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MORALFRAGE

MORAL Paarlauf Aus dem Gleichschritt gekommen.

Zwei gehen gerne gemeinsam auf die Trails. Nur wäre die eine eigentlich viel schneller fertig als der andere. Wie damit umgehen, wenn sich in einer (Lauf-)Beziehung Leistungsunterschiede auftun?

Meine Lebensgefährtin und ich sind gemeinsam erst zum Laufen und bald darauf zum Trailrunning gekommen. Ich als langjähriger Sportmuffel. Sie war als Jugendliche im Schwimmverein, hat lange Volleyball gespielt, ist Bouldern gegangen. Dennoch, auf den Trails hatten wir immer ein gemeinsames Tempo. Bis wir uns öfter auch zu Wettbewerben angemeldet haben und meine Partnerin dadurch eine andere Perspektive auf den Sport entwickelt hat. Vielleicht habe ich das auch zu spät gemerkt, mir ging es immer nur darum gemeinsam durch die Berge zu rennen, für die Atmosphäre, das Finishershirt, jedenfalls nicht für den Blick auf die Ergebnisliste. Jetzt, nach Corona, überraschte Sie mich mit dem Wunsch mal ein Rennen nur für sich zu laufen. Ich reagierte, zugegeben, ziemlich verschnupft. Umgekehrt merke ich, dass mir ihr und damit unser gesteigerter Trainingsaufwand zu intensiv und zehrend geworden ist und ich das Laufen kaum mehr als Erholung und Entspannung empfinde. Gleichzeitig habe ich Angst, diese gemeinsame Leidenschaft aufzugeben. Wie löse ich dieses Dilemma?

Thomas, Neustadt a.d. Weinstraße

Du sagst es ja selbst: Trailrunning ist Eure gemeinsame Leidenschaft. Und daran soll sich auch nichts ändern. Momentan tut ihr aber beide alles dafür, dass es genau dazu kommt. Deine Freundin fragt sich nach jedem Wettbewerb vermutlich, zu welcher Leistung sie eigentlich fähig gewesen wäre? Vielleicht sogar ein Podiumsplatz in der Altersklasse? Du hast das Laufen, und den Sport überhaupt, als etwas kennengelernt, dass Dir gut tut und merkst nun, dass dem zunehmend nicht mehr so ist. Deine Freundin ist früher um Kreismeisterschaften geschwommen und hat in miefigen Turnhallen um Satz und Sieg gekämpft. Du denkst Dir, ist doch egal wer gewinnt. Dem mag so sein. Nur geht es doch darum, dass Ihr am Ende beide nicht verliert. Selbst wenn Deine Freundin künftig einem ambitionierten Trainingsplan folgt, bleiben sicher noch zwei Trainingseinheiten in der Woche im gemeinsamen Tempo. Selbst wenn Sie im nächsten Jahr an der Zugspitze mal länger und schneller laufen will, als es Dir Spaß macht, ihr habt noch gemeinsame Tage und Touren in den Bergen. Und wenn Du Dich einmal vom Druck löst, Ihrem Leistungsanspruch zu genügen (sei es aus falsch verstandenem Stolz oder falsch verstandener Freundschaft), vielleicht gefällt Dir dann auch die neue Rolle, als Supporter, Cheering Group, als der, der ihr den Rücken freihält. Umgekehrt würden wir Deiner Freundin, hätte Sie uns denn geschrieben, aber genauso raten, ob der neuen Leistungslust nicht den Spaß, und damit meinen wir den gemeinsamen Spaß am Laufen, zu vergessen. Vermutlich fällt Ihr das auf Eurer gemütlichen Mittwochsrunde viel leichter, wenn sie sich montags schon richtig ausgepowert hat.

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