Trail 6/2015

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S Ü D A F R I K A & E N G L A N D / P R A X I S T E S T / S T E P H A N H U G E N S C H M I D T TRAIL MAGAZIN

LAUFSPORT-MAGAZIN NR. 1 FÜR TRAIL-RUNNER

5.2014 DEUTSCHLAND ¤ 4,50 ÖSTERREICH ¤ 5,20 SCHWEIZ SFR 8,80 LUXEMBURG ¤ 5,30 ITALIEN ¤ 6,10 SPANIEN ¤ 6,10 FRANKREICH ¤ 6,10

W W W. T R A I L - M A G A Z I N . D E

N OV E M B E R D EZE M B E R 2 015

KLEINWALSERTAL UTMB TRANSALPINE RUN SKYRACE TROMSÖ

06 TEST

Interviews mit Ildiko Wermescher & Florian Neuschwander

T R A I N I NG:

SO STÄ R K ST DU DEI NE M ENTALE K R AFT!

neue Trailschuhe Die Modelle für 2016! REVIERGUIDE IM RUHRGEBIET TIPPS VOM PROFIFOTOGRAF:

SO MACHT MAN DAS PERFEKTE LAUFFOTO!

ALPIN SPECIAL:

LAUFEN IN DEN BERGEN! ALPINES TRAIL-RUNNING ODER DIE KÖNIGSKLASSE DES LAUFSPORTS? EVENTS, NEUE STRECKEN ZUM NACHLAUFEN, TIPPS, AUSRÜSTUNG UND MEHR...


WETTKAMPF / RICHTERSVELD SÜDAFRIKA

BEIM RICHTERSVELD WILDRUN IM NÖRDLICHEN SÜDAFRIKA SCHIEBEN DIE TEILNEHMER FÜR MEHRERE TAGE IHRE KOMFORTANSPRÜCHE ZUR SEITE UND TAUCHEN IN DEN BIOLOGISCHSTEN WETTKAMPF DER WELT EIN.

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IT´S

AFRIKA TEXT & FOTOS: IAN CORLESS

BABY!


EVENT / ZUGSPITZ TRAILRUN CHALLENGE TEXT: CHRIS DRÜKE, CLEMENS NIEDENTHAL FOTOS: HARALD WISTHALER

Schneekönig

&

g u t e r

W e i n DIESER MARATHON WILL HOCH HINAUS UND DARF ZU RECHT ALS DAS HÄRTESTE IN SACHEN 42 KILOMETER IN DEUTSCHLAND GELTEN. BEIM ZUGSPITZ-MARATHON "SCOTT ROCK THE TOP" ZÄHLEN NEBEN AUSDAUER EBEN AUCH VIEL STEIGE-FÄHIGKEITEN.

Es geht nach oben: den Gipfel der Zugspitze mit einem Lächeln im Visier. Am Ende war wegen der Wetterlage auf Sonnalpin Schluss.

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Noch ein Event im Trail-Kalender. Ein Event mehr in der kurzen Saison, in der vernünftigerweise alpine Trailrennen angesetzt werden können – und wer Plan B (ZugspitzUltratrail, Transalpine Run uvm.) kennt, weiß, dass eben diese Vernunft bei ihren von A wie Ausschreibung bis Z wie Zielverpflegung perfekt organisierten Läufen großgeschrieben wird. Und: noch ein Event an der Zugspitze. Kein Zugspitz-Ultratrail diesmal, sondern eine ZugspitzTrail-Challenge. Zweieinhalb Tage, zweieinhalb Rennen, ist doch der kurze City-Sprint am Freitagabend eher eine flinke Aufwärmübung. Für die Teilnehmer und für ein Event, dass sich ja quasi selbst noch


Scott-Athlet Stefan Paternoster auf dem Weg zu Rang bei der Vertical Challenge über 14,9 Kilometer und knapp 2000 Höhenmeter

in seiner Aufwärmphase befindet. Im Windschatten des großen ZUT soll die Trailgemeinde also rund vier Wochen später noch einmal nach Grainau, halt, nach Garmisch kommen. Und das nun schon im zweiten Jahr. Kann das funktionieren? Und vielleicht sogar sehr gut? Wir haben mit Chris Drüke einen nicht zuletzt kreuzsympathischen Läufer auf die alpine Marathondistanz der ZugspitzTrail-Challenge geschickt und eine sehr subjektive, aber nicht minder allgemeingültige Antwort gefunden. Nach einer kurzen Nacht – Trailrennen, zumal an der Zugspitze, bedeuten immer auch gewisse gesellige Verpflichtungen – erfolgt also pünktlich um 6 Uhr der Startschuss zum vermeintlich härtesten Marathons Deutschlands –, vermeintlich einzig deshalb, weil dieser Marathon in Ehrwald und damit in Tirol beginnt. Es gilt, eine Distanz von 42,195 Kilometern, gespickt mit 3800 Höhenmetern, zu bewältigen. Oder sollte man eher von 3800 Höhenmetern gespickt mit 42,195 Kilometern sprechen? Um die Tripple-Wertung, also die Zugspitz-Trail-Challenge sein Eigen zu nennen, müsste zudem am Sonntag auch noch ein Halbmarathon mit 1023 Höhenmetern bewältigt werden. Aber daran denkt jetzt keiner. Genauer gesagt: Daran denke ich jetzt nicht. Wir hatten uns sehr spontan für einen Start in Ehrwald

