Trail Magazin#6/2023

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DAS LAUFMAGAZIN NR.1 FÜR TRAILRUNNING

NEWS & JOURNAL / MEINUNG / PRAXISTEST: HIGHLIGHTS FÜR DEN HERBST

TRAIL MAGAZIN

06

2023 November Dezember

TRAINING

RADSPORT, RUGBY, SCHWIMMEN UND CO. WAS WIR VON ANDEREN SPORTARTEN LERNEN

6 starke Stirnlampen für lange Nächte

Die VizeWeltmeisterin im Porträt

Alpenüberquerung Vom Nonstop-Lauf bis zum Transalpine Run

Myvirtualtrail: 3 tolle Runden für den Herbst

NAVIGATION E

Katharina Hartmuth

Trailschuhe der Stars: 6 neue Race-Modelle

Ruhe vor dem Sturm: ganz nah am Startschuss

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ALLES ZUM UTMB

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Florenz, Chianti 2 Hightech& Co.: Wir waren in Produkte zur der Toskana Regeneration


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EDITORIAL Liebe Freunde und Freundinnen, liebe Alle, das sich im letzten Viertel laufende Trailrunning-Jahr 2023 hinterlässt Spuren. Als Redaktion sind wir ganz schön mit all dem beschäftigt, was alles innerhalb des Sports, der Wettkampf-Szene oder Produktentwicklungen passiert. Vieles davon begeistert uns, vieles lässt uns staunen – beispielsweise, wenn Jim Walmsley in Rekordzeit den UTMB gewinnt, Courtney Dauwalter die drei wichtigsten Ultratrails innerhalb eines Jahres für sich entscheidet oder Remi Bonnet einen Rekord bricht, der seit 1993 stand und als unschlagbar galt. Dann erreichen uns neue Trailschuhe, die beeindruckend leicht geworden sind und uns allen zu scheinbar neuen persönlichen Höchstleistungen verhelfen könnten. Als Trailrunners sehen wir uns aber auch inmitten einer Welt, die sich rasant verändert und von uns erwartet, dass wir das auch tun. Wir müssen unser Laufen hinterfragen, unser Konsumverhalten definieren und wohl auch unsere Mobilität auf den Prüfstand stellen. Laufen bleibt selbstverständlich Laufen, aber vieles darum herum beeinflusst unser Hobby. Im TRAIL Magazin sehen wir in keinem Fall ein Heft, dass missionieren möchte oder eine bestimmte Meinung auferlegen will und doch möchten wir auch in Zukunft mehr beschreiben als reine Bewertungen von Ausrüstungen, Wettkämpfen oder neuen Energygels. Dieser Sport ist für uns immer auch eine unermüdliche und vitale Verabredung von unterschiedlichsten Menschen, die sich auf die Laufbewegung und das Erleben in der Natur verständigt haben. All die Geschichten, die daraus zwangsläufig entstehen, müssen in TRAIL erzählt werden – mit allen Konsequenzen, Unbequemlichkeiten und Widersprüchen. Viel Spaß mit dieser Ausgabe

4 Menschen dieser Ausgabe

Paul Goy

Im letzten Jahr sammelte Paul irrwitzig Höhenmeter, rannte rauf und runter. Nun kam eine Strecke hinzu und der Weg führte ihn nonstop über die ganzen Alpen. Seite 48

Zach Miller

wurde Zweiter beim UTMB und vielleicht Erster der Herzen, denn wie der US-Amerikaner die letzten Meter lief, war beeindruckend. Seite 30

Georgios Orfanidis

Dass man mit über 60 noch große Ziele auf Trails verfolgen kann, beweist Georgios seit Jahren. Diesmal war er bei einer Premiere dabei. Seite 64

TRAIL-Herausgeber Denis Wischniewski Dachte einmal, dass es nur ums Laufen geht, wenn wir über das Laufen sprechen, aber im Laufe der Jahre hat er festgestellt, dass es einiges mehr ist. Nun stellen sich ihm plötzlich große Fragen, die er im Laufschritt beantworten soll und er fühlt sich überfordert. Was hilft da? Laufen? Ja, vermutlich Laufen. Es ist ein Kreislauf.

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Courtney Dauwalter

ist die ultimative Mrs. Ultratrail und schaffte in diesem Jahr etwas fast Unmögliches. Sie siegte bei den drei international wichtigsten Rennen der 100 Meilen Distanz. Seite 30


INHALT

STANDARDS EDITORIAL 3 INHALT 4 NEWS 14 MYVIRTUALTRAIL.DE 90 IMPRESSUM 87 PRAXISTEST 92 MORALFRAGE 98

15 Jahre Trail 2008 - 2023

46 6 FOTOSTORY

Ein Wettkampf ist nur so gut wie er zuvor für Anspannung sorgt. Unsere großen Fotos zeigen die Situationen vor dem Startschuss. Zwischen Nervosität und Coolheit.

14 NEWS/JOURNAL

76

16 44 STIRNLAMPEN

Die Auswahl an Stirnleuchten die für temporeiches und langes Trailrunning geeignet sind ist groß geworden - unsere Tipps!

Denis Kolumne, Produkte, Pro & Contra,Events, Schuh-Klassiker, Transvulcania, UTMB-Index, Salomon Thundercross, ...

29 48 LANG! 24 TÜFTLER

Paul Goj wollte es wissen - kann man eine Alpenüberquerung nonstop laufen? Von Garmisch bis an den Gardasee!

Bei All Triangles in Annecy wird zwar auch gebouldert, aber vor allem für The North Face getüftelt.

64 TRANSALPINE

Bereits zum 18.mal ging es in sieben Etappen über die Alpen. Erstmals seit Gründung des TAR auch für Solorunner - wir haben einen begleitet.

68 TRAINING

Was können wir von anderen Sportarten lernen? Lars Schweizer erklärt was wir uns bei Triathlon, Eishockey und co. abschauen sollten.

52 TOSKANA

Zwei Redakteure und drei Regionen in der Toskana. Sie kamen verzaubert zurück und verraten wo genau sie liefen.

30 UTMB

Wir waren eine ganze Woche in Cahmonix beim größten Trailrunning-Event der Welt.

Meinung 68 Hendrik Pfeiffer 82 Regenerations-Tools 64 Moral 98

20 6/2 0 1 8 4 6/2023

76 TRAILSCHUHE

Das sind die Wunderwaffen der Profis und sieben neue Modelle, die ganz oben ansetzen. The North Face, Salomon, Terrex, Hoka, New Balance, ...

82 PORTRÄT

Katharina Hartmuth wurde in diesem Sommer Vize-Weltmeisterin und Zweite des UTMB. Grund genug die junge Frau aus Zürich zu treffen.


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FOTOREPORT Vor dem Start Text : BENNI BUBLAK

VORSpann

Früher wurden Kinofilme bereits nach ihrem Vorspann bewertet - das war ein wichtiger Teil des Gesamtkunstwerks und so ist es auch bei einem Trailrennen, weil alles vor dem Startschuss unfassbar kribbelig und spannend ist.

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5/2023 6/2023 Alle Fotos: The adventure bakery


FOTOREPORT Vor dem Start

Alle Fotos: The adventure bakery

Ich

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5/2023

gebe zu, alles hat etwas abgenommen über die Jahre. Die Nervosität. Die Angespanntheit. Der Fokus. Die Vorfreude leider auch ein wenig. Die Gefühle und Emotionen, die man spürt, wenn das Saisonhighlight kurz bevor steht, sind etwas ganz Besonderes. Ich erinnere mich an meinen ersten Trail Wettkampf. Ein Marathon im alpinen Pitztal. Alter Schwede, war ich aufgeregt. Ich wusste ja kaum, was mich erwartet. Monatelang hatte ich auf diesen Tag hintrainiert und nun war er da. Zumindest nur noch eine Nacht entfernt. In der kleinen Pension am Ende des schmalen V-Tals habe ich meine Rennausrüstung auf dem Bett ausgebreitet. Selbst die Schuhe. Kein Problem, schließlich hatte ich sie zuvor blitzblank geputzt. Die Startnummer hatte ich mindestens fünf Mal am TShirt befestigt, bis ich zufrieden war mit dem Resultat. Und im Internet


Foto: Martina Valmassoi

studierte ich jede der spärlichen Infos, die ich über den Lauf finden konnte, dreifach. Ehrlich gesagt hatte ich dennoch keine Ahnung, auf was ich mich eingelassen hatte. Ich wusste weder, wie ich 3.000 Höhenmeter überleben sollte, noch ob die zwei Snickers und zehn Gummibärchen, die ich in meinen Laufrucksack stopfte, genug Kohlenhydrate enthielten, um mich durch das Rennen zu bringen. Aber gerade diese Naivität und Blauäugigkeit machten das ganze Unterfangen umso spannender. Ich weiß noch, dass ich ewig wach lag, mich von einer Seite auf die andere wälzte, dreimal aufs Klo ging (vier Liter Wasser zu trinken, war vielleicht doch etwas viel) und mir noch fünfmal das Höhenprofil anschaute, bevor ich endlich einschlief.

Und heute? Bin ich froh, wenn ich den richtigen Schuh und meine Lieblingslaufhose eingepackt habe. Etwas, was ich mit Sicherheit immer vergesse, ist das Startnummernband. Naja, ein Glück gibt es Sicherheitsnadeln im Startersackerl. Gutes Stichwort: An seine Startnummer heranzukommen, kann ja heute zur tagesfüllenden Aufgabe werden. Bändchen abholen… wie Du hast Deine Pflichtausrüstung nicht mit? …Ja, aber ich laufe doch erst morgen…es rächt sich eben doch, wenn man die 10-seitigen Informationen, die der Veranstalter vor dem Rennen per Mail verschickte nur grob überfliegt. Endlich habe ich alles für den morgen anstehenden Ultratrail zusammengepackt. Eine Arbeit, die ich schon lange nicht mehr mit dem gleichen Enthusiasmus verrichte, wie früher. Ich lege mich hin und bin innerhalb weniger Minuten eingeschlafen.

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6/2023

Sollte ich mir Sorgen machen, dass ich nicht mehr vor jedem Rennen aufgeregt bin wie ein kleiner Junge am Vorweihnachtsabend? Ich glaube nicht. Auf auffällig vielen Aufnahmen dieser Bilderstrecke sind Top-Athlet:innen zu sehen, die die Beine hochlegen – sogar ausgesprochen hoch. Tatsächlich ist diese Fähigkeit nicht unwichtig heutzutage: Die Ruhe bewahren vor dem großen Tanz, cool bleiben, keine unnötige Energie verschwenden und sich vor allem nicht anstecken lassen von dem Tamtam der ganz großen Events. Und das kann ich dann doch ziemlich gut inzwischen. Insgeheim muss ich es mir aber doch eingestehen: An so manchen Tagen wünsche ich mir, es doch noch einmal erleben zu dürfen: Dieses aufregende Kribbeln im Bauch. Am Vorweihnachtsabend. Oder eben vor einem großen Trailrunning- Rennen.


FOTOREPORT Vor dem Start

Alle Fotos: The adventure bakery

Am Tag vor dem Wettkampf muss ein lockeres, freudvolles Läufchen doch erlaubt sein. Einfach die Beine so kurz vor dem Start ein wenig vorglühen.

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FOTOREPORT Vor dem Start

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Alle Fotos: The adventure bakery

Ach, Herrje, ist das alles spannend vor so einem Rennen - Beine immer hochlegen, die Getränke richtig mischen und zuletzt einen Drücker

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TICKER +++ Österreicher Andreas Rieder gewinnt die 50 Meilen des Nice Côte d’Azur by UTMB

NEWS&JOURNAL LANDSCHAFT

DER TRAIL IST WEG!

Foto: Markus Greber

Fotos: Thomas Bekker

War da nicht früher noch ein Trail? Immer öfter müssen schmale Pfade breiten und befestigten Wegen weichen. Ein Jammer. Nicht nur aus der Läufer-Perspektive.

Ich laufe auf einem mir bekannten Trail, springe über Wurzeln, überlaufe ein paar Steine und erfreue mich an den Schnörkeln, die der Unterarmbreite Weg so vorgibt. Doch plötzlich ändert sich das Landschaftsbild. Wo sich früher mit absoluter Sicherheit ein Pfad befand, liegt nun ein befestigter Weg vor mir: breit, bekiest und begradigt. Ein Glück bin ich allein im

Mir liegt es natürlich fern, die Klientelinteressen der Pfad-Läufer:innen über alles andere zu stellen. Aber eigentlich sollte jedes Lebewesen ein Interesse daran haben, den Wald- und Naturraum möglichst unberührt zu belassen.

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Wald. So sind es nur ein paar Vögel und Käfer, die mein lautstarkes Fluchen ertragen müssen. Ich denke, die meisten Trailrunner:innen können mein Verlustempfinden aus eigener Erfahrung nachempfinden. Immer neue Schneisen werden in die Wälder geschlagen, um sie zugänglich für große Wirtschafts-Maschinen zu machen, die Bäume roden und Holz abbauen. Ein profitables Geschäft. Zugegeben, manchmal dient die künstliche Begradigung auch nur dazu einer vier-


rädrigen Kutsche für Kleinstlebewesen, namens Kinderwagen, den Weg von der Gondelstation zur Alm zu ebnen. Tatsächlich bin ich in dieser Frage kleinlich. Ein Pfad (im englischen Trail) ist laut Definition ein nur von Fußgängern benutzter, schmaler Weg. Ursprünglich entstanden, indem Menschen oder auch Tiere einen immer gleichen Weg wiederholt austraten. Wer sich als Läufer auf solch einem Pfad bewegt, wird also nicht nur Gefallen daran finden, natürlichen Hindernissen auszuweichen, sondern außerdem das Gefühl erfahren, sich in unberührter Natur zu bewegen. Auf einer breiten Forststraße bleibt dieses Gefühl gänzlich aus. Sowohl die Freude am unrhythmischen Laufen als auch am unmittelbaren Naturerlebnis. Ein Trailrun ist für mich also nur ein Trailrun, wenn er zu einem nicht unerheblichen Anteil auf eben solchen Wegen stattfindet. Mir liegt es natürlich fern, die Klientelinteressen der PfadLäufer:innen über alles andere zu stellen. Aber eigentlich sollte jedes Lebewesen ein Interesse daran haben, den Wald- und Naturraum möglichst unberührt zu belassen. Insbesondere die Menschen, profitieren sie doch in erheblichem Maße von gesunden Wäldern. Kohlenstoffspeicherung, Kühleffekte, Artenvielfalt, Wasserspeicherung – all diese Aufgaben und viele mehr erledigt ein unberührter Wald um ein zigfaches besser als ein monokultureller, mit Forstwegen durchzogener Wirtschaftswald. Bliebe noch die Trail-Zerstörung legitimiert durch Kinderwägen. Ganz dünnes Eis. Ich wage mich mit einem diplomatischen Ansatz aus der Deckung: Liebe Mütter, liebe Väter, ich weiß aus eigener Erfahrung: So ein Kind plus Tragegestell kann richtig schwer werden. Noch viel schwerer allerdings ist es, ein gelangweiltes Kind, das inzwischen definitiv zu schwer zum Tragen ist, auf einer öden Forststraße, auf der jeder Meter aussieht wie der andere, zur Fortbewegung zu animieren. Spätestens also, wenn das Subjekt der Zuneigung eben jene durch lautes Gebrüll zum Wanken bringt, werdet ihr den Trail, welcher hinter jeder Biegung eine neue spannende Spiel-Möglichkeit offenbart, lieben lernen. Denn da verhält es sich mit den Kinder wie mit den Trailrunner:innen: Wenn sie im Wald spielen wollen, lasst sie doch bitte.

Donnerwetter! Zwischen all den Spezialisten präsentieren Salomon nun auch mal wieder einen klassischen Allrounder, der mit viel Dämpfung, moderatem 4mm-Drop und ausgeprägten 5mm-Stollen den Schritt ins echte Gelände selbstbewußt gehen darf. Für 140 Euro bekommt man den THUNDERCROSS, einen Trailschuh mit breitem Einsatzgebiet. www.salomon.com


NEWS&JOURNAL MEINUNG

PRO/CONTRA

Trailrunning hat in Chamonix sein Alpe D’Huez gefunden. Die Pro Trail Runners Association äußerte Bedenken. Vertragen sich Zuschauermassen mit einem Sport, dessen Stadion die Natur ist?

PRO Denis

CONTRA Benni

Die ProTrailrunnersAssociation ist und bleibt mir eine Art Enigma. Ich weiß nicht so recht, was sie wollen, diese vereinigten Profi-Trailrunners. Dass sie sich in einem Post kritisch zu den Zuschauermassen an einigen Streckenspots des UTMB 2023 äußern, kann ich nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen. In dieser Logik müsste man auch das Oktoberfest in München bestreiken. Tut aber niemand – man geht ganz einfach nicht hin, wenn einem dort zu viel los ist. Genau so sollten es Trailrunner mit dem UTMB auch halten. Einfach meiden, wenn man sich an den Menschen an der Strecke stört, die einmal im Jahr den Sport und ein tolles Event abfeiern, einmal nahe an den Heldinnen und Helden dran sein wollen. Nochmals: der UTMB in Chamonix und seine Ausmaße, seine drei oder vier Cheeringpoints an einer 170 Kilometer langen Runde ist eine absolute Ausnahme im Kalenderjahr unseres Sports. Es mag da noch Zegama geben, aber dann wars das. In 99,999 Prozent aller Fälle läuft man als Trail-Profi komplette einsam auf seiner Wettkampfstrecke. Manchmal geht es im Trailrunning übrigens auch nicht nur um die aktiven Sportler, sondern auch um aktive Zuschauer. Dass mehrere hundert Menschen auf einem Bergplateau für Natur und die Tiere dort nicht zuträglich sind ist mir übrigens klar. Es bleibt eine Abwägung und ich sage es ist einmal in 365 Tage schön und gut. Nö – sogar wichtig! Die Wiesn übrigens auch.

Die Unabdingbarkeit der Wiesn ist mir als Norddeutscher Pils-Trinker bis dato verschlossen geblieben. Aber das ist wahrscheinlich in Ordnung so. Die Notwendigkeit einer Pro Trailrunner Association erschließt sich mir da schon intuitiver. In einem schnell wachsenden Sport, in dem wirtschaftliche und kommerzielle Kräfte der Gefahr der Verselbstständigung unterliegen, ist es immer gut wenn die Protagonisten selbst, nämlich die Athlet:innen, ihre Interessen mit einer vereinten und damit starken Stimme Ausdruck verleihen. Dass die ekstatischen Zuschauermassen am Rande der UTMBStrecke auch schon eine Bedrohung dieser Interessen darstellen könnten, hat einige irritiert. Das kann ich nachvollziehen. Was aus dem durchaus sehr reflektiert formulierten Statement der PTA spricht, ist auch weniger die Angst vor den Zuschauern, sondern vielmehr die Sorge um unser Habitat, die Natur und die Berge. Diese Sorge teile ich. Zugegeben, auch ich sehe deutlich größere ökologische Probleme als ein paar Hundert Trailrunning-Fans. Aber eine Vereinigung professioneller Trailrunner:innen kann eben auch nur die Hebel umlegen, die ihnen zugänglich sind. Und ob Pyrotechnik, Kettensägen und Megaphone auch am Berg eine gute Figur abgeben, darf durchaus zur Disposition gestellt werden. Selbst der Sympathisant der Fußball-Ultra-Bewegung, der ich absolut bin, ist in dieser Frage noch unentschlossen.

16 6/2023

Foto: Ian Corless

Stufen zum Glück? Es ist ein steiler und zunehmend beschwerlicher Weg zu UTMB


TICKER +++ Eleanor Davis und Jim Walmsley gewinnen die 100 Kilometer des Nice Côte d’Azur by UTMB

NEWS

L E S E R : I N N E N F R AG E N

Ehrenamt und Ehrensache

UTMB Index

Ihr habt Fragen, Anregungen, Meinungen? Immer her damit, wir antworten gerne. Am besten an leserbriefe@trail-magazin.de Ich bin auf einen aktuellen Fernsehbeitrag gestoßen, der sich kritisch mit dem Übertourismus in den Alpen auseinandersetzt. Die Rede kam immer wieder auf Trailrennen wie den ZUT und darauf, dass sich Wanderer und Sportler häufig überschätzen und manche sogar die Möglichkeit einplanen, sich notfalls halt von der Bergwacht retten zu lassen. Und sei es nur aufgrund einsetzender Dämmerung. Die zumeist ehrenamtlichen Bergretter haben um einiges mehr Einsätze als noch vor einigen Jahren. Ich bin selbst begeisterter Läufer, hier in der Pfalz, aber auch in den Alpen, und finde, Ihr solltet dieses egoistische Verhalten in Eurem Magazin zum Thema machen. Udo Gansert aus der Pfalz Lieber Udo, womit Du Recht hast und was wir noch öfter betonen sollten: Wir Menschen wollen heute alles möglichst schnell, auch beim Trailrunning. Die Akribie und die Demut. mit der sich früher Läufer:innen mehrere Jahre etwa auf einen Transalpin Run vorbereitet haben, ist nicht mehr bei allen gegeben, was die Unfallgefahr auf alpinen Trails sicher erhöht. Aus Gesprächen, etwa mit Tourismusverbänden, wissen wir aber auch: Die Zahl der Bergunfälle, die unseren Sport betreffen, sind in Relation zur deutlich wachsenden Zahl an Trailläufer:innen nicht signifikant gestiegen. Übrigens haben auch wir die WDRDoku "Alptraum Alpen" gesehen: Und was Rennveranstaltungen wie den angesprochenen Zugspitz Ultratrail betrifft, liegt die Sache etwas anders als dort geschildert. Nicht nur in Deutschland wird die Bergwacht von einem Rennveranstalter engagiert und vor allem für ihre Arbeit bezahlt. Niemand muss aus seinem ver-

dienten Feierabend heraus einen Läufer oder eine Läuferin vom Berg holen. Wir sehen in einem mit Verstand und Bedacht geplanten und durchgeführten Event keinen Schaden für den Naturraum Alpen. Wohl aber in überbordenden Infrastrukturbauten einer Freizeitindustrie. Ein Appell muss also lauten: nicht immer dort und dann umherzulaufen, wo und wann es bereits zu viele tun. Was im Großen spektakuläre FastestKnown-Time-Projekte sind, ist im Kleinen die Hast nach einem StravaSegment. Einmal selbst der oder die Schnellste sein. Ich finde das faszinierend, ahne aber auch, wie leicht sich dabei Schummeln liese. Mal kurz das Mountainbike zu nehmen, würde beispielsweise kaum auffallen. Seht Ihr da eine Gefahr?

Courtney ist der neue Kilian. Zumindest, wenn man ab dem kommenden Jahr auf den UTMB-Index guckt, so etwas wie die Weltrangliste des Trailrunnings. Wurde bisher nämlich die individuelle Zielzeit, in Relation zur Länge eines Rennens, in Punkte umgerechnet, werden künftig Athleten und Athletinnen nach einem unterschiedlichen Koeffizienten bewertet. Weshalb, wir haben es einmal durchgerechnet, der bisherige UTMB-Index von Courtney Dauwalter, nämlich 835 Punkte, auf mehr als 1000 Punkte steigen wird. Zum Vergleich: Kilian Jornet hat aktuell 946, Remi Bonet 943 Punkte. Ist das neue Rechenmodell also gerechter und emanzipierter? Einerseits entfällt nun der sicher reizvolle Vergleich, auf einen Blick zu sehen, wie weit eben eine Courtney Dauwalter in die Männerelite hineingerannt ist. Gerecht aber ist, auf den ersten Blick zu sehen, dass es eben eine Athletin ist, die aktuell die eine Ausnahmeerscheinung auf den Trail ist. Hilfreich ist an dieser Stelle auch eine Szene aus dem Straßenlauf: Beim aktuellen Berlin-Marathon lief die Äthiopierin Tigst Assefa einen Fabelweltrekord. Dem offiziellen Livestream des Rennens war das Frauenfeld aber gerade mal 24 Minuten Sendezeit wert. Es ist also noch viel zu tun und der neue UTMB-Index sogesehen schon einmal ein Anfang.

Anne Michel, Schweinfurt Liebe Anne, die sehen wir. Und spätestens bei einem der unendlich vielen Strava-Segmente, vermutlich aber auch kleineren regionalen FKT-Projekten wird so etwas schon vorgekommen sein. Nur ist es aber so, dass es bei sowas, wie es Redaktionskollege Benni gerade über den Schreibtisch raunt, "keinen Blumentopf zu gewinnen gibt". Die Motivation für einen Betrug also einzig in der persönlichen Eitelkeit eines Läufers oder einer Läuferin zu suchen ist. Was die kriminelle Energie deutlich minimieren dürfte. Außerdem: Wer so handelt, betrügt sich vor allem selbst. Und hier haben wir die begründete Hoffnung, dass die Liebe zum Sport bei den meisten größer ist als das eigene Ego. Wir begleiten unsere eigene My–Virtual-Trail-Serie durchaus aufmerksam und haben dort, ganz ehrlich, noch keine Ungereimtheiten notiert.

17 6/2023

Wieder alleine! Rolle Rückwärts: Der nächste Transvulcania am 11. Mai 2024 wird nicht mehr unter der Flagge der UTMB World Series stattfinden. Dies teilten die Organisatoren kürzlich in einer Pressemitteilung mit, die nicht mit Pathos sparte: „Wir wollen, dass ein Juwel wie der Transvulcania seinen Glanz zurückgewinnt und wieder den Einwohnern von La Palma gehört.“ Ein sehr konsequenter, aber auch mutiger Schritt. Es wird sich zeigen, ob das Rennen über den Vulkan wieder zu altem Prestige zurückfinden wird, oder ob es durch diesen Schritt noch mehr Schwierigkeiten bekommt, Elite-Läuferinnen auf die Insel zu locken.


NEWS&JOURNAL

DENIS’ KOLUMNE Liebe Freunde, liebe Freundinnen, liebe Alle, es ist soweit. Ein unterdurchschnittliches Lauf- und Trailrunning-Jahr neigt sich dem Ende. Mit nunmehr 50 Jahren bewerte ich jedes Jahr auch als eine „Saison“ und vergleiche diese mit allen vorhergehenden Saisons. Das sollte man natürlich nicht tun, aber ich mache es eben. So war also dieses 2023 für mich eine Art Rohrkrepierer. Was hatte ich nicht alles vor, um schließlich so gut wie nicht zu laufen. Ein Auf und Ab. Immer dann, wenn ich in Form kam, kam etwas dazwischen. Der Rücken. Der Rücken. Die Arbeit. Dann wieder Rücken. Ich wollte den TDS laufen, ein 145 Kilometer langen Ultratrail, um an den Qualifikationskriterien zu scheitern und um anschließend festzustellen, dass ich niemals nie die Form dafür gehabt hätte. Stattdessen erfreute ich mich zwischen den Bandscheibenvorfällen, phasenweise, über kleine Gipfelläufe, über Läufe, die oft nur eine oder zwei Stunden lang waren. Ich lernte in diesem Jahr erstmals, mit wenig zufrieden zu sein und ja, auch damit, überhaupt zu laufen. Immer wenn ich laufen konnte, war es ein Hochgenuss, weit intensiver im Glück als jemals zuvor. Ich lernte in diesem besonderen Sommer, in diesem irre heißen Sommer, eine neue Art des Laufens kennen, ich fand einen anderen Zugang dazu und auch, dass man vieles ausblenden muss, um wieder ganz nahe, ganz intensiv an das simple Laufen zu kommen.

Eine Sache dieses Neubeginns war das Akzeptieren. Beispielsweise, dass ich über eine Hürde während meiner Läufe, vor allem zu Beginn, während der ersten 20 oder gar 30 Minuten nicht drüber kommen konnte. Statt diese ersten Anstiege, wie vor Jahren, in hohem Tempo zu laufen und meinen Puls mit lässiger Selbstverständlichkeit an die Grenze zu treiben, fiel es mir schwer und war fast unmöglich, in diesen Qualmodus zu schalten. Also ging ich. Ich wanderte. Ein zugeben komisches Gefühl, weil ich mich stets als jemand sah, der lief, der von der Haustüre weg beschleunigte, den langen Schritt auf das Parkett legte. Und nun? Langsam in den Lauf finden, das System mit Ruhe nach oben fahren. Es war fast so als ob ich meinen Körper auf diesem ersten Abschnitt meiner Runs stückweise überreden musste, doch etwas Tempo zuzulegen. „Bist du nun warm? Darf ich nun um etwas mehr Geschwindigkeit bitten? Danke. Sehr nett!“ Der Kopf will, der Körper nicht. Der Körper könnte, der Kopf mag aber jetzt nicht. In diesem heißen Sommer war ich also mehr als jemals zuvor ein feiner Beobachter anderer Menschen, die teilweise viel und sogar sehr viel liefen, die im Prinzip das ganz selbstverständlich und feierlich taten, was ich vor noch vier oder fünf Jahren tat. Erschreckend dabei – wie fremd es mir manchmal vorkam. Es war, als ob ich hier und da aus einem magischen Kreis heraustrat und separiert von außen einfach zuschaute. Verdammt und pensioniert. Frühverrentung. Verdammt nochmal. Zwei gute Freunde rannten in diesem heißen Sommer einen alpinen Ultratrail nach dem anderen. Sie erschienen mir bei Treffen und in Gesprächen wie Übermenschen, wie Typen, die komplett einem normalen Leben entrückt sind. Dass sie eigentlich nur das tun, was ich tat … Das mit dem Abschließen ist nicht

18 6/2023

meine Sache. Es ist nicht mein Stil. Ich kann mit 50 nicht diese Türe schließen und sagen, dass es schön war, aber ich jetzt auf die Tribüne gehe und sitzend nur noch ein Zuschauer bin. Ich könnte das machen, aber der Drang und mein Wunsch, auch ein aktiver Teil dieser Community zu sein, ist zu stark. Es ist noch immer so ein richtig pulsierendes, lebendiges Ding in mir. Ich will auf diesem Trail wieder Abenteuer erleben, ich will mir so eine Startnummer abholen, diesen Laufrucksack am Abend packen, die Lampen aufladen, den Schritt mit Melkfett einreiben und anderen Menschen roboterhaft durch eine lange Nacht folgen, sie überholen und mich überholen lassen. Ich will nach viel Leiden und Schmerzen auf diesen letzten 1000 Metern von 100 Kilometern, wie von der Tarantel gestochen vom Schlappschritt und einen dynamischen Laufschritt eines 4:15er Schnitts wechseln und mit aller gebündelter Energie ins Ziel einlaufen, um dort auf dem Boden zu liegen und in einer vollkommende Zufriedenheit zu zerfließen. All das will ich wieder. Dass Trailrunning keine für immer gesetzte Sache, keine uneingeschränkte Gewissheit auf alle Zeit ist, wurde mir in diesem Sommer 2023 klar. Ich war ein Beobachter. Und nun soll es noch eine Runde weiter gehen. Es soll Ende Februar starten. Ganz früh im Jahr, um bereits im Dezember und Januar keine Ausreden mehr zu finden. Die Transgrancanaria über 135 Kilometer hatten mir vor zehn Jahren schon einmal gezeigt, wo der Hammer hängt – ich kam an und musste sehr dafür kämpfen. So wird es wieder sein. So will ich es vermutlich. Und dann will ich direkt in das Frühjahr durchrutschen und mit Hochform in den Sommer starten. Es soll ein 2024 im Zeichen des Sports werden. Ich möchte ein stabiler Typ sein. Ein Typ, von dem man sich erzählt, dass er doch trotz seiner 51 Jahren so gut beieinander ist und noch durch die Berge springt, wie ein junger Mann.


