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MORALFRAGE

Der Berg ruft – oder willst Du ihn nur hören?

Liebe Redaktion, Ich bin mit meinem Leben im Großen und Ganzen sehr glücklich. Ich habe einen okayen Job, momentan zwar keine Beziehung, aber jede Menge Freunde im und genauso abseits des Sports. Seit ich 30 geworden bin, ertappe ich mich aber bei dem Gedanken, es später einmal zu bereuen, diese eine Chance nicht ergriffen zu haben: es einmal ausprobiert zu haben mit dem Leben in den Bergen. Dabei geht es mir gar nicht darum, plötzlich ein großartiger Athlet zu werden. Ich würde nur gern auch mal meine Feierabendläufe auf einer Berghütte ausklingen lassen und beim Downhill meine 500 Höhenmeter am Stück haben. Ist das naiv von mir? Stelle ich meinen persönlichen Spaß zu sehr in Vordergrund?

Marius aus Solingen

Ach Marius, ist das Leben nicht ohnehin schon ernst genug? Und außerdem: So unernst klingen Deine Gedanken doch gar nicht. Was uns vor allem gefällt ist, dass Du sie aus einer intrinsischen Motivation heraus formulierst. Du willst im Sonnenuntergang auf einer Berghütte sitzen und nicht andere mit neuen Bestzeiten beeindrucken oder auch permanent so tolle Bilder aus den Bergen posten. Dein Job sei okay, schreibst Du. Okaye Jobs gibt es viele. Aber ob das mit guten Freund:innen genauso ist? Manche Dinge sehen aus der Ferne einfach spielerischer und spektakulärer aus. Instagram-Profile zum Beispiel. Was wir damit sagen wollen: Es könnte gut sein, dass es nicht an Deinem Lauftalent liegt, dass das mit den Bergen und Dir doch nicht nur großartig werden wird, sondern an Deinen eventuell allzu romantisierenden Erwartungen. Du kennst die Berge vielleicht bereits ganz gut, aber eben aus dem Urlaub oder von Reisen zu Rennevents. Damit aber genug unserer Skepsis – jetzt sprechen wir Dir Mut zu. Trau Dich, Nur: Was spricht gegen ein Sicherheitsnetz? Vermiete Deine Wohnung erstmal unter. Frag Deinen Chef, ob Du nicht zunächst ein Sabatical nehmen kannst. Du bist nicht auf der Flucht, sondern auf der Suche. Kein Grund, alle Türen hinter Dir zuzuschlagen und alle Verbindungen zu kappen. Am Ende geht es doch darum, den Ort zu finden, an dem Du ganz bei Dir sein kannst. Und nicht um irgendwelche idealtypischen Vorstellungen eines Lebens als Trailläufer:in. Frage Dich also ganz unbedingt auch: Wo würde ich denn am liebsten sein, wenn das mit dem Laufen so gar nicht meine Sache wäre? Bei Deinen Freund:innen in Solingen? Dann hebe Dir die Berge auch weiterhin für den Urlaub auf.

Frage Dich ganz unbedingt auch: Wo würde ich denn am liebsten sein, wenn das mit dem Laufen so gar nicht meine Sache wäre?

LESS MEANS FASTER.

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