem lokal kundigen Uri Lenz als Pacemaker begleitet. Unter anderem, da es auf diesem Wegstück viele Wasserbecken gibt, die durchschwommen werden müssen, dazu Leitern, Klettersteige und anderes technisches Gelände.

beeindruckende Erfahrung war. Und wir hatten ein richtiges Bett gehabt. Und eine richtige Dusche. Purer Luxus in dieser staubigen Welt. Die Highlights der heutigen Etappe, die Berge Hod ’Aqev und Karbolet,

Tag 3: Angekommen Es folgte eine schlaflose Nacht. Mike wachte oft auf, musste die Beine strecken. Um 6 Uhr 20 stand er so auch schon loslaufbreit in unserem Biwak-Lager. Trotzdem, er fühle sich großartig. Als Mike gerade zu einer längen Kletterpassage kam löste sich der Nebel, und die Sonne brach durch die Wolkendecke. Es folgten ein atemberaubender Aufstieg, exponierte Bergkämme und ein wunderbarer Abstieg zu einem Flussbett. Der Mount Saharonim war dann wieder in Wolken gehüllt, aber nicht weniger eindrucksvoll. Die Kleinstadt Mitspe Ramon bietet trotz ihrer Lage mitten in der Wüste Negev eine passable Infrastruktur, ein guter Ort, um diese Etappe zu beschließen. Wir alle sind in diesem Projekt angekommen.

mussten hart erarbeitet werden. Der erste mit einem steilen Anstieg und einem wirklich wilden, singletrailigen Downhill, der zweite mit ausgedehnten Kletterpassagen. Ultratrail in Israel ist, wenn der Weg hin und wieder auch über Leitern führt. Überhaupt war der Karbolet der härteste und schwierigste Abschnitt des gesamten Israel National Trail, ein langer technischer Aufstieg mit Sprossen, Exposition und immer neuen technischen Herausforderungen. Sobald der Gipfel erreicht war, führte der Weg auf und ab, meistens auf geneigten Steinplatten. Gleich daneben ging es senkrecht ins Tal. Derart konzentriert unterwegs, überraschte uns das nächste Naturschauspiel mit einem wohligen Schauer: Wir liefen direkt in den Sonnenuntergang.

Tag 5: Wüstenromantik Michael Wardian gewann zwischen 2006 und 2012 mehrfach die US-amerikanischen Meisterschaften über 50 und 100 Meilen, zudem wurde er sechsmal Sieger des National Marathon in Washington D.C. Inzwischen konzentriert sich der 45-jährige Hoka-Athlet vor allem auf eigene Projekte. Dass er sowohl den Weltrekord für den schnellsten mit einem Baby-Jogger gelaufenen Marathon gehalten hat und den für den schnellsten auf einer 200-m-Bahn gelaufenen Marathon noch immer hält, taugt immerhin zum coolen Partywissen. www.mikewardian.com

Tag 4: Der Sonne entgegen Am Abend war es spät geworden. Das zehrte nun an den Nerven, nur nicht an denen von Mike. Dafür aber hatten wir ein Abendessen mit einer Beduinenfamilie erlebt, was eine wirklich

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REKORDLAUF MICHAEL WARDIAN

Fast 4.000 Leserinnen und Leser haben sich im Schnitt 29 Minuten Zeit genommen, um unsere Fragen zu beantworten. Nicht alles war dabei ernst gemeint, und doch sind unsere Erkenntnisse mehr als wertvoll. Danke! Ein paar Geländewagen, kleine Zelte, ein loderndes Feuer, darauf ein BBQ an diesem Abend hatten wir es sogar zu einer gewissen Lagerfeuerromantik gebracht. Die Sterne leuchteten auf unser Bier, ein gutes Instagram-Motiv. Unsere Anspannung war gewichen. Bis zum nächsten Morgen. Plötzlich war es bewölkt, kalt, windig, der Wetterbericht sagte sogar Überschwemmungen voraus. Mike hingegen war bereits kurz nach 6 Uhr wieder in der Spur. Doch der ständige Wind und heftige Regenschauer bescherten ihm einen harten Tag. Aber da hatten wir die Rechnung ohne die lokale Lauf-Community gemacht, immer neue Läufer*innen waren an die Strecke gekommen, um Mike anzufeuern und sogar ein Stück mit ihm zu laufen. Wie die Stunden im Laufe des Tages vergingen, so vergingen auch die Meilen. Und Mike fiel wieder in seinen uhrwerkgleichen Trott. Selbst an den Verpflegungspunkten sollte er jetzt nicht mehr stehen bleiben. Bloß nicht