TICKER +++ Sieben Neuzugänge im Salomon Para-Athleten-Team: www.youtube.com/watch?v=tsnqkwOvZSw

GOLDEN, SKY UND BY UTMB Wer dachte nach dem großen Highlight in Chamonix Ende August wäre erstmal die Luft raus, irrte sich gewaltig. Auch im Spätsommer gab es viele großartige und hart umkämpfte Trailrunning-Events. Bei vier internationalen Highlights schauten wir genauer hin

Pikes Peak Marathon

Etwas mehr als 2 Stunden brauchte Matt Carpenter vor 30 Jahren für den 21 Kilometer langen und 2300 Höhenmeter schweren Berglauf. Der Rekord, welcher ohnehin schon als unerreichbar galt, rückte in weite Ferne als am Renntag Neuschnee die steinigen Trails bedeckte. Doch Remi Bonnet ließ sich davon nicht beunruhigen und schaffte das, was vorher als unmöglich galt: Er erreichte das Ziel 46 Sekunden schneller als Carpenter vor 3 Dekaden: „Ich wusste, dass die Crux in der Höhe lag. Ich habe die letzten 20 Tage in einer Höhenkammer geschlafen und trainiert." äußerte sich der Salomon Athlet im Ziel. Bei den Damen siegte Sophia Laukli.

Mammoth 26 K

Auch beim letzten Rennen der Golden Trail Serie vor dem großen Finale in Italien siegte der Schweizer Bonnet eindrucksvoll. Auf dem schnellen 26 Kilometer langen und 1200 Höhenmeter schweren Kurs in Kalifornien, galt es den 3.300 Meter hohen Mount Mammoth zu erklimmen. Für einen Schweizer Doppelsieg sorgte Judith Wyder. Die zweifache Mutter krönte ihren Trip in die Staaten nach einem zweiten Platz beim Pikes Peak mit diesem phänomenalen Sieg. Platz zwei und drei belegten Dani Moreno (USA) und Madalina Florea (Rumänien). Letztere lag lange in Führung und beklagte am Ende eine lückenhafte Streckenmarkierung, die ihr viel Zeit kostete.

Deutsche Meisterin Ultratrail 2022

Läufer mit Helmen! Ungewohnte Bilder selbst für Skyrunning Verhältnisse bot dieses wilde Rennen in der italienischen Lombardei. Die Veranstalter zeigten sich flexibel und verschoben das Rennen aufgrund des Wetters um einen Tag. Bei diesem haarsträubenden und ausgesetztem Kurs eine gute Entscheidung. Nach 43 Kilometern und 3600 teilweise mit Fixseilen gesicherten Höhenmetern siegte die Black-DiamondAthletin Hillary Gerardi. Sie hält auch die FKT auf den Mt. Blanc. Sehr umkämpft und knapp ging es bei den Männern zu. Am Ende setzte sich ein Überraschungssieger durch: Der junge Franzose Louison Coiffet siegte nach 4 Stunden 54 Minuten.

Nice Cote D'Azur by UTMB

Nur vier Wochen nach seinem Erfolg in Chamonix sicherte sich Jim Walmsley den nächsten Triumph bei einem UTMB World Series Rennen. An der Cote D’Azur lief er nach 100 Kilometern als Erster in Nizza ein. Ein phänomenaler Befreiungsschlag gelang dem Südtiroler und Wahl-Tiroler Philipp Ausserhofer: Nachdem er zum zweiten mal beim UTMB aussteigen musste, bewies er an diesem Tag seine außergewöhnliche Form und belegte 34 Minuten nach Walmsley den dritten Platz. Auf einen sehr respektablen 12. Platz lief Florian Neuschwander. Die deutsche UltralaufLegende kämpfte nach eigenen Angaben mit den langen undtechnischen An- und Abstiegen.

Zara Interessant, wenn ausgerechnet ein spanischer Fast-FashionRiese liefert, woran viele Sportartikelhersteller scheitern: Slicke, unaufgeregte und unifarbene Looks mit zeitgemäßer Silhouette. Für die Trailschuhe in zeitgenössischem Rocker-Style arbeitet Zara mit der spanischen Sportmarke Joma ­– und die wiederum mit Vibram. Sieht alles sehr stylish und durchaus vielversprechend aus. www.zara.com

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NEWS&JOURNAL P RO D U KT E

Camper? Das ist doch Nnormal!

Der mallorquinische Schuhmacher hinter Kilian Jornets Trailmarke hat seine Klassiker neu interpretiert, etwa den Junction mit abnehmbarer farblich kontrastierender Spitze. Finden wir arty! www.camper.es

Gummi geben

Kate Moss hat die Gummistiefel von Hunter populär gemacht. Was ein Hype. Wer wirklich wasserdichtes Understatement sucht, schaut sich bei Aigle um. www.aigle.com

Die Mutter der Latsche

und über Jahrzehnte der Inbegriff des schlechten Geschmacks. Zumal, wenn mit Tennissocken kombiniert. Aber wer sind wir, über Geschmack zu urteilen? Die zu den Olympischen Spielen 1972 vorgestellte Adilette ist längst wieder hip. www.adidas.de

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TICKER +++ Hattrick: Walter Manser gewinnt zum drittenmal den Adamello Ultratrail über 100 Kilometer

Wild! Leder

Lammfromm

Der 1964 vorgestellte Wallabee von Clarks wurde von Blur bis zum WuTang Clan zum Schuh der Popkultur. Jetzt ist er mal wieder zurück. Was auch an seinem pantoffeligen Tragekomfort liegt. www.clarks.eu

Dass das 1774 gegründete, rheinländische Unternehmen Birkenstock wieder sowas von da ist, müssen wir Euch nicht mehr erzählen. Inzwischen gehört es wie Dior oder Louis Vuitton zum Luxuskonzern LVMH. Ein Luxus für kalte Tage: das Modell London mit Lammfellfutter. Noch immer in Deutschland gefertigt. www.birkenstock.de

Trail ... Blazer

Handwerk, Fußwerk

Es gab eine Zeit, die Älteren werden sich erinnern, da waren Basketballstiefel das Coolste und Größte. Der Blazer ist noch älter. Seit 1973 gibt es das nach den Portland Trail Blazers benannte Modell. www.nike.de

Die Modellreihe 990 von New Balance wird ganz schuhhandwerklich in den USA produziert. Oft in kleinen, farblich brillanten Auflagen, so wie diese. Jetzt gibt es auch eine korrespondierende Textilkollektion. www.newbalance.de

Foto: Ulrich Pfeuffer, Markus Fruehmann

Aufsteiger

Der Renegade ist wohl der Klassiker im Sortiment des niederbayerischen Bergschuhprofis Lowa. Zum 25. Geburtstag wurden neue coole Colourways aufgelegt. www.lowa.de

SCHON IMMER DA Der Mensch und seine Schuhe. Bei so manchen Modellen bleibt er hängen und läuft sie bis zur Neubesohlung ab – solche Schuhe werden zurecht über Jahrzehnte hinweg zu Klassikern. Unsere subjektive Auswahl, diesmal ganz ohne Trail-Reminiszenz ...

Erholung im Griff!

Die neuen Thermo Sleeves des Unternehmens können für Wärme- und Kältebehandlungen an Gelenken verwendet werden. Laut aktuellen Studien soll die Kryotherapie schmerzlindernd und abschwellend wirken. Zusätzlich sollen Entzündungsprozesse stark verlangsamt werden.

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MEINUNG Quereinsteiger

Steile These

Hendrik Pfeiffer war einen Straßenmarathon bereits in 2:10 Stunden gelaufen. Das sollte doch reichen, um auch beim Sierre-Zinal vorne mit dabei zu sein. Über ein Missverständnis. Und eine sehr passable Leistung. Text: CLEMENS NIEDENTHAL

Seit ich dieses Trailrunning mache, mindestens aber seit ich über dieses Trailrunning im Trail Magazin schreibe, bekomme ich von Läufer:innen bei mir zuhause in Berlin noch immer verlässlich diese eine Frage gestellt: Sag mal, was würde Kilian Jornet eigentlich in einem Straßenmarathon laufen? Seit dem 12. August, seit der diesjährigen Austragung des Schweizer Berglaufklassikers Sierre-Zinal habe ich auf diese Frage endlich eine passende Antwort: Hendrik Pfeiffer, aktuell einer der fünf schnellsten deutschen Marathonläufer, Bestzeit 2:10:18 Stunden, ist auf den 1.125 Höhenmetern zwischen den Schweizer Alpenorten Sierre und Zinal auf Platz 41 eingelaufen. Nur auf Platz 41. Nicht, dass das jetzt als Häme missverstanden wird. Vermutlich sind die 2:51 Stunden, die Pfeiffer für diese 24,5 Kilometer durch die Walliser Bergwelt gebraucht hat, sogar eine richtig gute Leistung. Zumal er das Rennen als zusätzlichen Trainingsreiz in seine Vorbereitungen für den Berlin-Marathon eingebaut hat. Florian Neuschwander jedenfalls, der ja ziemlich gut weiß, wie das ist, vom Asphalt und der Tartanbahn auf die Trails zu wechseln, zeigte sich durchaus beeindruckt. Und ein Blick in die Ergebnislisten der vergangenen Jahre zeigt obendrein, dass schon einige schnelle Straßenläufer:innen, vor allem aus der Schweiz und Frankreich, bei diesem vielleicht schnellsten europäischen Trailrennen den eigenen Erwartungen hinterhergelaufen sind. Also: Was hat Hendrik Pfeiffer eigentlich erwartet? Auf seinem Instagram-Acccount, Follower:innen: rund 50.000, hatte er einige Tage vor dem Rennen noch eine Umfrage lanciert: Welche Platzierung wird ihm bei Sierre-Zinal zugetraut? Erster? Ein Podiumsplatz? Top 10? Top 20? Alles dahinter wurde von dem 30-jährigen Athleten im Vorfeld als Misserfolg postuliert. Es spricht für Hendrik Pfeiffer, dass er das hinterher dann doch ein wenig anders sah: „Es war ein unglaubliches Erlebnis, es hat richtig Spaß gemacht. Trailrunning ist aber doch etwas weiter weg vom Straßenlauf als ich anfangs gedacht hatte. Wenn du vorne mit dabei sein willst, musst du Kopf und Kragen riskieren. Das habe ich mir bei einigen Bergabschnitten nicht zugetraut.“ Vor allem die Downhills, so sein Fazit, hätten ihn merklich ausgebremst. Zu groß die Verletzungsangst, zu ungewohnt das Terrain. Und man könnte jetzt fragen, warum sich Pfeiffer nicht heimlich, still und leise ein Trailrennen von innen angeguckt hat. Warum er sich nicht, abseits der großen Bühne, mit diesem, ja, anderen Sport vertraut gemacht hat. Woher die Hybris, dass es schnelle Beine, eine große Lunge und Trainingslager in Kenia schon richten werden? Nun, und da sind wir wieder bei der Marathonzeit von Kilian Jornet, weil viele Läufer:innen da draußen Trailrunning aus der Ferne noch immer bloß als Laufen missverstehen.

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Hendrik Pfeiffer dürfte noch andere Gründe gehabt haben. Den Sommer einer Leichtathletik-WM zum Beispiel, die ohne ihn stattfand. Und die erwähnten 50.000 Follower:innen, denen er etwas bieten, etwas erzählen muss. Ein Lauf im Geheimen, abseits der gewohnten Wege, findet auf Instagram nicht statt. Und vermutlich fehlt einem Athleten angesichts der Verwertungslogik der Sozialen Medien auch einfach die Zeit, für eine angemessene und angemessen leise Vorbereitung. Laura Hottenrott übrigens, die mit ihrem vierten Platz bei der BerglaufWM in Innsbruck den Grundstein für sie Silbermedaille des deutschen Teams gelegt hatte, hat sich angesichts des diesjährigen Ultra-Trail du Mont-Blanc offen über eine eigene Zukunft im Trailrunning geäußert. Später einmal, mit hinreichend viel Vorlauf. Vielleicht sehen wir dann ja auch Hendrik Pfeiffer wieder. In einer Sportart, von der er nun weiß, dass es eben weit mehr ist als nur Laufen mit ein paar Höhenmetern und auf einem anderen Untergrund. Ach, ja: Das mit dem Training für den Berlin-Marathon hat für den PumaAthleten übrigens ganz gut geklappt. 2:08:48 sind eine neue persönliche Bestzeit, auch wenn Pfeiffer damit die deutsche Olympianorm um 38 Sekunden verpasst hat. Aber darüber lässt der Verband hoffentlich noch einmal mit sich reden.


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Foto: Martina Valmassoi


REPORT Trailschuh-Entwicklung bei All Triangles

SCHUH MANIACS

Text: CLEMENS NIEDENTHAL

Eine der aktuell spannendsten Trailschuhschmieden der Welt: Bei All Triangles in Annecy wurde für The North Face der erster Ultraschuh mit einer Carbonplatte entwickelt. Wir waren vor Ort und haben uns mit dem Gründer Julien Traverse für ein Gespräch getroffen.

Was war das Erste, das Julien Traverse gemacht hat, nachdem er in einem Gewerbegebiet in Annecy in den Savoyer Alpen sein Unternehmen All Triangles gegründet hatte? Er hat ein paar Nike Vaporflys gekauft, den legendären ersten Marathonschuh mit einer Carbonplatte und hat eine profilierte Trailsohle daruntergeklebt. Um dann ein paar wirklich gute Läufer:innen mit diesen Schuhen auf die Trails zu schicken: „Danach wussten wir ziemlich genau, was nicht funktioniert, nämlich einfach diese butterweichen, instabilen Marathonschuhe zu nehmen und als Trailschuhe zu adaptieren. Wir wussten aber auch ziemlich genau, wo die Reise hingegehen soll.“ 2018 erst hatte Traverse All Triangles gegründet. Gut ein Jahr Jahr später bereits lief der spanische Ausnahme-

läufer Pau Capell mit den ersten Prototypen des The North Face Flight Vectiv um den Mont Blanc. Im Frühjahr 2021 kam der komplett in ikonischem weiß gehaltene Schuh dann auf den Markt. Nicht Nike, nicht Adidas, nein The North Face hatten den ersten Ultratrailschuh mit einer Carbonplatte angeboten. All Triangles hatte den ersten Ultratrailschuh mit einer Carbonplatte entwickelt. Den Leuten auf die Füße schauen: Mit der Entwicklung von Schuhen kennt Julien Traverse sich aus. 15 Jahre lang hat er in verschiedenen Positionen gleich in der Nachbarschaft bei Salomon gearbeitet. In jenen 15 Jahren, in denen ein Produkt überhaupt erst erfunden wurde, das wir heute als universell einsetzbaren, vom Laufschuh

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adaptierten Trailschuh kennen. Salomon und dort auch Julien Traverse hatten diese Entwicklung nachhaltig geprägt. Und als die Idee konkreter wurde, dieses Know-how künftig in einem eigenen Unternehmen allen Herstellern anzubieten, war schnell klar, dass das nur von Annecy aus funktioniert: „Diese Stadt, diese Berge, die Trails und die Community sind Teil unserer DNA. Ich brauche mich hier nur in ein Café zu setzen und den Leuten auf die Füße gucken und habe ein direktes Feedback, welche Schuhe gerade angesagt sind, welche Schuhe funktionieren und welche nicht. Ich kann hier jemanden mit einem Protoypen auf die Trails schicken, und der steht eine Stunde später mit belastbaren Eindrücken bei mir im Büro.“


Unsere Vize-Weltmeisterin: Katharina Hartmuth lebt in Zürich und gewinnt für das Deustche Team sensationell eine Medaille im Long Trail.

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REPORT Trailschuh-Entwicklung bei All Triangles

Gegenfrage: Ist man nicht auch in seiner Blase gefangen, wenn man, zumal für ein weltweit präsentes Unternehmen wie The North Face, Schuhe entwickelt, mit denen die besten Freunde und Freundinnen auf den Trails in Annecy ziemlich glücklich sind? „Ich habe“, sagt Julian Traverse, „lieber ein Produkt, von dem zwanzig Prozent der Leute sagen, das ist genau mein Schuh, als irgendeinen Kompromiss, mit dem vermeintlich viele etwas anfangen können.“ So wird ein Schuh draus Also: Wie entsteht so ein Prototyp überhaupt. Und wie ein fertiges Serienmodell. „In der Herstellung von Prototypen haben wir drei Herangehensweisen. Wir basteln Schuhe aus Elementen von vorhandenen Modellen zusammen, das kann das Upper von einem bereits erhältlichen The-North-Face-Schuh sein und die Mittelsohle eines Mitbewerbers. Oder wir arbeiten mit Rohlingen eines Zwischensohlenschaums, erstellen ein Modell am Computer und fräsen es dann CAD-gesteuert aus einem Block. Dann gibt es noch Felix, einen unserer wichtigen Mitarbeiter, der schon mal eine komplette Sohle mit der Feile formt.“ Ohne Handarbeit, und direktes Feedback geht auch in einer andererseits so weitreichend globalisierten Branche nichts. Zumal in der heißen Phase einer Produktentwicklung, wenn man nicht wochenlang auf ein kleines, geändertes Detail warten kann. Da war zum Beispiel die Sache mit der Carbonplatte. In den Modellen von The North Face liegt diese direkt unter der Einlegesohle und nicht zwischen zwei Schichten Dämpfungsschaum. Ein Sonderweg, den kein anderer Hersteller wählt. „Die Rückmeldung unserer Athlet:innen war, dass ihnen das eine gute Kraftübertragung und vor allem die größtmögliche Adaption des Geländes ermöglicht. Alle

übrigen Konstruktionen schienen uns zu weich, zu kippelig.“ Nur: Mit dieser starren Konstruktion direkt unter der Fußsohle muss man auch laufen können. „Deshalb ist in einem nächsten Schritt der Vectiv Infinite entstanden, der über eine merklich flexiblere Kunststoffplatte verfügt. Er ist quasi der Schuh für alle Läufer:innen, dennoch sollte er so viel wie möglich von der Vectiv-Idee übertragen.“ Maßgeschneiderte Hundertmeilenstiefel An dieser Stelle wird aus Julien Traverse, dem Schuhentwickler, Julien Traverse, der Marken- und Marketingprofi, was den Ausnahmestatus von All Triangle ganz gut beschreibt. Sein kleines Unternehmen, aktuell beschäftigt man in der Entwicklungsabteilung rund 15 Mitarbeiter:innen, entwickelt nicht nur ziemlich gute Trailschuhe – es denkt die Positionierung auf einem immer komplexeren Markt und mithin die dazu passenden Erzählungen

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gleich mit. Vectiv, das war die Story von der Plattentechnologie. Schuhe die rocken und rollen und intuitiven Vortrieb versprechen. In einem weiteren Schritt arbeiten sie in Annecy jetzt an neuen The-North-Face-Schuhen, die auch mal ganz ohne eine Platte auskommen oder das vor allem USamerikanische Bedürfnis nach einem eher natürlichen Laufgefühl und einem breiteren Fußbett befriedigen: „Das wird sicher kein Minimalschuh und auch keine Altra-Kopie, aber wir sind jetzt bereit, die DNA der Trailschuhe von The North Face ein wenig breiter zu fassen.“ Auch, weil Julian Traverse seinen Kopf immer auch aus Annecy hinausstreckt in die Welt. „The North Face hat eine riesige Struktur mit Produktentwicklern für jeden größeren Zielmarkt. Wir wären doch dumm, diese Expertise nicht zu nutzen.“ Manchmal aber entstehen in jenem Gewerbegebiet in Annecy auch Trailschuhe, die nur exakt einer einzigen


„Ich habe lieber ein Produkt, von dem zwanzig Prozent der Leute sagen, das ist genau mein Schuh, als irgendeinen Kompromiss, mit dem vermeintlich viele etwas anfangen können."

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REPORT Trailschuh-Entwicklung bei All Triangles

Anatomie eines Trailschuhs Julian Traverse, Gründer von All Triangles erklärt anhand des The North Face Vectic Sky einige zentrale Fragen in der Entwicklung eines zeitgemäßen Wettkampfschuhs

Ober-

„Bei der Gestaltung des sitzen von Anfang an alle mit am Tisch, vom Produktdesigner bis zum Brand-Strategen. Anders funktioniert es nicht. Man kann nicht sagen, hier hast Du einen Schuh, der macht seine Job schon richtig gut, nun mache ihn bitte auch noch schön."

materials

Prototyen

„Wir hatten , bei denen die Cabonplatte zwischen zwei Lagen Dämpfungsschaum angebracht war. Unsere Erfahrung: Auf dem Trails liefen sich diese Schuhe zu abstrakt und zu instabil. Unsere Lösung: Der Fuß sitzt jetzt direkt auf der Platte."

Person gefallen müssen. Besonders in den Monaten vor dem Ultra-Trail du Mont-Blanc herrscht diesbezüglich Hochbetrieb. UTMB-Sieger Pau Capell etwa, der einmal beinahe Fußballprofi geworden wäre: „Er braucht Schuhe mit einer definierten Unterstützung für seine ausgeprägte Pronation.“ Oder Germain Grangier, dessen gran-

Schäume

„Die reaktiven aus dem Straßenlauf sind das eine. Gerade ein Ultratrailschuh braucht aber eine Zwischensohle, die auch nach hundert Meilen oder 24 Stunden nicht ermüdet. Hier sehe ich noch einiges an Entwicklungspotenzial."

diose Runde um dem Mont Blanc in diesem Jahr mit einem dritten Platz belohnt wurde: „Germain kam im Vorfeld zu uns mit dem Wunsch, die Dynamik und die ausgeprägte Dämpfung des Vectiv Pro, mit der präziseren Passform des Vectiv Sky zu kombinieren. Wo wir schonmal dabei waren, haben wir noch ein paar Details ver-

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ändert und ihm einen absolut auf ihn zugeschnittenen Schuh gebaut." Wäre das nicht ein Geschäftsmodell für die Zukunft: Eine maßgeschneiderte, radikal individualisierte Trailschuhmanufaktur? Aber Julien Traverse winkt ab. Schließlich gäbe es so viele richtig gute Trailschuhe wie noch nie auf dem Markt. Und schließlich sei das noch immer das Schönste an seinem Beruf: In Annecy in einem Café zu sitzen und ein Gruppe Trailrunner:innen zu beobachten, die gerade in „seinen“ Schuhen glücklich ausgepowert von den Trails zurückgekommen sind.


PRODUKTE Regeneration

STIEFEL UND PISTOLE Hier noch vor der späteren Weltmeisterin Marion Delespierre im Anstieg zum Kreuzjoch: Rosanna Buchauer hatte ein Medaille in den Beinen, musste am Ende aber mit einem starken Platz 5 leben.

Wieviel bist Du bereit, für Deine Regeneration zu investieren? Wir haben zwei sehr hochwertige aber auch kostenintensive Produkte getestet, die vor allem für nach dem Laufen gedacht sind.

Therabody RecoveryAir JetBoots

Therabody Theragun Pro

Preis: 799,00 Euro

Preis: 549,00 Euro

Apparative, intermittierende Kompression heißt die medizinische Methode, die hinter diesem Recovery Tool steckt. Ursprünglich entwickelt wurden die aufblasbaren "Beinlinge“, um Venen- und Lymphkranken Patienten eine Alternative zur Lymphdrainage für zu Hause zu bieten. Dabei erzeugen Luftkammern ausgehend von der Fußspitze bis zum Oberschenkel einen wiederholten, komprimierenden Druck. Vorrangig wird der Blut- und Lymphabfluss zurück zum Herzen unterstützt. Aber auch die arterielle Funktion, also die Durchblutung der Muskulatur wird erhöht. Die Sportindustrie entdeckte vor einiger Zeit das regenerative Potential dieser Anwendung. Therabody hat mit den JetBoots ein vergleichsweise handliches und simpel nutzbares Produkt entworfen. Die JetBoots erfordern während der Behandlung keinerlei Kabel. Die Pumpe ist praktischerweise direkt am Ende des Beins angebracht und kann per Kabel aufgeladen werden. Die Bedienung erfolgt über ein Touch-Panel am oberen Ende der Sleeves. Im Vergleich zu anderen passiven Regenerationsmaßnahmen, wie zum Beispiel dem EMS-Training, überzeugt uns die Kompressionsbehandlung als Recoverytool durchaus. Man darf natürlich keine Wunder erwarten. Aber besonders Athlet:innen, die des öfteren Probleme mit angeschwollenen Beinen nach starker Belastung haben, könnten hier profitieren. Aber auch alle anderen, von ambitioniert bis professionell, die bereit sind für eine weitere Leistungssteigerung tief in die Tasche zu greifen. Denn auch wenn die Theraboy JetBoots vor allem, was die unkomplizierte Handhabung angeht, vollends überzeugen, sind sie nicht ganz billig. Tipp: Den größten Benefit erzielst Du, wenn Du die Anwendung unmittelbar nach der Trainingseinheit durchführst.

Die Massagepistole hat sich in den letzten Jahren zum Regenerationstool Nummer eins gemausert. Und das zurecht. Mit keinem anderen Gerät kann man Verspannungen in der Muskulatur und einen hohen Faszien-Tonus so gezielt bearbeiten, wie mit der Massage-Gun. Zugegeben, eine feste Schaumstoffrolle oder ein Ball erfüllt diese Funktion ebenso gut, allerdings ist hier doch erheblich mehr Körperarbeit gefordert, während man bei der Behandlung mit der Pistole gemütlich auf der Couch Platz nehmen kann. Die Theragun Pro von Therabody ist definitiv der Ferrari unter den Massagepistolen und wird vom Hersteller als das "beste Massagegerät der Welt“ beworben. Tatsächlich ist das Gerät doch recht massiv und schwer. Ein super leistungsstarker Motor und ein entsprechender Akku erfordert nunmal seinen Platz. Dafür bekommt man aber auch die dementsprechende Power. Selbst Anwender mit großen und kräftigen Muskelpaketen stoßen hier an keine Grenzen. Außerdem im Lieferumfang enthalten: Sechs verschiedene Aufsätze, die für verschiedene Anwendungszwecke durchaus Sinn machen, auch wenn bei 90 Prozent der Einsätze der Standard-Aufsatz ausreichend ist. Natürlich kann man dieses High-End Gerät auch mit dem Smartphone verbinden. Vorgegebene Programme, die einem je nach Bedarf (Sleep, Warm Up, Recovery) die Behandlung spezifischer Körperregionen vorschlagen, kann man auf dem digitalen Bildschirm verfolgen. Ein nettes Gimmick, was wir aber nicht wirklich nutzten. Die Theragun Pro ist ein Profi-Tool, für kompromisslose Anwender. Für alle anderen erfüllt wahrscheinlich auch die Theragun mini oder Theragun Elite seinen gewünschten Zweck.

www.therabody.com

www.therabody.com

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EVENT Ultra Trail du Mont Blanc

Ultra halt! Text : DENIS WISCHNIEWSKI

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UTMB. Alle reden immer zu vom UTMB. Wir ja auch und vielleicht sogar zu oft, aber er ist nunmal ein "Ding", dem man sich nur schwerlich entziehen kann. Also war unser Autor schon wieder dort und hat beobachtet, was wir doch wussten - es ist ein Spektakel, eine Woche, die nur Trailrunning kennt und natürlich Stars, Rekorde und Höhenmeter.