entschieden. Der Marathon sollte für mich ein kleiner Test werden. Schließlich hatten wir, als Mixed-Team mit meiner Lebensgefährtin Susanne Schultealbert, ja noch den Transalpine Run vor der Brust. Und ich eine verhagelte Saisonvorbereitung im Rücken. Auf eine Entzündung der Plantarsehne Anfang des Jahres folgte im Mai ein Läuferknie. Zudem wollte ich als alter Straßenläufer endlich mal zügig durch die Berge rennen. Und machte mir damit auch selbst gehörigen Druck. Ist ja nicht so, dass ich dieses Vorhaben nicht schon öfter in die Tat umsetzen wollte. Aber wie sagt mein alter Trainer Winfried Aufenanger: „Ein guter Langstreckler ist wie ein guter Wein, der braucht auch ein paar Jahre, bis er gut ist.“ Also zusammengefasst: Taugt 2015, taugt gerade dieser Lauf vielleicht für einen guten Jahrgang? Der Start des Marathons war zudem aufgrund einer Unwetterwarnung von 6 auf 8 Uhr verlegt worden. Und nicht nur die Uhrzeit sollte sich ändern, sondern im Laufe des Tages auch noch der Streckenverlauf. Aus Sicherheitsgründen wurde die Strecke um vier Kilometer verkürzt und damit um etwa 500 Höhenmeter abgehobelt. Die Alternativroute bestand somit aus knapp 39 Kilometern und 3200 Höhenmetern. Zudem wurde das Ziel des Marathons vom Zugspitzplateau zur Bergstation Sonnalpin verlegt.


JOURNAL62015 ALLES QUATSCHLAUFEN=LAUFEN!

ITERVIEW

FLORIAN NEUSCHWANDER IST DER VIELLEICHT BUNTESTE HUND DER DEUTSCHEN LAUFSZENE UND DAZU AUCH NOCH EINER DER BESTEN UND VIELSEITIGSTEN.

„Hallo Flo, Gratulation zum Sieg bei den Transrockies. Hast du dich erholt?“

„Danke dir, Denis, ja, ich habe mich gut erholt. Bin leider nach dem Transrockies bei einem normalen Dauerlauf umgeknickt und musste ein paar Tage pausieren, aber ich

hoffe, dass ich jetzt rechtzeitig zur 100-km-WM in einer Woche wieder normal laufen kann.“

„Du bist 2014 den Transvulcania gelaufen und zuvor die WM im Ultratrail. Danach hast du Trail-Running zumindest auf internationaler Ebene erstmal nicht mehr verfolgt. Wie kam es schließlich zur Teilnahme am Transrockies Run?“ „Die Teilnahme für den Transrockies Run habe ich auf der Outdoor in Friedrichshafen gewonnen. Da gab es von Dynafit einen Wake-up-Trail Run, bei

dem der erste Preis ein Startplatz plus der Flug in die USA war. Ich hatte sowieso ein 4-wöchiges Trainingslager in den USA in Vorbereitung auf die 100-km-WM geplant. Also dachte ich mir, das könnte ich doch probieren, und so kam es dann auch. Ich gewann den Wake-up-Trail über 17 km und somit stand fest, dass ich den Transrockies renne. Ich habe allerdings keine Trails mehr trainiert, nur flach und Straße in Frankfurt. Aber es ging trotzdem ganz gut und hat mega Spaß gemacht.“

„Du bist jemand, der einfach gerne und mit ganzem Herzen läuft. Gibt es für dich überhaupt eine Grenze zwischen Trail, Straße, Bahn?“

„Für mich gibt es keine Grenze zwischen Trail, Straße und Bahn. Für mich ist Laufen = Laufen! Es macht mir einfach Spaß, und wo ich das ausübe, ist mir eigentlich egal. Wenn ich Bock auf ballern habe, dann mal schnell eine Session auf der Bahn, schnellere Dauerläufe auf der Straße und am schönsten ist es, wegen der Natur, natürlich im Gelände, ganz klar. Ich finde es auch echt blöd, wenn z. B. ein Bahn- oder Straßenläufer über einen Trail-Läufer und Ultraläufer lächelt oder umgekehrt. Alle drei Laufarten sind auf ihre Weise sehr anspruchsvoll, und es gibt nicht viele, die alles schnell rennen können. Auch Leute, die sagen: nur Bahn, nur Straßenlauf, nur Trail, nur Ultra ist das Beste! Alles Quatsch. Laufen = Laufen!“

„In den sozialen Medien kann man dich verfolgen, du bist dort sehr aktiv. Machst du das gerne, oder ist das ein Übel, das das Leben als ‚Profi-Läufer’ mit sich bringt?“

„Ich mach die sozialen Medien wie Facebook und Instagram echt ganz gerne. Klar hat man manchmal keinen Bock, aber ich freue mich immer sehr über

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die vielen netten Mails und Posts und Nachrichten auf Facebook und Co. Da schreiben mir echt viele Leute, dass ich sie inspiriere und so weitermachen soll und einfach so bleiben soll, wie ich bin. Das finde ich echt super! Mein Idol PRE hat mich inspiriert, und jetzt inspiriere ich andere Läufer. Das hätte ich echt nie gedacht, dass es einmal so weit kommt. Das ist der Hammer! Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an alle, die mir auf Facebook und Instagram folgen. Mir macht es wirklich Spaß mit euch!“

„Du musst uns jetzt die Sache mit deinem Oberlippenbart wirklich mal erklären.“

„Mein Idol PRE hatte ja auch einen, aber das war nicht der Grund! Ich hätte eigentlich gerne einen Vollbart, aber an den Seiten und am Kinn wächst so gut wie nix. Die Olibas fand ich immer schon ganz lässig, also ließ ich mir einfach mal einen wachsen. Ich fand das dann auch ganz gut. Der Schnorres wurde dann für mich auch zu einer Art Glücksbringer. Ich bin schon ein bisschen abergläubisch! Somit habe ich das Ding immer noch im Gesicht!