ISRAEL NATIONAL TRAIL Der etwas mehr als 1.000 km lange Weitwanderweg durchquert das Land der Länge nach und berührt dabei alle israelischen Kultur- und Naturräume. Er streift die Stadtgebiete von Tel Aviv und Jerusalem, er überquert das Karmel-Gebirge und durchquert die Wüste Negev und flankiert zwischen Tel Aviv und Haifa die Mittelmeerküste. Neben einigen extrem technischen Passagen können eine extreme Hitze und vor allem extreme Wetterunterschiede zur größten Herausforderung werden. www.israel-trail.com

dem Körper suggerieren, dass er sich ausruhen kann. Tag 6: Bis auf die Knochen Über Nacht sollten der Regen, der Nebel und die Kälte doch verschwunden sein. Wir hofften vergebens. Nur Mike lächelte trotzdem. Er habe gut geschlafen, fühle sich frisch und bereit für die nächste Etappe. Um 6 Uhr 30 zog er mit zwei Pacemakern los, sie waren schon nach kaum hundert Metern im dichten Nebel verschwunden. 30 km

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lang sollte dieses Wetter ihr Begleiter bleiben. Allerdings wurde der Regen der vergangenen Tage langsam zu einem wirklichen Problem. Stehendes Wasser führte immer wieder zu improvisierten „Flussquerungen“. Die Pausen wurden ausgedehnt, nasse Socken gewechselt, dann noch ein Teller Nudeln und noch ein paar Löffel Suppe. Es zehrte an den Nerven und an der Kraft. Gegen 22 Uhr waren 110 km in rund 15,5 Stunden absolviert. Und eine Rechenübung begann: weiterlaufen, um in den nächsten Tag des Projekts mit einer überschaubaren Kilometerzahl zu starten? Oder dem Körper endlich die Ruhe geben, die er so offensichtlich braucht? 12 km wurden noch einmal drangehängt. Tag 7: Den Bogen überspannt Hatten diese 12 km den Bogen überspannt? Der Trail zugewuchert und in der Dunkelheit kaum zu finden, kamen Mike und seine Begleiter erst weit nach Mitternacht am Biwak an.

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REKORDLAUF MICHAEL WARDIAN Und es wurde für alle Beteiligten eine unruhige, skeptische Nacht. Vorsorglich wurde der Start um zwei Stunden nach hinten verlegt. Gut, eine FKT anzustreben bleibt immer ein Balanceakt, aber im Nachhinein waren diese zusätzlichen 12 km ein Fehler. Lektion gelernt! Es wurde dennoch ein bemerkenswerter Tag. Durch die Berge Jerusalems berührten Mike und seine Begleiter sanft die Ränder der Stadt. Nach 73 km wurde es dunkel, und zum ersten Mal an diesem Tag war Mike allein auf dem Trail. Tag 8: Stadt, Land, Wüste Die Wüste bekam auf dieser Etappe eine neue Qualität, zumal Tel Aviv, diese wirkliche Weltstadt Israels, ihre Arterien bis weit in die Wüste schickt. Stadt und Land, hier vermischen sie sich. Das ist überhaupt das Wunderbare am Israel National Trail: die Vielfalt der Natur- und Kulturräume. In Poleg Beach, am mediterranen Badestrand ausgerechnet, kam es dann fast zur Katastrophe. Mike war unterkühlt, als der Wind vom Meer hereinwehte. In Decken eingewickelt saß er bibbernd im Sand. Und entschied sich schließlich, in einem langsamen Tempo weiterzumachen. Wie Lazarus stieg er erneut auf, um wieder zu joggen und dann zu rennen. Tag 9: Gruppenerfahrungen Einen Tag vor 22 Uhr zu beenden - mit einer warmen Dusche, einem guten Abendessen und einem richtigen Bett - kann Wunder bewirken. Mike war wieder bereit für dieses Projekt. Noch viel wichtiger aber: Die komplette Laufszene Israels schien es plötzlich zu sein. Immer wieder kamen neue Läufer*innen an die Strecke und folgten Mike für einige Kilometer. Es herrschte ein Summen, eine Aufregung. Auf die eine oder andere Weise wollten diese Menschen Teil dieser Geschichte sein. In einigen Jahren, wenn Geschichten über den verrückten Amerikaner erzählt werden, der in zehn Tagen von Süden nach Norden lief, werden sie sagen können: „Ich war dabei!“ Tag 10: Emotionen