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EVENT Ultra Trail du Mont Blanc

Situationen einer Woche UTMB: Start des PTL im Regen, Angermund mit Nachwuchs, Blanchard in der VP und Dakota Jones glücklich im Ziel des CCC

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Der UTMB. Sie sagen ja nur noch selten Ultra Trail du Mont Blanc, oder wie der britische Livestream-Moderator "The Ultratrail of the Mont Blanc". Nein, alle haben sich längst auf dieses UTMB verständigt. Verständigt ist in diesem Zusammenhang ohnehin treffend, denn dieser größte Trailrunning-Wettkampf der Welt, der seit 2003 in Chamonix residiert, ist bei allem Lob und der Begeisterung auch Kritik ausgesetzt. Die prallt an ihm teflonartig ab und oft hat man das Gefühl, dass letztlich auch all jene, die ihn beanstanden, am Ende, also Ende August, vor Ort dabei sind oder mindestens verfolgen, was da alles passiert. Ich bin auch wieder da. Nein, ich muss vorweg schon zugeben, dass mich diese Alpenstadt, dieses Event, dieses Ganze seit vielen Jahren "eingenommen" hat. Ich genieße die Tage jedes Jahr auf ein Neues, denn bei allem, was sich hier wiederholt ist doch jede Edition anders. Seit 2003 laufen hier viele tausende Menschen das vermutlich absolute sportliche Highlight ihres Lebens und wir kommen allmählich bei der vierten Generation Trailrunner an, die hier am Start stehen. Der UTMB hat also durchaus auch schon eine History, viele kleine und auch große Geschichten. Erzählungen vom Ankommen, vom Siegen, vom Aussteigen, vom Verfehlen und dem völligen Auflösen. Diese Austragung könnte eine Besondere werden. Es ist zum einen das 20. Jubiläum, zum anderen die ganz offiziell am besten besetzte Austragung, die es jemals gab - das sagt nicht nur ein Pressesprecher der Veranstaltung, sondern die addierten UTMB-Index-Zahlen des sogenannten Elite-Starfelds. Es laufen also über alle sechs Rennen hinweg Leute, die wohl noch nie so stark waren in diesem Jahr. Darunter auch der Mann, der im Vorjahr das Kunststück vollbrachte und die 170 Kilometer mit 10.000 Höhenmeter in unter 20 Stunden zu laufen - Kilian Jornet. Dass dieser kurz vor dem Start dann aufgrund einer Verletzung absagte, sollte einem anderen den Weg ebnen, um hier endlich das zu zeigen was er kann. Jim Walmsley, ein US-Amerikaner aus Arizona, setzte im Vorjahr alles auf eine Karte, lag lange weit vorne, pokerte dann und verlor, um am Ende enttäuscht Vierter zu werden. Zu wenig für einen, der nur Siege kennt und hier unbedingt als erster Amerikaner überhaupt bei den Männern gewinnen will. Aber auch ohne Jahrhundertsportler Jornet sollte Walmsley genug Konkurrenz haben. Zach Miller, sein Landsmann, der mit viel UTMB-Erfahrung nach Chamonix kam, der Franzose Germain Grangier oder Mathieu Blanchard, der 2022 ebenfalls erstmals unter 20 Stunden finishte. Bei den Damen lagen alle Augen, alle Aufmerksamkeiten bei Courtney Dauwalter, die ausgestattet mit den jüngsten Siegen beim Hardrock 100 und dem Western States 100, ihren dritten Major-100-MeilenSieg in nur einem Kalenderjahr erobern wollte. Das hatte noch kein anderer Mensch in diesem Sport ge-

schafft! Vorjahressiegerin Katie Schide, die vielleicht einzige Frau, die ihr wirklich gefährlich nahe kommen könnte, startete beim OCC, einem kürzeren Rennen der UTMB-Woche. Nun ist es ja so, dass, bevor der UTMB selbst Freitags beginnt, die Stadt und die Fans mit all den anderen Rennen beschäftigt sind. Da startet Montags zunächst der über allem erhabene PTL, ein Team-Wettbewerb über rund 290 Kilometer Länge und irrwitzigen 27.000 Höhenmetern. Dieses Rennen begleitet den UTMB die komplette Woche über. Ein Rennen, das selbst für ausgesprochene Ultras, wie sie hier anzutreffen sind, kaum mehr fassbar ist. Dann fokussiert sich scheinbar alles auf den OCC, ein irre schneller und hochklassig-bestückter Mini-Ultra über etwa 50 Kilometer, zum Freitag Vormittag hin alles auf den elitärsten 100 Kilometer Ultratrail der Welt, den CCC. Bei all diesen anderen "Side-Events" zum eigentlichen UTMB über 100 Meilen muss gesagt sein, dass keines im Schatten eines anderen steht. Noch drei Tage bis zum UTMB-Startschuss. Ich bewege mich auf meinem Gravelbike durch Chamonix, hüpfe von der riesigen Expo zu den Zieleinläufen an der Kirche Paroisse Saint Bernard und weiter zu diversen Präsentationen, die sich quer durch die Stadt ziehen. Fast jeder Hersteller stellt dieser Tage ein neues Trailschuh-Modell vor, natürlich eines, das für genau diese Anforderungen eines UTMB-Races gemacht und entwickelt wurde. Es ist scheinbar ein Wunderland, ein Phantasialand für Trailrunning-Menschen. Um ehrlich zu sein, wandele ich wie auf einer Wolke, es ist der Planet-Trailrunning, der hier komprimiert auf sechs Tage um die Sonne kreist.Wer hier dabei ist, verliert rasch den Bezug zu allem, was sonst gerade auf der Welt geschieht. Man ist in einer Blase, einer Blase, die bei Gott nicht so übel ist. Vielleicht sollte ich nun doch zu den Rennen selbst kommen, die ich unmöglich alle im Detail erzählen und beschreiben kann. Vielleicht beginne ich mit dem OCC, der kleinen schweizer Schwester, die mit ihren 55 Kilometern und 2.650 Höhenmetern, in Orsières startet und in Chamonix ihr Ziel findet. Tückisch dieses Rennen, weil es neben dem langen CCC und UTMB vorlügt, "kurz" zu sein um doch ein Ultra mit allen Komplexitäten zu sein. Weltmeister Stian Angermund gewinnt dieses Rennen souverän vor einem starken Francesco Puppi und unterstreicht, dass er der Beste der Welt auf solchen Strecken und Längen ist. Bei den Damen läuft die Südafrikanerin Toni McCann das Ding ihres Lebens und jubelt vor keiner Geringeren als Katie Schide, die nur ein Jahr nach dem UTMB Sieg wieder auf dem Podest steht und hier Zweite wird. Die Deutschen? Sind nicht nur irgendwie dabei. Nein, nein. Bene Hoffmann verfehöt nur knapp die Top

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EVENT Ultra Trail du Mont Blanc 10, Daniela Oemus auf Platz 5, Kimi Schreiber belegt Rang 13 und Maria Purschke kämpft sich auf Platz 17. Der CCC. Der hat seinen großen Start zunächst beim Start im Nachbarort Courmayeur. Ein unglaublich schöner Hunderter, der bei allen alpinen Trails dennoch fast immer gut laufbar bleibt und zwei großartige Sieger:innen feiert. Die Adidas-Athletin Yngvild Kaspersen läuft ein komplett perfektes Rennen, ohne auch nur einmal irgendeine Schwäche zu zeigen. Mit diesem Erfolg empfiehlt sie sich künftig für lange Ultras und damit auch für die 100 Meilen. Bei den Herren macht Jonathan Albon seine Saison wieder rund und gewinnt mit Vorsprung, nachdem er sein Ziel, Weltmeister zu werden, aufgrund einer Erkrankung verfehlte. Ein CCC-Sieg ist kein Weltmeister-Titel, aber auch nicht weniger wert! Rosanna Buchauer war gestartet, um ihre tolles Resultat aus 2022 zu wiederholen oder gar zu verbessern. Die Chiemgauerin blieb vernünftig, hörte auf Signale des Körpers und stieg aus. Auch das ist der UTMB. Es geht um Vernunft und darum, wiederzukommen. Mehr als 15 Minuten dauert es, bis die 2400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des UTMB am Freitag Abend das Zentrum in Chamonix verlassen haben. Ein Spektakel, das Gänsehaut verursacht. Auch an der Strecke selbst gibt es Zuschauerspots, wie nie zuvor. Es sind ideale Spätsommernächte. Beste Bedingungen. Das macht sich

Jim Walmsley zu Nutze und rennt das Rennen, das er immer haben wollte, wovon er immer träumte und weshalb er seinen Lebensmittelpunkt in diese Region der französischen Alpen verlegte. Alles ging nun für ihn auf. Er gewinnt als erster Amerikaner den

UTMB und tritt damit in Fußstapfen der legendären Krissy Moehl, die das bereits 2003 schaffte. Walmsley läuft zudem einen neuen Streckenrekord und wird im Ziel von keinem Geringeren als Francois D´Haene empfangen. Der Vierfach-Champ ist längst Freund

Zahlen des UTMB 2023 931 DNFs gab es beim UTMB. Knapp doppelt so viele (1758) finishten über die 170 Kilometer. Ergibt eine DNF-Quote von knapp 35 Prozent.

258 Gramm wog der Schuh der UTMB Siegerin Dauwalter (Salomon Genesis). Fast doppelt so viel, wie der Schuh der Marathon Weltrekordhalterin.

48:16:29 Stunden brauchte der letzte Finisher des UTMB für die große Runde. Wie das sein kann, dass Philipp Tran damit 2 Stunden über dem Cut Off liegt, kann wohl nur der UTMB erklären.

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3 männliche US-Amerikaner liefen nach langer Flaute dieses Jahr in die Top Ten. Sechs Franzosen und ein Deutscher füllten die restlichen Plätze.


Yngvild Kaspersen siegt beim CCC über 100 Kilometer und zeigt keine Schwäche dabei

Ein Teufelskerl dieser Zach Miller - er sprintet um Sekunden, um unter der magischen 20-Stunden-Marke zu bleiben. Schafft er es?

5 Podiumsplatzierungen konnten The North Face Athlet:innen bei den Rennen UTMB, CCC und OCC erlaufen. Salomon, Hoka und Adidas folgen mit jeweils drei Podien.

26.500 Höhenmeter mussten die Athlet:innen des Adventure-Races PTL überwinden. 57 Teams gelang dieser Husarenritt. Die Schnellsten brauchten knapp 100 Stunden.

Eine Stunde schneller als 2016 lief der 48-Jährige Ludovic Pommeret den UTMB dieses Jahr. Das kuriose: Damals gewann er den UTMB. Dieses Jahr wurde er famoser Sechster.

4 Stunden 10 Minuten war der Zeitunterschied innerhalb der Damen in den Top Ten des UTMB. Bei den Herren betrug er 2 Stunden und 1 Minute. So wenig wie noch nie.

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und Mentor und feiert derzeit verletzt diesen Sieg, wie einen eigenen - große Bilder! Und dann Zach Miller, der lange Zeit führte und diesen zweiten Platz bis ins Ziel verteidigt und nur Sekunden unter 20 Stunden bleibt. Zach - ein Teufelskerl! Auch Hannes Namberger kommt nach 21 Stunden und 20 Minuten ins Ziel. Es ist Platz 8! Es ist sein bestes Rennen, das er jemals lief und er ist völlig platt. Es ist aber auch ein direktes Versprechen, dass er wieder kommen wird! Der UTMB, diese 100 Meilen bleiben das Zentrum seiner Karriere. Bei den Damen schafft Courtney Dauwalter das dicke Ding und siegt hier zum dritten Mal in Folge. Ganz Chamonix liebt Courtney. Alle tun das. Und alle lieben Katharina! Unsere Vize-Weltmeisterin läuft am Ende der 100 Meilen sogar schnellere Abschnitte als die Ausnahme-Athletin Dauwalter und belegt nach furiosem letzten Renndrittel Rang 2 beim wichtigsten Rennen der Welt. Gratulation Katharina. Bitte komm wieder!


EVENT Ultra Trail du Mont Blanc PRODUKT STOCK-TIPPS

dir

Text : BENNI BUBLAK

Text & Fotos: DENIS WISCHNIEWSKI

UTMB: Das Puzzle-Theorem Ein Ultratrail ist wie ein großes Puzzle! Behauptet zumindest eine große Ultratrail-Läuferin. Wir haben diese Hypothese aufgenommen, weiter gedacht und tatsächlich viele Gemeinsamkeiten gefunden. Eine kleinteilige Charakterisierung des Sportes Ultratrail anhand des großen UTMB.

„Ultratrailrunning ist nichts anderes als ein großes, spaßiges Puzzle.“ Dieser Satz stammt von keiner geringeren als Courtney Dauwalter. Der SalomonAthletin gelang dieses Jahr, was bisher als unmöglich galt. Sie gewann die drei prestigeträchtigsten 100 Meiler dieses Sports: Den Western States 100, den Hardrock 100 und nun auch den UTMB. Selbst das reine Finish dieser drei Giganten war vorher niemandem, weder Frau noch Mann, innerhalb eines Jahres gelungen. Wenn Courtney von spaßigen Puzzeln spricht, schwingt da eine Leichtigkeit mit, die

ganz und garnicht zu den Strapazen und dem Schmerz, die zweifelsohne auch Teil dieses Sports sind, zu passen scheint. Und dennoch umschreiben diese wenigen Worte von Courtney doch sehr gut, wie man den facettenreichen Sport Ultratrailrunning erfolgreich bestreitet: Nämlich geduldig puzzelnd und den Spaß nicht verlierend. Nun ist auch der UTMB 2023 Geschichte und wir haben wieder viel gelernt. Wir haben also Courtneys Initiative aufgegriffen und anhand der Ereignisse in Chamonix ein kleines Ultratrail-Theorem mit fünf Hauptsätzen ersponnen. 4/2023 36 6/2023

1. Umso länger der Trail, umso mehr Teile hat das Puzzle Es gibt Menschen, die finden Puzzeln doof. Und das ist absolut in Ordnung. Nicht jeder hat die Geduld und die Muße, sich hinzusetzen und nach passenden Teilen zu suchen. Manche wollen einfach drauflosrennen. Vollgas vom Start bis zum Ziel, kein Planen, kein Taktieren, keine Kompromisse. Einige nennen es auch Ballern. Zugegeben: Es macht ja auch Spaß. Und wenn man mit dieser Einstellung am Start eines 10 Kilometer Wettkampfes, eines Berglaufs oder eines kurzen Speedtrails steht, wird man wahr-


Puzzelt gerne: Courtney Dauwalter weiß wie komplex lange Trails sein können

scheinlich auch erfolgreich sein. Vielleicht, mit kleinen Einschränkungen, auch noch beim Straßen-Marathon. Je länger der Wettkampf und je vielfältiger die Attribute werden, die ihn charakterisieren, desto mehr Teile bekommt aber das Puzzle. Desto mehr Probleme gilt es zu lösen. Wir überspitzen: Während ein Berglauf, der im Tal beginnt und an einer Almhütte nach 6 Kilometern endet, ein Puzzle mit zwei Teilen ist, hat so ein 100 Meilen langes und 10.000 Höhenmeter schweres UTMB-Puzzle vielleicht 1000 Teile. 2. Die Puzzle-Teile sind vielfältig Downhill-Technik, Speed-Hiking,

Stock-Technik, Kalorienzufuhr, Flüssigkeitsaufnahme, Pacing, Muskelermüdung, Support, Schuhwahl, Blasen, Magenprobleme, Unterkühlung, Laufen bei Nacht – wir könnten wahrscheinlich noch endlos so weitermachen. Die Puzzleteile, die man bei einem Ultratrail zusammensetzen muss, sind nicht nur zahlreich, sondern auch sehr vielfältig. Manche sind sehr groß, andere eher klein, einige lassen sich leicht hinzufügen zum großen Bild, andere wiederum nur sehr schwer. Jim Walmsley hat lange gepuzzelt. Schon beim Western States 100 brauchte er einige Anläufe, um das Bild zusammenzusetzen. Dass Jim alle Voraussetzungen mitbringt, um die ganz großen Ultratrails dieser Welt zu dominieren, war von Anfang an klar. Die Frage war lange Zeit nur, wie lange er braucht, um alle Puzzleteile zu verbinden. Nach fünf Anläufen hat es dieses Jahr nun endlich geklappt. Welche Puzzleteile haben am Ende zum Erfolg geführt? Zuverlässig kann diese Frage wohl nur der Hoka-Athlet selbst beantworten. 3. Ein „Ultratrail Puzzle“ erfordert Geduld, aber auch Verstand So ein Ultratrail Puzzle ist kein Standard-Puzzle aus dem Grabbeltisch, das sich in ein paar Minuten zusammenfügen lässt. Nein, das Hinzufügen jedes einzelnen Puzzleteils ist mühsam und erfordert vor allem zwei Dinge: Erfahrung und eine gewisse Ratio. Wer letzteres hat, puzzelt schneller. Man muss kein QuantenPhysiker sein, aber ohne eine grundlegende Auffassungsgabe, wie man so ein UTMB-Bild zusammensetzt, wird man wohl nie erfolgreich sein. Gerade in diesen Zeiten, in denen das Niveau und die Dichte an der Spitze jedes Jahr steigt, ist aber eines fast noch wichtiger: Erfahrung. Es ist schon lange her, dass ein UTMB-Neuling oder gar ein 100 Meilen-Novize die lange runde um den Mont Blanc gewinnen konnte. Der schon erwähnte Walmsley, aber auch weitere UTMB-Sieger wie Thevenard, D’Haene und nicht zuletzt Dauwalter brachten viel Erfahrung 4/2023 37 6/2023

mit, bevor sie den Thron bestiegen. Petter Engdahl hatten dieses Jahr einige sehr weit oben auf der Favoritenliste. Der Schwede und CCC-Sieger bringt ebenfalls alle Voraussetzungen mit, die man braucht, um den UTMB zu gewinnen. Der Autor dieser Zeilen hatte dennoch seine Zweifel, ob es schon dieses Jahr bei seinem Debüt über 100 Meilen so weit sein sollte und behielt Recht. Ja natürlich, da gibt es diesen einen Namen, der aller grauen Theorie entgegen steht: Kilian Jornet war ein 20 Jahre junger 100-MeilenDebütant als er 2008 das erste mal den UTMB gewann. Allerdings gibt es da im Ultratrail diese eine Gesetzesmäßigkeit, die über allen anderen steht. Jene lautet: Kilian ist und bleibt ein Außerirdischer, für den keine Naturgesetze gelten. 4. Das Puzzle schaut für jede:n Läufer:in anders aus Wir übertreiben? Vielleicht ein wenig. Folgender Rat ist allerdings vollkommen ernst gemeint: Willst Du ein besserer Ultraläufer werden, schau Dir nicht an, wie Kilian trainiert! Schau Dir an, wie Normalsterbliche es tun, wie Du auch einer bist! Aber manchmal wird Dir auch dies nicht weiterhelfen. Denn leider sieht das Ultratrail-Puzzle für jede:n Athlet:in anders aus. Ein jeder muß seine eigenen Puzzleteile ausfindig machen und so zusammensetzen, dass sie zum Erfolg führen. Der eine hat mit einem empfindlichen Magen zu kämpfen, beim nächsten macht die Muskulatur nach spätestens 3.000 Höhenmetern zu und ein anderer kämpft mit seiner Downhill-Technik. Erhebliche Zeit geht also nicht nur dafür drauf, die Puzzleteile zusammenzusetzen, sondern wird benötigt, um überhaupt erstmal ausfindig zu machen, welches für einen selber den größten Erfolg verspricht. Neben Jim Walsmley scheint ein weiterer US-Boy kurz vor der Vollendung seines persönlichen Puzzles zu stehen. Intelligentes Pacing und ungezügelte Leidenschaft. Das waren die beiden Puzzleteile, die Zach Miller beim diesjährigen UTMB erstmalig richtig austariert und zusammengesetzt hat, so scheint es.


EVENT Ultra Trail du Mont Blanc 5. Puzzeln macht Spaß Der letzte Hauptsatz des großen Puzzle-Theorems ist vielleicht der Wichtigste von allen: Wahrscheinlich macht es nicht immer Spaß, einen Ultratrail, bzw den UTMB im Speziellen, zu laufen, ja, gegen Ende kann es sogar zur echten Qual werden. Puzzeln allerdings macht immer Spaß. Puzzeln, das ist in unserem Sport ein viele Jahre andauernder Prozess, ein ständiges Suchen, Ausprobieren und Finden von neuen Trainingsmethoden, Ausrüstungsgegenständen, Ernährungsstrategien und vielem mehr. Schon allein dieser Prozess bringt Freude. Und früher oder später ist er dann da: Der Moment, an dem das Bild zusammengesetzt ist. Der Tag, an dem alles aufgeht. Courtney Dauwalter hat schon einige Bilder zusammengesetzt. Man könnte meinen, dass ihr irgendwann der Spaß ausgeht, jetzt, wo die zu suchenden Teile immer weniger werden. Ein Glück sieht es danach aber absolut nicht aus. Würde der Marathonweltrekordhalter Eliud Kipchoge oder andere ostafrikanische Läufer den UTMB dominieren, wenn sie nur wollten? Eine Frage, die des öfteren aufkommt und immer heiß diskutiert wird. Kaum etwas bildet die Ausdauerleistungsfähigkeit so präzise ab, wie die individuelle Marathonbestzeit. Dass Kipchoge hier nochmal in einer ganz anderen Liga spielt, als die bisherigen Sieger des UTMB, steht außer Frage. Wie relevant das für einen alpinen 100 Meiler ist, steht auf einem anderen Blatt. Am Ende wäre wohl folgende Frage entscheidend: Wie gut kann Kipchoge puzzeln? Und: Ist ihm der UTMB wichtig genug, um fünf lange Jahre für dieses eine Puzzle zu investieren? Letzteres darf getrost bezweifelt werden. Macht aber nichts. Denn noch viel mehr Spaß als anderen beim Puzzeln zuzuschauen, macht es, selber die Teile zusammenzufügen. Von daher: Wagt es, macht es der Puzzle-Königin Courtney Dauwalter nach, geht raus auf den Trail und verbindet die Teile.

Catherine Poletti, meine Schwester und ich Der Chiemgauer Giselher Schneider (60) wurde bei der Premiere des UTMB im Jahr 2003 Vierter inmitten der damals Weltbesten des Sports. Giselher, gesetz dem Fall, ich wäre jetzt eine gute Fee und Du könntest tauschen: Deinen vierten Platz aus dem Jahr 2003 gegen einen vierten Platz beim UTMB 2023, würdest Du den Handel eingehen? Unter Umständen. Schließlich würde das ja bedeuten, dass ich ein deutlich stärkerer Läufer wäre, weil der Sport einfach kompetitiver geworden ist. Heute wäre ich mit meiner Leistung von damals wohl nicht Vierter geworden. Eigentlich aber ist mir das Rennen von 2003 lieber, da waren 700 Leute am Start, und damit war der erste UTMB tatsächlich auch ausgebucht. Ich habe mich in einer eingeschworenen Gruppe von guten Leuten immer wohler gefühlt als bei irgendeinem Riesenspektakel. Ein Spektakel, so hören wir heraus, war der erste UTMB also noch nicht? Als ich mitten in der Nacht auf dem Marktplatz von Chamonix angekommen bin, waren da Catherine Poletti, meine Schwester und ich. Da gab es jedenfalls noch keine fünfreihigen Zuschauermassen, Wie hattest Du überhaupt mitbekommen, dass es da diesen UTMB gibt? Ich hatte ja bis 1997 in den USA gelebt, war also echt verwöhnt, was sympathische und wirklich gute Ultrarennen angeht. Hier in Europa gab es nichts, oder eben sehr wenig. Das Internet steckte noch in den Kinderschuhen, aber irgendwie hatte ich ein französisches Rennen gefunden, das letzlich gar nicht stattfinden sollte, weil sich die Veranstalter verstritten hatten. Von ihnen bekam ich aber den Tipp: Da gäbe es dieses neue Rennen: den Ultra-Trail du Mont-Blanc. Ich solle mich doch dort bewerben.

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Kannst Du Dich noch an das tatsächliche Rennen erinnern. Ich kann mich daran erinnern, dass es sehr, sehr kalt war und an den Schnee, vor allem in der Nacht. Ich weiß noch, dass ich zu mir gesagt habe, Giselher, jetzt musst Du sehr schnell rennen, sonst erfrierst Du. Kanntest Du andere Teilnehmer:innen dieser Erstaustragung? Gab es sowas wie eine Community? Eigentlich nicht, nein. Ein Ultralauf in den Alpen, das war ja damals wirklich neu. Nur Krissy Moehl, die erste UTMB-Siegerin bei den Frauen, hatte ich während meiner Zeit in den USA schon bei einigen Rennen erlebt. Weißt Du noch, welchen Schuh Du bei Deinem ersten UTMB getragen hast? Es wird wohl der Nike Windrunner gewesen sein. Der hatte ein etwas groberes Profil und hat mir damals brutal getaugt. Ich meine ja eh, dass es nicht unbedingt einen Trailschuh braucht.


Wie es wirklich ist ...

im Training mit jemand Stärkerem zu laufen...

laufen, wäre ich nicht dabei. Er macht das gut, er lässt es mich nur selten spüren und doch ist einfach klar, dass er auf Sparflamme unterwegs ist. Manchmal läuft er voraus und wartet oder rennt mir wieder entgegen. Zu Anfang hatte ich wirklich versucht an ihm dranzubleiben. Die ersten drei oder gar vier Läufe mit ihm waren pures Leiden. Ich überzog, brach im ersten Anstieg ein, suchte Ausreden. Oh je. Heute weiß ich um meine Leistung und wie wir zueinander stehen. Keine Geheimnisse mehr. Es war wohl die beste Idee, ihm früh in aller Ehrlichkeit meine Stärken und Schwächen aufzutischen. Ich bin auch maximal ehrlich, wenn ich heute alleine laufen will und sage es ihm genauso. Er macht es nämlich auch so. Glaube ich.

Weiter vorne und auf dem Bild nicht zu sehen - Alois, der Lauffreund, der irgendwann auf mich wartet und mein Wasser trägt.

Natürlich hab ich Alois dann selbstverständlich doch noch gefragt, wie es für ihn denn so wäre. Also mit mir und der Einschränkung ihm gegenüber und er war charmant. Es wäre eine große Freude mit mir zu laufen und er würde den Unterschied nicht feststellen. Der Unterschied wäre zwar da, aber er hätte in diesen gemeinsamen Läufen keine Relevanz und Raum sich überhaupt zu zeigen. Wir würden ja ohnehin sehr viel reden (Textzeile 9). "Aber, aber,du läufst doch anders, wenn du ganz alleine läufst!" entgegne ich. Ich verstehe es selbst kaum – mein Laufkumpel Alois will mit mir laufen! Proaktiv ist er sogar meist derjenige, der unsere gemeinsamen Läufe hier in den Bergen klarmacht. Er ist die treibende Kraft beim Termine fixieren und dazu der stärkere Läufer. Er ist in meiner Wahrnehmung um die 40 Prozent besser als ich. Er gewinnt Wettkämpfe, ich komme lediglich an. Er redet im Uphill in ganzen, ausformulierten Sätzen und ich gebe Ja/Nein Antworten. Es ist ein großer Genuss, mit ihm zu laufen, die Zeit mit ihm zu verbringen und zu

sehen, wie scheinbar mühelos er diesen Sport betreibt. Aus meiner Perspektive ohne jegliche Anstrengung. Bei allem Benefit, den man diesen Läufen zusagt, die man mit Stärkeren unterwegs ist – man lernt von ihnen, man kann sich etwas abschauen und im Downhill die gute Technik kopieren – muss auch gesagt sein, dass man immer in der Position des Schwächeren ist. So geht es mir mit dem Alois. Es gab in all den Jahren nicht einmal eine Situation, in der ich das Gefühl hätte, er würde nicht schneller

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"Ja schon, da laufe ich dann eben stumpf meine Intervalle und das ist ja nicht so schön wie mit dir zu laufen. Das tut nur weh." "Nun ja. Im Bett liegen und eine Tafel Milka essen und eine Netflix-Serie dabei schauen tut ja auch nicht weh." Ich akzeptiere letztlich sehr und freue mich, dass da ein so schneller Freund einfach gerne mit mir die Berge erlebt und hinterfrage es künftig nicht mehr. Ich nehme es freudvoll so an!


MEINUNG Spitzensportland Deutschland Text : CLEMENS NIEDENTHAL

Wessen Sport ist das eigentlich? Deutschland bleibt bei der Leichtathletik-WM ohne eine Medaille. Ein Drama! Können wir Trailrunner:innen also umso selbstbewusster auf die Erfolge von Innsbruck schauen? Oder sollten wir nicht ganz neu über Leistungssport – und die Leistungsgesellschaft – nachdenken? Die Straßen rund um Marathon waren auch nicht immer so gut asphaltiert wie heute. Vor 2000 Jahren zum Beispiel. Weshalb, konsequent zu Ende gedacht, Trailrunning also olympisch sein müsste. Schließlich beruht der olympische Marathon auf dem Mythos eines Botenläufers, der die rund 40 Kilometer von Marathon bis Athen gerannt war, um vom Sieg der athenischen Truppen zu künden. Hiernach soll er tot zusammengebrochen sein. Trailrunning aber wurde, bis heute zumindest, keine olympische Disziplin. Ist mir eigentlich sehr recht. Nur bin ich auch niemand, der von einer olympischen Medaille träumen könnte. Und damit auch: vom Segen der Sportförderung. Die deutsche Sportförderung beruht nämlich zumindest größtenteils auf der prospektiven Möglichkeit der Olympiateilnahme, wenn nicht gar einer olympischen Medaille. Und deshalb, kein Witz, haben sie im Bundesinnenministerium sogar eine Software: das Potenzialanalysesystem, kurz PotAS. Da sitzt dann also ein Beamter, eine Beamtin und fragt den Computer, wer denn in einigen Jahren bei den Olympischen Spielen für Furore sorgen könnte. Rodler:innen mag die Software, Rodler:innen gibt es nicht viele auf der Welt. Aber im Ernst: Wie groß ist die Furore über den Medaillengewinn in einer Sportart, die nur in einem halben Dutzend Ländern auf der Welt professionel betrieben wird, professionell betrieben werden kann. Den Tagesthemen beispielsweise ist dennoch jeder Weltcup-Podestplatz des Bobpiloten Francesco Friedrich einen Dreißigsekünder wert. Aber sollten wir jetzt wirklich Laufen, den Sport aus der Mitte der Gesellschaft, gegen Francesco Friedrich oder die deutsche Rodelelite ausspielen? Zeichnet sich der Laufsport nicht gerade dadurch aus, dass ihn sehr viele, die ihn durchaus leidenschaftlich betreiben, eher wie ein Lebensgefühl betrachten, vielleicht auch einen Lebenstil. Laufen ist viel mehr als Zeit und Platzierung. Und genau deshalb ein Sport, der die Mitte der Gesellschaft berührt. Wann und warum Sport und seine Sportler:innen aber gefördert werden solle, ja müsse, weiß der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) übrigens sehr genau: „Die zentrale Zielstellung des deutschen Leistungssports ist die kontinuierliche Entwicklung von Weltspitzenleistungen, die durch eine konsequente potentialorientierte Förderung auf der Grundlage der Rahmenkonzeptionen der Spitzenverbände unterstützt wird.“ Der Staat investiert also in den Sport, um Spitzenleistungen zu fördern. Nur kritisieren selbst Spitzenathlet:innen längst, dass sie nur noch als Leistungsträger:in-

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Der Staat investiert also in den Sport, um Spitzenleistungen zu fördern. Nur kritiseren selbst Spitzenathleten längst, dass sie nur noch als Leistungsträger gesehen werden, nicht mehr als Menschen.


Katharina Hartmuth als VizeWeltmeisterin von Innsbruck: Ist es also das, was zählt?

nen gesehen werden, und nicht mehr als Menschen. Der Zusammenschluss „Athleten Deutschland" hatte genau das nach den euphorisch gefeierten European Championships im vergangenen Jahr formuliert. Es gab einen kurzen Aufschrei in den Medien. Aber keinen in der Politik. Zur Einordnung: Eine A-Kader-Athletin, Teilnehmerin bei den Olympischen Spielen, bekommt von der Deutschen Sportförderung gerade einmal 800 Euro im Monat. Wer aus öffentlichen Geldern von seinem Sport leben will, muss also Sportsoldat:in oder Sportpolizist:in werden. Was, aus unterschiedlichen Gründen, nicht jede:r will. Trailrunner:innen stellt sich die Frage gar nicht. Weil unser Sport eben nicht olympisch ist.