„Dein Pensum ist enorm. Wie viele Wettkämpfe bist du seit Januar gelaufen und wie schaffst du das?“

„So enorm finde ich mein Pensum gar nicht. Wettkämpfe mache ich eigentlich nicht so viele. So einen 5- oder 10-kmStraßenlauf kann man immer mal als Tempoeinheit einbauen. Größere Events und Ultras mache ich nicht so viele. Da will ich noch länger am Start stehen und mich nicht vorzeitig abschießen! Ultras kann man auch noch bis ins hohe Alter schnell rennen! Ich hatte als Frühjahrs-Highlight den Wings for Life World Run und mein Herbst-Highlight soll die 100-km-WM am 12.09. sein. Ich höre immer auf meinen Körper. Wenn ich mich mal schlapp fühle, dann mache ich eben mal 4 bis 5 Tage Pause. Also gar kein Laufen! Am Samstag bin ich umgeknickt, weil ich sehr müde war. Da wäre ich auch besser gar nicht gelaufen. Für bestimmte, harte Einheiten muss man sich manchmal rausquälen, vor allem im Winter, aber wenn ich kei-


nen Bock habe zu laufen (was auch mal vorkommt), dann lasse ich es einfach und mach einfach was anderes Schönes.“

der Woche 8 bin ich dann 30:11 min. über 10.000 m auf der Bahn gerannt. Man kann also Ultras laufen und trotzdem schnell bleiben!

„Du bist also einer der schnellsten deutschen Läufer überhaupt auf langen Distanzen. Wie schaffst du es, Ausdauer und Tempohärte so gut zu vereinbaren?“

„Was uns besonders interessiert: Wie wird sich deine Trail-Karriere 2016 fortsetzen?“

„Ich habe früher auf der Bahn trainiert und Wettkämpfe bestritten. Und viele Straßenrennen zwischen 5 und 10 km gemacht. Das gab mir natürlich eine super Grundlage. Den Speed verliert man so schnell nicht. Klar wird man durch die langen Kanten etwas langsamer, aber wenn man mal eine super Ausdauer durch die langen Strecken aufgebaut hat und danach für 6 bis 8 Wochen Tempo und Schnelligkeit trainiert, dann ist man schnell wieder auf altem Schnelligkeitsniveau oder sogar noch schneller als zuvor! Nach meinem Vize-WM-Ultratrail-Titel 2013 habe ich z. B. drei Wochen Urlaub gemacht. Komplette Laufpause! Danach habe ich sieben Wochen ordentlich trainiert. Kaum Umfang, fast nur Schnelligkeit und Tempoläufe auf der Bahn und in

„Meine Trail-Karriere wird sich auf jeden Fall fortsetzen. Das ist das, was ich am liebsten mag. Raus in die Natur! Ich werde wohl im Dezember, wenn alles klappt, bei der Xterra-Trailrunning-Weltmeisterschaft auf Hawaii starten (ist nur ein hügeliger Halbmarathon). Für 2016 habe ich als FrühjahrsHighlight wieder den Wings for Life World Run im Blick, danach vielleicht den Comrades Marathon in Südafrika (mit ca. 20.000 Teilnehmern der größte Straßenultra der Welt, 85 km), und mein großes Ziel ist es, mich Ende 2016 für den Western States Endurance Run (100 Meilen) zu qualifizieren. Ich will gerne die größten und schönsten Ultras der Welt rennen. Western States, Leadville, Comrades, UTMB und noch ein paar andere... Aus Flow wird UltraFlow.“ www.run-with-the-flow.com

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DIE RUCKSACK-PARADE! ULTRASPIRE UND ULTIMATE DIRECTION ENTZÜCKEN MIT NEUEM FÜR DEN RÜCKEN. Leichte und funktionelle Laufrucksäcke von ULTRASPIRE kennen wir bereits, aber jetzt wird es von ihnen auch noch eine Stirnlampe geben, die sich in ihrem Design ganz nahe an anderen Ultraspire-Produkte orientiert. Wir sind gespannt. Oft wurden wir nach richtig großen, stabilen Laufrucksäcken mit viel Volumen gefragt und nun dürfen wir euch 2 Tipps für eure langen Adventure-Trails geben, die damit auch gerne über mehrere Tage und Wochen laufen können: Der AARN Magic Marathon (229,90 Euro) hat 33 Liter Volumen und einen tollen Tragekomfort mit vielen Staumöglichkeiten in der Front. Ganz neu ist der ULTIMATE DIRECTION Fast Pack 30, der herrlich schlicht daherkommt und für 179,95 Euro über die Ladentheke in den Wald wandert. www.racelite.de


JOURNAL62015 DINGE DIE MAN WILL, ABER NICHT UNBEDINGT BRAUCHT ... UM TRAIL-RUNNER ZU SEIN, BRAUCHT IHR DAS ZEUGS NICHT. NEIN. ABER SONST SO? MMHH. WÄRE DOCH NETT. Eigenes Süppchen, eigenes Teechen. Mit der Primus TrailBreak EX Vacuum Bottle bleibt dein Getränk warm, und der Winter-Trail wird dadurch ein Stück milder. www.primus.eu

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Neues von der Shirt-Front! Eigentlich findet man bei den Jungs und Mädels von Impericon Bandshirts und klassische Street-/Skatewear, aber wir fanden inhaltlich interessanten Stoff für Ausdauersportler und Bergsport-Freunde: MY IRON LUNG & IRONNAIL. Tasse Kaba für den Naturschutz Im sehr genialen Webshop von Greenpeace findet man eh ganz nette Dinge. Aktuell das Stickerset "Kohlekraft nein danke!" oder feine Tassen mit schönen Mustern von Mutter Natur inspiriert. www.greenpeace-magazin.de/warenhaus‎

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Wer lange läuft, hat mehr davon Und darf auch mehr in den Rucksack stecken, weshalb wiederrum der Patagonia Nine Trails Pack (70 Euro) mit 15 Litern Volumen infrage kommt. Tolle Farbe, tolles Design und wertige Verarbeitung. www.patagonia.com


Der Glockner ist das neue Maß der Dinge RUDI DÖHNERT STARTETE BEIM ERSTEN GROSSGLOCKNER ULTRATRAIL UND KAM ALS ERFAHRENER ULTRA-LÄUFER IN EINE VÖLLIG NEUE SITUATION. DANN SPRACH DER BERG MIT IHM ...