An diesem Morgen war etwas anders als an den vergangenen Tagen. Mike konnte den Spirit, der ihn zuletzt so verlässlich getragen hatte, nicht finden. Er sah nicht nur müde aus, er war es auch sehr. Der Israel National Trail hingegen zeigte mal wieder ein neues Gesicht, es ging durch verstopfte Straßen, Feierabendverkehr. Nazareth und Galiläa lagen auf dem Weg. „Mann, dieser Sport ist so lustig. In einer Minute fühlst du dich 50-mal ins Herz gestochen und in der nächsten wieder großartig. Ich liebe die Tiefen, die dieser Trail bereithält“, rekapitulierte Mike einen, nun ja, miesen Tag. Leiden auf hohem Niveau. Tag 11: Erlösung Als wir um 4 Uhr morgens aufwachten, hatte Mike dieses Feuer in den Augen. Uns war in diesem Moment klar: Er fühlte sich gut. Und hatte er vor einigen Tagen noch Teilstücke der Strecke ganz alleine bewältigt, waren jetzt immer fünf oder sechs lokale Läufer um ihn herum. Mike wurde von der Energie der Gruppe angezogen und drängte sie beinahe, schneller zu werden. Auf allen steileren Abschnitten ging er spazieren und benutzte seine Stöcke, um eine gute Geschwindigkeit aufrechtzuerhalten. Dabei hätte er sich jetzt endlich Ruhepausen gönnen können ... eigentlich. Es ist schwierig, eine zehntägige Reise von 631 Meilen in Worte zu fassen. Michael Wardian ist der neue Rekordhalter der FKT auf dem Israel National Trail - 10 Tage, 16 Stunden und 36 Minuten.

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TEST

PRODUKTE QUERBEET FÜR ALLES, WAS MAN AUF TRAILS BRAUCHT. WIR HABEN EINE AUSWAHL DAVON GETESTET UND VIELE STUNDEN IN ENDLOSEN LÄUFEN GEPRÜFT.

Salomon Ride 2 Der erste Ride von Salomon war mir eine sehr große Freude. Der hat einfach gepasst. Überall, sofort und auf jeder Länge. Also lief ich aus der Schachtel heraus und mit nur einem Paar einen ganzen Transalpine in ihm und war begeistert vom Komfort, der sehr homogenen und üppigen Dämpfung und dem souveränen Grip der Contagrip-Sohle. Einer der besten Allrounder im Feld der Trailschuhe! Nun also der Nachfolger, der zwar hier und da etwas verändert wurde, aber den Werten des Vorgängers treu bleibt. Das Außenmaterial ist offener und atmet besser und auch allgemein führt man sich weicher aufgehoben. Die Sohle flext im Voraus und weist dahinter eine hohe Steifigkeit auf, die gut vor harten Steinen und Wurzeln schützt. Das macht ihn zum alpinen Schuh. Die Quick-Lace-Schnürung bringt den Ride 2 konsequent an den Fuß und macht ihn so stabil wie seine Markenbrüder Speedcross, S-Lab Ultra oder Sense. Die 8-mm-Sprengung ist für rollendes Gelände genau das richtige Niveau. Damit ist er auch für lange Ultratrails eine klare Empfehlung. Preis: 129 Euro Gewicht: 191 Gramm (Größe 42,5) www.salomon.com