Wenig hilfreich ist in dieser Debatte auch der gegenwärtige Streit um die Abschaffung der Bundesjugendspiele. Statt konstruktiv über eine nötige Neuinterpretation dieses, ja, Sportfestes zu diskutieren, wissen die einen, dass Weitsprung, Sprint, und Weitwurf bereits ausreichen, um ein ganzes junges Leben zu ruinieren. Während andere den Standort Deutschland in Gefahr wähnen, wenn Neunjährigen die Möglichkeit genommen wird, Mitschüler:innen wegen einer fehlenden Siegerurkunde zwei Tage lang zu hänseln. Von einer „Flauschokratie" faselt ein Kommentar im Spiegel. Und wünscht sich: Blut, Schweiß und Tränen. Das Lustige am Trailrunning ist, dass irgendwie beide Erzählungen stimmen. Die von den Leuten, die einfach

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aus purer Lust in den Bergen unterwegs sind, und quasi aus Versehen zu den Besten ihres Metiers gehören. Und die von den zehn Trainingseinheiten in der Woche, vom Ausloten der Schmerzgrenze, und darüber hinaus, und einer Akribie, die absolut professionell zu nennen ist. Ich sage jetzt einfach mal: Man könnte den Sport auch dem Markt überlassen. Ausrüster, Sponsoren, professionelles Trailrunning funktioniert ziemlich exakt so. Und die eingesparten Millionen in eine Sportföderung investieren, die eine Gesellschaft in Bewegung bringt. Die Kindern Lust am Sport vermittelt und die die Strukturen schafft, diese Lust auch leben zu können. Vielleicht bis hin zu einer professionellen Karriere oder einfach eines gesünderen Lebens zuliebe. Fraglich nur, ob der Heizungshersteller Viessmann den kompletten Rodelweltcup dann künftig alleine finanziert.


MEINUNG Frei laufen

Text : DENIS WISCHNIEWSKI

Ohne Plan und Druck Auch die Profis, die Semi-Profis und Ambitionierten müssen neben dem emsigen Training ihr gesamtes Mindset prüfen! Wie weit kommt man im Leistungssport mit zuviel Härte? Von Profis, den sogenannten Berufs-Trailrunnern, können wir uns ganz sicher eine Menge abschauen. Sie trainieren mit Fleiß, sie haben hohe Disziplin, sie essen gut und trinken nicht. Ob sie alle glücklich sind mit ihren Profisport-Leben? Da lässt sich wohl keine allgemein gültige Antwort geben. Mir scheint jedoch, dass für manche dieser Stars der Alltag im Sport längst zu einem ganz normalen Alltag geworden ist. Nein, Jim Walmsley wirkt nicht immer happy. Jetzt im Ziel, im Moment und Augenblick seines größten Erfolges, als Gewinner des UTMB, da lacht der US-Amerikaner endlich einmal. Vieles an Last scheint von ihm abgefallen, denn all zu oft erlebt man ihn verschlossen, fast traurig. Auch andere Berufs-Sportler nehme ich hadernd und oft unzufrieden, selbstkritisch wahr. Um ehrlich zu sein - Vorbilder sind das dann für mich nicht. Ich bin auf der Suche nach Leichtigkeit innerhalb meines Lieblingssports. Die Schwere kommt nach 30 Kilometern ja meist von alleine. Sport, auch in professionellem Rahmen, ist kein Garant für ein sorgenfreies und blumiges Leben - das sollte klar sein. Profisportler:innen sind Menschen, Menschen mit Sorgen, einem Leben, Beziehungen, Vergangenheiten und Themen, die man von außen nicht kennen kann und kennen muss. Sie alle haben ein Recht auf schlechte Laune und Unzufriedenheiten. Vielleicht müssen wir aber alle - Hobbyrunner und Profis - den Sport bewusst als ein Geschenk annehmen. Im Breitensport mag das einfacher sein, denn es steht wenig Druck, kein wirtschaftlicher Zwang oder Verantwortung gegenüber. Wer Geld mit Trailrunning verdient (sind wirklich nicht sehr viele), hat vermutlich ohnehin ein gespaltenes Verhältnis zu Zwängen und Druck von innen und außen, denn viele der Besten brauchen Druck, um die Höchste aller Leistungen abrufen zu können. Mit diesem Text will ich aber nun ganz bewusst all jene ansprechen, die keine Profis sind, aber von sich glauben auch keine Breiten- und Hobbyläufer zu sein. All jene, die daherkommen wie die Profis, so reden, dieselbe Ausrüstung tragen und am Ende 350 Plätze weiter hinten landen. Denen will ich jetzt sagen, dass es Zeit ist, die Dinge ein wenig von der Leine zu lassen. Es ist Zeit, dem Sport Luft zu lassen. Hinterfragt den Trainingsplan, überlegt Euch, ob die Intervalle Sinn machen, wenn ihr doch so sehr noch in der Regeneration des letzten Ultratrails steckt und die Verletzung noch immer spürbar ist. Löst euch doch aus dieser engen Struktur, diesem Korsett aus Wettkampf, Training, Wettkampf und Training, das ihr Euch selbst konstruiert habt.

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Nein, Jim Walmsley wirkt nicht immer happy. Jetzt im Ziel, im Moment und Augenblick seines größten Erfolges, als Gewinner des UTMB, da lacht der US-Amerikaner endlich einmal.


Jim Walmsley siegte nach einigen Versuchen endlich beim UTMB und wir stellten dabei fest - er wirkte endlich lockerer als sonst.

Umfang auch mal Tempo eine Rolle spielt. Zurück zu Jim Walmsley, dem vielleicht besten Ultratrailrunner 2023. Der hat in diesem Jahr hart trainiert und doch einiges verändert, um endlich seinen UTMB als Sieger zu verlassen. Er war lockerer. Er war bei aller Fokussierung diesmal ungezwungener und legte sich selbst einen eher dünnen Wettkampf Kalender auf. Wir lernen also doch alle von Jim, dass man manchmal, um an das eine große Ziel zu gelangen, garnicht irrsinnig viele Vorbereitungsrennen braucht. Vielleicht sind ja diese qualitativ hochwertigen Läufe alleine und mit Freunden in den Bergen sogar mehr wert. Einfach gute und lange Tage am Berg! Punkt.

Ein Bekannter lief nur 2 Tage vor seinem Start beim 100 Kilometer langen CCC, seinem Saisonhöhepunkt, für rund 3 Stunden fast 14 Kilometer durch die Berge. Er war sich sicher, dass das gar keine Belastung wäre. War es leider doch. An diesem Tag wären seine Füße besser über dem Sofa als über der Baumgrenze gebaumelt. Die einen sind so. Die anderen so. Die einen wollen Freestyle und kommen damit klar, andere brauchen das Script, um durch Leben und Sport zu gelangen. Eines gilt am Ende aber für alle: Etwas Lockerheit ist nie falsch. Ach ja und - Umfang ist King, wenn man weiß, wann es genug ist und im

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PRAXISTEST Stirnlampen Text: BENNI BUBLAK Fotos:

MEISTER

LAMPE(N) 44 6/2023 44 5/2023


Modernste Technik und Elektronik machen die Stirnlampen von heute zu wahren Alleskönnern? Wir haben nicht nur sechs aktuelle Modelle getestet, sondern wollen ebenso ein wenig Licht ins Grau der Stirnlampen-Theorie bringen

Lauflampen im Jahr 2023 sind Hightech-Produkte, vollgepackt mit Sensoren, Dioden und Elektronik. Knopfdruck, Lampe an, Knopfdruck, Lampe aus – so einfach ist es schon lange nicht mehr. Wer eine gute Lampe für das Trailrunning sucht, wird mit Begriffen wie Lumen, Adaptive Lightbeam, Reactive Lighting und mehr konfrontiert und ist unter Umständen schnell überfordert. Hat man die Lampe in der Hand, hören die Herausforderungen nicht auf. Ein Knopf, aber dutzend Funktionen – da muss man sich erstmal zurechtfinden. Im Folgenden wollen wir erläutern, welche Eigenschaften entscheidend sind, um als Trailrunner mit einer Stirnlampe glücklich zu werden. Helligkeit und Lichtfokus Der erste Blick beim Kauf einer Stirnlampe geht meistens auf den Lumen-Wert des jeweiligen Produktes. Lumen ist eine Einheit für die Lichtmenge, die eine Lampe abstrahlt und wird gemeinhin als Maß für die Helligkeit einer Lampe hergenommen. Genau betrachtet ist dies nicht zu 100 Prozent korrekt, denn der Lumenwert gibt die gesamte Lichtmenge an, die eine Lampe abgibt und bezieht sich nicht auf die Fläche. Bei gleicher Lumenzahl erzeugt fokussiertes Licht (Spotlight) eine größere Helligkeit als gestreutes Licht (Floodlight). Als Orientierung kann man durchaus angeben, dass 300 Lumen zum Laufen im Gelände meistens ausreichend sind. Natürlich kann es von Vorteil sein, wenn man für kurze Zeit mehr Licht zur Verfügung hat. Heller ist aber nicht immer besser. Zu helles Licht

über einen langen Zeitraum kann die Augen auch ermüden. Wie schon erwähnt, kann ein Lichtstrahl breit und diffus sein oder schmal und fokussiert. Ersteres ist gut, um den Nahbereich auszuleuchten, letzteres eher für die Fernsicht. Beim Laufen setzt man üblicherweise auf eine Mischung aus beidem, um sowohl den Fußbereich und den unmittelbaren Trail auszuleuchten als auch einige Meter voraus schauen zu können. Moderne Lampen haben Sensoren, die erkennen, welches Licht man gerade benötigt und passen den Lichtkegel automatisch an. (Reactive Lighting bei Petzl und Adaptive Lightbeam bei LEDLenser). Thema Nebel: Navigation bei Nebel ist schon am Tag eine Herausforderung. Bei Nacht wird es ungleich schwerer, da Nebel das Lampenlicht sofort reflektiert. Umso heller das Licht, umso weniger sieht man. Leider gibt es hierfür keine optimale Lösung. Kein Licht kann Nebel durchdringen. Was helfen kann, ist die Lampe weiter unten, zum Beispiel an der Hüfte, zu tragen oder rotes LED-Licht zu nutzen. Akku und Kapazität Fast alle modernen Stirnlampen nutzen inzwischen Akkus statt Batterien. Diese sind simpel per USB-Kabel aufladbar. Bei manchen Stirnlampen kann man den Akku austauschen. Das ist praktisch, um die Laufzeit zu verlängern. Wer zum Beispiel bei einem Ultratrail eine ganze Nacht durchlaufen will, tut gut daran, ein Modell zu wählen, das einen Ersatzakku erlaubt. Umso größer und schwerer der Akku, umso länger die Laufzeit. Viele Stirnlampen befestigen den Akku daher am Hinterkopf, damit sich das Gewicht besser verteilt. Nachteil ist, dass man dann auf Kabel

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angewiesen ist, die Akku und Diode verbinden (die brandneue Silva Free straft uns hier tatsächlich Lügen). Einige Stirnlampen erlauben es auch, den Akku im Rucksack zu tragen, und so das Gewicht am Kopf zu reduzieren. Die gesamte Laufzeit ist natürlich stark abhängig von der genutzten Lichtstärke. Gute Stirnlampen mit starken Akkus, schaffen 200 bis 300 Lumen über grob 5 bis 6 Stunden aufrechtzuerhalten. Wer eine ganze Nacht durchläuft, sollte unbedingt Ersatzakkus oder eine Ersatzlampe mitführen. Akkus, die am Hinterkopf befestigt sind, haben oft ein rotes Rücklicht. Dies ist bei einigen Ultratrails vorgeschrieben. Komfort und Gewicht Ein Ausrüstungsgegenstand, der mehrere Stunden auf dem Kopf getragen wird, sollte bequem und komfortabel sein. Dazu gehört ein moderates Gewicht, um die Nackenmuskulatur nicht zu überanspruchen. Wie schon erwähnt, hat sich die Verteilung des Gewichtes auf Vorder- und Hinterkopf bewährt. Kompakte Lampen, die alles, auch den Akku, in einem Gehäuse unterbringen, können aber ebenfalls bequem auf dem Kopf sitzen. Entscheidend sind hier oft das Stirnband und die Riemenkonstruktion. Doppelläufige Riemen am Hinterkopf sind absolut komforterhöhend. Aber auch ein zusätzliches Band über den Kopf kann die Last besser verteilen. Hier ist meistens etwas mehr Muße beim Justieren erforderlich, sodass die Lampe richtig sitzt. Mit der Iko Core und der Nao RL hat Petzl neue Maßstäbe gesetzt, was sowohl Tragekomfort als auch Leichtigkeit einer Strinlampe angeht.


PRAXISTEST Stirnlampen

Black Diamond ///Distance 1500 /// 200 Euro Die Distance 1500 von Black Diamond ist eine hochwertige Lampe speziell an die Bedürfnisse von UltratrailAthlet:innen angepasst. Die auf der Packung angegebenen drei Helligkeitsstufen (15, 300, 800 Lumen) gibt es eigentlich nicht, denn man kann das Licht stufenlos dimmen und heller machen. Ergänz wird dies durch einen Power Modus (1500 Lumen), den man elegant per schnelles Tippen des Lampenrandes aktivieren kann. Es ist möglich, zwischen Flood-Light und Spot-Light hin und her zu wechseln. Der Akku ist am Hinterkopf befestigt, enthält ein rotes Rücklicht und kann sehr schnell montiert und demontiert werden. Eine Akkuladung reicht für 8h bei 300 lm. Das Stirnband hätte für unseren Geschmack etwas breiter un komfortabler konstruiert sein dürfen, wem der Halt hier nicht ausreicht, kann aber mit dem mitgelieferten „Kopf-Band“ aufrüsten. Überzeugendes Gesellenstück einer coolen Marke.

Nitecore /// NU25L /// 42,95 Euro Die Überraschung dieses Tests kommt vom Online-Lampenspezialist Nitecore. Das Modell NU25L besticht besonders durch seine unschlagbare Leichtigkeit. Mit einem Gewicht von nur 45 Gramm kann sie es mit den meisten gängigen Notfall-Lampen aufnehmen und passt in die kleinste Laufshort-Tasche. Dennoch hat sie fast alle Funktionen einer hochwertigen Lampe. Man kann zwischen Spotlicht und Flutlicht sowie einer Kombination aus beidem hin und her wechseln. Es gibt drei Helligkeitsstufen (60, 200 und 400 Lumen), wobei im mittleren Modus der Akku 4,5 h Ausdauer beweist. Sogar ein Rotlicht-LED ist vorhanden. Klar, was Lichtstärke und Akkudauer betrifft, schlägt diese Lampe keine Rekorde. Sie ist damit auch nicht für Racer geeignet, die die ganze Nacht durchlaufen. Mit ihrem unschlagbaren Preis-/Leistungsverhältnis ist sie aber die perfekte Alltags-/ und Notfalllampe.

LEDLenser /// HF8R Signature /// 159,00 Euro LEDLenser sind bekannt für ihr innovatives und technisches Voranschreiten im Stirnlampen-Segment. Auch die HF8R ist mit allerhand Sensoren ausgestattet, welche die Umgebung erfassen und das Licht automatisch anpassen. Die sogenannte Adaptive Light Beam-Technologie passt nicht nur die Leuchtkraft automatisch an die Umgebung an, sondern auch die Fokussierung. Heißt: Schaut man in die Ferne, schaltet die Lampe auf Spotlight, schaut man kurz auf seine Uhr geht sie auf Flutlicht. Beim Laufen ist meistens eine Mischung aus beidem aktiviert. Das funktioniert super und macht die HF8R auf dem Markt derzeit wohl einzigartig. Einziger Wehrmutstropfen: Mit dem Akku, der zusätzlich zur ganzen Technologie im Lampenkopf untergebracht ist, ist sie zum Laufen eindeutig zu schwer. So bleibt, zumindest noch, die Neo Serie die erste Wahl für Trailrunner bei LEDLenser. 5/2023 46 6/2023


Lupine /// Penta /// 159,95 Euro Die deutsche Firma Lupine steht wohl wie keine andere für nachhaltige Qualität. Im in den letzten Jahren kaum veränderten Angebot ist die Penta, neben der hochpreisigen High-Performance Lampe Piko, das Alltags-Modell. Der Preis bleibt dennoch stattlich. Wie alle Produkte von Lupine, ist auch diese Lampe mit Sicherheit ein Produkt für die Ewigkeit. Das Leuchtbild ist angenehm breit und weich und man kann zwischen Diffuslicht, Hauptlicht (Mischung aus Spot und Flutlicht) sowie einem Rotlicht hin und her wechseln. Kleinigkeiten wie das Laden der Lampe während der Aktivität überzeugen. Mit Maximal 1200 Lumen ist die Lampe sehr leuchtstark und auch der Akku ist ausdauernd. Allerdings erkauft man sich das Ganze mit einem relativ schweren Lampenkopf. Hier wurden wir bei Konkurrenzmodellen der Kompaktklasse durchaus mit mehr Komfort und weniger Wackeln beim Laufen verwöhnt.

Petzl /// Nao RL /// 139,95 Euro Mit der Iko Core sowie der hier besprochenen Nao RL hat Petzl neue Maßstäbe in Sachen Leichtigkeit gesetzt, sorgt aber gleichzeitig mit einer innovativen Konstruktion für einen festen und bequemen Halt auf dem Kopf. Die Nao RL ist eine Hochleistungslampe, welche auch den hohen Ansprüchen von Ultratrail-Läufern nachkommt. Rotes Licht am Hinterkopf, ein austauschbarer Akku und eine maximale Leuchtkraft von 1500 Lumen sind die Basics. Durch die Reactive Lighting Technologie passt sich die Lichtstärke automatisch der Umgebung an, was wir in einigen Situationen als sehr angenehm empfanden. Die manuelle Steuerung ist aber ebenso möglich. Zwischen Streulicht und kombiniertem Licht (Streulicht plus Fokuslicht) kann gewechselt werden. Die Nao RL ist eine besonders ergonomische Kopflampe mit unfassbar leichtem Leuchtkopf.

Silva /// Free Serie /// 170 bis 400 Euro Dieses Produkt ist mehr als nur EINE Stirnlampe. Mit der Free Serie schafft Silva einen High End Stirnlampenbaukasten. Je nach Bedarf kann man den Lampenkopf in verschiedenen Lichtstärken (1200 bis 3000 Lumen) mit verschiedenen Akkus (14,4 bis 71 Wh) kombinieren. Das ganze ist sehr wertig und kompakt verarbeitet. Kabel gibt es zum Beispiel nicht mehr. Die verbindende Elektronik, die Akku und Lampenkopf verbindet, ist absolut unmerklich im Stirnband „eingestrickt“. Selbiges sitzt sehr bequem und gleichzeitig fest. Für Trailrunning ist die Free 1200 S, also der kleinste Lampenkopf mit einem 24Wh Akku, absolut ausreichend. Kauft man dazu noch einen 36Wh Akku ist man für alle Eventualitäten ausgerüstet. Letzteren Akku am Kopf zu tragen ist vom Gewicht her grenzwertig. Silva liefert aber ein Kabel mit, sodass man den Akku auch bequem im Rucksack verstauen kann. 5/2023 47 6/2023


REPORT Alpenüberquerung

Hö M

Text : BENNI BUBLAK Fotos: MILOS JAKOBI

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öhenmeterMann One Single Push. Von Garmisch bis zum Gardasee. Eine Alpenüberquerung und ein Ultra-Projekt von ganz gehörigem Ausmaß. Wir haben Paul ein Teilstück seines langen und nicht immer geradlinigen Weges begleitet.

Es ist ein Uhr morgens. Eine sternenklare aber dunkle Nacht. Nur unsere Stirnlampen erhellen die mondlose Stille. Paul Goj und ich stehen vor einem riesigen Schutthaufen: große Granitblöcke, wie Mikado Stäbchen kreuz und quer übereinander gestapelt und dazwischen brüchiger Schutt. Von einem Weg keine Spur. Meine Uhr sagt mir, wir müssen da ganz oben rüber, immer am Grat entlang. „Tja auch das gehört wohl zu solch einem Projekt dazu“, nimmt es Paul stoisch hin. Auch wenn ich merke, dass ihm nicht ganz wohl bei der Sache ist. Kein Wunder, schließlich hat Paul zu diesem Zeitpunkt schon weit über 6.000 Höhenmeter und 17 Stunden pausenloses Laufen hinter sich. Vor einigen Stunden stand er auf der Zugspitze und nun vor diesem unerbittlichen Gelände hoch über dem Ötztal. Vielleicht würden wir uns an anderer Stelle über diese unerwartete Klettereinlage freuen. In dieser Nacht aber steht sie konträr zu Pauls eigentlichem Vorhaben. Der The-North-Face-Athlet möchte die Alpen überqueren. Und zwar komplett. Das ist ihm wichtig. Nicht nur bis Meran, wo Alpenüberquerungen oft enden. Nein, er möchte von seiner Wahlheimat Garmisch-Partenkirchen bis zum Gardasee laufen. 350 Kilometer und 20.000 Höhenmeter. Das Krasse: Er teilt sein Vorhaben 5/2023 49 6/2023


REPORT Alpenüberquerung

Fast 80 Stunden unterwegs: Paul Goj hatte immer wieder mal Begleitung und hat aus einem privaten Laufprojekt auch ein Communitytreffen gemacht. Unten: In der dunklen Nacht mit dem Autor

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nicht in Etappen auf. Nein, er will es in einem Push schaffen, vielleicht mal zwei Stunden schlafen, aber nur, wenn es unbedingt nötig ist. Er verpasst dem Projekt den eingängigen Namen GaPaGarda. Paul weiß, was er tut. Er hat seine Grenzen in den vergangenen Jahren Stück für Stück nach oben verschoben. Lange widmete er sich dem Everesting (man läuft so lange einen Berg hoch und runter bis man 8848 Höhenmeter erreicht hat). Dann dem Double Everesting. Eine Challenge, die bisher weltweit keine 20 Leute beendeten. An seinem Hausberg, dem Wank lief er also zwei Tage und Nächte auf und ab, auf und ab. Immer wieder. Im kompletten Jahr 2022 lief er unglaubliche 548.970 Höhenmeter. Im Juli finishte er außerdem den Eiger 250. Zusammen mit seinem Teampartner Simon Weig war er 67 Stunden unterwegs. Eine absolute Ausnahme, denn Rennen läuft Paul eigentlich nicht: „Mir wird da zu viel vorgegeben. Ich bevorzuge es meine eigenen Ideen auszuleben, ohne dass mir jemand Grenzen setzt.“ Was also fasziniert ihn so an diesem ultralangen, ja fast absurd weitem, Laufen und Höhenmeter sammeln? Es ist schon auch das ganze Drumherum, erklärt Paul. Wieviel Kalorien brauche ich für mein Projekt? Wie ernähre ich mich am sinnvollsten? Wie sollte die Strecke aussehen? Mehr im Tal, oder mehr über die Berge? Wer supportet mich wann und wo? Wie schaut mein Schlafmanagement aus? Für letztere Frage hat Paul extra mit einem Schlafwissenschaftler gesprochen. Das Resultat: Er plant die erste Nacht komplett ohne Schlaf durchzulaufen und in den weiteren Nächte gegebenenfalls zwei Stunden Schlafpause am Anfang der Nacht, also so zwischen 22 und 0 Uhr, einzulegen. Dies ist der Zeitraum, in dem unser Körper wirklich nach Schlaf verlangt und in dem die meisten Tiefschlafphasen stattfinden. Paul ist ein Zahlen-Freak. Höhenmeter, Kalorien, Distanz, Schlafpausen, an alles wird eine Nummer geheftet. Und ja, auch eine weiteres Quantum ist ihm wichtig. Die Reichweite sei-


nes Projektes. Mit der Unterstützung seines Sponsors The North Face lässt er seine Follower über Social Media unentwegt an seinem Vorhaben teilhaben. „Der wilde Alpinist allein am Berg“, diese Umschreibung wäre hier Fehl am Platz. Tatsächlich ist Paul selten allein unterwegs. Immer wieder wird er von Freunden und Freundinnen begleitet und unterstützt. Es scheint, als sei zumindest die komplette Trailszene aus Garmisch Partenkirchen zwischen Zugspitze und Gardasee unterwegs um das GaPa-Garda Projekt zu begleiten. Am Ende müssen sich die Supporter ganz schön sputen, um mit Paul mitzuhalten. Dieser ist auch nach drei Tagen Laufen noch stark unterwegs und legt einen Schlussspurt ein, um die 80 Stunden Marke zu knacken. 79 Stunden 51 Minuten, 350 Kilometer und 18.000 Höhenmeter nachdem der 37-jährige Abenteurer in Garmisch startete, erreicht er Riva del Garda. 20 Stunden schneller, als es sein ursprünglicher Zeitplan vorsah. Zahlen und Daten, die Bände sprechen und doch nur unzureichend die Erlebnisse und Emotionen des Paul Goj auf seiner Reise umreißen. Das Teilstück in den Ötztaler Alpen, an dem ich Paul begleiten durfte, war wohl zusammen mit der Zugspitze der technisch anspruchsvollste Abschnitt seiner Tour. Wir klettern also über den Grat, suchen in steilen Schuttflanken mehrmals den Weg und freuen uns jedesmal, wenn wir den Hauch einer Markierung oder ein Steinmännchen ausmachen können. Paul entscheidet sich danach aber, das restliche Ötztal auf Talwegen zu durchqueren. Auch dort liegen ihm, im wahrsten Sinne des Wortes, viele Hindernisse im Weg – ein starkes Unwetter wenige Wochen zuvor hatte ganze Arbeit geleistet und Teile des Waldes komplett entstellt. Aber vielleicht waren auch diese Hürden und Widerstände am Ende doch nur ein Teil seines Plans. Schließlich sind es genau diese Erlebnisse, die das Projekt Gapa-Garda erst so richtig würzig machten.

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REISE Toskana Text & Fotos : CLEMENS NIEDENTHAL , DENIS WISCHNIEWSKI

Chianti Ultra Trail by UTMB // 22. März 2023 Ich als Genussläufer fand das auch ganz ohne Rennstress im Chianti ganz wunderbar. Aber andererseits: Warum nicht im kommenden Jahr und im Wettkampfmodus wieder kommen: Vier Distanzen zwischen 21 und 102 Kilometern. Der perfekte Chamonix-Qualifier für alle, die es vor allem laufbar mögen: www.chianti.utmb.world

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LANDSCHAFT ZUM VERLIEREN

Wenn zwei Redakteure dieses Magazins unabgesprochen in die gleiche Gegend reisen, müssen die Trails dort doch ziemlich fantastisch sein. Aber natürlich gibt es genügend weitere Gründe für einen Urlaub in der Toskana. Über lange Lauftage, die nach Pinien und Rosmarin duften und mit einem Espresso auf der Piazza enden.

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Ach, Italien. Schlaraffenland, Arkadien und dieser verstohlene Blick auf ein Leben, das wir Deutschen gerne hätten. Vielleicht mit weniger Beulen in den Autos. Und mit Stromleitungen, die nicht wie Girlanden von der Fassade baumeln. Aber doch mit dieser Leichtigkeit und Lässigkeit im Leben. Einfach mal mittags um Drei auf der Piazza versacken. Werktags. Bereits mit dem ersten Glas Wein in der Hand. Zumindest im Urlaub bekomme ich das schon ganz gut hin. Zumal nach hochsommerlichen 30 Kilometern durch die elegischen Hügel des Chianti und diesem euphorisierenden Erschöpftsein, das sich nur an Tagen richtig auskosten lässt, an denen eben keine Pflichten mehr rufen. Nur noch Pizza oder Pasta, ein Bad im Pool vielleicht oder ein gutes Buch. Ja selbst diese teils brütende Hitze erlebe ich auf Urlaubsläufen als Teil des Vergnügens. Als Teil des vollumfänglichen Italienvergnügens sowieso. Eine kleine Osteria wird mir in den Hügeln über Florenz zur Labestation. Eine eisgekühlte Coca-Cola und ein Espresso geben Energie für die nächsten Kilometer. Dass mein Chefredakteur kaum 14 Tage zuvor in Reggello, nur ein Tal weiter östlich des Chianti noch einmal höhere, vor allem wildere Berge unter seinen Trailschuhen hatte … geschenkt. Ich mag den kupierten Flow dieser sanften Hügellandschaft, ich mag die verwinkelten Treppen und Gassen, die aus Florenz, diesem Museum von einer Stadt, hinauf in die Hügel führen. Und außerdem: So können wir Euch an dieser Stelle gleich von drei erlaufenswerten Orten in der Toskana erzählen. Wir empfehlen, diese drei Ziele auf einer Reise zu verbinden, nehmt Euch dafür mindestens acht Tage Zeit. Und denkt nicht nur ans Laufen. Aber das fällt in Italien ja leicht.


REISE Toskana

Reggelo So arg wild kann die Toskana sein? So sehr bergig? Was? 1000 Höhenmeter am Stück? Ja, da muss man halt doch mal die Alpen hinter sich lassen und bis in den Südosten von Florenz fahren. Die Bergregion zwischen Reggelo und Vallombrosa ist ein Tipp.

Von unten sieht es mild aus, aber wer hier läuft, erkennt schnell, dass die Toskana wild und auch alpin sein kann. Packt eure Koffer und macht euch auf nach Reggelo. 54 6/2023


„Ach wie schön. Ach, wie doch bergig", dachte ich mir, als wir kurz vor der Ortschaft Reggelo, südöstlich von Florenz kurz vor unserer Unterkunft sind. Die Toskana war mir tatsächlich fremd und lediglich ein Begriff aus zeitgenössicher Literatur und ein Bild aus eher schlechten Montagabend-Filmen mit Heiner Lauterbach und Christian Ulmen. Nun also erstmals ein Laufurlaub auf einer Meereshöhe von 390 Metern. Unsere Unterkunft, die Podere Giusti, empfängt uns an diesem späten Nachmittag Mitte Mai, in einem sagenhaften Abendrot, das in den kommenden vier Tagen so leider nicht mehr zu bewundern sein wird. Es wird der kälteste und niederschlagsreichste Mai der Toskana seit Jahren. Weiter östlich werden zu dieser Zeit Menschen durch ein Unwetter und Überschwemmungen sterben. Bevor ich nun überhaupt ein Wort über die Trails verlieren kann, muss ich die Anlage Giusti, ein typisches toskanisches Farmhaus mit fünf Appartments und fünf Zimmern, gebettet in eine riesige Oliven-Plantage, erwähnen. Traumhaft gutes Essen, herrlicher, ehrlicher Hauswein und nette Menschen. Der Tipp schlechthin. Begeistert waren wir jedoch auch von unseren zwei Trailtouren rund um Reggelo, denn anderes als gedacht, kann man hier durchaus Höhenmeter sammeln, wie in den Alpen auch. Die Anstiege mögen milder sein, aber wer vom Ort aus beispielsweise hinauf bis zur Schutzhütte Rifugio Capanna delle Guardie läuft, hat

mehr als 1000 Höhenmeter in den Beinen um in beliebigen Runde bei Tagestouren bis zu 3000 Höhenmeter zu sammeln. Die Region ist bestens beschildert, alle Wege gut laufbar und vorallem abwechslungsreich kombinierbar. Vorallem im nur 15 Kilometer entfernten Klosterort Vallombrosa findet man direkten Zugang zu einem Paradies an Wanderwegen, die ein Traum für Trailrunner sind. Wer sich im späten Oktober und frühen November für einen Trip in diese Gegend entscheidet, landet inmitten einer Natur, die sich in goldenem Licht und bunten Farben befindet. Mit Glück hat man sogar noch Tagestemperaturen nahe der 20 Grad. Darüber hinaus muss sich auch Reggelo als Ort nicht verstecken. Wir fanden in Sachen „Energieversorgung mit Stil" eine Osteria, die sich als Fischrestaurant empfiehlt. Im Ristorante Masaccio genießt man für einen fairen Kurs grosse Portionen einer relativ einfachen Küche, die jedoch die Region und ihre wilde Bodenständigkeit sehr treffend auf den Teller bringt. Kein Ort für Heiner Lauterbach vielleicht, aber für einen guten Abend nach einem langen Tag auf den Trails. Das Landhaus Podere Giusti (www.poderegiusti.it) kostet für 2 Nächte für 2 Personen inklusive tollem Frühstück ca. 430 Euro. Für alle Läufe sollte man genügend Trinken und Essen mit nehmen und aus Mangel an Hütten möglichst autark unterwegs sein.