Von Rudi Döhnert Ich schrecke plötzlich auf. Bin ich wirklich eingenickt? Ich sitze auf einem Felsvorsprung im steilsten Anstieg zu einer Scharte, den ich jemals bewältigt habe. Bin mitten im Rennen, habe mich völlig verausgabt hingesetzt und bin prompt eingeschlafen! Eine für mich völlig neue Situation. „Es nützt nichts! Ich muss weiter. Noch mindestens 400 verdammte Aufstiegsmeter zur Schmiedinger Scharte. Dann noch 14km bis ins Ziel.“ Ich ziehe die Taktik der letzten halben Stunde weiter durch: 20 Schritte gehen – 20 Sekunden ausruhen. Immer wieder dieser Rhythmus. „Soll ich mich nicht besser wieder setzen? Nein! Muss es zu Ende bringen und Platz 5 verteidigen. Verfluchte Scharte…!“ 16 Stunden, ca. 96km und 6500Hm zuvor wurde in Kaprun der erste Großglockner Ultratrail gestartet. Wir liefen nach 3 Stunden in die Dämmerung. Dort erwartete uns mit der Unteren Pfandlscharte der erste Hot-Spot. Mit 1200 Metern Aufstieg sendete der Berg eine erste Botschaft: „Der tut nichts – der möchte nur spielen!“. Im weiteren Verlauf der Nacht wurde aus dem Spiel bitterer (und zugleich herrlicher) Ernst: Die technisch schwierigste Strecke, die ich jemals im Rahmen eines Trailevents absolviert hatte. Prädikat „Kaum laufbar“! So macht das Spass! Der große Verpflegungspunkt in Karls war zugleich Streckenhalbzeit. Ich fühlte mich gut, war zwischenzeitlich von Rang 15 auf 4 vorgelaufen. Im folgenden 18 km-Anstieg zu Scharte Nr. 2, Karlser Tauern, lief ich zu Matthias Dippacher auf. Wir quatschten permanent und führten wechselseitig. Dabei bemerkte ich zu spät, dass die Pace mir zu sehr zusetzte und vernachlässigte zusätzlich das Essen! „Hungerast! W.T.F.? Dippi, lauf los. Ich muss erst die beste Taktik zum Überwinden der Krise ausknobeln. Setzen & essen – so mache ich das jetzt“. Meine eigenen Riegel waren auf, die „offiziellen“ Riegel und Gels des Veranstalters schmeckten furchtbar. Herzlichen Glückwunsch! Somit blieben Käse, Brot und Coke am nächsten Servicepunkt. Von dort waren es noch 32 sehr lange, technische und mittlerweile nasse Kilometer bis zum Ziel. „Ich muss, muss, muss irgendwie in Bewegung bleiben Los - Finishen! Verdammt – hinten kommt der 5. angestürmt. Ist der schnell! Scheiss auf die Platzierung – vorne ist die letzte Scharte.“ Zurück zu den ersten Zeilen: Oben an der Scharte sind es nur noch 14km mit 1200Hm bergab. Sonst liebe ich diese langen Downhills ins Ziel. Heute ist alles anders: „Noch unglaublich lange km mit total zerschredderter Muskulatur! Wie bescheuert…? Ich könnte doch einfach wandern? Nein! Mensch, renn los“. Mit zusammengebissenen Zähnen rette ich mich ins Ziel. Trotz lediglich 27. Zeit auf den letzten 32km blieb mir Platz 5. Am nächsten Morgen schon ertappe ich mich dabei, wie ich voller Begeisterung von der Strecke, dem technischen Anspruch der 110km und 7.000Hm und der Orga schwärme! Dieser Trail am Großglockner war längst überfällig! Im nächsten Jahr werde ich wieder kommen und meine Rechnung begleichen! www.ultratrail.at

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PORTRÄT / STEPHAN HUGENSCHMIDT

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Der mit dem Berg tanzt: Stephan Hugenschmidt auf seinem neuen Hausberg, der Sassauna im Pr채ttigau

H U G E N SCHMIDT


PORTRÄT / STEPHAN HUGENSCHMIDT

Transvulcania: 2014 hat der gebürtige Radolfzeller auf La Palma ein ziemlich perfektes Rennen gezeigt.

Stecknadeln im Berghaufen. Stephan Hugenschmidt ist einer, der seine Bergabenteuer gründlich dokumentiert.

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2015 SCHIEN DAS JAHR VON STEPHAN HUGENSCHMIDT ZU WERDEN. UND WURDE DOCH ZU SEINER HÄRTESTEN PROBE. WARUM ES DENNOCH AN DER ZEIT IST, GERADE JETZT DIE GESCHICHTE VON DEUTSCHLANDS VIELLEICHT BESTEM TRAILLÄUFER ZU ERZÄHLEN. EINE BEGEGNUNG ZWISCHEN SCHIERS UND DER SCHESAPLANAHÜT. TEXT & FOTOS: CLEMENS NIEDENTHAL