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Das Holzfällerhemd So machen das WILJD: Pro Bestellung pflanzen sie einen Baum, sie produzieren mit umweltfreundlichen Materialien und fair und fertigen in der EU. Wir haben ihr Sportshirt getestet und waren vom „Holzshirt“ begeistert. Der Tragekomfort ist toll, denn das Oberteil aus 62% Holzfasern ist weich und sehr atmungsaktiv. Auch mehrere Waschngänge haben ihm nichts angetan – es blieb in Form und Farbe wie im Neuzustand. Einzig das Gewicht hält mit den superleichten Kunstfasershirts nicht ganz mit. Ansonsten: Wir laufen in Zukunft gern öfter in „Holz“. Gewicht: 89 Gramm (Größen S-XXL) Preis: 142,42 Euro www.wiljd.com

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TEST

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Salomon Agile 250 Belt Set

Salomon 5 Sense Ultra In diesem Heft findet ihr im großen Laufrucksacktest die 8-Liter-Version dieses Models. Wieso hat es nun dieser Rucksack mit 5-Liter-Volumen nicht nach vorne in diesen Test geschafft? Vielleicht, weil er uns so gut gefällt, dass er hier etwas mehr Raum bekomme muss. Getestet haben wir ihn nämlich durchaus sehr, sehr intensiv und lange. In diesem Frühjahr war er bei all den ausgedehnten Longruns auf unseren Schultern. „Schultern“ wäre untertrieben, denn das Sense Set ist eine Weste und legt sich damit über den ganzen Oberkörper. Es ist weit mehr ein Bekleidungsstück als ein Rucksack und damit eine völlig neue Kategorie an Ausrüstung. Im Prinzip kann er trotz seine minimalen Fakten sehr viel leisten und packen. Alle Fächer sind enorm dehnbar und dadurch fasst er am Ende wohl eher 10 als 5 Liter. Alleine das nach oben offene und doch perfekt verschlossene Hauptfach lässt sich stopfen und packen - praktisch ohne Ende in Sicht. Die während des Laufens ständig benötigten Dinge finden in insgesamt fünf leicht erreichbaren Taschen in der Front Platz. Alles in allem: sehr

intuitiv. Jeder Handgriff macht hier Sinn und führt ans Ziel. Ein schöner Nebeneffekt der dünnen Materialien ist wohl die rasche Trocknungszeit. Wer im Sommer nach einem schwitzigen Lauf den versalzenen Rucksack vom Rücken nimmt, wäscht ihn kurz kalt aus, hängt ihn zu den Socken und Unterhosen und kann ihn nur Stunden später trocken wiederverwenden. Zwei 500-ml-Flasks, mit verbesserter Öffnung, finden in der Front ihre Fächer und sind im Lieferumfang inklusive. Neun Taschen oder Fächer zählen wir insgesamt – da bleibt für nix kein Platz. Auch der Verschluss an der Brust ist diesmal optimiert worden und funktioniert tadellos. Der optionale Stockhalter kann an den beiden angebrachten Schlaufen befestigt werden. Ansonsten passen Faltstöcke problemlos ins nach oben offene Hauptfach. www.salomon.com Preis: 170 Euro