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REISE Toskana

Florenz Treppauf, treppab, Espresso und Coca-Cola an der Labestation. In Florenz ist es nicht weit vom Weltkulturerbe bis zu den Trails. Und wenn man es nur halbwegs geschickt anstellt, läuft man auch dem Overtourism aus dem Weg. Rennen im Herzen der Renaissance

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Ein Glas Wein später habe ich dann den GPS-Track einer fabelhaft trailigen Runde durch die Hügel im Nordosten der Stadt auf meinem iPhone.


Selten gelingt es, die Essenz einer Reisereportage in ein einziges Bild zu packen. Florenz hat es möglich gemacht. Ein Treppensprint hinauf zum Giardino delle Rose, im Hintergrund die Silhouette dieser Renaissancestadt. Die 114 Meter hohe Kuppel der Kathedrale, die kaum minder imposante Basilica di Santa Croce di Firenze; weiter rechts der kühne Turm des 1314 erbauten Palazzo de Vecchio. Und, im Hintergrund, jene topgrafische Eigenheit, die Florenz für unseren Sport prädestiniert: Die Stadt liegt im Flusstal des Arno, gerahmt von den Hügeln der Toskana. Verlässt man den urbanen Trubel, geht es bald schon hinauf. Natürlich gibt es auch gute Gründe, unten zu bleiben. Die Uffizien etwa, in denen man Menschen dabei beobachten kann, einige der weltbekanntesten Kunstwerke nur durch die Kamera ihres Smartphones zu betrachten. Aber es soll ja auch Leute geben, die Laufen nur auf den Trails, um sich dabei zu fotografieren. Oder den David von Michelangelo, in Florenz hat man inzwischen zwei Kopien der Statue in den Stadtraum gestellt. Es sind einfach zu viele Menschen, die diesem David auf den Hintern glotzen wollen. Wir ahnen es also, Florenz kann voll sein von Tourist:innen. Das gute aber an italienischen Städten, an Bologna, Bergamo, sogar Venedig und eben Florenz: Gleich dort, wo der touristische Trubel aufhört, beginnt die Stadt der Einheimischen. Und so landen wir knapp hinter der zentralen Einkaufsmeile in der Enoteca

Belini, wo zum Wein kleine Teller mit lokalen Produkten gereicht werden. Mein Blick bleibt an Einem hängen, der seine Hoka Speedgoats mit einem Retro-Blouson der französischen Bergsportmarke Millet kombiniert, ein, so erfahre ich, Fundstück aus dem Kleiderschrank des Vaters. Vor allem aber habe ich ein Glas Wein später den GPS-Track einer fabelhaft trailigen Runde auf dem iPhone, in den Hängen im Nordosten rund um den Monte Ceceri und dem trutzigen Castello di Vincigliata. Der zweite florentiner Trailrun hatte dann merklich urbaneren Charakter. Und weil es der letzte Sonntag des Monats war, mit freiem Eintritt in die Museen und auch Parkanlagen, führte mein Kreiseln zwischen historischem Zentrum und den südlichen Hügeln auch durch den terrassenförmig angelegten Giardino di Boboli. Fürs Protein-Loading nach dem Lauf: ein paar Austern zum lokalen Bier, ehe es zur letzten, unbedingten Empfehlung dieser Reise ging, der Trattoria Alla Vecchia Bettola, italienisches Soul Food in munter zusammengewürfelter Tischgesellschaft. Ein Abend unter Einheimischen. Hotels (und AirBnBs) sind in Florenz oft sehr schön, und immer sehr teuer. Wir hatten alternativ ein Zelt auf dem Campingplatz hu Camping direkt am Arno, das eher eine kleine Ferienwohnung war (ab 100 Euro pro Nacht). Stressfreie Begleiterscheinung: Unser Auto parkte gleich daneben.

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REISE Toskana

Chianti Unterwegs in der Hitze einer elegischen Hügellandschaft, in der einmal die Redewendung von der Toskanafraktion erfunden worden war. Ich renne durch Weinberge und fünfundertjährige Festungsdörfer und stelle schnell fest: Zu dieser Fraktion gehöre ich auch

Auf den letzten Single-Trail-Kilometern gelingt meiner Frau ein spektakulärer Fund im Unterholz: Es sind die Stacheln eines ... Stachelschweins

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Nun, zunächst lief es nicht wirklich rund mit mir und dem Chianti. Schuld waren die digitalen Medien. Also Komoot und artverwandte virtuelle Orientierungshilfen. Dort nämlich, wo auf dem Display ein Trail schien, war in der Wirklichkeit dieser elegischen italienischen Landschaft allzu oft ein Zaun. Oder ein Hofhund mit ausgeprägtem Territorialinteresse. Da wäre mir dann ein Zaun lieber gewesen. Tagsdrauf habe ich mir im geschäftigen Ortskern von Panzano eine Wanderkarte gekauft. Und war fortan im Bilde. Über das Chianti, jener nicht nur für seinen Wein, den Chianti Classico, bekannten Hügelkette im Zentrum der Toskana. Und über die Trails und (Weit-) Wanderwege, die sich von unserem Domizil aus, einem ausgebauten Feldsteinschuppen im weitläufigen Garten einer historischen Ölmühle, über eben jene Hügel ausbreiten. Die Touren der nächsten Tage: Eine rund 30 Kilometer lange Runde durch Dörfer mit Namen wie La Piazza, Madonna di Pietracupa und San Donato i Poggio. Staubige Feldwege mit weiten Blicken – und in der zweiten Hälfte herrliche Singletrails entlang des kleinen Flüsschens Pesa, der viele Regen des Frühjahrs steht hier und da noch knöcheltief auf dem ausgewaschenen Pfad. In der Kaffeebar in San Donato spielen die Dorfältesten Billard. Ich lasse mir ein Panino mit Büffelmozzarella auf den Kontaktgrill legen. Lange Läufe sind im Urlaub, in so einer Landschaft und bei rund 30 Grad ja irgendwie auch Wandertage. Und die

Muse zur Einkehr unbedingt mit eingepreist. Auf den letzten Kilometern, inzwischen begleitet mich meine Frau, gelingt ihr am Wegesrand ein spektakulärer Fund: zwei Stachel eines Stachelschweins. Weitere Touren der nächsten Tage: ein Tempodauerlauf ins Festungsdörfchen Montefioralle (Bild unten), auslaufen hinunter nach Greve, wo wir uns auf dem Wochenmarkt für die nächsten Tage eindecken. Die Kleinbauern der Region haben ihre Ernte auf den Pritschen verbeulter Kleintransporter ausgebreitet. Und eine Tour über den Höhenzug von Lamole auf den Monte San Michele, mit rund 900 Metern der höchste Berg des Chianti. Neben der kleinen Wallfahrtskirche gibt es ein historisches Hospiz mit ein paar geschmackvollen Zimmern, authentischer Bergküche und einigen Stellplätzen für Campervans. Was wir sonst noch gemacht haben? Ganz oft ganz genussvoll gar nichts. Wir haben Bistecca del Chianti gegessen. Bei Dario Cecchini in Panzano, der eigentlich Schauspieler werden wollte und nun der wohl berühmteste Metzger Italiens ist. Und nachmittags ab Fünf auf der Piazza von Panzano einen letzten Espresso getrunken und das trubelige Dorfleben bestaunt. Viele Bauernhöfe und Weingüter sind heute Unterkünfte. Wir waren im B&B Fagiolari bei Panzano (www.fagiolari.it), einer alten Ölmühle mit Pool, großartigem Frühstück und der richtigen Dosis Abgeschiedenheit.

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TYPEN Felix Kuschmierz

Unterm Radar

Felix Kuschmierz ist uns aus drei Gründen aufgefallen. Wegen einer starken Performance beim UTMB. Und weil er 2023 genauso bei deutlich technischeren Rennen wie Schlegeis 3000 oder dem Tromsø Skyrace am Start war. Vor allem war uns aber aufgefallen, dass uns der 30-Jährige bis dato nicht aufgefallen war. Zeit also, den Brandenburger auf dem Berliner Teufelsberg zu treffen

Zumindest dieses eine Ziel hat Felix Kuschmierz knapp verfehlt. Eigentlich wollte er seinen ersten Hundertmeiler noch vor seinem 30. Geburtstag laufen. Nun, die paar Wochen Verspätung dürfte er verschmerzen. Schließlich war sein erster Hundertmeiler nicht irgendein Hundertmeiler. Es war der Ultra-Trail du Mont-Blanc. Und seine Leistung, das Finish in merklich unter 30 Stunden, durchaus ein Ausrufezeichen in seinem an Ausrufezeichen reichen Laufjahr. Mindestens für einen Hobbyläufer aus der norddeutschen Tiefebene, der bis vor zwei oder drei Jahren nicht einmal so ganz genau wusste, wohin das Läuferleben so mit ihm rennt. „2016/17 bin ich richtig viele Halbmarathons gelaufen, zehn, zwölf Stück im Jahr. Dann kam der Wechsel auf die Marathondistanz und der ging erstmal richtig schief, weil mein Magen nicht mitgespielt hat und ich sehr lange an meinen Ernährungsstrategien arbeiten musste. Den ersten Marathon lief ich in vier Stunden, angepeilt hatte ich eine Sub3. Ich glaube rückblickend, dass mir schon damals ein Wechsel auf die Trails gutgetan hätte. Einen Marathon läufst Du immer mit einem Ergebnis im Kopf. Beim Trail merkt man nicht, wenn man erstmal eine Stunde länger braucht, das hat mir sehr geholfen.“ Und so kam über die Variabilität des Terrains und der Distanzen auch der Spaß und das Tempo zurück. Laufend unterwegs Felix‘ Racekalender? Auf den ersten Blick ein klarer Fall von FOMO, also der Angst, irgendetwas zu verpassen. 2:33 Stunden beim Hannover Marathon im vergangenen Jahr. Dazu eine neue persönliche Bestzeit über 3000 Meter auf der Bahn (9:35 Minuten), die sein Heimatverein, der TuS 6/2022 60 6/2023

Fotos: Goran Jakus

Text & Fotos : CLEMENS NIEDENTHAL


Fotos: Goran Jakus

Lichterfelde, auf seiner Homepage vermeldet. In diesem Frühjahr der Sieg bei den 50 Kilometern von Grünheide, einem Ultra über zehn öde asphaltierte Runden. Vor allem aber, wir sind ja das Trail Magazin, in dieser Saison ein starker zweiter Platz beim U. Trail Lamer Winkel und ein um so stärkerer 22. Platz beim Tromsø Skyrace über 57 Kilometer, womit Felix Kuschmierz seine Platzierung aus dem Vorjahr exakt halbieren sollte. Woher nimmt jemand, dessen Trainingsterrain der buchstäbliche Märkische Sand ist, eigentlich diese technische Versiertheit und überhaupt das Zutrauen für all die Kletterei in einem derart exponierten Gelände? Seine Ultrapremiere war der Supermarathon beim Rennsteiglauf im Jahr 2021, gleich honoriert mit einem zweiten Platz. Dann wären da noch der Mozart 100, das Schlegeis 3000 Skyrace und die Transgrancanaria im vergangenen Februar, die er trotz massiver Magenprobleme finishen sollte. Einmal mehr also der Magen. Felix ernährt sich seitdem vegetarisch, geht seltener in die Betriebskantine und hat sich auch in die Rennverpflegung noch einmal intensiver reingefuchst. So hat er den Sommer über etwa mit jenem Produkt trainiert, das auch der offizielle Nutrition-Sponsor des UTMB sein sollte. Den Sieg beim Tollenseelauf in Neubrandenburg, offizieller Slogan: „der Härteste im Norden“, hat er zwischendurch auch noch mitgenommen. In seiner alten Heimat, der Uckermark und Mecklenburg, hat Felix Kuschmierz den Status eines Lokalmatadors inne: „Da fragen sie dann schon immer, na, gewinnst Du heute wieder?“ Es erzählt viel über die unaufgeregte, sympathische Art des Elektroingenieurs, dass er diese kleinen, lokalen Rennen zwischen all den internationalen Trailevents mit ihren klingenden Namen auch noch läuft. Auch noch richtig gerne läuft.

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EVENT City TYPEN Felix&Kuschmierz Trail 15, 16 Rennen dürften da in dieser Saison insgesamt zusammenkommen. Ein Pensum. Was ihm hingegen nicht so liegt: sich und seine Lauferei zu inszenieren. „Ich bin jetzt auch nicht der Typ, der ständig Fotos machen muss beim Laufen und sich in den Sozialen Medien präsentiert.“ Felix Kuschmierz geht es um das Rennen, um die Rennen – und nicht um die Bilder davon.

rennen, aber hier kann ich sie noch ganz brauchbar austragen.“ Die Schuhe, von denen er da redet, haben etwa das Tromsø Skyrace erlebt. Ein gutes Leben für ein Paar Trailschuhe. Ren(n)tiere Wie also hat das alles einmal angefangen mit Felix und der Lust am Laufen? Angefangen hat es, da war Felix zehn. In seiner Geburtsstadt Templin in der Uckermark, wo auch Angela Merkel Kindheit und Jugend verbracht hat, gab es zweimal im Jahr einen Crosslauf. Tausend Meter, für

Grunewaldschuhe Zu unserem gemeinsamen Lauf im Berliner Grunewald ist Felix Kuschmierz mit der S-Bahn gekommen. Ein Auto hat er nicht. Sein Fahrrad ist gerade kaputt. In den nächsten Tagen will er sich ein neues bestellen, im Urlaub in Portugal hat er Zeit für die Recherche. Wobei dieser Urlaub natürlich ein Laufurlaub ist. So wie jede der vielen kleinen Reisen in diesem Jahr. Am Ende der Woche, zwei Tage nach dem Redaktionsschluss dieses Heftes, steht das Louzan Skyrace an. Und tags zuvor der Vertical, für den sich Felix gleich auch noch eingeschrieben hat: „Ich kann im Uphill ganz gut pushen, bis ich das Blut auf der Zunge schmecke. Das macht ja schon auch Spaß.“ Beweis gefällig? Beim Schlegeis Vertical Anfang August im Zillertal wurde Felix Vierter und bedankt sich diesbezüglich auch bei den Mitteldistanzlern, mit denen er im Sportverein Intervalle bis über die Schmerzgrenze schrubbt. Die Bahn macht fit für den Berg. Da wäre er wieder: der Allesläufer. Einer, dessen Leben sich gerade vor allem um das Laufen dreht. „Wenn ich Urlaub habe, wissen schon alle im Büro, ach, der geht laufen.“ Das Büro gehört zu Stromnetz Berlin, einem lokalen Netzbetreiber. Die Tartanbahn des TuS Lichterfelde liegt gleich ums Eck. Zwölf Kilometer sind es von dort bis zur Wohnung im Berliner Speckgürteldorf Mahlow. Für Felix Kuschmierz ist das mehr als: fußläufig erreichbar. Im kommenden Jahr will er zusätzlich zwanzig Tage unbezahlten Urlaub nehmen. Vollzeitjob und Vollzeittrailrunner, irgendwann sind auch die planvollst durchorganisierten Tage endlich. Wir kreiseln um den Teufelsberg. Felix in einem Paar sichtlich zerlatschten Dynafits. „Fast profillose Sohle, Risse im Obermaterial, das sind unsere ‚Grunewaldschuhe‘. Mit denen würde ich nicht mehr in den Alpen rum-

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die der Gymnasiast bald nur noch vier Minuten brauchen sollte. „Ich habe dann schon als Teenager angefangen, regelmäßig an Läufen in der Region teilzunehmen. Nur bin ich immer nur schnell gelaufen – weshalb ich irgendwann nicht mehr schneller geworden bin.“ Das variable Training hat er längst verinnerlicht. Die langen Laufeinheiten zuhause in der Uckermark, jener Landschaft, die lange als die am dünnsten besiedelte Deutschlands galt, liebt er noch immer: „Du bist 30 Kilometer unterwegs und siehst mehr Seen als Menschen, das mag ich schon sehr.“ Aus ähnlichen Gründen liegen ihm auch die Rentiere in Tromsø mehr als die Menschenmassen in Chamonix: „Wobei ich gerade auf der Strecke beim UTMB wirklich intensive und großartige Begegnungen hatte.“ Dennoch könnte Felix Kuschmierz nach Jahren der unterschiedlichsten Distanzen und Formate nun zu seinen Läufen gefunden haben. „Mittellange Skyraces, gerne technisch, Ende Oktober steht ja noch das Limone Skyrace an.“ Waren die hundert Meilen des UTMB also ein vorerst einmaliges Abenteuer? „Naja, ich überlege gerade schon, ob ich fürs kommende Jahr nicht in die Western States Lottery gehe, immerhin hätte ich da ja zwei Lose im Topf …“ So oder so läuft es gut für Felix Kuschmierz. Ob nun vertikalkurz oder ultralang.

„Ich kann im Uphill ganz gut pushen, bis ich das Blut auf der Zunge schmecke. Das macht ja schon auch Spaß.“

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EVENT Dynafit Transalpine Run Text : DENIS WISCHNIEWSKI

SOLOTÄNZER

Fotos : ANDI FRANK

Den Transalpine Run kannte man immer nur als Teamrennen. Das war die DNA der Alpenüberquerung, die sich 2023 nun einer neuen Wertung öffnete - Georgios Orfanidis war beim ersten Solorennen dabei.

Die Geschichte des 18. Dynafit Transalpine Run ist auch die Geschichte von Georgios Orfanidis. Das erste Mal über den Weg lief mir der in Dachau gebürtige und dort praktizierende Osteopath bei einem Lesercamp vor einigen Jahren. Ein Mann um die Mitte 50. Man würde wohl sagen: „So fit kann man in dem Alter sein!“ Es fällt dabei immer wieder auf, wie greisig und „opaesk“ man früher jenseits der 55 war, heute rennen solche Typen über die Alpen inmitten der Jungen. Manches mal etwas langsamer, aber beständig und meist mit verdammt guter Laune. Eben so wie Georgios, der seiner Frau sagte, dass er gerne mal wieder ein Abenteuer erleben würde und den Transalpine Run laufen möchte. Er erinnert sich „Ich habe im Trail Magazin gelesen, dass es erstmals eine Solowertung geben wird und da habe ich mich noch am selben Tag online angemeldet“. Nun sitze ich mit Georgios im Ziel der letzten Etappe in Prad am Stilfser Joch. Ein leicht bedeckter, später Sommertag, während der sichtlich zufriedene Finisher noch ein letztes Mal in einem Effekt an seiner Softflask nuckelt und mir von den vergangenen Tagen berichtet. Im Hintergrund kommen in engen Abständen unter viel Applaus Menschen ins Ziel, die wie Orfanidis einiges hinter sich gebracht haben. „An den ersten Tagen war es sehr, sehr heiß. Wir liefen über Stunden in der Sonne. Es gab fast nie Schatten. Ich wurde gegrillt wie ein Hähnchen“, berichtet der Mann, der angeblich Wunderhände hat und seit 1992 als Masseur, Physiotherapeut und heute als Heilpraktiker und Osteopath arbeitet. Der Transalpine Run war nicht der erste Berührungspunkt mit dem Laufsport. Georgios erster Laufwettbewerb war der München Marathon 1983. Damals die Premiere. Eine Teilnahme aus der Laune heraus, ohne echte Vorbereitung und doch kam er an. Schon damals mochte er die Unaufgeregtheit, die einfache Herangehensweise an Aufgaben, wie einen Marathonlauf. Der 58-Jährige kam erst vor ein paar Jahren zum Trailrunning und war schnell begeistert. Er saugte Infos um den Sport wie ein Schwamm auf, lief ikonische Rennen auf den Lofoten, den KAT100, am Glockner, der Zugspitze oder in der türkischen Region Kappadokien. Meist im Regen, wie Georgios lachend sagt. Im letzten Jahr stieg er auf das Motorrad, fuhr in drei Wochen 10.000 Kilometer durch Skandinavien, lief hier und da, einen Ultra auf den Lofoten, Marathon in Helsinki und Stockholm, um nur eine Woche später auf

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EVENT Dynafit Transalpine Run

Steckbriefe Georgios Orfanidis

Jahrgang 1965 lebt und arbeitet im bayerischen Dachau als Osteopath und Heilpraktiker. Seit 2018 läufer er Ultratrails, Wettkämpfe, aber auch private Weitwanderungen. Den Transalpine Run finishte Georgios als Solorunner in 43 Stunden und 44 Minuten. In seiner Alterklasse belegte er damit Rang 23, aber das wäre ihm völlig egal.

Dynafit Transalpine Run

Zum insgesamt 18. mal führte die legendäre Alpenüberquerung für Trailrunner von Lech am Arlberg bis nach Prad in Südtirol. Über 7 Tagesetappen führte das erstmals auch als Solorennen ausgetragene "Stagerace" über insgesamt 270 Kilometer und 15.000 Höhenmeter. 2025 soll das Kultrennen mit der 20. Edition zum letzten mal stattfinden und am Gardasee enden.

Georgios Orfanidis: Alleine in 7 Etappen über die Alpen und doch in einer großen Familie unterwegs.

dem Heimweg seine Frau abzuholen, um dann in Italien noch den Lavaredo Ultratrail zu laufen. Ganz schön viel Energie für Jahrgang 1965. Wer also mit Georgios Orfanidis über seine Transalpine-Woche sprechen will, darf sich zuerst einmal eine bewegte Story zu all seinen Trailrun-Stationen anhören. Da war dann ja auch noch der Trip nach Israel. Er lief den JerusalemMarathon, um anschließend in neun Tagen noch 410 Kilometer von Helat nach Harat zu laufen. „Ich bin einfach gerne ganz allein. Ich habe nur drei Menschen getroffen in dieser Zeit und habe mir Wasser und einfaches Essen von einem Einheimischen vorweg an ausgemachten Stellen vergraben lassen.“ Wie er sich denn nun auf den Transalpine Run, auf solch ein spezielles, alpines Mehrtagesrennen vorbereitet hätte, will ich wissen. Meine Vermutung, dass jemand aus dem Norden Münchens, die nahen Hausberge um

Garmisch oder den Tegernsee nutzt, löst sich nicht auf. „Nein, nein. Ich laufe und trainiere nur bei mir zu Hause. Ich nutze einfach, was ich vor der Haustüre habe. Das geht gut und ist für mich spannend genug. Manchmal fahre ich mit der S-Bahn in eine Richtung, um wieder zurückzurennen.“ Griechenland ist das Land seiner Vorfahren, seine Mutter lebt dort und Georgios nutzt die Berge der Region bei jedem seiner Besuche, um zu laufen. „Meine Eltern schickten mich Anfang der 1970er Jahre zu meinen Großeltern nach Griechenland. Erst 1975 kam ich wieder zurück nach Deutschland.“ Nun aber endlich zu seinem Transalpine Run, zu einem Rennen, das, wie er sagt, genau richtig ist, weil dort nicht so viele Leute mitmachen, kein Trubel ist. Beim Lavaredo wäre ihm das zu viel gewesen, wenn am Start schon alles eng und voll ist. „Da ist es mit 400 oder 500 Menschen angenehmer. Kein Hauen und Stechen.“

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„Jeden Tag eine Etappe laufen. Heute geht das. Vor fünf Jahren bei Eurem Lesercamp am Gardasee, wusste ich nicht, wie ich nach dem ersten Tag wieder laufen soll. Es war einfach so, dass man mir erklärt hatte, dass man nach einem langen Lauf einen Tag Pause machen müsste, aber dort sind wir einfach jeden Tag wieder auf ein Neues gelaufen. Heute ist das ganz normal. Ich könnte nach dieser letzten Etappe hier sogar weiterlaufen. Kein Problem.“ Und dann sagt Georgios ein wenig aus dem Nichts zu mir „Hey das ist keine Sucht. Es ist nur ein Verlangen!“ Man verquatscht sich gerne mit diesem durch und durch sympathischen Kerl, der nun auch endlich über diesen Transalpine Run reden mag. Es wäre auf den ersten Etappen immer so schnell gewesen und er hätte sich mitreißen lassen, von den anderen, von den"Run2"-Leuten, die auf den ersten beiden Etappen dabei sind und entsprechend flotter unterwegs sind. "Meine Muskeln haben zu gemacht. Ganz schön viel Laktat. Erst am fünften Tag – zack – waren die Beine wieder weich und alles gut. Dann konnte ich wieder super laufen!" “Man läuft ja irgendwie mit den immer selben Leuten. Jeden Tag sortiert sich das so. Da war die schlanke


Laufen sie noch oder reden sie nur? Zumindest lachen sie!

Eva, mit der ich lief und die mich plötzlich erkannte. Sie kannte mich vom Lesercamp am Meraner Höhenweg. Es muss an meinen Tattoos gelegen haben, dass sie mich wiedererkannte.”

Irgendwo in diesem energiegeladenen Startfeld versteckt sich unser Protagonist Georgios. Nach 7 Etappen über die Alpen bleibt seine Uhr bei 43 Stunden und 44 Minuten stehen. Er setzt sich .

“Sie sagte zu mir. Hey, wir haben doch mal einen Kaiserschmarrn geteilt!” Im Laufe unserer Unterhaltung geht hinter uns der 18. Dynafit Transalpine Run langsam zu Ende. Die Letzten erreichen das Ziel dieser finalen Etappe und Georgios wird von der Müdigkeit nun doch eingeholt und spricht plötzlich von der warmen Badewanne in seinem Hotel. Seine Gedanken sind schon viel weiter als die Finisherparty am Abend, die berühmt ist für gute Stimmung und einige Eskapaden. Diese neue Solo-Wertung ist, so denke ich mir zum Schluss, genau gemacht für Menschen wie Georgios.