Zum ersten Mal ist mir Stephan Hugenschmidt unter Bananensträuchern begegnet. Auf La Palma im Mai. Vier Läufer nur hatten vor ihm das ausgetrocknete Flussbett hinter Puerto de Tazacorte passiert. Und nur zwei von ihnen sahen noch ähnlich frisch aus wie dieser Stephan Hugenschmidt. Aber hey, das hier war ja auch der Zielanstieg der Transvulcania. Und diese beiden anderen waren Kilian Jornet und Luís Alberto Hernándo. Fünfter ist Stephan Hugenschmidt in diesem Hitzerennen geworden. Fünfter Platz bei der Transvulcania 2014, einem der aus vielen Gründen herausforderndsten Ultrarennen der Trailsaison. Zudem war es die bis heute bestbesetzte Transvulcania überhaupt. Jornet und Hernándo, dazu Sage Canady, Dakota Jones, Timothy Olson, Tom Owens, Philipp Reiter … sie alle waren da. Und der damals 28-Jährige war dieses Rennen gelaufen, wie er noch scheinbar jedes seiner Rennen gelaufen ist. Stoisch, konsequent, unfassbar rhythmisch, unglaublich kontrolliert. Andere sind nach vorne gestürmt und wieder nach hinten gepurzelt. Er hat einfach sein Ding durchgezogen. Wäre das nicht schon wieder so eine Formulierung, die nicht so recht zu diesem Stephan Hugenschmidt passt. Wieder einmal wird mir dieser Stephan Hugenschmidt nun also an einem Donnerstag im vergangenen Juni am Dorfbrunnen von Schiers begegnen, einem Alpendörfchen im Prättigau, in Graubünden in der Schweiz. Vor wenigen Wo-

chen erst ist der studierte Ingenieur – auch darüber wird noch zu reden sein – noch ein wenig tiefer in die Berge gezogen, um seinem Sport, um seiner Landschaft noch einmal näher zu sein. Dass es ihm just darum ging, hatte er beim Vorstellungsgespräch natürlich nicht verraten. Jetzt tauscht er mit seinem Chef die Touren aus, die der eine wandert und der andere eben rennt. Ob er denn so etwas wie ein Star sei in seiner Firma, einem mittelständischem Betrieb, der sich mit modernen und modernsten Drucktechniken befasst? Schon wieder so eine Frage, die diesen Stefan Hugenschmidt nicht begriffen hat. Er ist einfach der Typ, der morgens, sehr früh morgens, nicht mit dem Auto, sondern in seinen Trail-Schuhen zur Arbeit kommt. Und der sich für eine 80-Prozent-Stelle entschieden hat, um ein paar zusätzliche freie Tage für seine Leidenschaft zu haben. Stecknadeln auf der Landkarte Bei St. Gallen hatte der gebürtige Radolfzeller zuvor gewohnt und gearbeitet. Und seine Hausberge, die Churfürsten, immer flinker überrannt. Seine Strava-Protokolle dieser Touren poppten in steter Regelmäßigkeit bei Facebook auf. Und dennoch hatte man nie das Gefühl, dass da einer mit seiner Fitness, seinem Talent, seiner Wildhundigkeit prahlen will. Irgendwie war es ja eher so: Das Training hat nun einmal dokumentiert zu sein. Und tatsächlich hat Stephan Hu-

„BERGLÄUFE FÜHLTEN SICH IMMER ZU KURZ AN, IRGENDWIE UNVOLLSTÄNDIG.“

genschmidt jede einzelne Sportminute des Jahres 2014 akribisch festgehalten und säuberlich in Tortendiagramme verteilt. Zwei Sportstunden und sieben Sportminuten waren es im Schnitt pro Tag, darunter 5.126 Laufkilometer und 313.080 Höhenmeter, nachzulesen auf seiner Internetseite. Mit diesen Fakten, genau so steht es da, sei er sehr zufrieden gewesen. Der Autor dieser Zeilen hat ob dieser Vorgabe seine Suunto bei den nächsten Läufen erst gar nicht mehr angemacht. Jetzt, wo aus den Voralpen vor der Haustür die Alpen geworden sind, hängt in Stephan Hugenschmidts Flur in Schiers im Prättigau eine dieser Reliefkarten, wie man sie in gut sortierten Landkartenhandlungen finden kann. Die Alpen in 3-D. Rote, grüne, gelbe, blaue Stecknadelköpfe markieren die Berge, auf die er bereits gerannt ist in diesen wenigen Wochen. Und alleine diese Momentaufnahme neben der Wohnungstür erzählt davon, dass das Leben hier am Fuße des Rätikons nicht bloß Training ist. Stephan Hugenschmidt, im vergangenen Jahr ja auch noch Gewinner beim Zugspitz-Utratrail und, im Team mit Mirco Berner, beim Transalpine Run, ist keiner, dem es nur um die Rennen geht. Obwohl, da wäre doch noch was. Der Swiss Alpine, den er im vergangenen Jahr aufgrund von Sehnenbeschwerden in der Fußsohle noch vor dem großen Anstieg zur Keschhütte abbrechen musste und der jetzt ja nur ein paar


WETTKAMPF / DRAGON´S BACK TEXT & FOTOS: IAN CORLESS

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AUF DEM RÜCKEN

DES DRACHEN DAS DRAGON´S BACK RACE IM NORDEN VON WALES WAR EINST BEI SEINER PREMIERE IN DEN FRÜHEN 1990ER-JAHREN SO HART, DASS ES IN DIESER FORM NIE MEHR WIEDERHOLT WURDE. 2012 KAM DAS REVIVAL, UND DER DRACHE SPUCKTE AUCH 2015 WIEDER FEUER!


WETTKAMPF / DRAGON´S BACK

WO GEHT ES DENN NUR HIN? WAS TU ICH DA ÜBERHAUPT?