Hüftgurte,das ist doch nur was für die Hipster (die diese dann aber quer über der Brust tragen). Oder für die Ultraläufer*innen der ganz alten Schule. Tatsächlich graust es mir noch immer, wenn ich an diese sogenannten Fuel Belts mit den vielen kleinen Hartplastikflaschen zurückdenke. Und, ja, die Race Vest ist ja schon auch ein ikonografisches Ausrüstungsstück. Mit so Rucksäcken laufen wir Trailrunner*innen halt rum. Nun, kürzlich kam mir dann aber das Agile 250 Belt Set zwischen die Finger. Und es war an der Zeit, mit alten Vorurteilen aufzuräumen. Der relativ breite, über eine große Klettfläche geschlossene Gurt sitzt nicht nur fabelhaft stabil, er trägt zudem auch bei darübergezogenem Shirt kaum auf. Zudem schluckt das vordere Fach auch die größeren 500-mlFlasks. Letzteres ist eine unbedingte Empfehlung, da das größere Agile 500 Belt Set (die serienmäßige 500-ml-Lösung) deutlich größer ausfällt und weniger athletisch sitzt. Das hintere Fach aus dehnbarem Stoff hält über eine doppelt verschränkte. auch im Laufen intuitiv nutzbare Öffnung jedes Smartphone sicher. Sogar für eine dünne Windjacke ist zusätzlich Platz. Vier verschiedene Farbvarianten. www.salomon.com Preis: 45 Euro

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KINABALU RC 2.0

TRACTION MATTERS Du hast viel investiert. Hast Kilometer gemacht, auf die Zähne gebissen und deine Limits gepusht. Jeder Schritt bringt dich näher an dein Ziel. Gehe keine Kompromisse ein und verlasse dich nur auf die beste Traktion. Der Kinabalu RC 2.0 – für schnelle Trailrennen und Speed-Sessions im Training. Der Kinabalu RC 2.0 ist ab dem 8. Mai 2019 in ausgewählten Running Shops erhältlich.

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SUPERFOOD SUCHEN & FINDEN Text und Foto: CLEMENS NIEDENTHAL

GEFUNDENES FRESSEN

Wer länger läuft, tut gut daran, sich etwas zu essen mitzunehmen. Oder er sammelt ein, was sich unterwegs so findet. Eine Aufforderung

Zugegeben, in Sizilien war das eine leichte Übung. In einem Land, in dem der wilde Spargel unter den Olivenbäumen wächst. Daneben gleich der wilde Lauch. Es brauchte nur noch zwei Eier und einen Gaskocher, und die Sache mit dem Abendessen war geregelt. Oder in Cornwall, wo ganze Kolonien von Seefenchel die steinigen Küsten bevölkern. Schmeckt hervorragend zum fangfrischen Fisch, für den wir allerdings früh losrennen mussten, um noch die Fischer im Hafen von Newlyn zu erwischen. Und eben im April der Berliner Lauch im Plänterwald auf meiner Hausrunde, ein enger Verwandter des Bärlauchs, der sich wunderbar als Pesto macht. Darum also geht es diesmal: um gefundenes Fressen. Und dabei geht es ja

nicht nur darum, satt zu werden, sondern vor allem darum, mit offenen Augen durch die Landschaften zu rennen. Schließlich erfährt man den Charakter einer Region immer auch über ihre Aromen. Eine gute Idee also, ein Opinel-Messer im Laufrucksack zu haben. Und vielleicht noch ein Büchlein zur Bestimmung von Wildkräutern. Brennnessel, Kamille, Sauerampfer - gesammelt werden sollte abseits vielbefahrener Straßen, Bahnanlagen und der üblichen Hundeauslaufgebiete. Vorm Fuchsbandwurm wird darüber hinaus noch gerne gewarnt, wenngleich es deutschlandweit jährlich nur gut 20 Infektionen gibt. Die Zubereitung? Am besten so simpel wie möglich. „Ob man das gesammelte Grünzeug also wäscht, bleibt jeder und

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jedem selbst überlassen“, so Wildkräuterexperte Olaf Schnelle, der alte Sorten und seltene Pflanzen unter dem Label Schnelles Grünzeug deutschlandweit an Gourmetrestaurants versendet. „Wenn man es macht, wäscht man aber auch die Mikroorganismen von den Blättern, die reich an Nährstoffen und Vitaminen sind.“ Übrigens: In Deutschland wie auch in Österreich und der Schweiz gilt quasi das Faustrecht. Gesammelt werden darf zum Eigenverzehr, also in etwa die Menge, die in eine Hand passt. Grundsätzlich aber sollte man mindestens zwei Drittel der Pflanzen unangetastet lassen, damit sie sich hinreichend erhalten und vermehren können. Viel Spaß beim Finden!



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