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TRAINING Andere Sportarten Text : LARS SCHWEIZER

WAS WIR VON

ANDEREN

SPORTARTEN 5/2023 68 6/2023


Trailrunning ist einzigartig. Keine Frage. Dennoch kann unsere junge Sportart sich vorallem in Sachen Training noch vieles von anderen Ausdauersportarten abschauen. Experte Lars Schweizer geht die einzelnen Sportarten durch und erklärt was genau

LERNEN

KÖNNEN

Im vergangenen Trainings-Artikel ging es um das Thema Alternativtraining. Vor allem Krafttraining hört man als Trailläufer immer wieder, wenn es darum geht, was man außer dem Laufen noch machen sollte. Aber wie sieht es mit weiteren Sportarten aus? Oftmals bekomme ich diese Frage als Trainer gestellt, wenn es darum geht, wie man andere Sportarten in seinen Lauftrainingsplan ergänzen

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kann oder ob man die andere Sportart dann überhaupt noch betreiben kann oder sich nur noch aufs Laufen konzentrieren sollte. Meine Antwort: Man sollte definitiv über den Tellerrad hinausblicken. Wenn ein Sportler sagt, ich habe keine Alternative zum Laufen, dann hat er sich eventuell noch nicht genug Gedanken gemacht oder sich noch nicht mit den möglichen Alternativen be-


TRAINING Andere Sportarten schäftigt. In den nachfolgenden Zeilen findet ihr ausreichend Anregungen, wie man von diesen Sportarten profitieren kann. Schwimmen Schwimmen trainiert die Arme, die Brust, die Quadrizeps und die Körpermitte und ist eine optimale Sportart, die man neben dem Laufen betreiben kann. Schwimmen bietet nicht nur ein solides Herz-Kreislauf-Training und erhöht die Lungenkapazität, sondern stärkt auch eine Vielzahl von Muskeln, die beim Laufen nicht unbedingt beansprucht werden. Schwimmen kann auch die Regeneration fördern, indem es den Läufern hilft, bestimmte Gelenke zu entlasten und gleichzeitig dennoch eine lockere Ausdauereinheit durchführen zu können, welche die Durchblutung der Muskeln anregt und somit die Regeneration fördert. Auch bei Verletzungen an den Beinen ist Schwimmen mit einem sogenannten Pull Bouy zwischen den Beinen eine perfekte Möglichkeit, trotzdem Ausdauersport zu betreiben. Die Beine sind durch die Schwimmhilfe außer Gefecht geschaltet und die Schwimmbewegung erfolgt ausschließlich aus dem Oberkörper. Die Technik ist hier erstmal nicht entscheidend, also wenn ihr kein Kraul schwimmen könnt, reicht hier auch eine Stunde Brustschwimmen aus. Learning: Schwimmen ist die perfekte Ergänzung neben dem Lauftraining, auch vor allem im Winter bei schlechtem Wetter im warmen Hallenbad. Tourenski Skitourengehen hat in den vergangenen drei Jahren unheimlich an Attraktivität gewonnen. Viele Ausdauersportler haben vor allem im Alpenraum diese Sportart für sich entdeckt und stapfen hier nun nach Feierabend die Berge hinauf. Aber nicht nur als Feierabend Tour zum Hüttenabend lohnt sich ein Blick auf diesen Sport. Viele unserer Athleten, welche in den Bergen leben und aufgewachsen

sind, betreiben diesen Sport schon regelmäßig als Alternative zum Lauftraining im Winter. Vor allem Ausdauereinheiten, aber auch Intervalle lassen sich perfekt fast 1:1 auf die Ski übertragen. Gleichzeitig schult die anschließende Abfahrt die Balance und der ganze Körper muss hier aktiv sein. Auch für die Nutzung der Stöcke in der Trailsaison ist das Skitourengehen eine perfekte Vorbereitung auf die Saison, um den Umgang und die Kraft hier perfekt trainieren zu können. Falls man sich nicht ins Gelände traut, bietet sich auch eine Skitour am Rande der Skipisten an und dann die Abfahrt auf der präparierten Piste. Informiert Euch davor aber bitte darüber, wie das Skigebiet dazu steht. Learning: Skitouren gehen ist zwar räumlich vor allem auf den Alpenraum begrenzt aber gerade für Ausdauereinheiten über mehrere Stunden mit immer wieder Abfahrten dazwischen eine gute Möglichkeit auch im Winter das Wochenvolumen sehr hochzuhalten. Auch im Mittelgebirge findet sich bei ausreichender Schneelage immer mal wieder die Möglichkeit auf eine Tour. Alpines Skifahren Wenn wir schon beim Skifahren sind, bleiben wir auch erstmal dabei. Das alpine Skifahren wird von vielen auf den ersten Moment nicht mit Training in Verbindung gebracht. Viele haben hier gemütlich in der Gondel den Berg hinauffahren, ein paar Schwünge ziehen und dann Aprés Ski im Kopf. Aber auch das alpine Skifahren kann man durchaus ambitioniert gestalten, um Muskulatur anzusprechen, die man auch beim Laufen brauchen kann. Dies sind vor allem Muskelgruppen im Rumpf, dem Oberschenkel, Hintern und der Wade. So ein ambitionierter Skitag kann auch Muskelkater geben. Vor allem, wenn man danach den Skitag eventuell noch mit einem lockeren Dauerlauf anstatt Aprés Ski kombiniert. Wie auch bei der Abfahrt beim Skitourengehen schult man außerdem sein

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Gleichgewicht und die Balance, welche Euch dann wieder auf dem Trail helfen kann. Learning: Alpine Ski schult vor allem das Gleichgewicht und auch das Krafttraining kommt hier nicht zu kurz. Vom Ausdauerreiz kannst du hier aber weniger profitieren und solltest gegeben falls noch mit einer Ausdauereinheit kombinieren, wenn möglich. Langlaufen Nachdem sich die letzten beiden Sportarten fast ausschließlich auf den alpinen Raum beschränkt haben, ist die Sportart Langlauf doch weiterverbreitet und dadurch mehr Läufern zugängig. Das gleiche gilt auch für das Sommerpendant Rollerski, welches auch komplett unabhängig von Schnee funktioniert. Langlaufen eignet sich perfekt für ein Ausdauertraining, welches neben der Beinmuskulatur auch noch den Oberkörper mit aktiviert. Ein großer Vorteil gegenüber dem Laufen besteht aber vor allem darin, dass es keinen Impact


auf den Körper verursacht, im Gegensatz zur Laufbewegung. Durch das Abstoßen und das Gleiten ohne harte Schritte können sich die Strukturen von der harten Belastung beim Laufen erholen. Gerade nach belastungsindizierten Ermüdungsbrüchen beispielsweise ist es die perfekte Sportart, um wieder einzusteigen. Wählt man klassisches Langlaufen ist man dem Laufen in der Bewegung am nächsten. Gerade die Hüftbeuger und die Core Muskulatur werden beim klassischen Langlauf mehr gefordert als beim Skating. Beide Techniken sorgen aber dafür, dass man auch seine Muskeln trainiert, welche zur Balance nötig sind. Auch Neuromuskulär ist Langlaufen durch den durchaus komplizierten Bewegungsablauf eine Herausforderung für das Gehirn. Learning: Kein Wunder dass die skandinavischen Nationen in den Ausdauersportarten sehr stark sind. Langlauf ist die beste Alternativsportart, die es zum (Trail)- Laufen gibt. Ausdauer, Kraft, Balance und Koordinationsfähigkeit in einer Sportart.

Wenn nur die Sache mit der Technik nicht wäre. Die Lernkurve ist gerade für Anfänger doch recht steil und es benötigt entweder viel Geduld und Übung oder Talent, um gut in diesen Sport reinzufinden. Aqua Jogging Auf den ersten Blick vermutlich die langweiligste Alternative zum Laufen, leider vermutlich auch auf den zweiten. Und wer Hallenbäder schon zum Schwimmen meidet, sollte am besten zur nächsten Sportart weiter wechseln. Alle anderen sollten Aqua Jogging eine Chance geben. Gerade wenn das Wetter richtig mies und man selbst nicht der beste Schwimmer ist, kann Aqua Jogging eine gute Alternative sein. Vor allem bei Verletzungenen, da man durch das Wasser quasi schwerelos unterwegs ist und trotzdem dem Laufen sehr nahe kommt. Man verwendet praktisch die gleichen Muskeln wie an Land und kann das Herzkreislauf-System trainieren. Außerdem braucht man keinerlei Technik und so gut wie keine Ausrüs-

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tung. Ein ausreichend tiefer Pool und eventuell ein Gewichtsgurt reichen vollkommen aus. Von der Bewegung kann man entweder versuchen, sich mit großen Schritten durchs Wasser vorwärtszubewegen oder die Beine möglichst hoch anzuwinkeln wie beim Kniehebelauf. Am schwierigsten ist es vermutlich aber, den inneren Schweinehund zu bekämpfen und trotz Monotonie dranzubleiben. Hier bewähren sich wasserdichte Kopfhörer. Learning: Auf den ersten Moment langweilig, sieht unschön aus und haben vermutlich die wenigsten ausprobiert, aber Aqua Jogging sollte echt nicht unterschätzt werden, gerade nach Verletzungen wie Bänderrissen, Ermüdungsbrüchen oder auch zum Einstieg nach der Schwangerschaft eignet sich Aqua Jogging perfekt als Alternative zum Laufen für alle die nicht so gerne schwimmen und sehr lauf-nah trainieren wollen.


TRAINING kräftig INTERVIEWStabil Lina und El Kott Helander / Sana El Kott Helander Text: CLEMENS NIEDENTHAL Fotos: ALEXIS BERG

Fußball, Volleyball, Eishockey, Rugby Wer an diese Sportarten denkt, der denkt in erster Linie an das Ausdauertraining in der Vorbereitung auf die Saison. Ich möchte damit aber auf etwas anderes hinaus. All diese Sportarten, sowie die meisten Mannschaftssportarten, haben diese eine Gemeinsamkeit: Ständige Start- und Stopwechsel. Diese kurzen intensiven Sprints sind wie ein Intervalltraining im Laufen, 20sek Sprints immer und immer wieder. Das stärkt auch die Laufform und ersetzt das ein oder andere VO2max Training. Gleichzeitig sind diese Wechsel und das Spielen auf unebenem Untergrund mit wechselnder Belastung ein gutes Training für die Muskulatur. Allerdings ist auch die Verletzungsanfälligkeit in diesen Sportarten durch die Einwirkung von anderen Mitspielern sehr groß. Nicht selten verletzen sich hier Athleten und müssen dann auch für das Laufen pausieren. Learning: Mannschaftssportarten können eine Alternative zum Lauftraining sein, vor allem für die Sprintfähigkeit und als VO2max Training. Allerdings ist die Verletzungsgefahr recht hoch und die Belastung für die kommenden Lauftrainings ebenfalls. Daher sind die Sportarten eher als zusätzliche Trainingseinheiten zu sehen, statt als wirkliche Alternativen.

Rennrad, Gravel, Rollentrainer fahrrad fahren steht wohl für die meisten Läufer:innen an erster Stelle als Alternativtraining. Egal ob auf dem Rennrad, im Gelände auf dem Mountain- oder Gravelbike, oder Wetter und Tageszeit unabhängig im Keller auf der Rolle. Entweder ersetzt man auf dem Rad die Laufeinheiten 1:1 oder nutzt das Rad, um den Wochenumfang weiter zu steigern. Auch Intervalltraining lässt sich perfekt umsetzen und es gibt quasi außer der Laufeffizienz und der Tempohärte keinen Aspekt, welchen man nicht auf dem Rad trainieren könnte, um einen erfolgreichen Marathon zu laufen. Learning: Radfahren

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als Alternativsportart ist inzwischen kein Geheimnis mehr und wird auch von so gut wie allen Profis entsprechend eingesetzt. Auch bei Amateursportlern ist es inzwischen so weit verbreitet, dass es eigentlich keinerlei weiteren Erklärungen bedarf. Tennis, Squash Auf den ersten Moment mag es vielleicht komisch klingen, Tennis oder Squash als Alternativen zum Laufen zu betrachten, aber es gibt sogar eine Studie, welche die Wirkung eines Intervalls auf dem Tennisplatz untersucht und zu positiven Ergebnissen kommt. Gerade in den 90er Jahren war Tennis, aber auch vor allem Squash, eine extrem beliebte Sportart. Von den mehr als 1000 Squash-Anlagen haben in Deutschland inzwischen zwei Drittel geschlossen. Dabei wäre es eine optimale Alternativsportart für uns Läufer:innen. Ein schneller

Sport mit dauerndem Tempowechsel und Anspruch an die komplette Körpermuskulatur. Außerdem ein sehr hoher Anspruch an die Hand-Augen Koordination. Learning: Was man aber sowohl aus dem Tennis als auch aus dem Squash mitnehmen kann und durchaus leicht umzusetzen ist, sich einen Tennisball und Schläger zu nehmen und dynamisch einen Ball gegen eine Wand schlagen und wieder zurückspielen. So muss man immer wieder auf den zurückkommenden Ball reagieren und entsprechend seiner Position wechseln und kann sich durch unterschiedliche Winkel und Stärken, mit denen man den Ball an die Wand spielt, selbst fordern. Dies stärkt zum einen die Koordination wie auch die Ausdauer und verbrennt nebenbei noch eine Menge Kalorien und ist eine gute Alternative sollte man sich in einer nicht sehr lauffreundlichen Hotelanlage befinden und

entweder zu wenig Können oder keinen Partner haben für ein Tennismatch.

Fazit: Wer als Läufer*in sagt, dass man keine Alternativen zum Laufen hätte, der ist vermutlich einfach nur zu faul oder einfallslos sich eine wirkliche Alternative zu suchen. Für so gut wie jeden Geschmack, Können und Geldbeutel gibt es außerhalb unserer Laufwelt genügend Sportarten, von denen viele sogar einen direkten Benefit auf das Laufen haben. Es lohnt sich diesen Blick über den Tellerrand zu wagen und nicht nur auf seinen Kilometercounter auf Strava. Am Ende kommt man genauso gut, oder sogar besser, weil verletzungsfreier durch die Saison. Vielleicht sehen wir uns in Zukunft alle einmal wöchentlich beim Tennistraining oder beim Aqua Jogging.

SWAROVSKI OPTIK eröffnet ersten Store weltweit

Am 27. Juni 2023 eröffnet SWAROVSKI OPTIK, führender Anbieter von hochpräziser Fernoptik, seinen weltweit ersten Store in den Swarovski Kristallwelten in Wattens. Das Tiroler Familienunternehmen setzt damit den nächsten wichtigen Schritt in seiner Wachstumsstrategie: der direkte Austausch mit Naturliebhaber:innen aus aller Welt. „Die Eröffnung des SWAROVSKI OPTIK Stores ist unser nächster Meilenstein. Vor dem Store ist der kleinste mobile SWAROVSKI OPTIK Shop der Welt zu bewundern, ein sogenanntes CAKE-Bike. Mit ihm ermöglichen wir es, die Natur mit den Augen des Habichts zu erleben“, ist Carina SchiestlSwarovski, Vorsitzende des Beirates und Aufsichtsrates der Swarovski-Optik AG & Co KG, stolz. Betritt man den Store, so spürt man die Liebe zur Natur. SWAROVSKI OPTIK hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen die schützenswerte Schönheit der Natur näher zu bringen. Daran orientiert sich auch das Store-Konzept. So werden für die Inneneinrichtung natürliche Materialien wie Esche genutzt. Eine Lehmwand, Steine aus einem nahegelegenen Steinbruch oder ein markanter Wurzelstock holen die Natur hinein. Das Dach ist mit einheimischen Pflanzen wie Efeu, Wildem Wein, Hopfen und Gräsern begrünt Für den ersten SWAROVSKI OPTIK Store sind die Swarovski Kristallwelten in Wattens der perfekte Standort. An einer der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Österreichs wird ein internationales Publikum und zudem eine breitere Zielgruppe angesprochen. Stefan Hämmerle, Vorstand Marketing & Vertrieb, sagt dazu: „Der Blick durch ein Fernglas macht sofort klar, wie unmittelbar wir

die Natur damit erleben können und welch wundervolle Entdeckungen auf uns warten.“ Der SWAROVSKI OPTIK Store bei den Kristallwelten in Wattens ist täglich von 10.00 bis 19.00 Uhr geöffnet. Der Zugang ist ohne Eintrittsticket zu den Kristallwelten möglich. SWAROVSKI OPTIK Store Kristallweltenstraße 1 6112 Wattens Tel.: +43 5224 51080 – DW 3895


FOTO Der Ausgabe

Neue Lässigkeit Das Wochenende nach dem legendären UTMB gehört dem Gasteiner Tal, denn dort treffen sich im nunmehr vierten Jahr Trailrunner:innen zu einem ikonischen Event. Die Terrex Infinite Trails begeistern mit Traumtrails und einer Organisation, die an Perfektionismus grenzt - alles für den Sport! Zwei deutsche Trios standen bei den Teamwertungen der adidas TERREX INFINITE TRAILS im SalzburgerLand ganz oben auf dem Treppchen Die adidas Runners Munich Energie Reisegruppe stellte das schnellste Mixed-Trio. Auch nach Heidelberg gingen drei goldene Medaillen, da die Bergziegen Heidelberg im Frauen-Wettbewerb das Maß der Dinge waren. Das Teamrennen über insgesamt 100 Kilometer ist der „Klassiker“ bei den adidas TERREX INFINITE TRAILS in Bad

Hofgastein. Über drei verschiedene Kurse mit Distanzen von 21, 35 und 44 Kilometern addieren die Teammitglieder ihre Gesamtzeit. Die dritten Sieger kamen aus Italien und der Schweiz, da die Besetzung von Ciao Bella nicht zu schlagen war. Aber irgendwie muss man um dieses Rennen zu erklären nicht die Resultate auflisten, denn es geht dabei weit mehr um das intensive Erleben der Landschaft, die im September golden und fast träumerisch wirkt. Die Idee der Gründer, dass man hier den oft so überzeichnet individuellen Laufsport in ein Teamwettbewerb wandelt ist immer öfter eine spannende, reizvolle, lässige und abwechslungsreiche Sache - gut ankommen tut es allemal und der Community tut solch ein Konzept gut. www.infinite-trails.com.

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Kennen wir doch schon: Unser Cover-Model Rebecca aus London war bei den Infinite Trails auch am Start.

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PRAXISTEST Neue Highend-Trailschuhe

Rund um den Ultra Trail du Mont Blanc manifestiert sich in der Trailschuh-Industrie eine zweite Releasewelle: Immer Ende August werden künftig die neuen "Race-Trailschuhe" vorgestellt

RENNSEMMELN A LA CHAMONIX

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Foto: Alexis Berg

Text : DENIS WISCHNIEWSKI


In unserem Kalender müssen wir nun künftig zwei Termine gelb markieren. Bislang war es einer, meist Mitte März, unser großer Trailschuhtest mit nahezu allen wichtigen Schuhmodellen, die jährlich so auf den Markt kommen. Nun kommt ganz offenbar ein Termin hinzu, denn immer Ende August, wenn sich rund um den UTMB in Chamonix die riesige Expo und die gesamte Industrie aufbaut, gibt es eine weitere „Releasewelle“ an Trailschuhen. Passend zum ikonischen Event sind das die Wettkampfschuhe, die Leuchtturm-Produkte, die Highend-Modelle, die an jene Füße sollen, die die mittleren und ganz langen Distanzen möglichst vorne mitlaufen, wenn nicht gewinnen sollen. In diesem Test zeigen und testen wir also Trailschuhe von Hoka, Terrex, Salomon, Nike, Asics und New Balance, die nicht nur eher hochpreisig sind, sondern auch (fast) alle eine Platte in der Mittelsohle gemeinsam haben. Manche setzen auf Carbon, fast analog zur Konstruktion bekannter Straßenschuhe, andere auf Platten, die gegabelt sind und aus Fiberglas oder Kunststoff gefertigt sind. Kurz gesagt geht es dabei darum, dass der Schuh steif sein soll - hier mehr, dort weniger - was ein Plus an Dynamik und Vortrieb spendieren soll. Auch deshalb ist dieser Test in unserem Magazin ein vorläufiges Unikum. Noch nie hatten wir Schuhmodelle versammelt, die so progressiv erscheinen und alle bisherigen Stadien der Trailschuhentwicklung so offensiv vergangen wirken lassen. Das mag an gänzlich neuen Geometrien liegen, oder an neuen Möglichkeiten, moderne Schäume mit Platten-Elementen zu kombinieren. Hinzu kommen Obermaterialien, die zwar dünn sind wie Folien, aber dennoch robust genug, um äußeren Einflüssen zu trotzen. Mit viel Spannung haben wir auf das gewartet, was Terrex und Nike liefern. Es wurde im Vorfeld, über Wochen, nein Monate hinweg gemutmaßt, was die Marktriesen auf den Trail bekommen werden. Beide Firmen waren in einer Art Bringschuld - vor allem in Richtung ihrer eigenen Teamläufer:innen, die auf schnelles Wettkampf-Schuhwerk lange gewartet hatten. Bei Ter-

Adidas Terrex Agravic Speed Ultra

Gewicht: 264 Gramm (42,5), 255 Gramm (38,5) Sprengung: k.A. / Preis: k.A. Euro Dieser neue Trailschuh von Terrex war lange Zeit ein Geheimnis, das man mit etwas Geschick schon seit Monaten ansehen konnte, denn dieses spannende Highend-Modell, war lange vor dem Release bereits an den Füßen von etwa Tom Evans zu sehen, der damit oder darin den Western States 100 gewann. Auch der Deutsche Profi Janosch Kowalcyzk lief in einem Erlkönig des Speed Ultra unter die Top Ten des legendären 100 Meilers. Dies verrät übrigens schon einiges über den Schuh, der ausgestattet mit leichten Mittelsohlen, radikaler Rocker-Geometrie und einer Kunststoff-Platte, zu den aktuell „technologischsten“ Schuhen des Genres zählt. Der Speed Ultra war in den Tagen des UTMB ein viel diskutiertes Produkt, der Terrex-Store im Zentrum von Chamonix hochfrequentiert und Modelle wurden an einige Auserwählte vergeben, denn auf dem Markt und in den Läden wird die neue Wunderwaffe erst im Frühjahr 2024 erhältlich sein. Ob er dann genau so daherkommen wird, wie dieser hier, wissen wir nicht. Wir könnten uns vorstellen, dass man die Zeit noch nutzt, um dies und das anzupassen. Im Großen und Ganzen sprechen wir aber hier von dem, was 2024 in die Läden kommt. Was denn nun? Wie ist er? Wie läuft er sich denn? Schon auf den ersten Metern wird klar, dass er ein Schuh ist, der die Bewegung mag. Die ausgeprägte Rockergeometrie, die Wippenform, mag Standzeiten eher wenig. Ein Trailschuh, der auch mal fürs Kino und Stadtspaziergänge getragen werden könnte, ist er nicht. Der Speed Ultra ist für mich sogar der erste Trailschuh, der explizit NUR laufen mag. Kein anderer Trailrunning-Schuh bislang hatte für mich dieses kompromisslose Laufen in sich. Beeindruckend ist zunächst der Tragekomfort, denn er ist leicht, das Obermaterial dünn und dennoch fest genug, um im Gelände robust genug zu sein. Auffallend: die Handschrift, der ungefilterte Input von Profis wie Engdahl, Croft, Hall, Mityaev oder Evans ist hier direkt in ein Produkt geflossen, denn nichts am Schuh ist „zuviel“. Er ist auf das reduziert, was nötig ist. Der Lightstrike Pro Mittelsohlen-Schaum hat durchaus Höhe und Volumen und qualifiziert ihn durch üppig Dämpfung zum Langdistanzler und Ultra-Tipp. Auf den zunächst flachen Kilometern im Tal hinaus nach La Paz rollt er, ist genau dort, wo er seine Stärken hat. Er treibt mich über die komplette Sohle nach vorne. Ich stelle fest, dass das Laufen in ihm speziell ist und ganz sicher geübt werden muss. Spannend wird es dann am Berg selbst. Im Uphill verhält er sich unauffällig und im technischen Trail zeigt er rasch, dass er trotz des massiven Aufbaues auch agil sein kann. Sein Pluspunkt ist hier ganz klar die Konstruktion der Platte, die eben keine durchgehende Carbonplatte ist, sondern ein Art Zange oder Gabel aus Kunststoff, die nach vorne dynamisch wirkt, aber in der seitlichen Einwirkung flexibel bleibt. Das macht den Agravic Speed Ultra zu einem verlässlichen Trailschuh am Berg. Seine unbedingte Stärke zieht der neue Terrex also nicht unbedingt aus dieser „Energy Rod Platte“, die etwas versteift, sondern weit mehr aus dem offensichtlich sehr rekuperierenden Schaum, der beispielsweise lange und harte Downhills „absoftet“. Das wirkt sich vor allem auf jenen langen Trails eines WS100 oder UTMB positiv aus. Fazit: Der Terrex Agravic Speed Ultra ist ein kompromissloser Schuh, der durch seine radikale „Dynamic-Rocker-Geometrie“ eine spezielles Laufgefühl vermittelt, das zunächst etwas Übung fordert. Seine Stärken hat er im rollenden Terrain und an Füßen von Ultratrail-Menschen, die ihm auch Tempo geben. Noch nie gab es einen Trailschuh mit 3 Streifen, der so sehr auf Bedürfnisse von Profis abzielt. Achso: Die bewährte Continental Außensohle lässt auch hier keine Zweifel am Vollkontakt zum Untergrund zu. Volle Punktzahl! Tipp: Ausprobieren wird sich lohnen! Spannend und beeindruckend in seiner Idee ist er allemal.

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PORTRÄT Daniela PRAXISTEST Neue Oemus Highend-Trailschuhe Text : BENNI BUBLAK Fotos: PHILIPP REITER

Hoka Tecton X2

Gewicht: 253 Gramm (42,5), 243 Gramm (38,5) Sprengung: 5mm Preis: 220 Euro Es passt gut in die Dramaturgie unseres zweigeteilten Schuhtests, dass die zweite Generation des ersten carbonisierten Trailschuhs von Hoka mit ein wenig Verspätung in der Redaktion eingetroffen ist. Wenn man so will, liefert der Tecton X 2 nämlich eine gute Zusammenfassung aller dynamisierenden (Carbon-)Plattenkonstruktionen auf den Trails. Vor allem aber bleibt der Tecton X 2 der universellste und bis dato kompletteste Carbon-Trailschuh. Was nicht heißt, dass sich manch Mitbewerber subjektiv dynamischer anfühlen kann oder mehr Wums suggeriert – die ausgewogene Kombination aus Laufkom-

fort, Bodengefühl (und einer tatsächlichen Adaptivität auch im anspruchsvolleren Gelände) und einer reaktiven Energierückgewinnung macht den Tecton X2 aber zum heißen Tipp für (alpine) Ultratrails – und das für viele Füße und unterschiedliche Tempi. Kernstück des Tecton X 2 ist das weiterhin auf ganzer Länge zweitgeteilte Carbonelement. Es garantiert nicht nur eine hinreichende Flexibilität, es zwingt auch nicht in einen ungewohnten Laufstil und lässt individuelle Bewegungsmuster zu. Eine effiziente Kraftübertragung ist spürbar und das Laufgefühl weniger abstrakt als in anderen Carbonmodellen. Vibrams Megagrip, in der Litebase-Variante, arbeitet gewohnt tadellos, genauso das komplett überarbeitete (ziemich coole) Upper. Der technisch präzise, aber auch tighte Fersensitz deutet aber an: Es kann Sinn machen, den Tecton X 2 eine halbe Nummer abzugraden, zumal sich der Oberschuh gut an den Fuß bringen lässt. Fazit: In der Kombination aus Laufkomfort, Präzision und reaktivem Dämpfungsverhalten der gegenwärtig universellste Trailschuh mit (Carbon-)Plattentechnologie. Lieblingsschuh für lange, auch alpine Trails.

Nike Zoom Ultrafly Trail

Gewicht: 267 Gramm (42,5), 250 Gramm (38,5) Sprengung: 6mm Preis: 249,99 Euro Das ist der Schuh, der Nike wieder auf den Trail, auf den ordentlichen Pfad bringen soll. All die großen Technologie-Clous der Straßenlaufschuhe sollen mit dem Ultrafly Trail auch im Gelände und in der Trail-Szene für Aufsehen und Staunen sorgen. Tut es das auch? Jein. Eher ein Nein. So manches an diesem Schuh ist tatsächlich anders, ist neu und durchaus eindrücklich. Beispielsweise das Obermaterial. Ein Art Folie, die innen von einer zweiten Textilschicht unterstützt wird und den Tragekomfort deutlich steigert. Auch die Ausstattung an der Ferse, die schöne Materialwahl der Zunge oder Polsterung, ist gelungen und gefällt. Zu Beginn macht der Nike auch sehr vieles sehr richtig. Wer ihn anzieht, fühlt sich extrem wohl in ihm. Er vermittelt Bequemlichkeit, viel Zehenfreiheit und erinnert sogar sehr an einen Altra-Schuh, da er Raum bietet, den andere Modelle seiner Kategorie so nicht haben. Genau das wird ihm später zum Verhängnis werden. Im leichten Gelände stelle ich schnell fest, dass die Zoom X Mittelsohle weich ist und Energie zurückgibt. Der Schuh rollt, die Platte, die von außen nicht sichtbar ist, sorgt für Dynamik und den gewünschten Effekt. Fragezeichen hinterlässt er schnell, wenn es an den Berg geht, denn hier macht sich die nahezu komplett versteifte Platte nicht positiv bemerkbar. Der Schuh agiert zu unflexibel und der viel zu breite Bau kommt auf schmalen Wegen, auf Wurzeln und Fels nicht gut zurecht. Es fehlt ihm komplett an Agilität. Man könnte nun sagen, dass er dafür für mittlere Distanzen auf einfachen Naturwegen funktioniert, aber auch hier muss man sich eingestehen, dass es bessere Modelle gibt. Um ein schneller Raceschuh zu sein, fehlt ihm die Schnittigkeit und der punktgenaue Flex. Unverständlich übrigens auch die an sich gute Vibram-Außensohle, die leider auf zu niedrige Stollen setzt, um verlässlich Grip zu leisten. Fazit: Nike, da musst du nochmal ran. Die Details sind gut, die Ideen ebenso, aber die Umsetzung zu unschlüssig.

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rex konnte man mit etwas Geschick schon vor Monaten erkennen, was kommen wird, Evans, Croft, Hall oder Engdahl führten verdächtige Prototypen bei Renneinsätzen über die Trails rund um den Globus. Bei Nike war es bis zuletzt ein Geheimnis. Umso größer die Freude, den Ultrafly Trail aus der Box zu heben. Dann wäre da auf der anderen Seite Salomon, die mit dem neuen S-Lab Ultra nahe an ihrer DNA blieben und, anders als Terrex oder Nike, „noch“ keinen radikalen Weg gehen. Dennoch ist der Schuh um Trail-Legende Francois D´Haene ein komplett neuer Schuh, der ebenso fortschrittlich die Kombination aus reaktivem Schaum und einer Platte geht, sich jedoch fast verpflichtend an bewährte Details hält. Wir sehen die hier vorgestellten Schuhe durchaus als den Auftakt in eine neue Zeit, in eine neue Generation an Trailschuhen, die künftig vielleicht spitzer in ihrer Ausrichtung oder umgekehrt, breiter in ihrem Einsatzgebiet werden können. Die Ideen, Möglichkeiten und Materialien sind längst da.

Salomon S-Lab Ultra

Gewicht: 280 Gramm (42,5), 269 Gramm (38,5) Sprengung: 8mm Preis: 240 Euro Um den neuen Salomon S-Lab Ultra zu erklären, muss man irgendwie auch erzählen wer Francois D�Haene ist. Ein Franzose. Ein Ultratrailrunner, eine lebende Legende des Sports, ausgestattet mit unzähligen großen Siegen, die sich vom vierfachen UTMB-Erfolg bis hin zum Hardrock 100 ziehen. All diese Siege hat der Weinbauer und dreifache Familienvater aus der Region Beaujolais mit eindrucksvoller Ruhe und Souveränität erreicht. Längst überfällig, diesem grundsympathischen Kerl einen eigenen Schuh und Kollektion zu widmen. Lange war die Spannung groß – wie würde der perfekte Ultratrailschuh eines Francois� aussehen? Wird er weich? Wird er maximal gedämpft oder doch eher minimalistisch und straff und wie würde er mit den neuen Möglichkeiten der Platten-Technologien umgehen? Dann hatte ich die Möglichkeit, den Schuh im Rahmen eines Events beim UTMB in genau dem Gelände zu testen, wo er hingehört. Hoch über Chamonix auf einer roughen 14-km-Runde in Höhen zwischen 2.000 und 2.500 Meter. Zunächst: Der Schuh ist optisch gelungen. Er ist schlicht und dennoch ein Hingucker mit schöner Farbgebung und Form. Aus der Schachtel heraus wirkt er auffällig hochwertig – in diesem Test der absolut wertigste und offenbar robusteste Schuh. Dieser S-Lab Ultra macht im Prinzip all das, was der aktuelle S-Lab Ultra 3 kann noch eine Stufe besser. Der Fit ist nahezu identisch, aber das Laufverhalten ist doch verschieden. So ist das, was unter dem Feedback von Francois entstand, etwas weicher und gewährt mehr Dämpfung und Komfort. Das Mittelsohlenmaterial überrascht vor allem bei unseren darauffolgenden, tagesfüllenden Testruns, wenn nach vielen Stunden das Gefühl nie nachlässt, dass man noch immer Support erfährt und das Verhalten noch immer so wie auf den ersten Kilometern ist. Der EVA-Schaum ist ein wirklich guter Mix aus Softness und in Kombination mit der Fiberglass-Spange, die hier als Platte fungiert, ein probates Mittel, den Schuh steif und stabil zu machen. Im roughen Gelände, auf großen Felsplatten und alpinen Pfaden spielt der Schuh seine Stärke aus. Hier ist er sicher, enorm fest am Fuß und man verfügt über viel Kontrolle zum Untergrund. Hier verhält er sich ähnlich routiniert, wie seine Markenbrüder Genesis oder der bereits erwähnte S-Lab Ultra 3. Gute gefällt uns auch das Matryx-Außenmaterial, das zwar robust ist, aber dennoch mit genügend Stretch dem Vorfuß Raum spendiert, den er auf langen Einsätzen auch unbedingt braucht! Traditionell spitzenmäßig ist die für Salomon bekannte Quick-Lace-Schnellschnürung, die hier besser als bei anderen Modellen mit dem Schuh korrespondiert und Stauraum in einem Fach findet. Wer den Schuh auf seine Fähigkeiten im Gelände reduziert, wird ihm nicht gerecht! Er kann laufen! Er kann rollen. Die Spange aus Fiberglas scheint eine gute Alternative zum übersteifen Carbon zu sein und im Zusammenspiel mit der üppigen EVA-Mittelsohle einen Flex zu haben, der auch nach vielen Stunden der Bewegung nicht zu sehr auf den individuellen Schritt und das Abrollen einwirkt. Fazit: Kein superleichter Carbon-Raceschuh, aber einer der progressivsten Ultratrailschuhe mit Plattentechnik. Salomon und Francois D‘Haene haben auf Basis des bereits bewährten S-Lab Ultra3 einen Schuh geschaffen, der weicher ist und seine Stärken auf langen Distanzen ausspielt. Kurz eine Runde drehen, geht damit aber auch! Der perfekte Trailschuh für lange und alpine Abenteuer, die auch beschleunigte Abschnitte lieben.