Im Jahre 1992, als Männer einfach Männer und Frauen unerschütterlich waren, entstand das sogenannte Dragon’s Back Race (wörtl. Drachenrückenrennen). Das Rennen war unkompliziert; die Läufer starteten am Conwy Castle im Norden von Wales, liefen über die Bergrücken und tagelang durch die walisischen Gebirge und beendeten das Rennen am Carreg Cennen Castle im Süden. Insgesamt legten die Läufer 300 km und 16.000 Höhenmeter zurück – und all das auf einer nicht markierten Strecke. Das Rennen war so hart, dass es nie wiederholt wurde. Die bloße Erwähnung dieses berüchtigten Rennens brachte selbst die erfahrensten Bergläufer zum Zittern. Aber all das änderte sich im Jahre 2012. Shane Ohly, der für Ourea Events arbeitet und selbst ein erfahrener Bergläufer ist, ließ die Veranstaltung wieder aufleben. Somit wurde der 20-jährigen Unterbrechung ein Ende gemacht. Der legendäre Bergläufer Steve Birkinshaw war ein klarer Gewinner der Veranstaltung, und Helene Whitaker, die das Rennen 1992 gewonnen hatte, kehrte zurück und wurde als beste weibliche Teilnehmerin ausgezeichnet. Sie belegte insgesamt den vierten Platz. Nach dem Rennen schrieb die Zeitschrift The Guardian: „Fünf Tage, 200 Meilen, 8,5 Meilen Aufstieg – das erschöpfende Dragon’s-Back-Rennen, das am Montag, den 3. September startete, führt einmal quer durch Wales, vom Conwy Castle im Norden bis zum Carreg Cennen Castle im Süden. Es ist eines der anspruchsvollsten Rennen der Welt und flößt selbst den geübtesten Läufern Ehrfurcht ein.“ Die Veranstaltung lockte einen neuen Kundenstamm an. Es wurde deutlich, dass die Sportart „Ultra Running“ sich veränderte. Weiter, schwieriger, senkrechter, krasser und sobald das Wort „härtester“ aufkam, strömten die Läufer in Scharen herbei, um sich für das Rennen anzumelden. Der einst berüchtigte Ruf des „Dragon’s Back“ wurde nun als eine Art Visitenkarte verwendet. Es war wie süße Limonade 58/ 59 TRAIL MAGAZIN

für Ameisen und glaubt mir, die Ameisen kamen in Scharen. Nur 30 Menschen vollendeten 2012 das Rennen. Es bewarben sich zwar 300 Menschen für 2015, aber da Ohly sehr präzise Teilnahmekriterien auferlegte, wurden nur etwa 140 Läufer und Läuferinnen angenommen. Könnte man sie als die Glücklichen bezeichnen? Den Drachen erlegen Tag 1 des Berghaus Dragon’s-Back-Rennens ist wohl einer der besten Tage, die man je in den Bergen erleben wird. Die Läufer bekommen beeindruckende Einblicke in die höchsten walisischen Berge auf einer Strecke von 49 km und 3823 Höhenmetern. Zudem führt die Strecke über den berüchtigten Gebirgsgrat Crib Goch im Snowdonia-Nationalpark. Die Strecke würde sich bestens für ein eigenständiges Rennen eignen! Deshalb gibt es auch ein Rennen, das den Großteil dieser Strecke vom Tag 1 umfasst; das V3K-Rennen, das Teil einer Reihe der „Skyrunning UK“-Läufe ist. Im Gegensatz zum „Dragon’s Back“ laufen die Teilnehmer hier einen Tag lang und gehen nach Hause, nachdem sie sich ausgeruht haben. Beim „Dragon’s Back“-Rennen ist die Strecke nur der erste Tag, dem vier weitere lange und qualvolle Tagen folgen. Das Rennen bringt selbst die härtesten Teilnehmer bzw. Teilnehmerinnen dazu, an ihrem Verstand zu zweifeln.

Die Rennstrecke umfasst fünf Hauptgebiete: Carneddau, Glyders und Snowdon – 49,3km 3823m+ Moelwyns und Rhinogs – 53,9km 3544m+ Cadair Idris und Plynlimon – 68,3km 3712m+ Eland Valley – 64,0km 2273m+ Brecon Beacons – 56,5km 2313m+ Das Rennen ist wohl eine der härtesten Herausforderungen Großbritanniens und der Welt, wodurch es zu einem besonders reizvollen Erlebnis wird. Tagelanges unerbitterliches Auf- und Abwärtsklettern, unbarmherziges, steiniges Gelände und tägliche Strecken von über 50 km bringen jeden Läufer dazu,


Das sind Gesichter eines der schönsten BerglaufRennen der Britschen Inseln: glücklich und erschöpft.


TRAINING / MENTALE STÄRKE

KOPFSACHE! MIT DEN BEINEN KANN DOCH JEDER SCHNELL LAUFEN. NEIN, ES GEHT HIER DARUM, WIE MAN MIT DEM KOPF NOCH VIEL SCHNELLER UND LÄNGER LÄUFT. WER SEINE MENTALE KRAFT STÄRKT, SEINE GEDANKEN IN EINE POSITIVE RICHTUNG LENKT, IST DER BESSERE RUNNER!

TEXT: JULIA BÖTTGER ILLUSTRATION: DIVERGETNS

Denk dich zum Erfolg! Denn dein Körper schafft viel mehr als du glaubst. Du musst also „nur“ an dich glauben und deinen Geist überzeugen. Nicht umsonst heißt es immer so schön: Glaube versetzt Berge. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Für einen erfolgreichen Wettkampf muss natürlich auch deine

Form, deine Ernährung und deine allgemeine Vorbereitung stimmen. Wenn dann noch der Kopf mitmacht, bist du schon fast im Ziel. Denn in mental schwierigen Situationen entscheiden deine Gedanken über Weitermachen oder Aufgeben, über Tempo steigern oder langsamer werden. Der wichtigste Punkt ist somit das Vermeiden von Ge-

TIPPS & TRICKS SO WIRST DU BÄRENSTARK IM KOPF!

So kannst du deine mentale Stärke trainieren

Mentale Stärke bedeutet eine Reihe von Charakterzügen (Disziplin, Motivation, Konzentration, Resistenz, Selbstbewusstsein, Zielstrebigkeit), die es dir erlauben, eine schwierige Situation durchzustehen. Je trainierter deine mentale Stärke, desto erhöhter ist deine Leistungsfähigkeit und dein Durchhaltevermögen (wichtig z. B. bei Ultradistanzen). Was kannst du tun?

Sei vorbereitet!

In der Vorbereitungsphase auf ein Rennen oder eine andere große Herausforderung ist es wichtig, dass du dich öfters mit dem bevorstehenden Ereignis mental auseinandersetzt hast. Versuche, möglichst viele Informationen über den geplanten Wettkampf zu bekommen (Freunde, Internet, etc.). Je besser du informiert bist, desto weniger unbeantwortete Fragen und Unsicherheiten trägst du mit dir herum. Wer sich intensiv auf seine Aufgabe, auf die Herausforderung vorbereitet, kann entsprechend sicherer agieren.

Zweifeln unerwünscht

Wenn du an deinem Erfolg von Anfang an zweifelst, legst du dir selbst Steine in den Weg. Diese negativen und destruktiven Gedanken ziehen dich runter und hemmen deine Leistung – angefangen bei der Vorbereitung bis hin zum Wettkampf selbst. Du musst lernen, negative Gedanken im Zaum zu halten und in positive umzuwandeln. Denk z. B. an dein Wunschziel und sag dir immer wieder: „Ich schaffe das, ich schaffe das

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danken an Misserfolg. Nichts untergräbt das Selbstvertrauen mehr als die Anhäufung von Gedanken an Niederlagen und Fehlschlägen. Da kannst du ein noch so starker Läufer sein, wenn es dir an Selbstvertrauen mangelt, hast du praktisch schon verloren. Mentales Training verfolgt den Zweck, insbesondere die psychischen Kräfte zum geforderten Zeitpunkt abzurufen. Denn die Fähigkeit, im richtigen Augenblick die Energien zu bündeln, ist letztendlich auch für den Erfolg oder die Bewältigung einer Herausforderung ausschlaggebend. Gerade in Extremsituationen (lange Distanzen, Unwetter in den Bergen, Höhenangst,

etc.) können Trailrunner von mentalem Training profitieren und lernen, ziel- bzw. zweckorientiert zu handeln. Je stärker eine Person mental gefestigt ist, desto weniger verspürt sie Ängste und Zweifel auf dem Weg Richtung Ziel oder in der entsprechenden Situation – auch bei widrigen Umständen. Auch die beste körperliche Verfassung nützt nichts, wenn der Kopf nicht „mitspielt“. Beim mentalen Training werden Handlungsabläufe im Kopf immer wieder durchgespielt und dadurch gefestigt und optimiert. Man entwickelt für sich eine „gedankliche“ Routine und kann somit Anforderungen und Situationen leichter bewältigen.

„AM ANFANG IST ES SCHWER ZU BEGREIFEN, DASS ES IM WETTKAMPF NICHT GEGEN DIE ANDEREN GEHT, SONDERN GEGEN EINE KLEINE STIMME IN DEINEM EIGENEN KOPF.“


„WER AM ANVISIERTEN ZIEL ZWEIFELT, WIRD SICH MIT DEM ERREICHEN SCHWERTUN.“


RENNEN / ULTRA REPORT MADEIRA TRAIL ISLAND DU MONT ULTRA BLANC TRAIL

Zach Miller, der f체r das Nike Elite Team jetzt auf Trails l채uft, siegte beim CCC 체ber 101 Kilometer und erlebte einen Zieleinlauf, den man nur einmal im Leben haben kann!

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U T M B

Um eine

Erfahrung reicher

TEXT: BENNI BUBLAK, CARSTEN DRILLING FOTOS: ULTRA TRAIL OF MONT BLANC

, DIE GESCHICHTE ZWEIER FREUNDE, DIE EIGENTLICH BEIDE HÄTTEN UM DEN MONT BLANC LAUFEN MÜSSEN. STATTDESSEN RENNT NUN ALSO EINER, UND DER ANDERE BETREUT IHN. UND DANN KAM ALLES GANZ ANDERS ALS GEPLANT ...

Müggelberge, 2013. Trail Run Berlin. Lange Treppe. Ich laufe an der Spitze. Neben mir ein weiterer Läufer in seinen besten Jahren. Pustet schon ziemlich. Wohl zu schnell angegangen, denke ich, erhöhe das Tempo, und die Lücke ist da. Läuft. Denkste. Am Ende habe ich knapp eine Minute Rückstand auf den Typen. Auf 10 km. Seitdem laufen Carsten und ich häufig zusammen. Okay, manchmal trinken wir auch nur Bier. Sogar FußballWeltmeister sind wir gemeinsam geworden. Weltmeister ist ein gutes Stichwort. Denn der Ultra Trail Mont Blanc scheint sich in ähnlichen Sphären zu bewegen. Klar, dass Carsten da laufen muss. Ich auch. Später. Dieses Mal übernehme ich die Betreuung. Dass Carsten das Rennen beendet, ist eigentlich klar. Hat er bis jetzt immer. Die Frage ist nur, in welcher Zeit. Dementsprechend locker machten wir uns auf den Weg zum Start. Oder nicht, Carsten? Die letzte Nacht vor dem Lauf verlief ähnlich wie die der ganzen Woche: schlecht. Das war für mich auch schon etwas ganz Neues. Normalerweise beschäftigt mich ein Lauf nicht so und ich kann ganz normal einschlafen und


MODE / /TRAIL-OUTFITS REPORT DENIS LÄUFT SOMMER 15 ze zu einer irrsinnigen Rechnerei, ein schier unmögliches Addieren von Distanzen bis hin zu dieser "42". Am Nachmittag renne ich wieder stumpf den Fluss hoch und runter. Die Hitze macht es nicht leicht. 20 plus 10 gibt 30. Meine Freundin empfiehlt am Abend einen Besuch am See. Das wäre gut bei diesen hohen Temperaturen. Man könnte dort am Ufer liegen und mit Freunden reden, man könnte danach noch unter freiem Himmel etwas essen gehen. In Bayern gibt es ja diese Biergärten. Sie muss mich letztlich gar nicht wirklich dazu überreden. Die Sonne geht unter. Wir sitzen noch immer im Biergarten. Das Bier schmeckt und mir fehlen 12 Kilometer. Ich hatte das völlig verdrängt. Wir fahren mit dem Auto nach Hause. Ich bitte meine Freundin den Wagen zu stoppen.