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PRAXISTEST Neue Highend-Trailschuhe

Asics Fujispeed2

Gewicht: 240 Gramm (42,5), 230 Gramm (38,5) Sprengung: 5mm Preis: 180 Euro Nein, der FUJISPEED2 hat mit dem Fujispeed, der im Jahr 2022 auf den Markt kam, nichts zu tun. Zumindest nicht viel. Weit mehr Gemeinsamkeiten hat er mit einem Straßenschuh der Japaner – dem Magic Speed 3. Er ist ein anderer Schuh als der vermeintliche Vorgänger und basiert auf anderen Technologien und Materialien. So ist der FUJISPEED2 in der Hauptsache ein leichter Wettkampfschuh, ausgestattet mit einer durchgehenden Carbonplatte, die im überaus reaktiven FFBlast+ Schaum gebettet ist und den Schuh steif macht. Mit dem FUJISPEED2 ist ASICS ein ausgesprochen guter Raceschuh gelungen, der eine dynamische Mittelsohle mit weichem und komfortablem Oberbau elegant verbindet. Anders als beim Nike Ultrafly Trail ist die Carbonplatte hier zwar steif, aber dennoch nicht komplett unbiegbar – das Momentum des Flex ist spürbar effektiv. Der Spaß, die Lauffreude beginnt im FUJISPEED2 mit erhöhtem Tempo und wenn der Trail Beschleunigung zulässt. Dann zeigen der Foam und die Platte, was sie im Stande sind zu leisten. Man fühlt sich tatsächlich einfach einen Tick schneller unterwegs als sonst. Auch im Gelände macht er eine gute Figur – er kommt mit Wurzelwegen, Singletrails und Unebenheiten zurecht und die eigenkonstruierte ASICSGRIP Außensohle hält mit den Spezialisten gut mit. Anders als beim Mitbewerber von Adidas Terrex oder New Balance, würden wir diesem Asics mehr Tempo zusprechen, ihn aber in seiner maximalen Distanz einschränken. Geübte, professionelle Trailrunner mögen damit vielleicht nahe an die Marathon-Grenze laufen, aber generell ist er ein Schuh für schnelle Strecken bis 2 oder 3 Stunden Länge. Die Härte der Platte, das Volumen des Foams bringen ihn irgendwann, auch bei langen Downhills an das Limit seiner Supportfähigkeiten. Fazit: Schöner, eigener und schneller Renn-Trailschuh von Asics, der seine Stärken auf mittleren Distanzen mit laufbaren Abschnitten voll ausspielt. Die Mittelsohle aus Carbonplatte und dem überzeugenden FFBlast+ Schaum ist eine Lösung, die voll aufgeht und bestens funktioniert.

The North Face Vectiv Pro

Gewicht: 295 Gramm (42,5), 265 Gramm (38,5) Sprengung: 6mm Preis: 249 Euro Entwarnung nach den ersten schnellen Metern: So abstrakt und über die zentrale Carbonplatte „wippend“, wie sich der Vectiv Pro geht, rennt er sich nicht. Im Gegenteil: Die zweite Generation des ersten „carbonisierten“ Trailschuhs (nun mit gegabeltem Carbonelement) läuft sich fantastisch reaktiv. Sie ist jetzt merklich komfortabler und dabei nochmals dynamischer gedämpft. Und sie ist präziser, ja „trailiger“ geworden. Zwar bleibt die Mittelsohle konstruktionsbedingt recht steif, doch der Vorfuß lässt sich griffig platzieren. Der Oberschuh aus luftigem, fast drahtigem Mesh sitzt präzise und bequem. Hilfreich der Vergleich der Carbon-Racer: Der Hoka Tekton X läuft sich allroundiger, universeller, der Saucony Endorphin Edge spielerischer und mehr „bouncy“. Der Vectiv Pro ist das stabile Kraftpaket, ein Energiebündel mit spürbar effizienter Kraftübertragung und kaum spürbarer Materialermüdung. Nur braucht es Kraft und Tempo. Langsam, gar über die Ferse gelaufen bleibt der Vectiv Pro unflexibel. Auch der stetige, zwar unterstützende Druck aufs Fußgewölbe ist ungewohnt und fordernd. Fazit: Der Schuh ist für Bestzeiten, auch auf langen Distanzen. Aber es ist ein Schuh, der passen und an den man sich gegebenenfalls gewöhnen muss.

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New Balance SC Trail Gewicht: 275 Gramm (42,5), 265 Gramm (38,5) Sprengung: 10mm Preis: 219,95 Euro Mit dem SC Trail sind New Balance nun auch im Kreis derer, die einen „Superhero“ Carbon-Trailschuh anbieten. Und man muss vorweg bereits sagen, dass es sich gelohnt hat, denn der Schuh ist nicht nur gut, sondern erstaunlich vielseitig. Mit nur 273 Gramm in der Größe US 9.5, unserer klassischen Mustergröße, ist er leicht und erstaunlich flexibel. Die radikale Steifheit so mancher Mitbewerber hat er nicht. Das macht ihn zu einem Modell mit breitem Einsatz und qualifiziert ihn für viele Füße und diverse Einsätze. Wir sehen ihn dennoch auf Strecken bis zur Marathondistanz in höherem Tempo. Auch er mag laufen und nicht ausgeprägt wandern. Die Testläufe waren allesamt überraschend, denn aktuell vermag es kein anderer Schuh mit Carbonplatte in der Mittelsohle, so sehr agil und sicher im Gelände unterwegs zu sein. Der Tragekomfort ist hoch, das weiche Upper schmiegt sich quasi um den Fuß. Das gestrickte Mesh ist atmungsaktiv und sorgte an den heißen Tagen der Testrunden für angenehmes Klima. Im Winter könnte der SC Trail hingegen zu luftig sein. Es sind auch die einzelnen Details des SC Trail, die mich begeistern: Beispielsweise die unscheinbare, klassische Schnürung, die den Schuh exakt an die Füße bindet und absolut keinerlei unangenehme Druckpunkte auslöst, sondern perfekt für den Gesamteffekt sorgt. Selbst die Zunge hat Perforationen, die Luft an den Spann lassen. Der SC Trail ist auch dadurch der Beste aller bisheriger Trailschuhe von New Balance, weil er der bisweilen Stabilste ist. Hier ist die Ferse konkret anliegend, der Mittelfuß-Bereich sicher geführt und die Zehenbox weit genug, um das Anstoßen zu verhindern. Auch hier ist die Carbon-Platte gegabelt, was den SC Trail auf Trails sicherer und stabiler macht. Im Gegensatz zu einem Hoka Tecton X, der eine ähnliche Plattenkonstruktion aus Kunststoff hat, wirkt die Platte aus Carbon beim New Balance deutlich dynamischer und ist spürbarer. Der sehr reaktive FuelCell Mittelsohlenschaum ist weich genug, um auch längere und stumpfe Downhills „zu schlucken“, dabei ist der Bereich der Ferse deutlicher ausgestattet als der Vorfuß. Ein Ausrufezeichen ist die Vibram-Außensohle. Eine griffige Gummimischung mit eigener Anordnung der Stollen – hier haben New Balance gemeinsam mit dem Marktführer eine gute Kombination aus Grip und guten Rolleigenschaften geschaffen. Es ist sinnvoll und wichtig, dass die Hersteller mittlerweile ihre eigenen Ideen und Ansprüche einbringen können, damit die Sohle auch wirklich zum Schuhmodell passt. Fazit: Der SC Trail ist ein Carbon-Trailschuh, der sein Einsatzgebiet beeindruckend breit markiert. Er wäre für mich ein idealer Schuh für durchaus längere Strecken bis um 50 Kilometer, die vom rollenden Terrain bis zu felsigen Abschnitten alles mit sich bringen, was einen Trail ausmacht. Ein Schuh, der einfach viel Spaß macht, Tempo zulässt und aufbaut und dabei trotzdem die Gutmütigkeit hat, um für fast alle Füße verlässlich zu sein. Im Prinzip der erste Allrounder mit schneller Carbon-Konstruktion.

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EVENT TYP Katharina Eiger Hartmuth Ultratrail by UTMB

Spitzenmäßig gut

Text : CLEMENS NIEDENTHAL

Einen Ultra zu laufen, sagt Katharina Hartmuth, sei in etwa so, als Vom würde man seinen Kopf sehr lange unter Wasser halten. Im Ziel die W taucht man wieder auf. Und kann erstmal gar nicht umgehen mit imm all dem Licht und dem Lärm. Zumal, wenn man gerade Zweite beim UTMB geworden ist. Oder bei einer Weltmeisterschaft. Ein Treffen mit einer besonderen, vor allem besonders guten Athletin.

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Beim Eiger Ultra Trail läuft unser Redakteur Benni Bublak nach 14 Monaten Pause wieder einen Wettkampf. Wenn auch unter anderen Voraussetzungen als bisher geIch bin Katharina Hartmuth, also der wohnt. Über die Dialektik von Sturheit und Akzeptanz Text : BENNI BUBLAK

Fotos : SPORTOGRAF

m Heuchelberg über Chamonix bis nach Auburn in Kalifornien: Wettkampfsaison kennt keine Grenzen – und keine Angst vor mer neuen Rekorden. 2023 ist schon jetzt "rennhistorisch"

Läuferin Katharina Hartmuth, einmal sehr nahe gekommen. Mindestens habe ich das aus meiner Perspektive so erlebt. Es war am Freitag, 9. Juni, und in Innsbruck waren gerade Weltmeisterschaften. Trailrunning-Weltmeisterschaften. An diesem Tag war der Trail Long dran, die Königsdisziplin. Und Katharina Hartmuth war doch ein wenig überraschend sehr früh auf die Pole Position eines bärenstarken Felds gespült worden. Später wird sie selbst sagen: „Zu früh“. Das Rennen ist in einer seiner vielen entscheidenden Phasen, wie jeder Ultratrail ja aus einer Verkettung von entscheidenden Phasen besteht. Und während einer größtmöglich prosaischen Dorfquerung in Birgitz, auf einer aspahltierten Anwohnerstraße, holt die spätere Weltmeisterin Marion Delespierre Katharina Hartmuth ein. Hartmuth kommt kurz aus dem Tritt, beginnt zu gehen. Und wird sich kaum hundert Meter später aufrappeln, diesen zweiten Platz bei einer Weltmeisterschaft über weitere 15 Kilometer und einen letzten kräftezehrenden Anstieg mit einem Biss und einer Souveränität verteidigen, die plötzlich wieder fast spielerisch wirken. Und vor allem immer: sehr planvoll und sehr konzentriert. Das Wetter und das Klima Dreieinhalb Monate, einen Sieg beim Eiger-Ultra Trail und vor allem einem spektakulären zweiten Platz beim Ultra-Trail du Mont-Blanc später, treffe ich Katharina Hartmuth wieder. Am Telefon. Gerade ist sie von der Arbeit nach Hause gekommen. Sie ist Physikerin, Klimaforscherin an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Vierzehn Tage vor der WM in Innsbruck hatte sie ihre Promotion abgegeben, in der es ums Wetter und vor allem um das Klima geht. Es ist eine Profession, die die Trailrunnerin Katharina Hartmuth auch auf ihren Läufen tangiert: „Natürlich kann ich mir in meiner Wetter-App ganz genau angucken, wann jetzt


TYP Katharina Hartmuth

das Gewitter kommt. Ich als Wissenschaftlerin aber ahne, dann kommt das Gewitter ganz sicher nicht. Das ist einfach die Natur von Gewittern, dass sie sehr, sehr chaotisch sind." Hilft der Beruf also auch bei der Planung der täglichen Trainingsläufe? „Zumindest werde ich von anderen Läufer:inen immer verlässlich nach dem Wetter gefragt." Was aber bereits das erste Missverständnis ist. Man darf, sagt Katharina Hartmuth, das Wetter nämlich nicht mit dem Klima verwechseln. Darf man aber einen Vize-Weltmeistertitel, darf man den zweiten Platz beim UTMB bereits mit einer wirklich großen, ja großartigen Karriere

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verwechseln? Man darf, ja man sollte unbedingt. Von Außen nach Innen Dabei habe sie, sagt Katharina Hartmuth, gerade im Vorfeld der Weltmeisterschaften in Innsbruck „unterschwellig signalisiert bekommen, dass man mit mir jetzt eher so nicht rechnen würde. Es gibt sicher viele Athlet:innen, die in so einer Situation an sich zweifeln würden. Mich hat es brutal gepusht. Es hat allen Druck von mir genommen. Ich konnte mein Ding machen.“ Ihr Ding hat sie dann auch beim Eiger Ultra Trail gemacht. Und sowieso beim UTMB. Und jetzt ist die gebürtige Magdeburgerin an einem Punkt in ihrer noch immer jungen Karriere angekommen, an dem man ihr also mindestens unterschwellig signalisieren wird, dass man mit ihr ganz unbedingt rechnet. Ist dieser Druck etwas, dass sie künftig einkalkulieren und womit sie umgehen muss? „Was mich schon immer gestört hat, ist, dass das alle diesen Sport so ernst nehmen. Ich mache das vor allem, um Spaß zu haben. Ich gehe zu einem Rennen, weil ich Bock auf ein Adventure habe, weil ich am Berg meine Grenzen austesten will. Bis jetzt habe ich den Erfolg auch nie erzwungen und ich weiß auch, wenn dieser Punkt einmal kommen sollte, dann wird es nicht mehr funktionieren.“ Was aber funktioniert, mindestens aus ihrer Perspektive und es geht hier ja erst einmal nur um ihre Perspektive: Keine zwei Wochen nach ihrem beeindruckenden zweiten Platz in Chamonix auf der anderen Seite desselben Gebirges beim Tor de Géants schon wieder an der Startlinie stehen. 330

„Bisher habe ich den Erfolg nie erzwungen und ich weiß, dass es nicht mehr funktionieren wird, sollte ich einmal an diesen Punkt kommen."

Kilometer und 24.000 Höhenmeter, auch wenn die 28-Jährige diese Mehrtageserfahrung dann doch vorzeitig beenden sollte. Um sich dann, zurück zuhause in Zürich, für 350 Kilometer auf ihr Rennrad zu setzen. Reine Fahrzeit: 13:20 Stunden. Es stimmt vermutlich, dass Katharina Hartmuth sowas richtig, richtig Spaß macht. So glaubhaft zumindest klingt ihr einnehmendes Lachen nach jeder zweiten Antwort. Richtig ist aber auch: Es ist eine sehr kompromisslose Interpretation eines Gute-Laune-Tags. Vom Volontier zur Vize-Weltmeisterin 2014 war Katharina Hartmuth zum Physikstudium nach Zürich gekommen. Sport habe sie schon immer gemacht, nur sei sie nie „der kompetitive Typ“ gewesen: „Ich hatte wirklich null Ehrgeiz damals“. Mit dem Klettern, dem Klettern in der Halle, hatte sie noch in Leipzig in einer Schul-AG begonnen. In Zürich kostete das Ticket für eine Kletterhalle utopisch viele Franken. Was man stattdessen so mit seiner Freizeit anfangen sollte? Katharina begann sich als Volontier bei Sportevents zu engagieren und landete so an einer der letzten Labestationen bei der dritten Austragung des Eiger Ultra Trails, jenem Rennen, dass sie, in diesem und im vergangenen Jahr, nun selbst zweimal gewonnen hat: „Ich war total geflasht und das gar nicht mal so sehr von den Eliteläufer:innen am Anfang des Feldes sondern gerade im zweiten und im dritten Drittel des Feldes – hey, das sind ganz normale Leute und die ziehen das durch.“ Katharina Hartmuth sollte es auch durchziehen. Ganz leise zunächst. Aber es wäre ihr ja auch nicht in den Sinn gekommen, sich selbst als jemand anderes zu sehen als dieses dritte oder meinetwegen zweite Drittel des Feldes. Sie hatte ihren neuen Sport gefunden, erst einmal ganz für sich. Der erste Trailrucksack, sollte, nein musste fünf Jahre lang halten: „Da muss man halt vorsichtig mit seinem Equipment sein und die Reißverschlüsse regelmäßig säubern, damit sie nicht irgendwann reißen.“ Klar, Trailrunning sei immer noch ein intuitiver und auch günstiger

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Sport: „Aber bevor Hoka als Sponsor auf mich zugekommen ist, wusste ich eigentlich, dass ich mir als Studentin beziehungsweise Doktorandin eine Teilnahme am UTMB knicken kann. Die Hotelzimmer sind während der Rennwoche einfach viel zu teuer.“ Wenn wir also über Diversität reden auf den Trails, über Geschlechterverhältnisse, über Körperbilder oder über die Frage, warum unser Sport noch immer viel zu Weiß ist, dann reden wir in Zeiten nicht nur exponentiell steigender Startgebühren tatsächlich Louis Wachsmann zu selten über die ökonomischen im Aufstieg Mitzum tel, die es braucht, wenn man nicht Hochstaufen. nur in seinen Hausbergen unterwegs Der Nachwuchläusein will. fer wurde am Ende guter 52er.

Hundert Meilen unter dem Meer Aber wann hat Katharina Hartmuth denn nun verstanden, dass sie nicht mehr die Läuferin aus dem zweiten Drittel ist, dass sie es vermutlich nie war. „Im Startblog in Chamonix stand ich für einen Moment direkt neben Courtney Dauwalter. Da habe ich zu ihr gesagt ‚Go and catch the Men‘. Sie hat mich angelacht mit ihrem typischen Dauwalter-Lachen und gesagt ‚You too‘. Das hatte natürlich etwas sehr Amerikanisches, aber wie sie das gesagt und mich dabei angeguckt hat, wirkte es doch so, als ob sie des ernst meint.“ Für das Rennen, für den Ultra-Trail du Mont-Blanc selbst hat Katharina eine sehr schöne und sehr persönliche Metapher gefunden: „Es ist ein bisschen als wäre man super lange unter Wasser gewesen und taucht im Ziel dann auf. Eben war es noch ganz still und man war ganz bei sich. Plötzlich ist es viel zu bunt und viel zu laut.“ Und vielleicht ist es auch die Sehnsucht nach dieser Stille, dem radikalen Fokus auf das Hier und Jetzt, die Katharina Hartmuth immer wieder aufs Neue loslaufen lässt. Öfter als die meisten anderen. Ach, die Szene von der WM in Innsbruck sei auch noch flink aufgelöst. „Ich hatte einfach fieses Seitenstechen in diesem Moment, so banal war das, aber frage nicht wie oft ich auf die Szene seitdem angesprochen worden bin.“


SERVICE Navigation auf dem Trail Pfade suchen ist die Essenz des Trailrunning. Wie und mit welchen digitalen Hilfsmitteln dies bestmöglich gelingt, teilen wir gerne mit Euch. Text : BENNI BUBLAK

DA GEHTS LANG „Wenn man nicht weiß, wohin man will, kommt man am weitesten.“ Auf den Trailrunning-Sport bezogen könnte man dieses schöne Zitat von William Shakespeare auch folgendermaßen adaptieren: „Wer den Weg nicht kennt, sollte in wirklich guter Form sein.“ Während das Abweichen vom Wege und das Bewegen im Ungewissen im Leben manchmal nicht zu vermeiden ist, und einen am Ende sogar weiter voran bringen kann, als wenn man immer auf dem sicheren Pfad bleibt, wollen wir beim Laufen unnötige Extraschleifen und „Verlaufer“ doch lieber vermeiden. Tatsächlich gehört die Navigation heutzutage zu den Fähigkeiten, die ein guter Trailrunner im Repertoire haben sollte. Sei es für den Wettkampf oder für private Abenteuer. Der Wettkampf: Hier ist die zu laufende Strecke klar definiert. Eigentlich müssen wir nur den Markierungen folgen, um das Ziel zu erreichen. Das ist oft einfacher gesagt als getan. Nicht immer sind die Markierungen eindeutig und sichtbar angebracht. Nicht selten werden sie von Wanderern oder anderen misslaunigen Zeitgenossen entfernt. Wohl dem, der in solchen Situationen

auf den treuen Handgelenksbegleiter schauen kann, der ihm den richtigen Weg weist. Sich den Track des Rennens vorher auf die Uhr zu laden, kann aber noch weitere Vorteile haben. Selbst wenn die Strecke idiotensicher markiert ist, profitieren wir dennoch von einer genauen Routennavigation mittels Uhr. Haben wir eine Karte auf der Uhr, können wir zum Beispiel Weggabelungen oder Geländewechsel antizipieren und uns schon frühzeitig darauf einstellen. Außerdem zeigt uns die Uhr an, wann der nächste Anstieg auf uns wartet oder wieviel Höhenmeter noch zu absolvieren sind. Auf dem Höhenprofil können wir außerdem erkennen, wieviel Anstiege noch vor uns liegen und unsere Kräfte dementsprechend einteilen. Private Abenteuer: Sind wir privat im unbekannten Gelände unterwegs, zum Beispiel auf Reisen, gibt es meist keine vorgegebene Route. Natürlich können wir uns bei bestehenden Routen auf den gängigen Routenplattformen bedienen, aber oft beginnen diese nicht dort, wo wir loslaufen möchten, oder haben nicht die richtige Länge. Wir müssen also kreativ werden und uns eine Route nach unseren individuellen Bedürfnissen erstellen.

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Auch dies ist dank zahlreicher digitaler Tools heutzutage absolut kein Hexenwerk mehr. Dennoch gibt es einige klassische Probleme, die es zu vermeiden gilt. Die meisten von uns werden wohl folgende Erfahrung schon gemacht haben: Ein auf der Karte eindeutig eingezeichneter Weg wird in die eigene Route eingebaut. An Ort und Stelle angekommen, stellt man fest, dass der besagte Weg nicht existiert oder nur ein völlig zugewachsener, schon lange nicht mehr begangener und dementsprechend unlaufbarer Pfad ist. Wie man unter anderem dieses Probleme vermeidet, erklären wir in der Rubrik: „So navigiert das Trail Magazin“. Natürlich gibt es unzählige Tools, Webangebote und Endgeräte, die man nutzen kann, um Routen zu erstellen und selbige zu navigieren. Es soll ausdrücklich erwähnt werden, dass die folgende Methode nur eine von vielen möglichen Vorgehensweisen ist. Allerdings eine, die sich in unserer Praxis sehr bewährt hat. Zum Ende dieses Navigations-Specials findet ihr außerdem den ausführlichen Test der neuesten Generation eines UhrenModells, welches in Sachen Navigation besondere Eignung unter Beweis stellt.


I M P R E S S U M

So navigiert das Trail Magazin 1. Route erstellen

Es gibt zahlreiche Routenplattformen. Alle haben ihre Vor- und Nachteile. Wir nutzen tatsächlich überwiegend den Marktführer Strava. Dies hat vorrangig einen Grund: Die Heatmaps von Strava sind Gold wert. Ein sehr großer Teil der Läufer:innen lädt ihre Trainingseinheiten und Trail-Ausflüge bei der Plattform mit dem orangen Logo hoch. Der Datensatz ist also riesig, was die Heatmap sehr repräsentativ macht. Eine Heatmap zeigt Dir anhand einer farblichen Hervorhebung eines Weges an, wie oft er frequentiert wird. Meide bei der Routenwahl Wege, die kaum oder keine Heatmap-Aktivität aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dieser Weg nicht mehr existiert oder in schlechtem Zustand ist. Bist Du auf der Suche nach anspruchsvolleren, einsamen und schmaleren Trails, halte Dich an weniger frequentierte Wege. Willst Du es laufbar halten, führe die Route entlang der hoch frequentierten Wege. Im Web Browser kannst Du sehr übersichtlich Routen erstellen. Aber auch in der Strava App ist dies inzwischen auf simplem Wege möglich. Wenn es ganz schnell gehen soll, kannst Du Strava mit wenigen Parametern (Länge, Startpunkt, Streckenbeschaffenheit etc.) füttern und Dir eine Runde bauen lassen. All diese Funktionen sind leider nur für Strava Mitglieder zugänglich.

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2. Auf dem Trail navigieren

Mit welchem Device Du Dir auf dem Trail den Weg weisen lässt, ist natürlich Geschmackssache. Wir empfehlen Dir aber unbedingt, die Navigationsfunktion Deiner Uhr und nicht das Mobiltelefon zu nutzen. Dies ist komfortabel während des Laufes möglich und Du musst nicht einmal die Geschwindigkeit reduzieren. Eine Karten-fähige Uhr bietet dir außerdem weitere Vorteile. Auf diesem Gebiet hat Garmin mit Sicherheit eine Vorreiterrolle eingenommen. Obwohl inzwischen jede Marke ein Modell mit Karte anbietet, hat Garmin hier noch immer einen technischen Vorsprung. Die Topo Active Karten des Navigationsspezialisten sind sehr detailgetreu und die Bedienung ausgefeilt. So kann die Karte zum Beispiel auch zum Navigieren hinzugezogen werden, wenn Du vorher keine Route ausgewählt hast. Hast Du Dir eine Route auf die Uhr geladen, kannst Du den Weg eigentlich nicht mehr verfehlen, wenn Du ab und zu einen Blick auf die Karte wirfst. Tust Du es dennoch, warnt Dich Deine Uhr.

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VORSCHAU TRAIL 1/2024 AB DEM XX. DEZEMBER 2023 AM KIOSK -Report: Ultra Trail du Mont Blanc, Transalpine Run... - Training: Das können wir von anderen Sportarten noch lernen - Produkte: Trailschuhe für spezielle Anforderungen


SERVICE Navigation auf dem Trail

Im Test: Garmin Forerunner 965

Ihr wollt keine Kompromisse beim Navigieren? Wir haben die aktuell wohl beste Uhr für diese Zwecke für Euch getestet Hochklassige Laufuhren sind heutzutage schon lange kein Schnäppchen mehr. Ein Glück ist bald Weihnachten. Auch die neue Forerunner 965 erfordert eine gewisse Investition. In Sachen Funktionsfülle bleiben dafür kaum Wünsche offen. Die Forerunner 965 ist definitiv keine Uhr für Technik-averse Läufer:innen, die sich mit den Grundfunktionen zufrieden geben. Man muss sich ein wenig mit dem Produkt beschäftigen, um den kompletten Mehrwert herauszuziehen. Der größte Benefit zum Vorgänger, der 955, ist das neue AMOLED Display. Tatsächlich tun sich hier neue Welten auf. Die Anzeige ist deutlich kontrastreicher, farbfroher und hochauflösender als beim Standard-Display. Ihr ahnt es, während sich der Mehrwert bei der schnöden Anzeige von Pace und Herzfrequenz in Grenzen hält, profitiert man beim Navigieren mit Karte enorm. Die Topo Active Karte (basiert auf Open Street Map) von Garmin enthält jegliche Details (Höhenlinien, Wegarten, zahlreiche Points of Interest, uvm) und wird stetig verbessert. Man kann sich nach einer auf die Uhr geladenen Route navigieren lassen, nach einer vergangenen Aktivität, zu einem Point of Interest (Gipfel, Ort, Supermarkt oder sonstige öffentliche Einrichtungen) oder zum Ausgangspunkt der Aktivität zurück. Oder man nutzt die Karte einfach so, ohne ein bestimmtes Navigationsziel zu verfolgen. Auch dies ist möglich. Wer sich anhand einer ausgewählten Route navigieren lässt, erhält neben den Standardanzeigen einige zusätzliche Datenseiten. Neben der verbleibenden Distanz und der berechneten, verbleibenden Zeit, wird einem das komplette Höhenprofil der Strecke angezeigt. Noch wertvoller ist aber fast die „Climb Pro“ Anzeige, auf der einem der nächste Anstieg grafisch dargestellt wird, wie lange es noch bis zum Beginn des Anstiegs ist, sowie welche Länge, wieviele Höhenmeter und welche Durchschnittssteigung er aufweist. Im Wettkampf sehr nützlich. Ihr merkt es selbst: Zum Navigieren ist diese Uhr derzeit das Beste, was auf dem Markt zu finden ist. Auch in diesem vergleichsweise ausführlichen Testbericht, ist es unmöglich auf alle Funktionen der Uhr einzugehen. Wir entschieden uns daher, neben der Navigation eine weitere sehr nützliche Funktion für uns Trailrunner:innen detaillierter zu beleuchten: Die Messung der Gesundheitsparameter, im speziellen der Herzfrequenzvariabilität. Die HFV-Messung ist eine Funktion, die man nur bei den hochpreisigen GarminModellen vorfindet. Die Forerunner 965 nimmt diese Messung über den optischen Sensor der Uhr vor. Trägt man die Uhr in der Nacht, spuckt sie einen ausführlichen Morgenbericht aus. Neben Schlafphasen, Schlafqualität und Herzfrequenz, wird eben auch die HFV angezeigt. Ein umfangreicher Bericht über den Gesundheitsstatus also. Gerade die HFV-Werte lieferten in unserem Test sehr valide Daten, die durchaus mit unserem Wohlbefinden korrelierten. So verursachten gewisse Unregelmäßigkeiten (Krankheit, Alkoholgenuss, hartes Training) eindeutige Veränderungen in der HFV. Nach einiger Zeit hat man ein Gefühl dafür, was normale Abweichungen oder unter Umständen auch Messfehler sind und was eindeutige Anzeichen für Unstimmigkeiten des Körpers sind, die letztendlich ein eindeutiger Hinweis sein sollten, im Training sowie im Alltag den Stress zu reduzieren. Die HFV kann nicht nur im Schlaf, sondern auch nach Bedarf gemessen werden. Diese Funktion nennt sich Health Snapshot und spuckt nach einem Messintervall von zwei Minuten die Ruheherzfrequenz, den Stresslevel (basiert auf HRV und HF), die Sauerstoffsättigung (ein weiterer nützlicher Messwert) und eben die HFV aus. Fazit: Die Garmin Forerunner 965 ist ein vergleichsweise schlanker Trainings- und Alltagsbegleiter für alle, die nicht weniger als das Optimum herausholen wollen. Besonders in Sachen Navigation, Trainingssteuerung und Gesundheitstracking überzeugt sie. Einzig in Sachen Akkulaufzeit gibt es ausdauerndere Modelle.

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Preis: 649,99 Euro Gewicht: 52 Gramm Größe: 47x47x13 mm AMOLED Display Sehr genaue Multifrequenz-GPS-Messung Sensoren: Herzfrequenz, Barometer, Kompass, Gyroskop, Beschleunigungssensor, Thermometer, Umgebungslichtsensor Musikspeicher und Musikwiedergabe Kartenfunktion W-Lan-fähig Akku: Bis zu 23 Tage im Smartwatch Modeus Bis zu 31 Stunden im GPS-Modus Bis zu 19 Stunden bei höchster Genauigkeit uvm. siehe www.garmin.com


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TRAILRUNNING TALK MIT DER TRAIL-REDAKTION


REPORT My Virtual Trail presented by CRAFT

Zum Ende hin Finale…..oho… Das Jahr und damit auch unsere Saison bei www.myvirtualtrail.de neigt sich dem Ende zu. Wir geben nochmal drei letzte Streckentipps für kurze Novembertage

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Knapp 400 Aktivitäten habt Ihr dieses Jahr schon auf unserer Routenplattform hochgeladen. 400 Läufe auf insgesamt 30 Strecken, die sich zwischen der Mecklenburger Seenplatte und dem Königssee sowie Hunsrück und Zittauer Gebirge über die ganze Trailrunning-Republik verteilen. Ganz oben in der Jahresbestenliste haben es sich Helen Schrötter (435 Punkte) und Michael Tesche (270 Punkte) bequem eingerichtet. Wer die Beiden bis zum Ende der Saison noch vom Thron stoßen will, sollte die Beine in die Hand nehmen. Helen Schrötter ist schon 15 der insgesamt 30 Strecken gelaufen, und das meist in Bestzeit. Es sieht im Moment so aus, als wenn sie ihren Vorjahreserfolg wiederholt. „Viele Gämsen getroffen und keinen Menschen. Tolle Strecke“, kommentierte sie erst kürzlich ihren Lauf auf dem Soiern Skyrace. Etwas weiter nördlich, in der Hauptstadt nämlich, freute sich Nadine Pötz über die ungewohnt grüne Sechs Seen Grunewald-Runde: „Sehr schöner Waldlauf. Man denkt gar nicht, dass man in Berlin ist.“ Währenddessen jubelte Malte Hagener ganz weit im Westen über die anspruchsvollen Trails der Eifel: „Knackige Anstiege und zum Teil sogar technische Downhills. Ich kannte die Eifel bisher gar nicht, insofern ein Prima Einstieg. Danke für die Strecke!“ Weniger Zeit für die Schönheiten rechts und links der Strecke, so zumindest lassen es diese außergewöhnlichen Leistungen vermuten, hatten die folgenden Myvirtualtrail-Protagonisten: UTMB-Achter Hannes Namberger läuft in seiner Vorbereitung auf selbigen die Runde um den Königssee in Rekordzeit: 4 Stunden und 10 Minuten. Sieben Minuten schneller als Philipp Reiter im Jahr 2011 war er und stellte damit eine neue Fastest Known Time auf. Aber auch die 3 Stunden und 50 Minuten, welche Ronald Jahnke für das super technische Soiern Skyrace brauchte, dürften für einige Zeit unbezwungen bleiben. Ganz gleich ob auf Rekordjagd oder zum Genuss: Nutzt die Chance und lauft bis zum Saisonende Ende November noch mindestens eine unserer 30 Strecken. Ihr werdet es nicht bereuen!


Lüneburger Heidetrail Niederhaverbeck // 36 Kilometer // 360 Höhenmeter Ja, auch hoch im Norden gibt es wunderschöne Trail-Routen. Dies beweist Streckenpate Rene Hess einmal mehr mit dieser abwechslungsreichen Runde durch die Lüneburger Heide südlich von Hamburg. Der Wilseder Berg ist mit 169 Metern der höchste Punkt jener Route, die durch eine ursprüngliche Heidelandschaft verläuft, wie man sie vor der industriellen Revolution in ganz Norddeutschland vorfand.

Rhein Höhlen Schaukel Bad Breisig // 26 Kilometer // 1.100 Höhenmeter Auf und ab, auf und ab – insgesamt sieben Wellen muss man links vom Rhein überlaufen, um diese aussichtsreiche Runde in der Eifel zu finishen. Highlight dieser Runde ist mit Sicherheit die Durchquerung der Trass-Höhlen. Diese Strecke gehört zu den beliebtesten Routen auf myvirtualtrail.de. Die Bestzeiten liegen bei 2:22’51’’ (Rene Strosny) und 2:49’18’’ (Rebecca Lenger).

Jena Kernberge Trail Jena // 31 Kilometer // 700 Höhenmeter Diese Route verläuft entlang der Trainingsberge von Daniela Oemus. Die Salomon-Läuferin aus Stadtroda kommt hier auf immerhin 200 Trainings-Höhenmeter am Stück. Die szenischen Singletrails entlang der markanten Muschelkalkhänge hoch über Jena sind das Highlight dieser 30 Kilometer langen Runde. Im Ziel auf dem Marktplatz in Jena, kann man anschließend das urbane Kontrastprogramm der Studentenstadt erleben.

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PRAXISTEST Houdini Pace Flow Jacket Sprengung: 8mm, Gewicht: 311g (42,5), 277g (38,5) Preis: 150 Euro

Wie erreicht man eigentlich das ideale Mikroklima? Die Antwort dazu gibt diese Jacke der skandinavischen Outdoor-Profis von Houdini, die bei Stockholm leben und arbeiten. Dieser klassische Midlayer ist weit mehr als eine Lage, denn wie immer bei Houdini ist Funktion und Fashion auf Augenhöhe unterwegs. Die neue Pace Flow Jacke mit Hoodie, aus dem Wunderstoff Polartec, fällt durch die spezielle Verarbeitung sofort auf – das polartec® Power Dry® Mesh, ein leichtes Mesh aus 100% recyceltem Polyester, das durch Perforationen unfassbar leicht und genial atmungsaktiv wird. Im Test trugen wir die Jacke an einem kühlen Spätsommerabend auf einem letzten Downhill hinab ins Tal und die Wärmeleistung war bemerkenswert. Auch die raschen Trocknungseigenschaften fielen mir sofort auf. Der eher lässige Schnitt macht sie natürlich zu einer Schnittstelle zwischen Laufsport und Freizeit. Das ist das, was Houdini wollen und auch erreichen – Produkte, die viele Einsätze haben und lange halten!

On Cloudultra 2 Gewicht: 295 Gramm (42,5), 265 Gramm (38,5) Sprengung: 6mm Preis: 189 Euro On hat den Cloudultra upgedatet. Wäre gar nicht nötig gewesen. Immerhin liegt ein Testexemplar der vor knapp drei Jahren vorgestellten ersten Generation noch immer in meiner Schuhkiste. Nach gut 800 Kilometern in beeindruckend ansehnlichem Zustand. Tatsächlich war in den vergangenen Jahren kaum ein Schuh so seriös und resilient verarbeitet. Dem scheint die zweite Generation in Nichts nachzustehen. Geblieben ist auch das streng grafische Layout im aufgeräumten Colourblocking, ein ausnehmend schlichter und ausnehmend schöner Schuh. Dennoch: Der erste Blick täuscht, tatsächlich ist der Cloudultra ein in den Details anderer, und vor allem besserer geworden. Das jetzt komplett aus recycelten Materialien bestehende Obermaterial fällt schmeichelnder, aber ähnlich stabil aus und dass On inzwischen auch einen verlässlicheren Grip hinbekommt (ihr Missiongrip ist jetzt mindestens guter Durchschnitt), hatte uns im Frühjahr ja bereits der Cloudventure Peak gezeigt. Wäre noch die vielleicht entscheidende Frage: Ist der Schuh, der immerhin die Ultradistanz im Namen trägt und auch eine sichtbar dickere Mittelsohle hat, komfortabler und sogar weicher geworden? Merklich, ja, und auch reaktiver sowie vor allem flexibler. Dennoch bleibt der Cloudultra ein (nicht nur) Langdistanzschuh der verbindlichen, auch stabilisierenden Sorte. Weshalb er uns auch im Alltag gut gefällt. Die Passform bleibt konkret, aber durchaus komfortabel für viele Füße. Und wer sich bereits auf einen noch reaktiveren, lauflustigeren und auch softeren Schuh gefreut hatte, muss sich nur noch bis zum Jahreswechsel gedulden: Dann bringt On eine Trailvariante des smoothen Cloudsurfers, wir haben ihn in Chamonix bereits an einigen Athlet:innen gesichtet.

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PRAXISTEST Puma Voyage Nitro 3

Gewicht: 275 Gramm (42,5), Sprengung: 8mm Preis: 139 Euro

Puma Fast-Trac Apex Nitro

Gewicht: 272 Gramm (42,5), Sprengung: 6mm Preis 159 Euro Wir hatten anlässlich des großen Schuhtests im Frühjahr ja schon neugierig auf die nächste Generation der noch jungen Trail-Kollektion aus Herzogenaurach verwiesen. Einerseits, weil der hauseigene Pumagrip aus dem Stand eine der gerade bei Nässe verlässlichsten Außensohlen ist. Andererseits, weil uns der reaktive und gleichsam komfortable Nitro-Schaum schon in Straßenschuhen, vor allem dem Deviate Nitro, gut gefallen hatte. Allerdings wurde diese Zwischensohle in den Trailschuhen von Puma bis dato nur in Kombination mit konventionellem EVA verbaut. Zudem waren die bisherigen Modelle zu schwer, wenig laufdynamisch und auch nicht wirklich adaptiv im technischeren Gelände. Mit den beiden Produktneuheiten für den Herbst 2023 hat der Puma nun seine Krallen geschärft. Da wäre der lauflustige Voyage Nitro 3, in Testgröße 45 gut 40 Gramm leichter als sein Vorgänger. Er übersetzt das begeisternd reaktive Nitro-Laufgefühl vielleicht nicht ins hochalpine Gelände, aber auf Forststraßen, Wurzeltrails und flowige Höhenwege. Obwohl ohne Kunststoffoder Carbonplatte konstruiert und dementsprechend flexibler, läuft er sich intuitiv dynamisch und überzeugend gedämpft. Vielleicht fehlen dem schmal geschnittenen, ansonsten gut sitzenden Oberschuh (der Vorfuß fällt flach aus!) protektive Details, aber ein Modell fürs allzu Abwegige ist der Voyage 3 ohnehin nicht. Er bleibt ein „grippiger“ Landschaftsläufer mit einem gelungenen Kompromiss aus Tempolaune, Komfort und solide rollenden Ausdauerqualitäten. Fürs wildere Terrain gibt es künftig den Fast-Trac Apex Nitro. Und diesmal passt die Kombination aus dynamischem, reaktivem Nitro-Schaum, zumal unter dem Vorfuß, und festerem, stabilisierendem EVA. Okay, für einen nominellen Wettkampfschuh könnte der athletisch geschnittene Apex Nitro (effektiv: die asymmetrische Schnürung, minimalistisch, aber funktional: das dünne, folierte Upper) einige Gramm leichter sein. Das kompakte Laufgefühl, der sichere Stand, eine hinreichende Flexibilität und der erwähnt gute Grip empfehlen ihn aber für kürzere Skyraces oder auch klassische Bergläufe. Ja würde man die Talente beider Modelle verbinden, wir könnten aus Herzogenaurach durchaus einen überzeugend alpinen Allrounder erwarten. Der wird irgendwann kommen. Puma ist ja, wie gesagt, wieder neu auf den Trails.

Zara Top und Shorts Preis: 65,00 Euro

Ich war in Amsterdam. Stadturlaub. Shopping. Kultur. Keine Drogen. Niemals nie. Aber ich stolperte in das Modekaufhaus ZARA. Nicht einfach so, weil ich wusste, dass es dort seit einiger Zeit eine eigene Abteilung für Laufsport gibt. Bekleidung und tatsächlich auch explizit einen Trailrunningschuh. An der Kasse stand ich dann mit einem Laufshirt für 25 Euro und einer Laufshorts für rund 40 Euro. Billig? Nun ja. Günstig. Die Produkte sehen gut aus. Die Schnitte sind klasse und der erste Eindruck in der Hand war vielversprechend. Bei den Testläufen dann aber die Ernüchterung – das Shirt saugt sich schnell voll, trocknet nie mehr, trägt sich dann schwer und unangenehm künstlich. Die Hose ist besser, sehr komfortabel, aber im Detail dann doch auch hemdsärmelig. Die Schnürung läuft unelegant, der Bund ist zu schmal und die Reißverschluss Tasche an der Rückseite fasst nicht das, was sie heute sollte. Dennoch lohnt es sich sicher, die komplette Kollektion einmal anzusehen. Da sind vermutlich noch andere Produkte im Laufsport-Portfolio, die mehr können.

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PRAXISTEST

R7 GORE-TEX SHAKEDRY™ TRAIL KAPUZENJACKE

361° Futura

Preis: 160 Euro Sprengung: 7mm Gewicht: 171 g

Preis: 160 Euro Sprengung: 6 mm Gewicht: 320 Gramm (42,5), 275 Gramm (38,5)

Vor Monaten erreichte uns die Nachricht, dass Gore sein innovatives GORE-TEX SHAKEDRY™ Material nicht mehr zur Produktion zur Verfügung stellt. Zu aufwendig, zu teuer! Etliche Hersteller wie Salomon, Dynafit oder Arc´teryx vertrauten darauf und fertigten ihre teuren Regenschutzjacken damit. Die nahezu gesamte Trailrunning-Szene kaufte binnen ein oder zwei Jahre diese Jacken und war zu 100% vor Regen und Wind geschützt. Nun dürfen wir mitteilen, dass es doch wieder ein Regenjacke aus Shakedry im Handel gibt. Wenig verwunderlich, dass diese aus dem Hause GOREWEAR kommt, einer Brand, die dem Hersteller der Membran bekanntlich nahe steht. Die R7 wurde in einigen Details verbessert, hat nun elastische Armabschlüsse und eine überarbeitete Kapuze. Die nur 175 Gramm schwere Jacke überzeugt in allen Details und bringt ein geniales Niveau aus Leichtigkeit, dünnem Material, Wasserdichtigkeit und hoher Atmungsaktivität mit sich. Ja, es ist gut, dass es wieder eine Shakedry-Jacke zu kaufen gibt. Vermutlich sollte man schnell zugreifen.

Mit dem neuen Futura ist 361°, wenn schon nicht in der Zukunft, so in der Gegenwart angekommen. Es ist der erste wirkliche Trailschuh der chinesischen Marke. Und kein Modell mehr, das von Straßenlaufschuhen abgeguckt ist, von Straßenlaufschuhen der 2010er-Jahre. Nein, dieser Futura steht selbstbewusst auf einer angenehm breit ausgestellten Sohle, Vibrams Megagrip sorgt für verlässlichen Halt und diese Partnerschaft signalisiert zudem die neue Ernsthaftigeit, mit der 361° das Thema Trail Running behandelt. Mindestens so interessant wie die Außensohle von Vibram: das komplett neue Zwischensohlenmaterial. ENGAGE nennt 361° diesen Schaum, er läuft sich zeitgemäß, über die gesamte Sohlenlänge homogen und sehr komfortabel, ja fast buttrig. Der Schuh rollt gut, sogar hinreichend reaktiv. Zudem ist der Futura durchaus flexibel, aber gleichzeitig verlässlich stabil, was wir dem breiten Stand und der stabilisierenden Schicht Vibram zuschreiben. Er ist gerade für Einsteiger:innen oder Gelegenheits-Trailläufer:innen ein empfehlenswerter Allrounder, auf Augenhöhe mit einem Asics Trabuco oder Saucony Xodus Ultra. Mit dem einen eint ihn der gute Grip, mit dem anderen der üppige Laufkomfort. Vielleicht sind 320 Gramm in Mustergröße US9 etwas zu viel, im Praxistest hatten wir aber nicht das Gefühl, einen zu schweren Schuh zu laufen. Überarbeitet gehört der Fersenhalt des in der Silhouette vom Hoka Speedgoat abgeguckten Oberschuhs: Die Ferse ist zu weit und fasst den Fuß zu lose, ein Ausschlusskriterium im technischen Gelände. Komfortables, aber etwas dickes Obermaterial, soll der Schuh wirklich konkret sitzen, muss die Schnürung Öse für Öse justiert werden. Fazit: 361° ist auf den Trails angekommen. Mit einem Allrounder, der vielen Läufer:innen taugt und universell einsetzbar ist. Es ist ein Schuh für Fans einer üppigen Dämpfung. Ob die flache und weite Ferse stört, hängt vom Einsatzspektrum ab, und von der individuellen Fußform.

94 6/2023


PRAXISTEST Bauerfeind Trail Run Compression

Skratch Labs Super High Carb Mix

Preis: 49,90 Euro

44 Euro/ Packung 5,24 Euro/100g

Diese Kompressions Socken wurden eigens für das Trailrunning entwickelt. Wer Support an den Waden sucht, ist bei Bauerfeind gut aufgehoben. Dies ist nicht nur ein längerer Strumpf, sondern man spürt die unterstützende Kompression eindeutig. Das Material ist weich und bequem, aber auch nicht ganz dünn. Die Socke ist daher vergleichsweise eher warm. Das Besondere dieses Produkts ist sicher die für Trailrunner spezifische Verstärkung im Bereich des Sprunggelenks. Tatsächlich war der Effekt für uns deutlich spürbar, da er ähnlich eines Kinesio-Tapes das Gelenk stützt. Bauerfeind setzt hier auf viele weitere Technologien im Fußbereich. Natürlich sind die Möglichkeiten der großen technologiesprünge im Sockenbereich dann doch begrenzt. Wir haben aber das Gefühl die deutsche Brand hat hier schon fast das Maximale herausgeholt. Mit zwei verschiedenen Designs ist die Farbwahl eher eingeschränkt. Wer auf dezentere Farben steht, hat es daher etwas schwer. Fazit: Technischer Kompressionsstrumpf, der in seiner Funktionalität voll überzeugt. Für alle die den extra Support an der Wade aktiv spüren möchten.

Das Entwicklungs-Tempo im Bereich der Sporternährung ist rasant. Das neueste Produkt, das eine Menge Aufmerksamkeit generiert, kommt von der Firma SkratchLabs. Während viele Firmen alte und bewährte Rezepturen mit fancigen Namen neu aufpeppen, scheint das Super High Carb Pulver des Sportwissenschaftlers und Radsporttrainers Alan Lim auch substantiell innovativ zu sein. Das Erfolgs-Molekül hinter dem Produkt nennt sich Cluster Dextrin. Dabei handelt es sich um verkettete Glucose-Moleküle, ähnlich dem Maltodextrin. Im Gegensatz zu Maltodextrin enthält Cluster Dextrin aber nochmal mehr Glucose Einheiten pro Molekül und ist zusätzlich verzweigt. Das Ganze hat zwei große Vorteile. Cluster Dextrin wird langsamer und kontinuierlicher abgebaut als kleinere Moleküle und passiert außerdem den Magen schneller, was für eine bessere Verträglichkeit sorgt. Außerdem sorgt die Molekülgröße für eine geringe Osmolarität in Lösung. Bis zu 105 Gramm Skratch Labs (entspricht 100g Kohlenhydrate) lassen sich in 500 ml Wasser lösen. Rekordverdächtig. Zwar dauerte es immer etwas, bis sich das komplette Pulver gelöst hat, wir konnten die hohe Löslichkeit in unserem Test ansonsten aber reproduzieren. Sehr gefallen hat uns außerdem der Geschmack. Trotz der ungemein hohen Kohlenhydratdichte schmeckt das Getränk kaum süß. Wir testeten den Geschmack Lemon/Lime und es erinnerte uns sehr an Wasser mit Zitronensaft (Soda Zitron). Skratch Labs kickt nicht sofort rein, wie ein typisches Gel aus Glukose und Fruktose, sondern setzt seine Energie eher langsam und stetig frei. Für den Trailrunning-Sport also ideal. Cluster Dextrine von SkratchLabs: Dieses feine Pulver ist nicht ganz kostengünstig, dürfte in seiner Performance aber vor allem ambitionierte und schnelle Athleten, die einen hohen Kohlenhydrat-Bedarf haben, vollends überzeugen. www.sporthunger.de

95 6/2023


ADVERTORIAL

SALOMON PRÄSENTIERT EINE NEUE ULTRARUNNING-LINIE, DIE GEMEINSAM MIT FRANCOIS D’HAENE ENTWICKELT WURDE Die speziell für Ultratrail-Rennen entwickelten technischen Schuhe, Bekleidung und Ausrüstung zeigen die Handschrift des französischen Ultralauf-Champions

"Es war sehr wichtig, eine Produktreihe zu entwickeln, die sich nicht nur an Athlet:innen richtet, sondern an alle, die an Ultraläufen teilnehmen, damit sie die gleichen Produkte verwenden können wie ich."

ANNECY FRANKREICH-8. August 2023. Salomon ist stolz darauf, die in enger Zusammenarbeit mit der UltralaufLegende und langjährigem Salomon-Athleten Francois D'haene entwickelte ULTRA-Linie mit Ultralaufschuhen, Bekleidung und Ausrüstung auf den Markt zu bringen. Das Salomon ULTRA-Sortiment wird im August 2023 bei ausgewählten Händlern und auf Salomon.com erhältlich sein. Das Ziel der Linie war es, Ultraläufer:innen mit den besten Produkten für Rennen und das tägliche Training auszustatten, und zwar mit direktem Input von einem der besten Ultraläufer aller Zeiten. Die Produkte -mit neutraleren Farben und einer etwas großzügigeren Passform als herkömmliche Ultralaufbekleidung -sollen angenehm und für die Langstrecke gebaut sein, nicht unbedingt nur für Geschwindigkeit. "Die Entwicklung dieses Produkt-Sortiments bedeutet mir sehr viel, weil ich seit mehr als zehn Jahren mit Salomon daran arbeite und es mir sehr am Herzen liegt, eine ganze Produktlinie für den Ultralaufbereich zu haben", sagt D'Haene. "Natürlich ist es ein großer Aufwand an Zeit und Energie, aber ich sehe es nicht als Arbeit an; es geht darum, unsere Ideen zu bündeln und ein Sortiment zu entwickeln, auf das wir stolz sind. Für mich war es sehr wichtig, Produkte zu erschaffen, die nicht nur für Athlet:innen, sondern für alle Menschen sind, die an Ultraläufen teilnehmen, damit sie die gleichen Produkte verwenden können, die ich bei meiner Arbeit mit dem Service-2-Athletes-Team von Salomon verwende." 2023 besteht das ULTRA-Sortiment aus einem kompletten Rennset -Schuhe, Laufweste, Shirt, Shorts, Socken, Wadenstulpen und einem Köcher für Stöcke. Im Herbst/Winter 2024 kommen weitere Teile hinzu, darunter eine Jacken-/Hose-Kombination und ein nahtloses Langarm-T-Shirt. Bei der ULTRA-Linie geht es nicht einfach nur darum, dass Francois D'Haene seinen Namen an Schuhe, Bekleidung und Ausrüstung hängt. Der vierfache UTMB©-Champion verbrachte unzählige Stunden damit, Materialien zu studieren, Produkte auf den Trails in der Nähe seines Zuhauses zu testen und mit den Salomon-Designern zu recherchieren. Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeitet er mit ihnen zusammen, insbesondere mit den Produktentwicklern Félix Dejey (Schuhe) und Serge Chapuis (Bekleidung).Jedes Produkt ist auf irgendeine Weise mit Francois selbst verbunden. Der S/ LAB Ultra-Schuh zum Beispiel ist das Modell, das D'Haene

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zum Sieg beim Hardrock 100 2021 und beim UTMB® 2021 getragen hat, als es noch ein Prototyp war. Diese Version ist mit einem kleinen Logo versehen, auf dem man sein Ziel oder die Anzahl der Stunden, die man mit dem Schuh gelaufen ist, eintragen kann. Wie jedes Produkt der Reihe ist auch dieser Schuh mit dem Schriftzug versehen: Geboren aus einem Jahrzehnt gemeinsamer Visionen. Francois x Salomon. "Die richtige Ausrüstung ist bei einem Ultra so wichtig, egal wie schnell man unterwegs ist", sagt der vierfache UTMB®-Sieger. "Wenn die Produkte für mich funktionieren, müssen sie auch für andere Läufer:innen, die an einem Ultra teilnehmen, funktionieren. Wir wollen, dass diese Leute die gleichen Schuhe und die gleiche Laufweste wie ich haben können, mit der gleichen Qualität, Haltbarkeit und dem gleichen Schutz." Die Inspiration für die Produktreihe stammt vom Ultra Spirit, einem Ultralauf-Event mit ökologischem Ansatz, das letztes Jahr von Francois und seiner Frau Carline in der Nähe ihrer Heimat in der Region Beaufortain in den französischen Alpen ins Leben gerufen wurde. D'Haene wollte unbedingt, dass diese Werte in den gemeinschaftlichen Entstehungsprozess der neuen FDH ULTRA-Reihe einfließen.Zu diesem Zweck wird das erste FDH-Sortiment genutzt, um einen Maßstab in Sachen Carbon-Footprint für die nächste Edition zu setzen, wobei jedes Produkt sorgfältig gemessen wird. Für diese erste Edition verzichtete das Team auf den zusätzlichen Aufdruck auf den Schuhkartons und den Etiketten (und verwendete natürliche Materialien) und ersetzte Plastik an den Etiketten durch Schnüre. Die Kleidung wird aus Materialien hergestellt, die in Europa bezogen und in Portugal konfektioniert werden, und die Produkte in der Farbe Cameo Blue wurden mineralisch gefärbt, um den Wasserverbrauch zu senken und Chemikalien zu vermeiden.

Eine Idee wurde Realität: Bekleidung und Socken werden in Europa produziert. Francois arbeitete für diese Kollektion eng mit Salomon Headquarter im französischen Annecy. Im Mittelpunkt: Der Salomon S-Lab Ultra ist ein Trailschuh der seine Qualitäten auf ganz langen Distanzen ausspielt und eine dynamische Platte in der Mittelsohle verbaut hat.

Francois D´Haene wollte mit seiner Kollektion auch erreichen, dass ALLE Ultra-Runner mit der besten Ausrüstung unterwegs sein können.

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MORAL Laufen ist politisch

Offener Lauftreff Unser Leser läuft mit Leuten, als Guide in einem Sportverein. Und fragt sich, was er mit jenen macht, die rechtspopulistische Parolen auf die Trails bringen Ich engagiere mich bei uns im Ort im Sportverein und habe den Lauftreff reanimiert und einen Traillauftreff ins Leben gerufen. Bei der letzten Kommunalwahl hatte die AfD hier gut 20 Prozent, eine Tatsache, die sich auch bei uns im Verein widerspiegelt. Zum Glück hat der Vorstand sofort reagiert: Jeder und jede sei weiterhin willkommen, während aber etwa Sportangebote für Geflüchtete aktiv unterstützt werden, gebe es für rechtspopulistisches Gedankengut keine Bühne. Ich finde diese Entscheidung einerseits gut, weil sie den Ort nicht spaltet und eine Möglichkeit zum Dialog bleibt, habe aber andererseits keine Lust, für Menschen ein Freizeitangebot zu schaffen, deren Haltungen ich so gar nicht teile. Wie soll ich reagieren? Matthias H., Neukirchen

Lieber Matthias, was Du da beschreibst, nennt sich Demokratie. Sogar in ihrer Reinform. Also nicht als ein Akt an der Wahlurne oder ein Aushandeln in irgendwelchen Gremien und Ausschüssen, sondern im täglichen Diskurs an jenem Ort, den wir so oft viel zu abstrakt Gesellschaft nennen. Du beschreibst diese Gesellschaft nämlich als etwas sehr Konkretes. Es sind die Menschen,

Läufer:innen auf einem norddeutschen Trail: Wir haben ihre politischen Präferenzen nicht abgefragt

bei denen Du Deine Brötchen kaufst, die vielleicht Dein schnelles Internet verlegt haben und mit denen Du im Sportverein die Bratwürste wendest – oder eben gemeinsam laufen gehst. Wir wissen: Laufen ist eine Bewegung. Und nur wer sich bewegt kann seine Meinungen, seine Haltungen ändern. Sieh es also als Chance, ein pluralistisches Weltbild vorleben zu können und höre da, wo Menschen vielleicht von Ängsten erzählen, einfach auch mal nur zu. Gib Deinem Gegenüber nicht gleich das Gefühl, es sowieso besser zu wissen. Was Du Dir nicht anhören musst, sind Rassismus und dumpfe Propaganda. Denn dafür ist nicht nur im Sport kein Platz. Du hast geschrieben, dass der Vorstand Deines Vereins sofort und gut reagiert habe. Wichtig ist es jetzt, gemeinsame Vorgehensweisen zu formulieren, um die Reaktion und erst recht die Sanktion eines übergriffigen Verhaltens nicht auf Einzelpersonen, also auf Dich als Lauftreffleiter, abzuwälzen. Auch das ist nämlich Demokratie: das Einstehen von Vielen für den Einzelnen. Als Verein habt Ihr das Recht und die Pflicht, Grenzen zu setzen. Dass Du am Ende vielleicht sympathische Laufpartner:innen finden wirst, die dennoch mindestens eine sehr falsche Partei wählen, ist ein Tatsache, der wir nicht nur im Sportverein in die Augen schauen müssen. Ansporn genug, sich auf und neben den Trails für eine aufgeklärte, pluralistische und diverse Gesellschaft zu engagieren.

98 6/2023


www.thywear.com



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