"Wozu? Was ist denn?" "Ich muss noch was erledigen."

"Wo, hier auf der Landstraße? Musst du mal?" "Nein, du kannst weiterfahren. Ich komm dann schon heim. Das passt. Alles gut. Alles in Ordnung!"

"Ich kapier es nicht. Bist ja alt genug." Kurz vor Mitternacht liege ich im Bett. Ich rannte genau 12 Kilometer in Schleifen durch die Stadt. Das Display blieb bei 42,3 Kilometer stehen und mein zweiter Marathon war in 3 Teilen besiegelt. Ob so ein Marathon in 3 Teilen überhaupt gilt? Keine Ahnung.

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Ein bißchen Abwechslung in den Bergen, aber sehr mühsam hier auf die Zahl 42,195 zu kommen!

Tag 3. So etwas wie gestern bekomme ich heute nicht hin. Ich kann unmöglich nochmals in der Stadt laufen. Der Computer bleibt aus und an diesem frühen Morgen bewege ich meinen PKW in Richtung Alpen und laufe für knapp 4 Stunden eine "Sahne-Trailrunde". Alpin, blauer Himmel, heiß, aber mit solch einem leichten Wind. Es ist wunderschön und die Zeit vergeht schnell, aber zurück am Auto stelle ich fest - 17 Kilometer. 17! In 4 Stunden. Mein Fazit auf dem Weg in die Stadt ist eindeutig und ich muss dabei erkennen, dass der Genuss groß war, aber die Distanz lächerlich gering. Es fehlen einfach noch 25 Kilometer und mir schmilzt dieser verdammte Tag einfach davon. Ich habe heute, um es präzise auszudrücken, noch zu viel Marathon und zu wenig Tag übrig. Die Konsequenz wird von meiner Freundin mit einem kritischen Blick begleitet. "Wieso läuft der am späten Abend noch durch die Stadt, wenn er doch angeblich am Vormittag schon in den Bergen war?" Ich verrate nix. Auch das soll ein Teil des Plans sein - 7 Ma-

rathons in einer Woche und keiner bekommt's mit. Ich nehme ja an, dass Pheidippides, als er von Sparta nach Athen rannte, auch nicht jedem davon erzählt hatte. Allerdings will ich nicht täglich sterben und dabei "Ich habe gesiegt" sagen. Ja, ich überlebe auch diesen dritten Tag und die dritten 42 Kilometer. Um ehrlich zu sein sind es dann auf der Uhr nur 39,5 Kilometer. Ich rede mir aber ein, dass es an diesem Tag schlussendlich doch eine Marathondistanz war, weil ich am Mittag zweimal vom Büro zur Post lief und danach mein Auto so weit entfernt von der Wohnung parken musste … ob das über 2 Kilometer waren, weiß ich nicht genau. Ich verspreche mir selbst, dass ich fehlende Meter in den folgenden Tagen noch einhole. Tag 4. Es ist kurz erklärt. Am Abend habe ich die 42 voll, aber es war ein Gewürge. Ein Sammelsurium aus mehreren Läufen. Ich bin dennoch überrascht, wie gut ich mich zwischen den diversen 10-Kilometer-Strecken erhole. Die Beine sind sehr locker. Am fünften Tag fliehe ich wieder in die Berge. Ein Freund begleitet mich und wir genießen einen Trail, der am Ende nach rund 20 Kilometern an einem See endet. Es ist perfekt. So perfekt es eben sein kann, wenn noch 22 Kilometer fehlen. Am Abend sitze ich also wieder nach. 11 Kilometer den Fluss hoch,


ICH NEHME JA AN, DASS PHEIDIPPIDES, ALS ER VON SPARTA NACH ATHEN RANNTE, AUCH NICHT JEDEM DAVON ERZÄHLT HATTE. ALLERDINGS WILL ICH NICHT TÄGLICH STERBEN UND DABEI "ICH HABE GESIEGT" RUFEN. Weil mir noch was gefehlt hat, musste ich in der Nacht raus.

besser gewesen. Mein sechster Tag ist durchzogen von Arbeit. Ich werde nervös und weiß beim besten Willen nicht, wo auch nur ein einziger Kilometer reinpassen soll. Es geht. Irgendwie geht es eben auch diesmal. Ich muss zugeben - der Spaß, der pure Spaß ist mir jedoch abhanden gekommen, und dann macht sich die Gewissheit in mir breit, dass ich mich mathematisch, planerisch völlig vertan habe und mein Projekt 42/7 ein ungelöster Fall bleiben wird.

umdrehen und zurück. Der heutige Marathon ist fertig. Meine Freundin hat mich zur Rede gestellt. Ich gestehe alles. Sie versteht. "Du läufst seit Tagen jeden Tag einen Marathon und ich soll nix merken?" Am sechsten Tag ... ... da erschuff Gott die Tiere und später am Tag den Menschen. Er hatte also am Nachmittag damals echt ein Tief. Hätte er um 10 Uhr ein Knoppers gefrühstückt, dann hätte er wohl den Menschen einfach weggelassen. Für den Planeten wäre das

Tag 7. 42/6. Das steht. Das habe ich voll, aber heute sitze ich in einem vollgestopften Wohnmobil und drücke mich hupend, fluchend und im Schweiße meines Angesichts auf der A8 in Richtung Ruhrgebiet zu unserem Revierguide in Dortmund. Die Fahrt dauert fast 10 Stunden an diesem Freitag, der viele Sommerferien-Rückreise-Menschen nach Hause bringt. Ich mittendrin. Am Abend schreiben die Wolken ein riesiges FAILED in den Himmel über dem Ruhrpott, und einige Freunde fordern mich auf, die Nacht für diesen letzten Marathon zu nutzen. Sie würden mich begleiten. Ich lehne dankend ab. Mit Niederlagen muss man umgehen, und ich muss einfach morgen weiterlaufen.


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